Kugelhälleflinta

Abb. 1: Vulkanit mit kugeligen Aggregaten („Kugelhälleflinta“), loser Stein von Lönneberga, angewitterte Außenseite.

Ein kurioser und seltener Geschiebetyp sind die in der älteren Literatur als „Kugelhälleflinta“ oder „Kugelfelse“ bezeichneten Vulkanite (HESEMANN 1975:198-201, ZANDSTRA 1988:312-313). Es handelt sich meist um Rhyolithe mit runden, in der räumlichen Wahrnehmung kugel- oder eiförmigen Gebilden im cm-Maßstab, die sich farblich von der Grundmasse abheben. Eine Standarderklärung zur Entstehung der Kugel-Texturen gibt es nicht, häufig erlauben die makroskopisch erkennbaren Merkmale auch keine diesbezüglichen Rückschlüsse. Sie können aus primären vulkanischen Texturen wie Spärolith- und Perlit-Gefüge oder akkretionären Lapilli hervorgegangen sein. Jeder Geschiebefund muss gesondert betrachtet werden, eine dünnschliffmikroskopische Untersuchung ist wünschenswert, an den vorliegenden Funden aber noch nicht erfolgt.

Der braune Vulkanit mit eiförmigen Einlagerungen in Abb. 1-3 ist ein loser Stein von einer Rodung bei Lönneberga in Småland (57.54588, 15.71006). Das Anstehende befindet sich wahrscheinlich in unmittelbarer Nähe, sein Erscheinungsbild deckt sich mit der Beschreibung einer „conglomeratischen Hälleflinta“ aus diesem Gebiet durch NORDENSKJÖLD 1893:91.

Abb. 2: Gleicher Stein, Aufnahme unter Wasser.

Auf der hellen, verwitterten Außenseite (s. a. Abb. 1) sind die braunen und eiförmigen Gebilde am besten sichtbar. Teilweise ist ein konzentrischer oder schaliger Aufbau erkennbar, während die helle Grundmasse in diesen Bereichen eine fluidale Textur zeigt.

Abb. 3: Bruchfläche, Stein um 90° gedreht, Aufnahme unter Wasser.

Die Bruchfläche offenbart ein gegenteiliges Bild: die eiförmigen Aggregate sind heller als die Grundmasse und grenzen sich nur undeutlich von dieser ab. Partien mit bläulichem Quarz scheinen sich auf die eiförmigen Bereiche zu beschränken. Das Aggregat oben links weist einen Kern aus dunklen Mineralen und Pyrit auf. Andere eiförmige Gebilde besitzen einen Kern aus kristallinem und transparentem Quarz. Die Grundmasse enthält wenige eckige Quarz- und kaum Feldspateinsprenglinge. Auf der Bruchfläche weist das Gestein eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Aschentuff mit akkretionären Lapilli von Silverdalen auf.

Nach mikroskopischen Untersuchungen der in der Nähe vom Fundort anstehenden „conglomeratischen Hälleflinta“ (NORDENSKJÖLD 1893:91) handelt es sich bei den eiförmigen Aggregaten um Lithophysen mit einem grobkristallinen und quarzreichen Kern. Lithophysen sind ehemalige Hohlräume in Vulkaniten, die durch Minerale wie Quarz verfüllt wurden und einen konzentrisch-schaligen Aufbau aufweisen können. Ihre Verteilung im Gestein kann durchaus regelhaft, ihre Gestalt durch metamorphe Überprägung verändert worden sein (WIMMENAUER 1984: 42).

Die „conglomeratische Hälleflinta“ von Lönneberga tritt dicht am Kontakt zwischen „Eutaxiten“ (pyroklastischen Brekzien u. ä.) und Nymåla-Porphyr auf, mit dem es allmähliche Übergänge bildet. NORDENSKJÖLD 1893:91 nennt aus dem gleichen Gebiet weitere Vorkommen von Vulkaniten mit kugeliger Textur von Fåggemala und Lixerum. ZANDSTRA 1988:312-313 bezeichnet den Gesteinstyp allgemein als „Kugelfels“ (Nr.149 c). Auch HESEMANN 1975:198-201 führt mehrere Vorkommen von „Kugelfelsen“ auf.

Geschiebefunde

Abb. 4: Brauner Vulkanit mit kleinen Feldspateinsprenglingen und annähernd runden, mit hellgrünem Epidot gefüllten Aggregaten, vermutlich Lithophysen, die von einem breiten hellen Rand umgeben sind. Geschiebe aus der Kiesgrube Hohensaaten (Brandenburg), Aufnahme unter Wasser.
Abb. 5: Nahaufnahme.

