Abb. 1: Felsküste im äußersten Nordwesten der Kullaberg-Halbinsel. Das Grundgebirge besteht hier aus migmatitischen Gneisen mit eingeschalteten Amphibolit-Körpern und besitzt ein Alter von rund 1 Milliarde Jahren.
Ein mehrteiliger Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden.
Abb. 2: Karte der vorgestellten Lokalitäten.
Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.
Entlang der Küste zwischen Falkenberg und Halmstad befinden sich zahlreiche gut zugängliche Küstenaufschlüsse mit Gesteinen der SGR (Steninge, Glassvik; nächster Teil: Stensjöstrand). Etwa auf halber Strecke liegt der Ort Steninge (Lok. 3.2 auf der Karte). Ausgehend vom ersten Parkplatz im Ort (56.76421, 12.63274) erreicht man in südlicher Richtung bald einen alten Steinbruch, in dem migmatitische Gneise vom Halmstad-Typ abgebaut wurden.
Abb. 1: Stürmisches Wetter an der Küste bei Steninge; rotgraue Gneise, anstehend und als Haldenmaterial aus dem ehemaligen Steinbruch.Abb. 2: Migmatitischer Gneis vom Halmstad-Typ aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz, gelbem bis grünlichem Plagioklas und etwas Biotit. Magnetit wurde an dieser Lokalität nicht nachgewiesen. Bildbreite etwa 30 cm.Abb. 3: Gefalteter migmatitischer Gneis. Die roten und mafitarmen Quarz-Feldspat-Leukosome weisen ein richtungslos-körniges Gefüge auf und entstanden durch partielle Aufschmelzung der grauen und feinkörnigen Gneise (Paläosom).Abb. 4: Häufig ist keine klare Grenze zwischen Leukosom (rot) und Paläosom (grau) erkennbar.Abb. 5: Gebänderter migmatitischer Gneis aus dem Steinbruch Steninge.
Innerhalb der rotgrauen migmatitischen Gneise finden sich mafitarme und deformierte Quarz-Feldspat-Leukosome mit plattigen Quarzen („Schonengranulit“, Abb. 6) sowie linsenförmige Einschaltungen von grobkörnigen und pegmatitartigen Gesteinen („Flammenpegmatit“; Abb. 7, 8). Diese zentimeter- bis dezimetergroßen Partien gehen ohne scharfe Grenze in die migmatitischen Gneise über. Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale weisen auf granulitfazielle Metamorphosebedingungen während der svekofennischen Orogenese hin.
Schonengranulit und Flammenpegmatit sind charakteristische Gesteine des westlichen Teils der SGR und als Leitgeschiebe verwendbar. Sie treten an mehreren Lokalitäten entlang der schwedischen Westküste auf, in einem begrenzten Gebiet zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Neben Einschaltungen als Leukosom in migmatitischen Gneisen bildet der Flammenpegmatit auch meterbreite Gänge (s. Söndrum). Das Alter der Ausgangsgesteine liegt bei etwa 1,4 Ga, die Metamorphose erfolgte während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 970 Ma (VINX 1998).
Neben dem Flammenpegmatit treten in SW-Schweden auch bunte Pegmatite mit einer ähnlichen Farbgebung auf, die jedoch undeformiert sind und keine Plattenquarze enthalten. Sie wurden postkinematisch (= nach Beendigung der Orogenese) gebildet und sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (Abb. 9).
Abb. 6: Migmatitische, von dunklen Mineralen freie Partie mit grauen Plattenquarzen („Schonengranulit“).Abb. 7: „Flammenpegmatit“ (granulitfazieller bunter Pegmatit) aus rotem Alkalifeldspat, blassgelbem Plagioklas und grauen Plattenquarzen. Angefeuchtete Schnittfläche eines Haldenfundes von Steninge.Abb. 8: Grobkörnige Partie eines deformierten bunten Pegmatits mit Plattenquarzen („Flammenpegmatit“), rechts unten begrenzt von Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit). Breite des Steins etwa 20 cm.Abb. 9: Grobkörniger (postkinematisch gebildeter) Pegmatit aus rotem Feldspat, grauem Quarz und gelbem Plagioklas. Das Gestein ähnelt dem Flammenpegmatit, ist aber nur mäßig deformiert, weist keine plattige Ausbildung der Quarze auf und enthält Ansammlungen von dunklen Mineralen (blättriger Biotit).
