Zittauer Gebirge

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Blick von Norden vom Olbersdorfer See im Zittauer Becken auf die etwa 5 km entfernte, stark gegliederte Nordseite des Zittauer Gebirges mit einem Anstieg von 200-300 m.

Das Zittauer Gebirge im äußersten Südosten Sachsens kann mit ca. 48 km² Fläche als kleines, eigenständiges Mittelgebirge gesehen werden. Es ist wie die Sächsische Schweiz (Elbsandsteingebirge) genetisch verbunden mit dem Sächsisch-Böhmischen Kreidesandsteingebirge, und besitzt eine gemeinsame Nahtstelle im Böhmischen Niederland (Schluckenauer Zipfel). Die Sandsteine aus festlandsnah abgelagerten Meeressanden stammen aus der Zeit des Oberkreide (Turonium 93,9–89,7 mya). Gegen Ende der Kreidezeit setzte die Lausitzer Überschiebung ein. Das nördlich vorgelagerte Granitgebirge wurde auf den Sandstein überschoben, dieser herausgehoben, zeitgleich senkte sich das Zittauer Becken ein. 

Zwischen Oybin und Jonsdorf stehen tonige Sandsteine (Unterturon), Quadersandstein mit teilweise hohem Kalkgehalt (Kalksandstein) und Mergel mit konglomeratischen Linsen und Geröllen von Eisensandstein (unteres Mittelturon) an. Mittelturon ist am weitesten verbreitet: fein bis mittelkörniger Sandstein mit vielen Konglomeraten in Oybin und Jonsdorf. Das Gebiet um Waltersdorf an der Lausche und am Hochwald besteht aus Zirkon und Monazit führendem Quadersandstein (Mittel- bis Oberturon), oberturonische Sandsteine führen eher Turmalin, Glimmer, Ilmenit und Rutil.

Das Alter der Sedimente im Zittauer Gebirges liegt zwischen 95 (Bohrung Forsthaus Lückendorf) und 88 Ma. Wie im Elbsandsteingebirge gibt es auch im Zittauer Gebirge eine Vielzahl von imposanten, durch Verwitterung und Erosion entstandenen Felsgruppen (Oybin, Kelchstein, Jonsdorfer Felsenstadt, Töpfer). Der Sandstein des Zittauer Gebirges ist durch die vulkanischen Vorgänge im Oligozän/Miozän begleitet und überprägt.  

 

Oybin

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Berg Oybin (513 m): mittelturonischer, fast horizontal lagernder Sandsteinmonolith mit zahlreichen Quarzkonglomeratlagen. Abtragungsgebiet war vermutlich die aus dem damaligen Kreidemeer herausragende Lausitzer Insel. Auf tektonische Unruhe weist die Hauptrichtung der NW-SE (herzynisch) verlaufenden Bergzüge und Klüfte mit Nebenrichtung SSW-NNW hin. Der Oybin war bereits als bronzezeitliche Höhensiedlung genutzt, die jetzige Burg wurde 1311-1316 zur Sicherung der Handelswege errichtet, 1577 durch Blitzschlag vernichtet und 1681 durch einen Felssturz teilweise zerstört worden.

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Blick vom Oybin nach Norden. Die Burgruine und die wilde Landschaft inspirierte Maler der Romantik wie Caspar David Friedrich zu Motiven in diesem Gebiet. Die heutige Gestalt des Tales ist durch die letzten Eiszeiten geformt worden. Vorrückendes Eis der Elster-Kaltzeit ist bis in den Talkessel von Oybin nachgewiesen.

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Blick vom Burgturm Oybin nach Süden zum Hochwald (749 m): der breite Sandsteinsockel aus oberturonischem Quadersandstein wird von der steiler ansteigenden, jüngeren und verwitterungsresistenten Kuppe des Phonoliths überlagert. Im Gebiet des Hochwalds treten auch basaltische Nephelintephrit-Gänge auf. Rechts vom Hochwald, im Ortsteil Hain, liegt bereits auf tschechischer Seite ein 700-800 m langer, 5 m mächtiger Basaltgang auf dem Gipfel des Jánské kameny (Johannisstein). Links vom Hochwald schließen sich die Felsengassen und der Töpfer mit vielgestaltigen Felsen an, in der Große Felsengasse gibt es Brauneisenvererzungen im „Muschelsaal“.

