Geologische Streifzüge in SW-Schweden

3.2. Steninge

Entlang der Küste zwischen Falkenberg und Halmstad befinden sich zahlreiche gut zugängliche Küstenaufschlüsse mit Gesteinen der SGR (Steninge, Glassvik; nächster Teil: Stensjöstrand). Etwa auf halber Strecke liegt der Ort Steninge (Lok. 3.2 auf der Karte). Ausgehend vom ersten Parkplatz im Ort (56.76421, 12.63274) erreicht man in südlicher Richtung bald einen alten Steinbruch, in dem migmatitische Gneise vom Halmstad-Typ abgebaut wurden.

Abb. 1: Stürmisches Wetter an der Küste bei Steninge; rotgraue Gneise, anstehend und als Haldenmaterial aus dem ehemaligen Steinbruch.
Abb. 2: Migmatitischer Gneis vom Halmstad-Typ aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz, gelbem bis grünlichem Plagioklas und etwas Biotit. Magnetit wurde an dieser Lokalität nicht nachgewiesen. Bildbreite etwa 30 cm.
Abb. 3: Gefalteter migmatitischer Gneis. Die roten und mafitarmen Quarz-Feldspat-Leukosome weisen ein richtungslos-körniges Gefüge auf und entstanden durch partielle Aufschmelzung der grauen und feinkörnigen Gneise (Paläosom).
Abb. 4: Häufig ist keine klare Grenze zwischen Leukosom (rot) und Paläosom (grau) erkennbar.
Abb. 5: Gebänderter migmatitischer Gneis aus dem Steinbruch Steninge.

Innerhalb der rotgrauen migmatitischen Gneise finden sich mafitarme und deformierte Quarz-Feldspat-Leukosome mit plattigen Quarzen („Schonengranulit“, Abb. 6) sowie linsenförmige Einschaltungen von grobkörnigen und pegmatitartigen Gesteinen („Flammenpegmatit“; Abb. 7, 8). Diese zentimeter- bis dezimetergroßen Partien gehen ohne scharfe Grenze in die migmatitischen Gneise über. Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale weisen auf granulitfazielle Metamorphosebedingungen während der svekofennischen Orogenese hin.

Schonengranulit und Flammenpegmatit sind charakteristische Gesteine des westlichen Teils der SGR und als Leitgeschiebe verwendbar. Sie treten an mehreren Lokalitäten entlang der schwedischen Westküste auf, in einem begrenzten Gebiet zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Neben Einschaltungen als Leukosom in migmatitischen Gneisen bildet der Flammenpegmatit auch meterbreite Gänge (s. Söndrum). Das Alter der Ausgangsgesteine liegt bei etwa 1,4 Ga, die Metamorphose erfolgte während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 970 Ma (VINX 1998).

Neben dem Flammenpegmatit treten in SW-Schweden auch bunte Pegmatite mit einer ähnlichen Farbgebung auf, die jedoch undeformiert sind und keine Plattenquarze enthalten. Sie wurden postkinematisch (= nach Beendigung der Orogenese) gebildet und sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (Abb. 9).

Abb. 6: Migmatitische, von dunklen Mineralen freie Partie mit grauen Plattenquarzen („Schonengranulit“).
Abb. 7: „Flammenpegmatit“ (granulitfazieller bunter Pegmatit) aus rotem Alkalifeldspat, blassgelbem Plagioklas und grauen Plattenquarzen. Angefeuchtete Schnittfläche eines Haldenfundes von Steninge.
Abb. 8: Grobkörnige Partie eines deformierten bunten Pegmatits mit Plattenquarzen („Flammenpegmatit“), rechts unten begrenzt von Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit). Breite des Steins etwa 20 cm.
Abb. 9: Grobkörniger (postkinematisch gebildeter) Pegmatit aus rotem Feldspat, grauem Quarz und gelbem Plagioklas. Das Gestein ähnelt dem Flammenpegmatit, ist aber nur mäßig deformiert, weist keine plattige Ausbildung der Quarze auf und enthält Ansammlungen von dunklen Mineralen (blättriger Biotit).

