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Västervik-Quarzit

Abb. 1: Grauvioletter Västervik-Quarzit, Nahgeschiebe vom See Hjorten (Lokalität 16).

Quarzite sind ein weit verbreiteter Gesteinstyp im nordischen Grundgebirge. Das größte zusammenhängende Vorkommen in Südschweden liegt in der Umgebung der Stadt Västervik. Einige dieser Västervik-Quarzite weisen ein besonderes, nur aus diesem Vorkommen bekanntes Erscheinungsbild auf. Insbesondere der rotviolette Västervik-Quarzit sowie eine bläuliche Spielart mit roten Flecken können als Leitgeschiebe verwendet werden. Västervik-Quarzite treten mitunter gehäuft in glazialen Ablagerungen mit viel südostschwedischem Gesteinsmaterial auf, wo sie bedeutend häufiger anzutreffen sind als das Västervik-Fleckengestein oder die Västervik-Fleckenquarzite.

  1. Quarzite aus dem Västervik-Gebiet
    1.1. Grauvioletter Västervik-Quarzit
    1.2. Rotfleckiger Västervik-Quarzit mit Blauquarz
    1.3. Blauer Quarzit mit rotem Feldspat
  2. Geschiebefunde
  3. Verwechslungsmöglichkeiten („Norwegischer Quarzit“)
  4. Verzeichnis der Lokalitäten und Proben
  5. Literatur

1. Quarzite aus dem Västervik-Gebiet

Abb. 2: Rotfleckiger Västervik-Quarzit mit Blauquarz, trockene Bruchfläche (Steinbruch Hjortkullen, Lokalität 1).

Die Quarzite des Västervik-Gebietes sind hell- bis dunkelgrau, rötlich-grau, grauviolett, rot, blau und selten auch grünlich gefärbt. Auf der geologischen Übersichtskarte Abb. 3 belegen sie die hellblaue Signatur, zusammen mit anderen Metasedimenten wie den Fleckenquarziten oder dem Västervik-Fleckengestein. Eine weite Verbreitung besitzen hellgraue und glimmerführende (Abb. 5-6), im südlichen Teil des Västervik-Gebiets auch dunkelgraue Quarzite. Sedimentstrukturen wie Schrägschichtung (Abb. 6) sind häufig zu beobachten, manchmal sogar Rippelmarken. Diese Strukturen konnten sich erhalten, weil die Metamorphose der Västervik-Quarzite weitgehend unter statischen Bedingungen erfolgte, ohne Beteiligung von gerichtetem Druck. Abbildungen weiterer Quarzit-Varianten zeigt der Exkursionsbericht Västervik-Gebiet (Abb. 7-19). Gute Kandidaten für ein Leitgeschiebe sind der grauviolette Västervik-Quarzit (Abb. 8-10) sowie blaue Quarzite mit rötlichen Flecken (Abb. 11-14). Auffällig, wahrscheinlich aber weniger spezifisch für das Västervik-Gebiet sind rotfleckige helle Quarzite (Abb. 7), blaue Quarzite mit rotem Feldspat (Abb. 16-18) sowie die weit verbreiteten grauen Quarzite mit gut erhaltenen Sedimentstrukturen wie Schichtung oder Schrägschichtung (z. B. Abb. 6).

Abb. 3: Geologische Übersichtskarte des Västervik-Gebiets. Die hellblaue Signatur markiert die Verbreitung der 1,8-1,9 Ga alten Metasedimente der Västervik-Formation. Im Süden und Westen grenzen sie an Granite des Transskandinavischen Magmatitgürtels (TIB), im Norden an ältere Gesteine. Veränderte Kartenskizze aus BERGMAN 2012 (https://apps.sgu.se/geolagret/).
Abb. 4: Straßenaufschluss im Västervik-Quarzit bei Almvik (Lokalität 2), Bildbreite ca. 2,50 m.
Abb. 5: Hellgrauer Quarzit mit frischer Bruchfläche. Loser Stein aus einem Straßenaufschluss westlich von Gamleby (Lokalität 8).
Abb. 6: Hellgrauer Quarzit mit Sedimentstrukturen (Lokalität 9).
Abb. 7: Heller und rotfleckiger Quarzit (Lokalität 9, Bildbreite 35 cm).

1.1. Grauvioletter Västervik-Quarzit

Abb. 8: Grauvioletter Västervik-Quarzit, nass fotografiert (Straßenaufschluss bei Almvik, Lokalität 2).

Diese Quarzit-Variante kommt nach bisherigem Kenntnisstand nur im Västervik-Gebiet vor (VINX 2016). K.D. Meyer berücksichtigt das Gestein in Geschiebezählungen (z. B. MEYER 1994: 27). In den Bestimmungsbüchern von HESEMANN 1975, ZANDSTRA 1988, 1999 und SMED & EHLERS 2002 fehlt eine Beschreibung.

Abb. 9: Nahaufnahme unter Wasser.

