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Geschiebesammeln auf der Halbinsel Wustrow

Die Halbinsel Wustrow bei Rerik war seit 1933 militärisches Sperrgebiet und erst 1993 nach dem Abzug der Roten Armee wieder zugänglich. Mittlerweile ist Wustrow teilweise Naturschutzgebiet, teilweise in Privatbesitz. Eine schmale Landzunge (Nehrung) verbindet die Halbinsel mit dem Festland, das Betreten ist nur mit Genehmigung möglich. Im Juli 2021 konnten die ausgedehnten Geschiebestrände der Halbinsel erkundet werden. Da hier wenig gesucht wird, sind gute Funde möglich.

Abb. 1: Alte Kasernengebäude auf Wustrow.
Abb. 2: Hinab zur Steilküste geht es mit Hilfe eines Seils.
Abb. 3: Die seeseitige Küste von Wustrow besteht aus Geschiebelehm und -mergel der Grundmoräne des Pommerschen Stadiums der Weichsel-Vereisung.

Auffällig ist das relativ häufige Vorkommen von Geschieben aus dem Gebiet des Oslograbens (Rhombenporphyre, Larvikit), während knapp 30 km weiter östlich, am Strand von Nienhagen, praktisch keine solchen Funde möglich sind. SW-schwedische Leitgeschiebe wurden nicht gefunden.

Abb. 4: Rhombenporphyr, Breite 10 cm.
Abb. 5: Rhombenporphyr, Breite 10 cm.
Abb. 6: Larvikit, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 7: Nahaufnahme. Einige Feldspäte zeigen den für Larvikit typischen bläulichen Schiller.

Nicht selten trifft man auf Geschiebe von Schonen-Basalt und Schonen-Lamprophyr. Die Funde belegen eine Transportrichtung des Eises aus NNE.

Abb. 8: Schonen-Basalt mit gelbgrünen Olivin- sowie wenigen schwarzen Pyroxen-Einsprenglingen.
Abb. 9: Schonen-Lamprophyr mit zahlreichen hellen Mandeln.
Abb. 10: Nahaufnahme. Olivin verwittert gelblichbraun, die Pyroxen-Einsprenglinge sind grünlich gefärbt.
Abb. 11: Ein weiterer Schonen-Lamprophyr.
Abb. 12: Bruchfläche des gleichen Steins. Alterierter Olivin ist rötlich gefärbt, stellenweise auch hellgrün und weitgehend unverändert; Pyroxen ist schwarz bis flaschengrün.
Abb. 13: Das helle, teils radialstrahlige Mineral innerhalb der Mandeln ist sehr weich und zerfällt mit Salzsäure ohne Aufschäumen (Hinweis auf Zeolith).

Am Geschiebestrand von Wustrow finden sich auch Mandelsteine in großer Zahl.

Abb. 14: Grüner Mandelstein mit schwarzen Mandeln, Einsprenglingen von Plagioklas und einer durchlaufenden Ader, teils mit Achat, teils mit einem feinkörnigen blassgrünen Mineral verfüllt. Aufnahme unter Wasser, leg. S. Mantei.
Abb. 15: Nahaufnahme, nasse Oberfläche. Die Bänderung des Achats ist nur schwach ausgeprägt.
Abb. 16: Blasenreicher und stark alterierter Mandelstein. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 17: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 18: Grauer Mandelstein, Breite 15 cm.
Abb. 19: Grünstein, Breite 10 cm. Offenbar ist hier eine mit rotem Feldspat gefüllte Kluft angeschnitten.
Abb. 20: Der Feldspat (Plagioklas, polysynthetische Verzwilligung) bildet ungewöhnliche orthogonale Querschnitte aus.

Plutonite und Vulkanite des Transkandinavischen Magmatitgürtels (TIB) – die bunten Småland-Granite mit Blauquarz sowie Småland-Porphyre – sind am Strand von Wustrow nur in mäßiger Zahl vertreten.

Abb. 21: Roter Alkalifeldspatgranit. Einige Feldspäte weisen Risse auf, welche mit dunklen Mineralen verfüllt sind. Dunkle Minerale sind nur spärlich vorhanden und ungleichmäßig im Gestein verteilt (Ausschlusskriterium für Uthammar-Granit). Bildbreite 18 cm.
Abb. 22: Anorogener und undeformierter Granit mit etwas grünem Plagioklas, wahrscheinlich ein porphyrischer Rapakiwi. Aufnahme unter Wasser.

Gesteine aus Rapakiwi-Vorkommen treten regelmäßig, aber nicht besonders häufig auf. Ein besonderer Fund ist ein brauner Ignimbrit, der wahrscheinlich aus dem Vorkommen des Roten Ostsee-Quarzporphyrs stammt. Dafür sprechen die charakteristischen eckigen Hochquarz-Relikte mit Spuren magmatischer Korrosion.