Der nächste Fund enthält runde und, vermutlich als Folge metamorpher Überprägung, im seitlichen Anschnitt röhrenförmig ausgelängte Aggregate. Die helle Farbe der Matrix deutet auf einen Aschentuff, dunkle Bereiche könnten deformierte Pyroklasten sein. Genauere Aussagen sind wegen der starken metamorphen Überprägung des Gesteins kaum möglich.

Abb. 6: Metavulkanit, Kiesgrube Hoppegarten bei Müncheberg (Brandenburg), Aufnahme unter Wasser.
Abb. 7: Weiße Grundmasse mit kantigen Quarzen, dazu dunklere und unscharf begrenzte Bereiche mit undeutlich entwickelten Feldspat-Einsprenglingen (Vulkanoklasten?).
Abb. 8: Polierte Schnittfläche; zerscherte Feldspat-Einsprenglinge und eingeregelte, teils augenförmige Gesteinsfragmente belegen eine deutliche metamorphe Überprägung des Gesteins.
Abb. 9: Nahaufnahme der Schlifffläche.

Aus der Sammlung W. Bennhold im Museum Fürstenwalde stammt der „gemäß einem Handstück vom Anstehenden in Småland“ als „Småland-Kugelfels“ bezeichnete Geschiebefund. Es ist unklar, auf welches Vorkommen Bennhold sich bezieht.

Abb. 10: Roter Kugelfels, Geschiebe von Trebus, W. Bennhold leg.1917.
Abb. 11: Kugelige Gebilde bis 1 cm Größe und mit undeutlich konzentrischem Aufbau liegen dicht an dicht in einer roten Vulkanit-Matrix. Kugeln und Matrix scheinen aus dem gleichen Material zu bestehen.

Der nächste Vulkanit besitzt eine graue und dichte Grundmasse mit einer feinen fluidalen Textur und enthält einzelne Feldspat- aber keine Quarzeinsprenglinge. Manche der kugeligen Aggregate lassen eine konzentrisch-schalige Struktur erkennen, ein Hinweis auf Lithophysen. Einige Kugeln bestehen aus transparentem Quarz, mit einem kleinen dunklen Mineralkorn in ihrem Zentrum, enthalten aber auch eine offenbar metamorphe Mineralneubildung (Abb. 14).

Abb. 12: Grauer Vulkanit („Kugelfels“), Fundort: Roth (wahrscheinlich aus der Umgebung von Parchim), leg. D. Schmälzle. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 13: Am Kontakt zwischen Grundmasse und kugeligen Aggregaten ist ein feinfaseriges gelbbraunes Mineral erkennbar, wahrscheinlich eine metamorphe Neubildung, z. B. ein Amphibol wie Anthophyllit.
Abb. 14: Die polierte Schnittfläche zeigt eine dunkelgrau-grünliche, vermutlich durch Anteile von Epidot und/oder Chloritmineralen gefärbte Grundmasse. Aus Chloritmineralen kann unter geeigneten metamorphen Bedingungen Amphibol gebildet werden, das fragliche Mineral im Kontaktbereich von Grundmasse und Lithophysen.
Abb. 15: Nahaufnahme einer konzentrisch aufgebauten Lithophyse mit strahligen Aggregaten der gelblichbraunen Mineralneubildung.

Ein Großgeschiebe eines grauen Vulkanits im Findlingsgarten „Clenzer Schweiz“ in Ost-Niedersachen enthält rundliche und einigermaßen regelhaft verteilte Einschlüsse eines blassroten Porphyrs. Hierbei scheint es sich nicht um Lithophysen zu handeln, weder ist ein konzentrischer Aufbau, noch eine abweichende Mineralisation erkennbar. Der blassrote Porphyr ist etwas ärmer an Einsprenglingen und könnte ein älterer Vulkanit sein, der in das braune Porphyr-Magma eingetragen, dabei fragmentiert, teilweise assimiliert (rundliche Formen, undeutliche Konturen) und regelhaft verteilt wurde.

Abb. 16: Grauer Porphyr mit Kugeltextur, Breite 90 cm. Findlingsgarten „Clenzer Schweiz“ bei Reddereitz (Wendland, Niedersachen).
Abb. 17: Nahaufnahme der nassen Oberfläche, Bildbreite 22 cm.

