3. Fundberichte aus Kiesgruben in Ost-Småland

Der Besuch von Kiesgruben in Schweden ermöglicht einen Einblick in die Gesteine des Grundgebirges. Man findet hier hauptsächlich Nahgeschiebe, denn die vorrückenden Gletscher der letzten Inlandvereisung transportierten aufgenommenes Gesteinsmaterial auf dem Festland in der Regel nur wenige Zehnerkilometer weit (EHLERS 2011:86). Das Material in den Kiesgruben stammt also ganz überwiegend aus dem Untergrund der näheren Umgebung entgegen der Eiszugrichtung, im Falle Ost-Smålands aus Richtung NW bis NNW. Ähnliche Beobachtungen sind auch auf Öland möglich, auch hier finden sich überwiegend Nahgeschiebe aus Ost- und Nordost-Småland. Gehäufte Funde gleicher Gesteinstypen deuten auf ein größeres Vorkommen in geringer Entfernung.

Abb. 1: Übersichtskarte mit Vorkommen einiger Leitgeschiebe und weiterer Gesteine in Ost- und Nordost-Småland. Nummeriert sind die besuchten Kiesgruben: 1 – Farbo, 2 – Forshult, 3 – Skoretorp, 4 – N Värlebo. Karte verändert nach: WIK et al 2005: Berggrundskartan Kalmar län – 1:250 000.

3.1. Fårbo
3.2. Kiesgrube Forshult
3.3. Kiesgrube Skoretorp
3.4. Kiesgrube nördlich von Värlebo
3.5. Literatur

3.1. Fårbo

Abb. 2: Blick in die Kiesgrube bei Fårbo (57.401891, 16.476663).

Eine nördlich von Fårbo, direkt neben der Fernstraße E22 gelegene große Kiesgrube, war zum Zeitpunkt des Besuches im Juli 2016 bereits aufgelassen. Vor Ort fanden sich aber noch große Halden mit faust- bis kopfgroßen sowie kantengerundeten bis gut gerundeten Steinen. Der Anteil an Nahgeschieben, überwiegend NE-Småland-Granitoide, beträgt grob geschätzt etwa 90%. Sie dürften aus dem nordwestlichen Teil des Kalmar län stammen, etwa einer gedachten Linie Richtung Vimmerby folgend.

Abb. 3: Zusammenstellung von Granitgeschieben.

Der häufigste Geschiebetyp sind mittelkörnige Alkalifeldspatgranite vom Växjö-Typ (Sammelname für mittel- und weitgehend gleichkörnige Alkalifeldspatgranite mit wenig dunklen Mineralen, ohne präzise Herkunftsangabe) . Sie enthalten kaum dunkle Minerale (Biotit), Plagioklas ist meist nicht sichtbar. Vollrote Varianten überwiegen, die blassroten Granite dieses Typs sind etwas seltener (vgl. Tuna-Granit).

Abb. 4: Mittelkörnige Alkalifeldspatgranite vom Växjö-Typ.
Abb. 5: Mittelkörnige Växjö-Granite, roter Typ und blassroter Typ
Abb. 6: Blassroter mittelkörniger Växjö-Typ („Tuna-Granit“), Aufnahme unter Wasser.

In großer Menge und zahlreichen Varianten finden sich porphyrische Småland-Monzogranite, die meisten von ihnen enthalten reichlich Titanit. Auffällig ist der relativ geringe Anteil an Granitoiden mit braunem Alkalifeldspat, häufiger sind Monzogranite mit rotem bis blassrotem Alkalifeldspat, auch mit Augentextur. Einige dieser Granite enthalten roten Plagioklas, ein Merkmal einiger TIB-Granitoide aus Östergötland (Abb. 13-14).

Abb. 7: Zusammenstellung überwiegend porphyrischer Småland-Monzogranite.
Abb. 8: Einige Granite im Detail.
Abb. 9: Gewöhnlicher Småland-Monzogranitoid mit braunem Alkalifeldspat und weißem Plagioklas. Es ist recht wenig Quarz enthalten, die Zusammensetzung entspricht einem Quarzmonzonit.

Von diesem Typ gibt es Übergänge zu Granitoiden mit braunem und blassrotem Alkalifeldspat sowie mehr Quarz.

Abb. 10: Småland-Monzogranit mit braunem und blassrotem Alkalifeldspat.

Die typischen dunklen Nordost-Småland-Monzogranite mit braunem Alkalifeldspat, Blauquarz und orangefarbenem Plagioklas (teilweise Typ Kinda-Granit) kommen in der Kiesgrube nur untergeordnet vor.