3.3. Glassvik

Einige Kilometer nördlich von Steninge liegt die Ortschaft Glassvik (Lok. 3.3 auf der Karte). Vom Parkplatz (56.77629, 12.62089) aus geht man zur Küste und orientiert sich in nördlicher Richtung. Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen wechseln sich mit Amphibol-Gneisen ab. Auffällig ist das nahezu senkrechte Einfallen der Gneise (Abb. 10) und eine annähernd parallel zur Klüftung verlaufende Foliation. Verschiedene Generationen von pegmatitischen bis aplitischen Gängen innerhalb der Quarz-Feldspat-Gneise (Abb. 11; 14-16) zeigen Deformationsstrukturen wie Verdünnung, Boudinage und interne Foliation. Die Gesteine entstanden während des „Halland-Events“ vor etwa 1.440 Ma und wurden im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung erneut deformiert (MÖLLER et al 1996: 18-19).

Abb. 10: Steil einfallende, NE-SW streichende Gneise an der Küste von Glassvik (etwa 56.78026, 12.61332).
Abb. 11: Roter und undeformierter Pegmatit-Gang (Breite etwa 1,5 m) in einem grauen migmatitischen Amphibolgneis.
Abb. 12: Granatführender Amphibolit, Bildbreite 1 m. Konkordant zur Foliationsrichtung verläuft ein Pegmatitgang; im Kontaktbereich ist der Amphibolit grobkörniger ausgebildet.
Abb. 13: Weiter nordwärts eröffnet sich dem Besucher eine auenartige Küstenlandschaft, die stellenweise von anstehenden Felsen oder kleinen Geröllstränden durchbrochen wird.
Abb. 14: Feinkörnige Graugneise, massiv durchsetzt von grobkörnigen roten Partien. Faltenstrukturen weisen auf eine starke Deformation hin. Die roten Partien besitzen eine granitische Zusammensetzung und verlaufen annähernd parallel zur Foliation. Bildbreite etwa 3 m.
Abb. 15: Innerhalb der roten Partien sind größere Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit) erkennbar. Die anatektischen Körper sind teilweise stark verfaltet, zeigen boudinierte Strukturen oder wirken regelrecht verdreht. Bildbreite etwa 1 m.
Abb. 16: Die roten Partien scheinen intern nur wenig deformiert zu sein und weisen ein weitgehend regelloses Mineralgefüge auf (roter Alkalifeldspat, heller Plagioklas, grauer Quarz, Ansammlungen dunkler Minerale). Bildbreite 30 cm.

Ein weiterer interessanter Aufschluss an der Küste von Glassvik zeigt Erosionsrelikte eines gangförmigen und mehrere Zehnermeter mächtigen Granatamphibolits, der aus einer Abfolge unterschiedlicher Gefügevarianten besteht: ein grobkörniger Granat-Amphibolit mit regellosem Gefüge im Zentrum des Ganges wird zu beiden Seiten von migmatitischen Granatamphiboliten flankiert.

Abb. 17: Links ein dunkler und massiger Amphibolit als Gangmitte, rechts davon migmatitische Granatamphibolite. Breite des Aufschlusses etwa 5 m.
Abb. 18: Grobkörniger und massiger Granatamphibolit im Zentrum des Ganges (Breite etwa 1,5 m). Das Gestein enthält sehr viel schwarzen Amphibol, der hohe Granatanteil bewirkt eine violettschwarze Gesamtfarbe.
Abb. 19: Nahaufnahme; weitgehend richtungslos-körniges Gefüge aus schwarzem Amphibol, rotem Granat und etwas Plagioklas. Die Granat-Porphyroblasten erreichen eine Größe von 3 cm.
Abb. 20: Zur linken Seite wird der massige Granatamphibolit von einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit begleitet. Breite des Steins etwa 75 cm.
Abb. 21: Auf der rechten Seite steht ein migmatitischer Granat-Amphibolgneis mit ausgesprochen großen Granat-Porphyroblasten an. Häufigkeit und Größe der Granate nehmen zum Zentrum und zum Rand des Ganges ab.
Abb. 22: Sechseckiger Anschnitt eines großen Granats, umgeben von einem weißen Plagioklas-Leukosom; Durchmesser des Granats 7,5 cm.
Abb. 23: Runder Granat-Porphyroblast mit einem Saum aus schwarzem Amphibol; Durchmesser 8 cm.
Abb. 24: Flammenpegmatit (deformierter bunter Pegmatit), polierte Schnittfläche, loser Strandstein von Glassvik.

Literatur

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.

VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.

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