- Beschreibung
- Entstehung und Herkunft
- Anstehender Sörmlandgneis
- Weitere Paragneise aus Sörmland
- Cordieritgneis von Flen
- Geschiebefunde vom Typ Sörmland
- Granat-Cordierit-Sillimanit-Paragneis
- Verzeichnis der Lokalitäten
- Literatur
In ostschwedischen Geschiebegesellschaften finden sich regelmäßig größere Blöcke von Metamorphiten, die als Gneise vom Sörmland-Typ bezeichnet werden. Der Geschiebetyp ist ein grauer migmatitischer Paragneis mit großen Granat-Porphyroblasten und größeren Mengen an graublauem Cordierit. Optional kann auch Sillimanit enthalten sein. Solche Paragneise sind anstehend aus dem Sörmlandbecken bekannt. Ob der Gesteinstyp als Leitgeschiebe geeignet ist, bleibt zunächst offen, da sein Verbreitungsgebiet in Sörmland recht groß, zudem die Frage nach weiteren möglichen Heimatgebieten dieser Granat-Cordierit-Gneise nicht hinreichend beantwortet ist.
1. Beschreibung
Die migmatitischen Gneise vom Sörmland-Typ enthalten helle, häufig linsenförmige Partien mit einem grobkörnigen Gefüge aus Quarz und Feldspat (Leukosom), umgeben von dunklen feinkörnigen und glimmerreichen Bereichen (Melanosom bzw. Restit). Auch hellgraue Partien des gneisigen Ausgangsgesteins (Paläosom) sind meist erkennbar. Als Geschiebe finden sich sowohl Adergneise mit hellen und dunklen Partien, als auch stärker deformierte Gneise/Migmatite, in denen die Adertextur nur noch ansatzweise erkennbar ist. Die feinkörnigen und dunklen Partien des Paläosoms bestehen aus Biotit, Quarz und Feldspat mit einem Biotit-Anteil von 40-70%.
Hellroter bis rotvioletter Granat bildet Porphyroklasten, entweder unregelmäßig geformte Partien, aber auch kompakte runde Aggregate mit einem Durchmesser bis 5 cm. Diese sind ungleichmäßig im Gestein verteilt und durch Kataklase zerbrochen. In den Porphyroklasten können Einlagerungen grüner Minerale vorkommen (z. B. Chlorit).
Neben Granat ist reichlich Cordierit enthalten, sowohl in den feinkörnigen, dunklen und biotitreichen Bereichen (Matrix aus Biotit, Quarz und Feldspat), als auch „schwimmend“ in den Leukosomen. Cordierit ist grau, idealerweise bläulich-grau getönt und – im Gegensatz zu den quarzhaltigen Partien – von dunklen Glimmerplättchen durchsetzt. Das Erkennen von Cordierit in Metamorphiten setzt einige Übung voraus, s. kristallin.de. Abb. 13-15 zeigt sehr schön das Erscheinungsbild von Cordierit in einem Cordierit-Gneis.
Optional kann Sillimanit enthalten sein, entweder fein verteilt und makroskopisch kaum erkennbar oder in Form weißer bis silbrig-grauer und feinfaseriger Aggregate. Ein sillimanitreicher Geschiebetyp (Granat-Cordierit-Sillimanit-Gneis) wird weiter unten separat vorgestellt.
Gemäß den international empfohlenen Nomenklaturregeln lassen sich Metamorphite nach Textur-Merkmalen, Mineralbestand oder dem Ausgangsgestein benennen (FETTES & DESMONS 2007). Für unseren Geschiebetyp ergeben sich daher mehrere mögliche Bezeichnungen: „Migmatischer Paragneis“ (Textur), „Granat-Cordierit-Gneis“ (Mineralbestand) oder auch „Meta-Grauwacke“ (mögliches Ausgangsgestein). Daraus lässt sich das Wort-Ungetüm „migmatitischer Granat-Cordierit-Paragneis vom Sörmland-Typ“ zusammensetzen, eine präzise, aber unhandliche Bezeichnung. In Schweden heißt das Gestein (zusammen mit ähnlichen Metasedimenten ohne Granat und Cordierit) schlicht „Sörmland-Adergneis“. Der Gesteinstyp wird in VINX 2016: 118-120 beschrieben. Siehe auch MÖLLER & APPEL 2016, ALTENBURG 2011. HESEMANN 1975: 21 und ZANDSTRA 1988: 204 erwähnen das Gestein nur kurz, SMED P & EHLERS J 2002 führt es gar nicht auf.