 

Kelchstein

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Kelchstein und Kelchsteinwächter aus mittelturonischem Sandstein mit Hohlkehlen, die vermutlich im Jungpleistozän entstanden. Die Form des Kelchsteins ist auf Absandung und Rückwitterung der unterliegenden, weniger resistenten Sandschichten zurückzuführen. Windschliff, Wasser und Sonneneinstrahlung, auch die vorherrschende Regenseite sind verantwortlich für diese Reliefbildung. Durch den Vulkanismus mobilisierte Fluide lieferten Eisenoxide und Lösungen mit Kieselsäure, die die oberen Sandsteinschichten fester miteinander verkitteten.

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Krusten und Bänder von Fe/Mn-oxiden (Limonit-Hämatit) aus zirkulierenden Fluiden.

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Die Wabenverwitterung ist nicht durch Winderosion, sondern durch chemische Einwirkung gekennzeichnet. Durch Salzausscheidung aus Porenwasser bilden sich Kristalle, die den Sandstein sprengen und die Verwitterung an diesen Stellen beschleunigen, während benachbarte Partien durch die Ausscheidung von Kieselsäure verfestigt werden. Diese entgegengesetzten Vorgänge in enger Nachbarschaft führen zu einer Wabenstruktur.

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Im Inneren des Kelchsteinwächters sind als Verwitterungserscheinung Sanduhren zu beobachten. Auch hier widerstehen gewisse Bereiche des Sandsteins im hinteren Bereich der vorherrschenden Verwitterung, während sich die Felsöffnung weiter vergrößert.

 

Jonsdorfer Mühlsteinbrüche und Felsenstadt

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Am Carolafelsen ist der mittelturonischer Quarzsandstein hellgrau und mittelkörnig bis konglomeratisch ausgebildet. Die Rotfärbung einiger Quarzkörner ist auf Pigmente von Hämatit zurückzuführen.

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Quarzkonglomeratlagen geben einen Hinweis auf Ablagerung in Küstennähe, da die Transportenergie durch fließendes Wasser höher ist als bei Sandsteinablagerungen. Die abgerundeten Quarze sind auf bewegtem Untergrund in Ufernähe entstanden.

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Halbkreisrunde Formen der Verwitterung sind beim Blick von oben auf die Formationen erkennbar, Regen und Frostsprengung in Kombination mit Wurzeldruck und Huminsäuren dürften hier das bestimmende Verwitterungsregime sein.

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Zahlreiche die Phantasie anregende, bizarre Felsformationen sind im Bereich der Mühlsteinbrüche, am Orgelsteig und in der Jonsdorfer Felsenstadt zu sehen.

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Halbkreisrunde Verwitterung mit erkennbarer Schichtung des Sandsteins, ein adäquater Name dieser Formation ließ sich nicht ermitteln.

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Drei Tische“ mit Eisenerzplatten. Die Imprägnation und Anreicherung der Fe/Mn-hydroxide an Schichtgrenzen des Sandsteines erfolgte durch zirkulierende, wässrige Lösungen, sei es durch Sickerwasser oder hier als Begleiterscheinung des Vulkanismus. Metalle niedriger Wertigkeit, z.B. Fe(II) wurden unter oxidativen Bedingungen an Trennhorizonten als schwer lösliches Fe(III) ausgeschieden und akkumuliert.

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Bergsturz Mausefalle

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Teekanne

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Schwarzes Loch, ehemaliger Tiefbau für Mühlsteine. In den Kontaktbereichen von basaltischen und phonolithischen Durchbrüchen wurden die Sandsteine gefrittet, teilweise aufgeschmolzen und erhielten nach Abkühlung ein besonders für Mühlsteine geeignetes, stark verfestigtes Gepräge.

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Der Abbau der Mühlsteine im Bärloch begann im 16. Jahrhundert. Durch fortschreitenden Abbau in die Tiefe wurden drei von Hand ausgemeißelte Schluchten zum Schwarzen Loch zur Erleichterung des Mühlsteintransports angelegt.

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Handgemeißelte Schlucht- und Kluftwege finden sich auch auf dem Berg Oybin.

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Durchbruch eines vulkanischen Ganges. Das ursprüngliche Gefüge des Sandsteins ist durch eine Phonolith-Intrusion stark gestört, teilweise aufgeschmolzen worden.

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Für die Mühlsteine eignete sich besonders gut ein glasiger, harter, poröser, scharfer Sandstein aus dem Kontaktbereich zur aufdringenden Magma. Die Betriebszeit der Mühlsteinbrüche war 1560-1922, es wurde hauptsächlich nach Rußland exportiert.