Abb. 11: Brauner NE-Småland-Monzogranit, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 12: NE-Småland-Monzogranitoid mit bräunlich-grauem Alkalifeldspat und orangebraunem Plagioklas; wenig Quarz (Quarzmonzonit).
Abb. 13: Unterer Bildteil: Monzogranite mit blassrotem oder graubraunem Alkalifeldspat (teilweise gerundet) und rotem Plagioklas. Der Gesteinstyp ist aus Ost- und Nordost-Småland nicht bekannt und dürfte aus dem Gebiet um Vimmerby oder dem südlichen Östergötland stammen.
Abb. 14: Quarzarmer Monzogranitoid (=Quarzmonzonit) mit blassrotem Alkalifeldspat und rotem Plagioklas.
Abb. 15: Porphyrischer Monzogranit mit grünem und rotem Plagioklas (teils auch braune Mischfarben); Aufnahme unter Wasser.

Gelegentlich finden sich intensiv rote und grobkörnige Granite, häufig ungleichkörnig oder schwach porphyrisch, mit unklaren Korngrenzen. In den weiter südlich gelegenen Kiesgruben treten diese häufiger auf.

Abb. 16: Intensiv roter und ungleichkörniger Granit mit reichlich gelbem Titanit; Aufnahme unter Wasser.
Abb. 17: Stark alterierter Småland-Granit; dunkler Glimmer (Biotit) wurde in schwarzgrüne Folgeprodukte (Chlorit o. ä.) umgewandelt, das Gestein ist von hellgrünem Epidot durchsetzt.

In der Kiesgrube konnten weitere Geschiebetypen dokumentiert werden. NICHT gefunden wurden anorogene Ost-Småland-Granite (Uthammar- oder Götemar-Granit). Der Götemar-Pluton ist zwar nur etwa 10 km, der Ort Uthammar keine 8 km Luftlinie entfernt, liegt allerdings in nordöstlicher bzw. ostsüdöstlicher Richtung und damit nicht in Zugrichtung der letzten eiszeitlichen Vergletscherung. Auch Vulkanite des TIB fehlen vollständig, sie kommen erst weiter südlich vor.

Eine Reihe von nicht näher spezifizierten Diabasen stellt vielleicht einen Anteil von 5-10% an den Geschieben. Tatsächlich steht unmittelbar westlich der Kiesgrube ein etwa 3 x 15 km großes Massiv sowie weitere kleinere Vorkommen mit basischen Gesteinen an.

Ferngeschiebe wie Gneise und Migmatite aus den weiter nördlich gelegenen svekofennischen Gebieten fehlen. Lediglich aus dem nahen Västervik-Gebiet, das aber auch außerhalb des Geschiebefächers liegt, scheint etwas Material nach Farbo gelangt zu sein. Dies belegen Quarzite und Metasedimente, die einen Anteil von etwa 1% ausmachen. Västervik-Fleckengestein und Fleckenquarzite wurden nicht gefunden.

Bemerkenswert sind drei Funde von Rapakiwi-Graniten (Abb. 18, 20). Vereinzelt treten sie auch in den anderen Kiesgruben Ost-Smålands auf. Manche Funde sind eindeutig dem Åland-Pluton zuzuordnen, der etwa 350 km nördlich und nicht in Zugrichtung der Gletscher der letzten Inlandvereisung liegt. Über ihren Transportweg kann man nur Vermutungen anstellen. Zum einen könnte ihr Transport nicht linear, sondern in mehreren Phasen erfolgt sein. Auch eine Verdriftung Richtung Süden in Eisbergen oder Eisschollen nach dem Abschmelzen des Eispanzers (dropstones) ist nicht ausgeschlossen. Diese letzte Annahme ließe sich durch entsprechende Funde von dropstones in-situ belegen. Entsprechende Berichte in der schwedischen Literatur sind bisher nicht bekannt.

Abb. 18: Åland-Rapakiwi mit Wiborgit-Gefüge.

Hin und wieder finden sich gelbrote und geschichtete Kalksteine, ähnlich dem ordovizischen Planilimbata-Kalk (Roter Orthocerenkalk). Vom östlich gelegenen Öland dürften sie kaum stammen, wahrscheinlicher ist eine Herkunft aus der untermeerischen Fortsetzung der ordovizischen Vorkommen nördlich von Öland. Sie dürften damit einen ähnlichen Transportweg wie die Rapakiwi-Granite genommen haben.

Abb. 19: Gelbroter Kalkstein, Planilimbata-Kalk?

An Ferngeschieben fanden sich weiterhin zwei Porphyre aus Dalarna, darunter ein Grönklitt-Porphyrit.

Abb. 20: Zwei Dala-Porphyre, in der Mitte ein weiterer Åland-Rapakiwi. Bildbreite 17 cm, Foto: Tobias Langmann.
Abb. 21: Auch mehrere Geschiebe tektonischer Brekzien wurden in der Kiesgrube beobachtet.