2. Entstehung und Herkunft
Das Sörmland-Becken ist ein Teil des svekofennischen Orogens, das sich ungefähr in einem Dreieck zwischen den Städten Stockholm, Västerås und Norrköping erstreckt. In diesem Gebiet finden sich überwiegend graue Metasedimente (Paragneise), hervorgegangen aus Grauwacken und tonigen Sedimenten, die vor etwa 1,9 Ga in einem Meeresbecken zwischen einem Inselbogen und einem Kontinent abgelagert wurden. Während der Akkretion des Inselbogens vor etwa 1,77-1,83 Ga erfolgte die Subduktion und Metamorphose der Sedimente in einer Tiefe von etwa 10-20 km (Andersson 1991). Gleichzeitig kam es zum Aufstieg von Graniten (Stockholm-Granittyp), verbunden mit einer Aufarbeitung und Migmatisierung der Metasedimente. Granat, Cordierit und Kalifeldspat sind metamorphe Neubildungen in Al- und K-reichen Metapeliten unter Bedingungen der oberen Amphibolit- bis unteren Granulitfazies. Vorkommen von Granat-Cordierit-Gneisen scheinen im Sörmland-Becken nur eine begrenzte Ausdehnung zu besitzen, ebenso granatführende Gneise oder Cordierit-Gneise. Ein großer Teil der Metasedimente sind migmatitische Quarz-Feldspat-Gneise ohne signifikante Mengen an Granat oder Cordierit.
Granat-Cordierit-Gneise vom Sörmland-Typ finden sich mitunter gehäuft in ostschwedischen Geschiebegesellschaften, zusammen mit Vänge-, Uppsala- und Sala-Granit. Die graue Signatur in der Übersichtskarte (Abb. 4) zeigt die Verbreitung von Meta-Grauwacken, Meta-Argilliten und Paragneisen im Sörmland-Becken. Innerhalb dieses Gebietes, das für ein mögliches Leitgeschiebe eine respektable Ausdehnung besitzt, ist mit Vorkommen von Granat-Cordierit-Gneisen und den weiter unten vorgestellten Varianten mit viel Sillimanit zu rechnen.
Kleinere Vorkommen ähnlicher Gesteine finden sich nördlich von Gävle im Bottnischen Becken (Andersson et al 2006: 679-697). Granatführende Paragneise (ohne Cordierit) kommen auch weiter nördlich vor: ein riesiges Becken mit Metasedimenten verläuft von Westfinnland aus quer durch die Bottensee bis in die Mitte Nordschwedens (pers. Mitteilung M. Bräunlich, s. Probe aus diesem Gebiet in Abb. 9). Aus dem Schärengarten von Turku in Südfinnland sind granatführende Paragneise (auch Granat-Cordierit-Gneise?) bekannt. Spielen Geschiebe vom finnischen Festland in Norddeutschland auch nur eine sehr untergeordnete Rolle, ist unklar, ob sich diese Vorkommen am Grund der Ostsee nach Westen fortsetzen bzw. weitere Unterwasser-Vorkommen mit Granat-Cordierit-Gneisen existieren.
3. Anstehender Sörmlandgneis
Bisher liegen nur wenige Vergleichsproben von Sörmland-Gneisen mit Granat und Cordierit vor (s. a. skan-kristallin.de). Die folgenden Proben stammen von der Insel Oaxen, wo der Sörmland-Gneis als Umgebungsgestein eines Marmorvorkommens gut aufgeschlossen ist (Lok. 1).
Die nächste Probe ist ein grauer und migmatischer Paragneis mit Granat (augenscheinlich ohne Cordierit) aus Nordschweden.
