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Karbonatite

In Nordeuropa gibt es nur kleine Karbonatit-Vorkommen. Als Geschiebe spielt der Gesteinstyp bisher keine Rolle, weil er sehr selten zu finden und wahrscheinlich nur schwer erkennbar sein dürfte. Dennoch lohnt ein Blick auf diese kuriosen Gesteine, da es sich um die einzigen Magmatite handelt, die nicht aus silikatischen, sondern aus karbonatreichen Schmelzen hervorgehen.

Karbonatite enthalten mindestens 50 % Karbonat. Häufig ist dies Calcit, aber auch Ankerit, Siderit, Dolomit oder Na-Karbonate kommen als bestimmende Karbonatphase in Frage. Verbreitet sind Varianten mit einem Anteil von 70-90% Calcit. Mittel- bis grobkörnige Calcit-Karbonatite werden als Sövit, feinkörnige als Alvikit bezeichnet. Als Begleitminerale können Glimmer (Phlogopit), Olivin, Magnetit und Apatit auftreten. Spezifische, aber nur gelegentlich enthaltene Karbonatit-Minerale sind Ägirin, Pyrochlor und Nephelin.

Abb. 1: Karbonatit (Sövit) von Alnö, grobkörniges Gefüge aus kristallinem Calcit und Dunkelglimmer. Foto: M. Bräunlich.
Abb. 2: Nahaufnahme des Gefüges.

Vorkommen des seltenen Gesteinstyps sind mit Alkaligesteinen assoziiert und an kontinentale Riftsysteme mit Hot-spot-Vulkanismus gebunden. Karbonatite bilden meist kleine subvulkanische Körper in Form von Gängen oder Stöcken. Effusive, also an der Erdoberfläche austretende Karbonatite sind nur von einer einzigen Lokalität bekannt, dem Ol Doinyo Lengai in Tansania. Dort konnten auch sehr dünnflüssige, aber nur etwa 500°C heiße und eigenartig blau glühende Lavaströme beobachtet werden (Video auf youtube, Bilder auf nationalgeographic.com).

Die Karbonatit-Schmelzen entstehen nicht etwa durch Aufschmelzung von karbonatreichen Sedimenten, sondern werden im Erdmantel gebildet. Karbonatitische Schmelze, einmal durch magmatische Differenziationsprozesse vom Mantelgestein (Peridotit) abgesondert, ist mit Silikatschmelzen nicht mehr mischbar und steigt als eigenständiger Intrusivkörper auf. Karbonatite sind eine wichtige Lagerstätte. In keinem anderen Gesteinstyp kommt es zu einer vergleichbaren Anreicherung von Elementen wie Nb, P, vor allem aber Seltenen Erden.

Aus Skandinavien sind mehrere kleine Karbonatit-Vorkommen bekannt. Im Fen-Komplex (Norwegen) treten neben Söviten auch Fe- und Mg-reiche Karbonatite auf (Abb. 4, weitere Proben auf skan-kristallin.de). Kleinere Massive existieren in Nordschweden: Alnö in Västernorrlands län (Abb. 1-3, s. a. skan-kristallin.de sowie Kresten & Troll 2018) und Kalix in Norrbottens län (Kresten et al 1981). Im Gebiet von Gävle wurde ein karbonatitisches Gestein aus einem unbekannten Vorkommen als Geschiebe gefunden (Nyström et al 1985). Auch in Finnland gibt es mehrere kleine Karbonatit-Vorkommen (O´Brien 2015)

Geschiebe könnten, wenn auch sehr selten, in den Ablagerungen eines norwegischen Eisstroms (Karbonatite aus dem Fen-Komplex) und in mittelschwedischen Geschiebegemeinschaften (Karbonatite aus Alnö) zu erwarten sein. Fundberichte liegen bislang nicht vor. Entweder sind die Gesteine zu unscheinbar, können mit Marmor verwechselt werden oder wirken als Geschiebe unattraktiv, weil sie bei der Verwitterung rostige Gesteinsoberflächen ausbilden. Marmor kann – wie Calcit-Karbonatit / Sövit – ebenfalls grobkörnig ausgebildet sein und Dunkelglimmer als Begleitmineral enthalten (s. Abb. 26 im Artikel über Marmor). Magnetit ist kein eindeutiger Hinweis auf Karbonatit, weil er hin und wieder auch in Marmor auftritt. Karbonatit-typische Minerale wie Pyrochlor, Ägirin oder Nephelin dürften erst durch eine mikroskopische Untersuchung sicher erkennbar sein.

Abb. 3: Grobkörniger Karbonatit (Sövit) von Alnö aus weißem Calcit, braunem Nephelin (laut Etikett) und wenigen dunklen Mineralen. Sammlung der BGR in Berlin-Spandau.
Abb. 4: Rødbergit, ein eisenreicher Karbonatit aus Ankerit, Calcit und Hämatit. Anstehendprobe aus dem Fen-Gebiet. Foto: M. Bräunlich.

In Süddeutschland gibt es ein größeres Karbonatitvorkommen im Kaiserstuhl. Das Gestein ist in mehreren kleinen Steinbrüchen aufgeschlossen und wurde in den 50er-Jahren versuchsweise bergmännisch abgebaut, da es lagenweise Anreicherungen des Nb-haltigen Minerals Pyrochlor (Koppit) enthält.

Abb. 5: Mittelkörniger und glimmerhaltiger Karbonatit (Sövit) aus dem Steinbruch Orberg im Kaiserstuhl. Aufnahme einer frischen Bruchfläche unter Wasser.
Abb. 6: Nahaufnahme einer weiteren Probe vom Orberg. Das Gestein reagiert nur mäßig auf einen Handmagneten. Es dürfte sich also nicht bei allen dunklen und teilweise oktaedrisch ausgebildeten Mineralkörnern um Magnetit handeln, auch Minerale der Spinellgruppe (Magnesioferrit) und/oder Pyrochlor kommen in Frage.

Literatur

Kresten P & Troll VR 2018 The Alnö Carbonatite Complex, Central Sweden – 194 S., Springer International Publishing AG.

Kresten P, Ahmann E & Brunfelt AO 1981 Alkaline ultramafic lamprophyres and associated carbonatite dykes from the Kalix area, northern Sweden. – Geologische Rundschau 70, S. 1215-1231.

Nyström JO 1985 Apatite iron ores of the Kiruna Field, northern Sweden: Magmatic textures and carbonatitic affinity – Geologiska Föreningen i Stockholm Förhandlingar, 107:2, S. 133-141, DOI: 10.1080/11035898509452625

O´Brien H 2015 Mineral Deposits of Finland, Chapter 4.1 – Introduction to Carbonatite Deposits of Finland, S. 291-303, Elsevier.

Ein ausführlicher Artikel zum Thema Karbonatite findet sich auf wikipedia.de und weitere Probenbilder auf mineralienatlas.de.