Einen schönen Farbkontrast bietet der nächste Fund aus der Kiesgrube Horstfelde bei Berlin, ein grauer Vulkanit mit runden und regelhaft verteilten Einschlüssen eines roten Quarzporphyrs mit hellem Reaktionsrand. Die graue Matrix (Aschentuff?) enthält kleine Feldspat- und auch Quarz-Einsprenglinge. Die Feldspäte im roten Porphyr sind etwas größer, vereinzelt ist ein Blauquarzkorn erkennbar. Auch dieses Gestein scheint durch Vermengung zweier Vulkanite entstanden zu sein, wobei der rote Vulkanit unter Zurundung mehr oder weniger gleichmäßig im dunklen Wirtmagma verteilt wurde. Abweichende Zusammensetzungen bzw. ein chemisches Ungleichgewicht zwischen Wirtmagma und rotem Porphyr könnten zur Entstehung der hellen Reaktionssäume geführt haben.

Abb. 18: Vulkanit mit Kugeltextur, trocken fotografiert. Kiesgrube Horstfelde, südlich von Berlin.
Abb. 19: Aufnahme unter Wasser.
Abb. 20: Nahaufnahme der Außenseite.
Abb. 21: Polierte Schnittfläche. Die runden Porphyr-Aggregate gehen ohne scharfe Begrenzung in die Matrix über und sind von einem gelblichen Bleichungshof umgeben. Die dunkelgraue Farbe der Matrix zeigt sich nur in Partien ohne Vulkanoklasten.
Abb. 22: Nahaufnahme der polierten Schnittfläche.

Das letzte Beispiel stammt von der südlichen Grenze der nordischen Inlandvereisungen (Elster-Glazial). Auf einer Halde an einer Tunnelbaustelle in Pirna fanden sich neben Elbgeröllen südlicher Herkunft vereinzelt auch nordische Geschiebe (v. a. Feuersteine). Ob der Vulkanit mit Kugeltextur „nordischer“ oder „südlicher“ Herkunft ist, dürfte kaum zu klären sein. Die postvariszischen Vulkanite (sog. Neovulkanite) in Sachsen (Erzgebirge, Tharandter Wald, Meißen) können eine ganze Reihe kugeliger Texturen aufweisen, seien es Sphärolithe, Perlite, Lithophysen oder sekundäre, aus Entglasung hervorgegangene Erscheinungen.

Abb. 23: Vulkanit mit Kugeltextur, Pirna. Aufnahme unter Wasser.

Abb. 25-27 sind Beispiele solcher Neovulkanite aus Sachsen mit runden bzw. kugeligen Texturen, gefunden als Elbgeröll im südlichen Brandenburg. Die Gesteine besitzen ein Alter von etwa 300 Millionen Jahren und sind mittlerweile entglast, aber frei von metamorpher Überprägung.

Abb. 24: Postvariszischer Vulkanit (Elbgeröll), Quarzporphyr mit gelben (Bleichungs?-)flecken. Kiesgrube Altenau (S-Brandenburg), Aufnahme unter Wasser.
Abb. 25: Postvariszischer Vulkanit (Elbgeröll); Quarzporphyr mit konzentrisch-schaligen Aggregaten, als „Wilde Eier“ bezeichnete Lithophysen. Kiesgrube Mühlberg (S-Brandenburg), polierte Schnittfläche.
Abb. 26: Nahaufnahme.

Literatur

NORDENSKJÖLD O 1893 Ueber archaeische Ergussgesteine aus Småland, Bulletin of the Geological Institution of the University of Upsala, N:2, Vol.I, Ser. C. No. 135 (Buchabdruck 1894, Almqvist & Wiksells).

HESEMANN J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen – 267 S., 44 Abb., 8 Taf., 1 Kt., Krefeld (Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen).

WIMMENAUER 1985 Petrographie magmatischer und metamorpher Gesteine
Enke-Verlag, Stuttgart (1985).

ZANDSTRA J G 1988 Noordelijke Kristallijne Gidsgesteenten ; Een beschrijving van ruim tweehonderd gesteentetypen (zwerfstenen) uit Fennoscandinavië – XIII+469 S., 118 Abb., 51 Zeichnungen, XXXII farbige Abb., 43 Tab., 1 sep. Kte., Leiden etc.(Brill).

ZANDSTRA JG 1999 Platenatlas van noordelijke kristallijne gidsgesteenten, Foto’s in
kleur met toelichting van gesteentetypen van Fennoscandinavië – XII+412 S.,
272+12 unnum. Farb-Taf., 31 S/W-Abb., 5 Tab., Leiden (Backhuys).