Loftahammar-Augengneis

Das Loftahammar-Granitmassiv nimmt ein größeres Gebiet im äußersten Nordosten Smålands ein. Die Gesteine stiegen während der svekofennischen Orogenese vor etwa 1,85 Ga als plutonische Körper auf und wurden an einer breiten Scherzone teilweise mylonitisiert. Sie sind etwas älter als die weitgehend undeformierten Granite des Transskandinavischen Magmatitgürtels (TIB), die sich südlich und westlich vom Loftahammar-Gebiet anschließen (s. Abb. 5 im Exkursionsbericht Västervik-Gebiet).

Abb. 1: Loftahammar-Augengneis mit augenförmigen Porphyroklasten aus orangefarbenem Alkalifeldspat, Aufnahme unter Wasser. Anstehendprobe vom Bjursundsvägen, westlich von Loftahammar (57.90857, 16.65788), leg. T. Langmann.
Abb. 2: Nahaufnahme des Gefüges.

Der Loftahammar-Augengneis besitzt eine granitische Zusammensetzung und besteht aus großen und augenförmigen Feldspat-Aggregaten, die von einer feinkörnigen Grundmasse aus granuliertem und hellgrauem Quarz, Feldspat sowie Glimmer wellenförmig „umflossen“ werden. Einzelne grünlich-braune Körner eines zweiten Feldspats (Plagioklas) sind in den Zwischenräumen erkennbar.

Das mylonitische Gefüge ist auf eine duktile Deformation des Gesteins in einer Scherzone zurückzuführen. Dabei wurden die Mineralbestandteile des granitischen Gesteins einerseits zerdrückt – erkennbar an den fein granulierten Mineralkörnern und der Foliation der dunklen Glimmerminerale in der Matrix. Andererseits wuchsen während der Mylonitisierung durch Umkristallisation im festen Zustand größere Feldspäte (sog. Porphyroklasten) heran, die durch anhaltende Einwirkung von gerichtetem Druck augen- bis linsenförmige Konturen annahmen. Mylonite sind durch eben solche beträchtlichen Korngrößenunterschiede zwischen Grundmasse und Feldspat-Porphyroklasten gekennzeichnet.

Abb. 3: Loftahammar-Gneisgranit, anstehend am Bergholmsfjärden, westlich von Loftahammar. Bildbreite 60 cm. Foto: T. Langmann.

Durch stärkere tektonische Beanspruchung geht die Augengneis-Textur (unterer Bildteil) in eine flaserige Textur über (Flasergneis, Bildmitte). Hier wurden die Feldspataugen stärker deformiert und in die Länge gezogen (vgl. auch Abb. 11). Einige Pegmatitadern durchziehen das Gestein und wurden ebenfalls deformiert.

Abb. 4: Gleicher Aufschluss, Bildbreite 26 cm.
Abb. 5: Roter Loftahammar-Augengneis, Aufnahme unter Wasser. Anstehendprobe vom Bjursundsvägen, ca. 5 km westlich von Loftahammar (57.92017, 16.61299), leg. T. Langmann.
Abb. 6: Augengneis aus dem Loftahammar-Gebiet mit abweichendem Erscheinungsbild. Straßenaufschluss an der R35, ca. 7 km nördlich von Gamleby (57.95644, 16.37419).

Die Loftahammar-Granitoide kommen im Västervik-Gebiet gehäuft als Nahgeschiebe vor, das Anstehende liegt nur wenige Kilometer weiter nördlich. Bemerkenswert sind Varianten von orangefarbenen Augengneisen mit einzelnen größeren Aggregaten von grauweißem Plagioklas, der von dunklen Mineralen durchsetzt ist. Einzelne augenförmige Alkalifeldspäte werden von einem hellen Plagioklas-Saum umgeben (Abb. 7, 8).

Abb. 7: Nahgeschiebe am Hafen von Västervik.
Abb. 8: Nahgeschiebe von einem fossilen Strandwall SE von Västervik (etwa 57.718765, 16.671451). Breite des Steins 15 cm.

Als Nahgeschiebe finden sich nicht selten auch orangefarbene und nur wenig deformierte Granite mit Blauquarz und Plagioklas-Säumen um die Alkalifeldspäte (Abb. 9, 10). Ob es sich um Gesteine aus dem Loftahammar-Massiv oder TIB-Granite handelt, ist bislang unklar.

Abb. 9: Granitgeschiebe am Campingplatz Gamleby.
Abb.10: Gleicher Stein, nasse Oberfläche.

Leitgeschiebe?