3.3. Glassvik
Einige Kilometer nördlich von Steninge liegt die Ortschaft Glassvik (Lok. 3.3 auf der Karte). Vom Parkplatz (56.77629, 12.62089) aus geht man zur Küste und orientiert sich in nördlicher Richtung. Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen wechseln sich mit Amphibol-Gneisen ab. Auffällig ist das nahezu senkrechte Einfallen der Gneise (Abb. 10) und eine annähernd parallel zur Klüftung verlaufende Foliation. Verschiedene Generationen von pegmatitischen bis aplitischen Gängen innerhalb der Quarz-Feldspat-Gneise (Abb. 11; 14-16) zeigen Deformationsstrukturen wie Verdünnung, Boudinage und interne Foliation. Die Gesteine entstanden während des „Halland-Events“ vor etwa 1.440 Ma und wurden im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung erneut deformiert (MÖLLER et al 1996: 18-19).
Abb. 10: Steil einfallende, NE-SW streichende Gneise an der Küste von Glassvik (etwa 56.78026, 12.61332).Abb. 11: Roter und undeformierter Pegmatit-Gang (Breite etwa 1,5 m) in einem grauen migmatitischen Amphibolgneis.Abb. 12: Granatführender Amphibolit, Bildbreite 1 m. Konkordant zur Foliationsrichtung verläuft ein Pegmatitgang; im Kontaktbereich ist der Amphibolit grobkörniger ausgebildet.Abb. 13: Weiter nordwärts eröffnet sich dem Besucher eine auenartige Küstenlandschaft, die stellenweise von anstehenden Felsen oder kleinen Geröllstränden durchbrochen wird.Abb. 14: Feinkörnige Graugneise, massiv durchsetzt von grobkörnigen roten Partien. Faltenstrukturen weisen auf eine starke Deformation hin. Die roten Partien besitzen eine granitische Zusammensetzung und verlaufen annähernd parallel zur Foliation. Bildbreite etwa 3 m.Abb. 15: Innerhalb der roten Partien sind größere Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit) erkennbar. Die anatektischen Körper sind teilweise stark verfaltet, zeigen boudinierte Strukturen oder wirken regelrecht verdreht. Bildbreite etwa 1 m.Abb. 16: Die roten Partien scheinen intern nur wenig deformiert zu sein und weisen ein weitgehend regelloses Mineralgefüge auf (roter Alkalifeldspat, heller Plagioklas, grauer Quarz, Ansammlungen dunkler Minerale). Bildbreite 30 cm.
Ein weiterer interessanter Aufschluss an der Küste von Glassvik zeigt Erosionsrelikte eines gangförmigen und mehrere Zehnermeter mächtigen Granatamphibolits, der aus einer Abfolge unterschiedlicher Gefügevarianten besteht: ein grobkörniger Granat-Amphibolit mit regellosem Gefüge im Zentrum des Ganges wird zu beiden Seiten von migmatitischen Granatamphiboliten flankiert.