Abb. 23: Roter Ostsee-Quarzporphyr-Ignimbrit, braune Variante. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 24: Gleicher Stein, polierte Schnittfläche.
Abb. 25: Neben größeren gerundeten und trüben Quarzen finden sich auch einige eckige Quarze mit der gleichen Gestalt wie im Roten Ostsee-Quarzporphyr.
Abb. 26: Fragmente von Porphyren, einer davon ähnelt dem Roten Ostsee-Quarzporphyr.

Häufig finden sich graue Paragneise vom Sörmland-Typ. Diese enthalten in der Regel Granat und Cordierit, seltener auch reichlich Sillimanit.

Abb. 27: Granat-(Cordierit)-Sillimanitgneis (Sörmland-Gneis). Die Granat-Porphyroblasten liegen innerhalb eines Leukosoms aus Quarz und Feldspat. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 28: Nahaufnahme. Das Gestein enthält größere Mengen an dunkelgrauem bis silbrig glänzendem Sillimanit. Cordierit (hellgrau bis graublau, zwischen den Sillimanitnadeln) ist nicht eindeutig identifizierbar.
Abb. 29: Cordierit-Sillimanit-Granofels. Solche undeformierten Quarzite mit schwarzen Cordierit- und weißen Sillimanitflecken sind anstehend aus dem Västervik-Gebiet bekannt.
Abb. 30: Porphyrischer Amphibolit. Die blastische Wuchsform der Amphibole ist ein Hinweis auf eine metamorphe Entstehung aus einem basischen Gestein, z. B. Gabbro, Dolerit oder Basalt. Breite 26 cm.

Sedimentite

Abb. 31: Feuerstein mit rhythmischer Bänderung. Breite 32 cm.
Abb. 32: Silurkoralle, Breite 11 cm.

Lias-Geschiebe (Limonitsandsteine, häufig mit Pflanzenresten) sind auf Wustrow regelmäßig anzutreffen. Das nächste Geschiebe ist ein konkretionärer Toneisenstein (von ungewisser stratigraphischer Stellung).

Abb. 33: Toneisenstein, Breite 15 cm.
Abb. 34: Konglomerat mit runden Toneisenstein-Klasten. Vergleichbare Gesteine kommen auch im Jura vor. Breite 24 cm.
Abb. 35: Postsilurisches Konglomerat, leg. K. Obst; polymikter Typ mit Klasten von rotem und grauem Beyrichienkalk, grünen Sandsteinen, Feinsandsteinen, Toneisenstein und Milchquarzgeröllen. Breite 15 cm.
Abb. 36: Rückseite des gleichen Geschiebes.
Abb. 37: Reste von rezenten Seepocken. Bildbreite ca. 7 cm.
Abb. 38: Mitten auf dem Strand eine Sonnenblume, der das salzhaltige Milieu offensichtlich nicht schadet.

Die folgenden Funde stammen aus der Nähe der Halbinsel Wustrow, von der Steilküste NE von Rerik. Gesammelt, geschnitten und poliert wurden die Geschiebe von T. Brückner (Hilter).

Abb. 39: Tektonische Brekzien sind ein häufiger Geschiebefund. Selten handelt es sich dabei um einen brekziierten geschichteten Hornstein.
Abb. 40: Das Gestein ist hälleflintartig dicht. Die feinen Wechsellagen bilden die Schichtung eines feinkörnigen Sediments oder vulkanischer Aschen ab.
Abb. 41: Nahaufnahme einer brekziierten Partie. Die Risse sind mit Quarz und einem hellgrünen Mineral verheilt.
Abb. 42: Cordierit-Sillimanit-Granofels, wahrscheinlich aus dem Västervik-Gebiet. Siehe auch Abb. 30.
Abb. 43: Nahaufnahme.
Abb. 44: Bornholm-Granit. Typisch für Bornholm-Granite ist ein verwaschenes Gefüge aus rotem Feldspat und Quarz sowie helle Plagioklase, teilweise mit dunklem Kern; dunkle Minerale bilden Flecken.
Abb. 45: Nahaufnahme. Innerhalb der dunklen Minerale findet sich reichlich Titanit.
Abb. 46: Eigenartiges zoniertes Syenit-Geschiebe. Das Gestein besteht fast vollständig aus Alkalifeldspat von grüner bis bräunlicher Farbe. Der Vaggeryd-Syenit führt in der Regel etwas Quarz und enthält mehr dunkle Minerale. Es könnte sich bei diesem Syenit auch um einen Larvikit in ungewöhnlicher Ausbildung handeln.
Abb. 47: Einige Feldspäte weisen einen bläulichen Schiller auf.
Abb. 48: Zwischen den Feldspäten und innerhalb von Rissen finden sich schmale orangefarbene Partien (Plagioklas-Entmischungen von Feldspat?).
Abb. 49: Orangefarbene Risse innerhalb schwarzgrüner Feldspäte.

Literatur

GERTH A 2008 GIS-gestützte 3D-Modellierung hochweichsel-zeitlicher Sedimente in Nordwest-Mecklenburg-Vorpommern – Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. 196 S., Bautzen 2008.