Ein näherer Blick zeigt, dass der grauviolette farbliche Gesamteindruck auf rote und blaue Farbanteile zurückzuführen ist. Rote Anteile sind kleine Feldspäte, die nur bei starker Vergrößerung sichtbar werden. Blauquarz ist nicht immer direkt sichtbar. Als Nebengemengteil treten feinschuppig glänzender Glimmer, vereinzelt auch etwas größere Feldspäte auf, die an reflektierenden Spaltflächen erkennbar sein können. Sedimentäre Schichtung, auch Schrägschichtung, deutet sich mitunter durch farbliche Inhomogenitäten im cm- bis mm-Bereich an. Abb. 8-10 ist eine Anstehendprobe, Abb. 1 ein Nahgeschiebe aus dem Västervik-Gebiet.

Abb. 10: Nahaufnahme (nass) des Gefüges mit rötlichen und graublauen Partien.

Der grauviolette Västervik-Quarzit findet sich mitunter gehäuft in Gemeinschaft von Geschieben aus Nordost-Småland, z. B. Granite vom Kinda- oder Flivik-Typ, Vånevik-Granit, Augengneise vom Loftahammar-Typ oder Småland-Vulkanite. Gleichzeitig wird man hier auch auf massige blaue Quarzite oder graue Quarzite mit Sedimentstrukturen treffen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls aus dem Västervik-Gebiet stammen, aber keine Leitgeschiebe sind.

1.2. Rotfleckiger Västervik-Quarzit mit Blauquarz

Eine auffällige Erscheinung und Spielart des violettgrauen Västervik-Quarzits sind Quarzite mit deutlich voneinander getrennt wahrnehmbaren roten und blauen Farbanteilen. Auf zwerfsteenweb.nl wird das Gestein als „Västervik-Quarzit vom Typ Gunnebo“ bezeichnet.

Abb. 11: Rotfleckiger Västervik-Quarzit mit Blauquarz (Steinbruch Hjortkullen, Lokalität 1). Nasse Bruchfläche, gleiche Probe wie in Abb. 2.
Abb. 12: Nahaufnahme des Gefüges, nass fotografiert. Die rotfleckigen Bereiche enthalten vermehrt roten Feldspat.
Abb. 13: Rotfleckiger Västervik-Quarzit, Aufnahme unter Wasser. Auf der abgerollten Geschiebeoberfläche weist der Quarz nur einen leichten Blaustich auf. Nahgeschiebe vom Ortseingang Västervik, Lokalität 7.
Abb. 14: Nahaufnahme des Gefüges.

1.3. Blauer Västervik-Quarzit mit rotem Feldspat

Intensiv blauer Quarzit wurde an mehreren Lokalitäten im südöstlichen Teil des Västervik-Gebietes gefunden (Lokalität 4 und Schäre Gränö). Abb. 22 zeigt blauen Quarzit im Verband mit dunklen Gneisen und roten und pegmatitartigen Partien. Die Entstehung dieser Gesteine erfolgte offenbar unter Beteiligung von gerichtetem Druck und Teilaufschmelzung. Vergleichbare Gesteine könnten auch an anderen Lokalitäten innerhalb des svekofennischen Grundgebirges auftreten. Der auffällige Gesteinstyp ist daher wohl eher als lokale Besonderheit anzusehen, aber kein Leitgeschiebe.

Abb. 15: Blauer Quarzit mit dunklen Gneisen und roten und pegmatitartigen Bereichen. Bildbreite etwa 1 m; Bruchmaterial aus dem Straßenbau, Pepparängsvägen, südöstlich von Västervik (Lokalität 4).
Abb. 16: Probe aus dem gleichen Aufschluss, trocken fotografiert.
Abb. 17: Die Nahaufnahme zeigt trübe und glasig erscheinende Partie, ein kompakter und massiger Quarzit ohne erkennbare Einzelkörner.
Abb. 18: Unregelmäßig im Gestein verteilt sind Ansammlungen mit größeren Körnern aus rotem Feldspat (oben links) und dunkle Minerale, u. a. Glimmer.

2. Geschiebefunde

Abb. 19: Grauviolette Västervik-Quarzite, Aufnahme unter Wasser; Geschiebefunde aus der Kiesgrube Arendsee (Brandenburg).

Alle Geschiebefunde in Abb. 19 zeigen eine grauviolette Gesamtfarbe, rötliches Pigment, Dunkelglimmer und winzige rote Feldspäte. Im Quarzit unten links ist eine sedimentäre Schichtung aus dunklen und hellen Lagen erkennbar.

Abb. 20: Grauvioletter-Västervik-Quarzit, gleicher Stein wie in Abb. 23 oben.
Abb. 21: Västervik-Quarzit mit sedimentärer Schichtung und etwas Blauquarz. Kiesgrube Niederlehme, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 22: Grauvioletter Västervik-Quarzit, Breite 13 cm, Kiesgrube Niederlehme.