3.2. Kiesgrube Forshult

Die Kiesgrube Forshult liegt westlich von Oskarshamn, etwa 1,5 km SE der gleichnamigen Ortschaft (Parkplatz: 57.24536, 16.34568). Entsprechend ihrer Position südlich eines Vulkanitgürtels finden sich gestreifte und hälleflintartige Vulkanite ohne Einsprenglinge in großer Zahl. In vergleichbarer Menge treten diese auch in Skoretorp (Fundpunkt 3) auf, siehe Abb. 35-37.

In der Grube boten sich zunächst interessante Anschnitte glazialer Ablagerungen:

Abb. 22: Glazitektonisch Faltung von sandigen bis schluffigen Lagen mit Wellenrippeln. In den Sanden liegen einzelne kantige Bruchstücke eines roten Granits, der nicht dem anstehenden Typ entspricht, aber aus der näheren Umgebung stammen dürfte. Bildhöhe etwa 2 m.
Abb. 23: Abfolge verschiedener glazialer oder postglazialer Sedimente, Bildhöhe etwa 2 Meter.

 Abb. 23 zeigt vom Liegenden zum Hangenden: 1. schluffige bis feinsandige Lagen, Übergang in 2. Wellenrippel mit zunehmendem sandigen Anteil (3); 4. Sande in Schrägschichtung, 5. grünlicher Schluff mit Belastungsmarken, darüber eine sandig-schluffige Lage (6) mit einzelnen Geröllen (dropstones?).

Abb. 24: Unterer Teil der gleichen Sequenz (Schluffe und Wellenrippel), Höhe etwa 1 m.
Abb. 25: Die glazialen Ablagerungen liegen direkt auf dem Grundgebirge, hier anstehend ein roter Alkalifeldspatgranit innerhalb des Vånevik-Granitgebiets.
Abb. 26: Roter Alkalifeldspatgranit vom Typ Vånevik.

In der Grube gab es nicht viele Geschiebe. Neben Vulkaniten und gewöhnlichen roten Alkalifeldspatgraniten fanden sich überwiegend grobkörnige, leicht deformierte und stark alterierte rote Granite.

Abb. 27: Roter Alkalifeldspatgranit.
Abb. 28: Rote und stark alterierte Granite, Bildbreite 25 cm.
Abb. 29: Hellroter bis orangeroter Alkalifeldspat. Milchiger Quarz bildet unregelmäßige Ansammlungen. Dunkle Minerale wie Biotit wurden teilweise in grünschwarze Folgeprodukte umgewandelt (Chlorit o. ä.).
Abb. 30: Roter und alterierter NE-Småland-Granit mit orangefarbenem Plagioklas und viel gelblichem Titanit. Aufnahme unter Wasser.

In Ost-Småland bis ins Västervik-Gebiet finden sich gelegentlich porphyrische Småland-Granite mit blass violettgrauem bis hellrotem Alkalifeldspat (eckige bis abgerundete Einsprenglinge), gelbem Plagioklas, Blauquarz und reichlich Titanit. Ihr Herkunftsgebiet dürfte im Gebiet östlich von Vimmerby oder im angrenzenden Östergötland zu suchen sein (Abb. 31).

Abb. 31: Porphyrischer Småland-Granit mit blass violettgrauem bis hellrotem Alkalifeldspat.
Abb. 32: Blassroter Småland-Granit mit Blauquarz und reichlich gelbem Titanit.

An Ferngeschieben fanden sich mehrfach hellgraue, teilweise auch rötliche Quarzite (wahrscheinlich aus dem Västervik-Gebiet) sowie ein Rapakiwi-Granit und ein Dala-Porphyr.

Abb. 33: Rapakiwi-Geschiebe (Åland-Wiborgit), Breite ca. 10 cm.

3.3. Kiesgrube Skoretorp

Die Kiesgrube Skoretorp, ca. 2 km NNW der gleichnamigen Ortschaft (57.20846, 16.38353) war zum Zeitpunkt des Besuchs bereits stillgelegt. Vor Ort konnte aber noch reichlich Geschiebematerial studiert werden. Grob geschätzt ein Drittel davon sind dichte und hälleflintartige Småland-Vulkanite aus dem wenig weiter nördlich gelegenen Vulkanitgürtel, ein weiteres Drittel vollrote, alterierte Granite.

Abb. 34: Stillgelegte Kiesgrube (Grustäkt) bei Skoretorp.

Die rotbraunen bis braunen sowie grauen Vulkanite des TIB bilden meist eckige bis kantengerundete Geschiebe aus und sind arm an Einsprenglingen. Nur in den grauen Vulkaniten können mehr kleine Feldspäte enthalten sein.

