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Orbiculit von Slättemossa

Abb. 1: Orbiculit von Slättemossa, Bildbreite 80 cm.

Zweifellos der Höhepunkt jeder Småland-Exkursion ist ein Besuch des Orbiculits von Slättemossa, gelegen etwa 3 km südlich von Järnforsen. Orbiculite sind seltene Plutonite mit einem exotischen Gefüge: in einer regellosen und grobkörnigen Grundmasse (Matrix) liegen zahlreiche runde bis ovale und feinkörnigere Aggregate (Orbicule) mit einem Durchmesser von mehreren (ca. 5-15) cm, die einen konzentrisch-schaligen Aufbau im Millimeter- bis Zentimetermaßstab aufweisen.

Das Gestein an der Lokalität Slättemossa, zuerst beschrieben von HOLST & EICHSTÄDT 1884 und BÄCKSTRÖM 1894, ist eines der wenigen bekannten Aufschlüsse von Orbiculiten in Schweden. Ein Waldweg mit dem Hinweisschild klotgranit (schwed.) führt zum ersten Aufschluss, ein zweiter befindet sich 50 m entfernt und konnte in der dichten Vegetation nur mit Mühe nach einiger Suche ausfindig gemacht werden. Das Vorkommen steht unter strengem Schutz, Probenahmen sind hier verboten!

Der Orbiculit von Slättemossa wird von LINDH & NÄSSTRÖM 2006 ausführlich beschrieben. Es handelt sich um einen Quarz-Monzodiorit, der geologisch zum Transskandinavischen Magmatitgürtel (TIB) gehört und ein ungefähres Alter von 1,81-1,77 Ga aufweist. Das Vorkommen liegt in unmittelbarer Nähe einer basischen Intrusion (Gabbro bis Diorit), die Grenze zu den etwas älteren Gesteinen des Oskarshamn-Jönköping-Gürtels (OJB) befindet sich nur wenige hundert Meter südlich.

Abb. 2: Verwitterte Oberfläche des Orbiculits, Bildbreite 65 cm. Das lebhafte Relief ist auf die bevorzugte Auswitterung der mafitreichen (biotitreichen) Schalen zurückzuführen.
Abb. 3: Ein zweiter, wenige Quadratmeter großer Aufschluss zeigt eine scharfe Grenze zum quarzmonzonitischen Nebengestein. Hier ist die Verwitterung im Vergleich zu Abb. 2 deutlich weniger fortgeschritten. Bildbreite etwa 2 Meter.
Abb. 4: Bildbreite 70 cm.

Die Orbicule weisen unregelmäßig eiförmige bis ellipsoide Umrisse sowie eine gewisse Einregelung auf. Nach LINDH 2006 könnte das flüssige Magma zwischen den noch verformbaren Orbiculen ausgepresst, diese in der Folge zusammengedrückt und durch magmatische Lamination eingeregelt worden sein.

Abb. 5: Einige Orbicule bekamen beim Aneinanderstoßen „Ecken“. Bildbreite 40 cm.
Abb. 6: Eine Stelle des Gesteins wurde vom Flechtenbewuchs befreit. Die Orbicule besitzen hier einen weitgehend einheitlichen Aufbau.

Die grobkörnige Matrix besteht aus grünlichen Plagioklas, blassrotem Alkalifeldspat sowie Biotit und Amphibol als dunkle Minerale. Größere Quarzkörner sind nicht wahrnehmbar. Der Kern der Orbicule ist monzodioritisch (Plagioklas + Alkalifeldspat + dunkle Minerale) zusammengesetzt (LINDH 2009). Die 3-8 mm breiten Schalen der Orbicule sind deutlich feinkörniger als der Kern und zeichnen sich durch wechselnde Anteile an Feldspat und Mafiten aus. Die Grenze zwischen der ersten dunklen und hellen Schale ist scharf, ebenso der Übergang von äußerer Schale zur Matrix, ein Hinweis auf plötzlich veränderte Kristallisationsbedingungen innerhalb der Schmelze.
Magnetit ist im Kern und den folgenden Schalen mit einem Handmagneten nicht nachweisbar, aber deutlich in der Außenschale und in der Matrix.