4. Weitere Paragneise aus Sörmland
Auf mehreren Reisen in das Gebiet des Sörmland-Beckens konnte ein kleiner Eindruck von den variantenreichen Paragneisen dieses Gebietes gewonnen werden, im Anstehenden und anhand von Nahgeschieben. Ein größerer Teil der Metasedimente sind Adergneise bis stark migmatitische Gneise aus Biotit, Quarz und Kalifeldspat, die auf den ersten Blick keine größeren Mengen von Granat oder Cordierit enthalten (gewöhnliche Sörmland-Adergneise, Abb. 10,11). Lokal treten auch migmatitische und granatführende Paragneise mit viel weißem Alkalifeldspat (Abb. 12) auf. An einer weiteren Lokalität fanden sich ausschließlich cordierithaltige Gneise (Cordieritgneis, Abb. 13-15). Die mineralische Zusammensetzung der Metasedimente (mit oder ohne Granat und Cordierit) hängt von der Zusammensetzung (Fe- und Mg-Gehalt) der Ausgangsgesteine und dem Grad ihrer metamorphen Umwandlung ab.
5. Cordieritgneis von Flen
Cordieritgneise kommen verbreitet im nordischen Grundgebirge vor. Geschiebefunde lassen sich keiner näheren Herkunft zuordnen. Die folgenden Proben aus der Nähe von Flen stammen aus einem Kiesabbau, in dem gleichzeitig anstehender Cordieritgneis in einem Steinbruch abgebaut wurde (Lok. 4). Solche kombinierten Lagerstätten sind in Schweden häufiger anzutreffen, wenn die glazialen Deckschichten über dem kristallinen Grundgebirge nur eine geringe Mächtigkeit aufweisen.
6. Geschiebefunde vom Sörmland-Typ
Die nächsten Bilder zeigen Geschiebe von Granat-Cordierit-Paragneisen aus Norddeutschland. Als Sörmland-Typ können die Adergneise bis migmatitischen Gneise in Abb. 1-3, 17 und 20-21 angesehen werden. Sie dürften teilweise, möglicherweise aber nicht ausschließlich aus dem Sörmland-Becken stammen.
7. Granat-Cordierit-Sillimanit-Paragneis
Ein eher seltener Geschiebefund sind Gneise vom Sörmland-Typ, die neben Granat und Cordierit weiße oder silbrig-graue und feinfaserige Aggregate von Sillimanit in bedeutender Menge enthalten. MÖLLER & APPEL 2016 beschreiben einen Geschiebefund von der Eckernförder Bucht, rekonstruieren seine Metamorphosegeschichte anhand mikroskopischer Untersuchungen und diskutieren eine mögliche Herkunft aus dem Sörmland-Becken. Die Paragenese aus Kalifeldspat, Cordierit und Sillimanit ist kennzeichnend für eine granulitfazielle Metamorphose (750 Grad, 4,5-5,5 Kbar). Damit lässt sich das mögliche Herkunftsgebiet dieses Gneis-Typs auf eine etwa 150 x 70 km große Fläche in Sörmland einschränken, nach Ansicht der Autoren ein zu großes Gebiet für ein Leitgeschiebe.
Das von MÖLLER & APPEL 2016 beschriebene Geschiebe enthält rosarote, linsenförmige und xenomorphe Porphyroblasten von Granat, die größer sind als alle anderen Minerale. Die Porphyroblasten enthalten Einlagerungen von grünlichem Chlorit, besitzen einen hellen Saum von Feldspat oder Cordierit und werden von Partien mit Sillimanit und Biotit „umflossen“. Sillimanit ist eng mit Biotit verwachsen und kommt in zwei Generationen vor: fibrolithisch und in Gestalt dickerer Nadeln.
8. Verzeichnis der Lokalitäten
Lok. 1: Insel Oaxen; Sörmland-Gneis in der Umgebung des Marmorvorkommens; Anstehendprobe aus dem NW der Insel (etwa 58.974057, 17.711479).
Lok. 2: Hudiksvall; Baustelle E vom See Dellen (etwa 61.716382, 17.049936).
Lok. 3: Skansholmen, S Stockholm: Nahgeschiebe; Uferbefestigung aus Granatgneis am Campingplatz (59.04647, 17.69313).
Lok. 4: Kiesgrube und Steinbruch SW von Flen; Nahgeschiebe und anstehender Cordieritgneis (59.015037, 16.583747).
9. Literatur
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