Abb. 35: Rotbraune bis braune und graue Vulkanite des TIB. Rechts oben ein Quarzit. Bildbreite 35 cm.

Die Streifung einiger Vulkanite kann eine primäre magmatische Textur, eine Folge einer leichten metamorphen Überprägung oder beides sein. Teilweise könnte es sich um Ignimbrite handeln (eutaxitisches Gefüge), aber der makroskopische Befund ist nicht eindeutig: die kurzen, welligen Streifen „umfließen“ zwar einige Feldspat-Einsprenglinge, allerdings sind diese meist zerbrochen, was für eine metamorphe Überprägung spricht (Abb. 37).

Abb. 36: Gestreifter hälleflintartiger Vulkanit.
Abb. 37: Gleicher Stein, Nahaufnahme unter Wasser.

Unter den Granitgeschieben dominieren grob-, seltener mittelkörnige und stark alterierte rote Småland-Granite mit weißem oder bläulichem Quarz. Die braunen porphyrischen NE-Småland-Monzogranite, wie sie in Fårbo noch einigermaßen regelmäßig auftraten, fehlen hier.

Abb. 38: Stark alterierte rote Småland-Granite, Bildbreite ca. 35 cm.
Abb. 39: Grobkörnige rote Småland-Granite.
Abb. 40: Roter Granitoid mit weißem Quarz.
Abb. 41: Stark alterierter Granit, durchzogen von hellen Quarzadern.

Etwa 5% der Geschiebe in der Grube sind basische Gesteine, meist Dolerite, einige Diabase sowie dioritähnliche Gesteine mit größeren eckigen Hornblende-Aggregaten. Sie dürften aus einem Vorkommen stammen, das wenig nördlich der Kiesgrube liegt.

Abb. 42: Dolerite und ein Diabas (Bildmitte), Bildbreite 20 cm.

Vereinzelt fanden sich auch hier wieder Quarzite, einige Granitporphyre, aber kein einziger Ostsmåland-Gangporphyr.

3.4. Kiesgrube nördlich von Värlebo

Der letzte Fundpunkt, etwa 2,5 km nördlich von Värlebo (57.06805, 16.19732), bot ein ganz anderes Geschiebespektrum. Hier überwiegen klein- bis mittelkörnige und teilweise deformierte Granite, die kaum mit jenen aus den weiter nördlich gelegenen Kiesgruben vergleichbar sind. Wie in Skoretorp, fehlen die porphyrischen NE-Småland-Monzogranite. Der Järeda-Granit fand sich mehrfach (Abb. 45).

Abb. 43: Kiesgrube bei Värlebo.
Abb. 44: Geschiebespektrum, Bildbreite 90 cm.
Abb. 45: Järeda-Granit, Aufnahme unter Wasser.

Hinzu kommen reichlich hälleflintartige Vulkanite, wahrscheinlich aus dem weiter nördlich gelegenen Vulkanitgürtel, sowie Emarp-Porphyre und Ostsmåland-Gangporphyre (vergleichbar mit dem Typ aus dem Straßenaufschluss bei Påskallavik); weiterhin deformierte, teilweise in Gneise umgewandelte Gangporphyre. Geachtet wurde auf Geschiebe vom Typ „Högsrum-Porphyr“ (Abb. 48), allerdings liegt sein Heimatgebiet etwas weiter westlich, gerade außerhalb des Geschiebefächers.

Abb. 46: Hälleflintartige Vulkanite sowie einige undeformierte neben reichlich deformierten Gangporphyren.
Abb. 47: Auswahl an Gangporphyren (teilweise in Gneise umgewandelt), Aufnahme unter Wasser. Rechts unten ein Porphyr vom Emarp-Typ.
Abb. 48: Deformierter Porphyr, ähnlich dem Högsrum-Typ.

Auch in dieser Grube waren zahlreiche Dolerite zu beobachten (mit und ohne größere Plagioklas-Einsprenglinge).

Abb. 49: Dolerite und Diabase.
Abb. 50: Diabas mit roten Feldspäten (Xenokristalle?) und grünem Epidot, Aufnahme unter Wasser.

Ein Einzelfund weist Ähnlichkeiten zum Siljan-Granit auf. Einzelne idiomorphe Quarze sowie sechseckige Biotitplättchen sprechen für ein undeformiertes Mineralgefüge. Die Frage nach der Herkunft ließ sich bislang nicht abschließend klären.

Abb. 51: Granit, ähnlich Siljan-Granit, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 52: Nahaufnahme des Gefüges.

3.5. Literatur

EHLERS J 2011 Das Eiszeitalter – 363 S., Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg.

WIK NG, BERGSTRÖM U, BRUUN A et al 2005 Berggrundskartan Kalmar län – 1:250 000, Sveriges geologiska undersökning serie Ba nr 66.