Abb. 7: Nahaufnahme eines Orbiculs. Abbildung ohne Beschriftung.

Der grob- bis mittelkörnige Kern der Orbicule (1) ähnelt im Mineralbestand der einbettenden grobkörnigen Matrix (5). Dem Kern folgt eine mafitreiche und feinkörnige Schale (2) mit scharfer Grenze zu einer helleren Schale (3). Die Grünfärbung in den Schalen, weniger aber im Kern der Orbicule sowie in der umgebenen Matrix, z. B. durch vergrünte Ca-reiche Plagioklase oder der Anwesenheit von Chlorit, lässt auf einen stärkeren Einfluss hydrothermaler Alteration während der Orbicul-Bildung schließen. Die helle Schale zeigt einen allmählichen Übergang in eine mafitreichere Außenschale (4), die zum Rand hin reicher an Biotit ist und sich scharf von der grobkörnigen Matrix (5) abgrenzt.

Abb. 8: Gleiches Orbicul, nass fotografiert.

Die Bildung der Orbicule ist auf eine episodische, konzentrisch um einen Kern erfolgte Kristallisation wechselnder Mengen Feldspat und dunkler Minerale unter veränderlichen Bedingungen in der Schmelze zurückzuführen (LINDH 2006). Ausgangspunkt ist die „normale“ Kristallisation der Kerne (1). Eine plötzliche Zufuhr von Volatilen (leichflüchtige Bestandteile wie Wasser oder CO2) erniedrigt den Liquidus (Punkt, an dem die Kristallisation einer Schmelze einsetzt) und unterbindet die weitere Kristallisation durch Zerstörung aller Kristallkeime. Abkühlung der Schmelze führt zu Bedingungen, unter denen die Kristallisation der ersten Schale erfolgt, unter Abnahme der Korngröße. Die scharfe Grenze zwischen erster dunkler und erster heller (plagioklasreicher) Schale (Abb. 7) lässt plötzliche Veränderungen der Kristallisationsbedingungen vermuten, kombiniert mit einer Verarmung mafischer Minerale in der Schmelze. Das Schmelzgleichgewicht verschiebt sich nach dem Verbrauch des Plagioklas-Überschusses wieder zugunsten einer Kristallisation von Plagioklas und mafischen Mineralen: die nächste Schale entsteht, gefolgt von einer dünnen Übergangszone. Schließlich bildete sich unter „normalen“ Kristallisationsbedingungen die grobkörnige Matrix.

Abb. 9: Orbiculit von Slättemossa, loser Stein vom Anstehenden, polierte Schnittfläche.
Abb. 10: Nahaufnahme des linken Orbiculs mit kontrastreich abgesetzter Zonierung der Schalen.

Beim Übergang der ersten hellen zur nächsten Schale erkennt man senkrecht zur Orbicul-Oberfläche ausgerichtete dunkle Minerale. Diese radiale Textur weist auf eine rasche Kristallisation hin.

Abb. 11: Der Anschnitt des rechten Orbiculs zeigt mehr vom gleichkörnigen Kern.

Literatur

BÄCKSTRÖM H 1894 Tvenne nyupptäckta svenska klotgraniter – Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 16, S. 107–130.

HOLST N O & EICHSTÄDT F 1884 Klotdiorit från Slättmossa, Järed socken, Kalmar län – Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 7, S. 134-142.

LINDH A & NÄSSTRÖM H 2006 Crystallization of orbicular rocks exemplified by the Slättemossa occurrence, southeastern Sweden – Geol. Mag. 143 (5), 2006, S. 713-722. Cambridge University Press.