Die in Abb. 7 gezeigte hell cremefarbene Quarzit-Variante mit roten Hämatit-Flecken fällt auch als Geschiebe ins Auge, ist aber ein eher seltener Fund (Abb. 23-25). Ob dieser Quarzit-Typ nur im Västervik-Gebiet vorkommt, bleibt zunächst offen.

Abb. 23: Rotfleckiger Quarzit, polierte Schnittfläche, Fundort: Nienhagen, ex. coll D. Somann (Rostock).
Abb. 24: Rotfleckiger Quarzit; Pritzen, ehem. Tagebau Greifenhain (Niederlausitz), Breite 35 cm.
Abb. 25: Grauer Quarzit mit Sedimentstruktur (Schichtung) und roten Flecken; Kiesgrube Horstfelde, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 26: Blauer Quarzit mit hellrotem Feldspat und Glimmer, Aufnahme unter Wasser. Der Geschiebefund stimmt mit Anstehendproben aus dem Västervik-Gebiet überein (Abb. 15-18). Ob solche Quarzite nur dort vorkommen, bleibt zunächst offen. Fundort: Kiesgrube Arendsee in Brandenburg, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 27: Bläulicher Quarzit mit rötlichen Pigmenten; Kiesgrube Hoppegarten bei Müncheberg, Breite 26 cm.

Ebenfalls kein Leitgeschiebe, wenngleich in Gesellschaft mit ostschwedischen Geschieben ein häufiger Fund, sind graue Quarzite mit gut erhaltener Schichtung.

Abb. 28: Grauer Quarzit mit sedimentärer Schichtung, Breite 45 cm, Kiesgrube Penkun (Vorpommern).
Abb. 29: Grauer Quarzit mit Schrägschichtung; Steinitz, Findlingslager am Tagebau Welzow-Süd (Niederlausitz), Breite 34 cm.

3. Verwechslungsmöglichkeiten

Eine Verwechslungsmöglichkeit des grauvioletten Västervik-Quarzits besteht mit verkieselten Sandsteinen, wie sie z. B. aus der Almesåkra-Formation bekannt und in ähnlicher Form in anderen jotnischen Sedimentfolgen zu erwarten sind. Ebene Bruchflächen sowie ein Gefüge aus einzelnen Quarzkörnern unterscheidet sie von Quarziten. Dunkelglimmer findet sich bestenfalls in unansehnlichen, durch Erosion umgelagerten (detritischen) Körnern in den Zwickeln zwischen den Quarzkörnern.

Die rosafarbenen bis violetten norwegischen Quarzite, wie sie vermehrt z. B. an der Küste Jütlands zu finden sind (Rudolph 2017:216) weisen nicht das feine rote, manchmal in Flecken verteilte Hämatit-Pigment der Västervik-Quarzite auf.

Abb. 30: Norwegische Quarzite, Fundort Jütland, Slg. E. Figaj (Sprötze).
Abb. 31: Norwegischer Quarzit, nass fotografiert.

4. Verzeichnis der Lokalitäten und Proben

Abb. 31: Übersichtskarte1 der beprobten Lokalitäten.

Lok. 1: rötlich-blauer Quarzit, Steinbruch Hjortkullen (57.795577, 16.530566).
Lok. 2: violettgrauer Västervik-Quarzit und weitere Farbvarianten Almvik; Strassen-aufschluss an der E4 (57.831278, 16.443528).
Lok. 4: blaue Quarzite; Västervik-Fleckengestein Halde mit Bruchmaterial aus dem Straßenbau; Pepparängsvägen, südöstlich von Västervik; Gesteine in der Nähe anstehend; Fundstelle erloschen (57.722189, 16.673201).
Lok. 7: Geschiebe, u.a. Västervik-Quarzit Fahrradweg in Västervik Jenny, nahe der Autorennbahn Motorbana (57.768130, 16.585394).
Lok. 8: heller Västervik-Quarzit Straßenaufschluss an der 135, kurz hinter Gamleby (57.91547, 16.36795).
Lok. 9: div. Västervik-Quarzite, u.a. rotfleckiger Quarzit. Straßenaufschluss an der 135; vom Parkplatz Richtung Westen gehen (57.91458, 16.30901; Parkplatz).
Lok. 16: grauvioletter Västervik-Quarzit Nahgeschiebe vom See Hjorten (57.793429, 16.527008).

5. Literatur

Gavelin S 1983 The Västervik Area in South-eastern Sweden – SGU Ser. Ba No. 32,           172 S, Uppsala.

Meyer K-D 1994 Exkursionsführer zur Quartärgeologie des nordöstlichen Nieder-          sachsen – Geschiebekunde aktuell, Sonderheft 4, 36 S., 6 Taf., 9 Abb., 7           Tab., Hamburg, April 1994.

Rudolph F 2017 Das große Buch der Strandsteine – Die 300 häufigsten Steine an           Nord- und Ostsee – 320 S. Wachholtz-Verlag – Murmann Publichers,           Kiel/Hamburg, ISBN 978-3-529-5467-9.

Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb.           Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).

Marc Torbohm, Berlin im September 2023.