Einige Autoren sehen den „Loftahammar-Gneisgranit“ als Leitgeschiebe an (HESEMANN 1975, ZANDSTRA 1988, 1999, VINX 2016). Dabei ist zu bedenken, dass ähnlich ausgebildete Gneisgranite z. B. auch innerhalb der Mylonitzone in Westschweden oder in kleineren mylonitisierten Scherzonen des Grundgebirges zu erwarten sind (s. Abb. 17). Eine Häufung des Loftahammar-Typs lässt sich mitunter in Geschiebegemeinschaften mit viel Material aus NE-Smaland beobachten, z. B. weichelzeitlichen Ablagerungen in Brandenburg, in denen westschwedische Gesteine nur sehr vereinzelt auftreten. An weiter westlich gelegenen Fundlokalitäten, z. B. an der westlichen Ostsee, ist eher mit Anteilen westschwedischer Geschiebe zu rechnen.

Die Beschreibungen des Loftahammar-Gneisgranits variieren in der Geschiebeliteratur. Dies ist kaum verwunderlich, da sich innerhalb des Massivs verschiedene Ausprägungen von Granitoiden finden (siehe weitere Anstehendproben auf skan-kristallin.de). Welche Varianten letztendlich als Leitgeschiebe geeignet sind, lässt sich nur bedingt überprüfen. Zumindest die plagioklasführenden orangefarbenen Varianten in Abb. 7 und 8 sind auffällige und u. U. für das Loftahammar-Gebiet charakteristische Gesteine.

ZANDSTRA 1988 unterscheidet einen roten, feldspatreichen und einen dunklen, mafitreichen Typ. Die mafitreiche Variante kann rote Feldspat-Porphyroklasten bis 7 cm Länge enthalten, die durch anhaltende Mylonitisierung sehr lang gestreckt wurden (Abb. 11). Eine fein- bis mittelkörnige Zwischenmasse legt sich wellenförmig um die großen Feldspäte (fluidale Textur) und besteht im Wesentlichen aus granuliertem Quarz (hellgrau bis zuckerkörnig weiß) und dunklen Mineralen (überwiegend Biotit). Auch Varianten mit wenig dunklen Mineralen sind bekannt (Abb. 3).

Plagioklas bildet einzelne kleinere Körner von hellgrauer bis grünlich-brauner Farbe, kann aber auch vollständig fehlen. ZANDSTRA 1988 und HESEMANN 1975 weisen auf das Vorhandensein von dünnen, grauen, meist unvollständigen Plagioklashüllen um viele der Alkalifeldspat-Porphyroklasten hin. Auch die Porphyroklasten enthalten hellgraue Plagioklas-Stückchen. An Akzessorien treten gelegentlich violetter Flussspat sowie Magnetit auf.

Abb. 11: Loftahammar-Gneisgranit, Geschiebe von der Insel Poel mit lang gestreckten Feldspat-Porphyroklasten, Bildbreite 34 cm.
Abb. 12: Orangefarbener mylonitischer Augengneis mit wenig dunklen Mineralen. Großgeschiebe auf dem Findingsdepot Steinitz am Tagebau Welzow-Süd (Niederlausitz).
Abb. 13: Roter mylonitischer Augengneis mit hellgrauen Plagioklas-Aggregaten sowie einzelnen Plagioklas-Säumen um die Porphyroklasten. Kiesgrube Penkun, Vorpommern.
Abb. 14: Biotitreicher mylonitischer Augengneis, Kiesgrube Götschendorf (Brandenburg).
Abb. 15: Augenmylonit mit orangefarbenen Alkalifeldspäten, teilweise mit hellem Plagioklas-Saum. Nasse Schnittfläche eines Geschiebes aus der Kiesgrube Schweinrich (Brandenburg), Slg. F. Wilcke (Wittstock).
Abb. 16: Nahaufnahme.

Ganz ähnliche Augenmylonite wie im Loftahammar-Gebiet – auch mit orangefarbenem Alkalifeldspat und weißem Plagioklas – kommen z. B. in Dalsland (Westschweden) vor. Das folgende Nahgeschiebe, ein Kroppefjäll-Augenmylonit, stammt aus der Kiesgrube Holma in Bohuslän (58.505050, 11.476230) und ist ebenfalls kein Leitgeschiebe (Beschreibung in HESEMANN 1975: 51; s. weitere Augenmylonite aus diesem Gebiet auf skan-kristallin.de).

Abb. 17: Kroppefjäll-Augenmylonit, polierte Schnittfläche, Nahgeschiebe aus der Kiesgrube Holma in Bohuslän (Slg. T. Bückner).
Abb. 18: Nahaufnahme.

Literatur

HESEMANN J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen – 267 S., 44 Abb., 8 Taf., 1 Kt., Krefeld (Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen).

VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).

ZANDSTRA J G 1988 Noordelijke Kristallijne Gidsgesteenten ; Een beschrijving van ruim tweehonderd gesteentetypen (zwerfstenen) uit Fennoscandinavië – XIII+469 S., 118 Abb., 51 Zeichnungen, XXXII farbige Abb., 43 Tab., 1 sep. Kte., Leiden etc.(Brill).

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