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Kleine Orgel mit säulenförmiger Sandstein. Durch einen Phonolithgang in einer horizontalen Kluft wurde der Sandstein gefrittet. Der Phonolithgang befand sich über dem Sandstein, erkennbar an weitgehend unverändert unterliegendem Sandstein. Durch Abkühlung entstanden die senkrechten Schrumpfungsrisse, spätere Erosion beseitigte den Phonolith.

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Große Orgel.

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Felsgebilde Bernhardiner

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Auch beim Abstieg durch die Jonsdorfer Felsenstadt finden sich gefrittete Formationen, hier durch einen bereits abgeräumten, aufsteigenden vulkanischen Gang.

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Eine postvulkanische Bildung durch zirkulierende Fluide sind diese konzentrischen Ringe aus Eisenoxiden (Goethit) in verschlungenen Gebilden.

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Felsenschüssel: wohl durch Flechten und Moose und/oder Temperaturdifferenzen angelegte Eintiefung, durch Wurzeldruck und Huminsäuren weiter zersetzt mit späterer Ausbildung einer Ablaufrinne.

 

Nonnenfelsen

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Blick nach Südwesten vom Top der Mühlsteinbrüche auf das Zittauer Gebirge. Der Phonolithkegel der Lausche überragt die Sandsteinberge, rechts der Nonnenfelsen mit zwei großen Felsengassen.

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Die Zigeunerstuben sind eine 20-30 m tiefe Felskluft mit plattigen Eisenoxidkrusten an den Wänden, die auf einen vulkanischen Gang schließen lassen. Allerdings fand man keine Relikte einer Gangfüllung. Es könnte sich um leicht ausräumbaren Phonolith gehandelt haben. Der Abstieg vom Nonnenfelsen führt durch den Schwarzen Gang, eine weitere tektonische Kluft mit ähnlichen Ausmaßen.

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Blick vom Nonnenfelsen nach Norden auf die Hochfläche von Jonsdorf, dahinter das Zittauer Becken, in der Ferne das Kraftwerk Bogatynia in Polen.

 

Waltersdorf und Lausche

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Blick vom Butterberg auf den Buchberg. Die Lausitzer Störung südlich des Butterberges (507 m) trennt den Granodiorit vom Zittauer Sandsteingebirge. Im Cenoman gab es einen Meeresarm zwischen Erzgebirge und Lausitz, in dem sich die Konglomerate, Sandsteine und Tonsteine ablagerten. Nach der Regression setzte tektonische Bewegung ein, die zur Bildung der Lausitzer Störung führten: das benachbarte Granodioritmassiv wurde auf den Sandstein  geschoben, der Sandstein dadurch gehoben.

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Lausche: Oberturonischer Quadersandstein im Roten Steinbruch, der durch Funde von Inoceramus walterdorfensis und I. lusatiae durch Andert bekannt wurde, die wichtige Glieder der Kreidestratigraphie darstellen.

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Quadersandsteinbruch am Sonnenberg, ehemals zur Bausteingewinnung genutzt. Der Steinbruch ist stark verwachsen, das Betreten nicht ungefährlich, daher unterblieb eine eingehende Fossiliensuche.

Eisensandstein

Eisensandstein. Sandstein mit Schichtgrenze zwischen gröberem und feinerem Sand und Einlagerungen von Limonit durch zirkulierende wässrige Lösungen.

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Blick zur Lausche: der Sockel besteht aus oberturonischem Quadersandstein, beim Aufstieg trifft man auf Basalttuffe und massenweise plattigen, an der Grenze vom Paläogen zum Neogen entstandenen Phonolith mit Blockhalden. Ein Basaltgang auf 660 m Höhe ist jünger als der vorherrschende Phonolith.

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Grünlich-grauer Sanidin-Phonolith von der Lausche mit heller Verwitterungsrinde.

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Blick nach Süden: zahlreiche vulkanische Kuppen des Böhmischen Mittelgebirges deuten auf stärkere vulkanische Aktivität mit Annäherung an den Egergraben.

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Leicht kontaktmetamorph geprägter Kalksandstein am Fuß der Lausche.

 

Literatur

Lange/Tischendorf/Krause: Minerale der Oberlausitz (2004), Verlag Gunter Oettel

A. Hanle et al.: Meyers Naturführer Oberlausitz, Meyers Lexikonverlag 1992

Wagenbreth/Steiner: Geologische Streifzüge, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1982, S.170-178

regionalgeologie-ost.de – ein Wörterbuch