Abb. 17: Links ein dunkler und massiger Amphibolit als Gangmitte, rechts davon migmatitische Granatamphibolite. Breite des Aufschlusses etwa 5 m.Abb. 18: Grobkörniger und massiger Granatamphibolit im Zentrum des Ganges (Breite etwa 1,5 m). Das Gestein enthält sehr viel schwarzen Amphibol, der hohe Granatanteil bewirkt eine violettschwarze Gesamtfarbe.Abb. 19: Nahaufnahme; weitgehend richtungslos-körniges Gefüge aus schwarzem Amphibol, rotem Granat und etwas Plagioklas. Die Granat-Porphyroblasten erreichen eine Größe von 3 cm.Abb. 20: Zur linken Seite wird der massige Granatamphibolit von einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit begleitet. Breite des Steins etwa 75 cm.Abb. 21: Auf der rechten Seite steht ein migmatitischer Granat-Amphibolgneis mit ausgesprochen großen Granat-Porphyroblasten an. Häufigkeit und Größe der Granate nehmen zum Zentrum und zum Rand des Ganges ab.Abb. 22: Sechseckiger Anschnitt eines großen Granats, umgeben von einem weißen Plagioklas-Leukosom; Durchmesser des Granats 7,5 cm.Abb. 23: Runder Granat-Porphyroblast mit einem Saum aus schwarzem Amphibol; Durchmesser 8 cm.Abb. 24: Flammenpegmatit (deformierter bunter Pegmatit), polierte Schnittfläche, loser Strandstein von Glassvik.
Literatur
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.
Der Küstenabschnitt bei Stensjöhamn (Lok. 3.4 auf der Karte), unmittelbar nördlich von Glassvik, bietet eine ganze Reihe interessanter Aufschlüsse, u. a. migmatitische Granatamphibolite, granulitfaziell gebildete Orthopyroxen-Megakristalle und Sillimanitgneise (JOHANSSON 2011, HANSEN et al. 2015). Ausgehend vom Parkplatz (56.78949, 12.61967) hält man sich an der Küste in nördlicher Richtung und erreicht zunächst Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen und Amphibolgneisen. Auch hier ist von einer komplexen metamorphen Geschichte der Gesteine und mindestens zwei Phasen der Deformation auszugehen, dem Halland-Event vor 1.420-1.440 Ma und der svekonorwegischen Orogenese vor 980-950 Ma.
Abb. 1: Küste bei Stensjöhamn.Abb. 2: Migmatitische Quarz-Feldspat-Gneise mit hellen, annähernd parallel zur Foliation verlaufenden Quarz-Feldspat-Leukosomen. Bildbreite ca. 3 m.Abb. 3: Rotgrauer Quarz-Feldspat-Adergneis (schwach magnetisch), Anstehendprobe von Stensjöstrand.Abb. 4: Verfalteter Amphibolitgang in einem grauen Quarz-Feldspat-Gneis. Breite des Gangs etwa 150 cm.Abb. 5: Migmatitischer Amphibolit. Diskordant zur Foliation verlaufende weiße Leukosome aus Plagioklas verweisen auf eine erneute metamorphe Überprägung des Gesteins während der svekonorwegischen Gebirgsbildung. Die gebänderte und mafitreiche Partie in der Bildmitte enthält keine Leukosome.Abb. 6: Boudinageartige Einschaltungen von grünlichen Kalksilikatgesteinen in einem migmatitischen Amphibolit, Bildbreite 1 m.
Als Boudinage bezeichnet man ellipsoide Gefügeeinheiten in migmatitischen Gneisen. Boudinage entsteht, wenn dünne Gesteinslagen während der Deformation unterbrochen werden und in einzelne linsenförmige Einheiten zerfallen. Das grünliche (epidothaltige) Kalksilikatgestein dürfte sedimentären Ursprungs sein.
Abb. 7: Helles Feldspat-Leukosom mit Boudinage-Struktur in einem Amphibolit. Bildbreite etwa 1 m.
Eine Besonderheit der Lokalität Stensjöstrand sind Megakristalle von Orthopyroxen (Enstatit). Ihre Position innerhalb der Leukosome der Amphibolgneise lässt darauf schließen, dass sie während der partiellen Aufschmelzung des Wirtgesteins entstanden (HANSEN et al 2015).
Abb. 8: Relikte von grünen Orthopyroxen-Megakristallen innerhalb heller Leukosome eines Granatamphibolits. Bildbreite 70 cm.Abb. 9: Nahaufnahme eines großen Orthopyroxens, umgeben von einem Saum aus dunklem Amphibol (bzw. Amphibol-Quarz-Symplektiten) sowie rotem Granat.
Unter granulitfaziellen Bedingungen (1 GPa, 800 Grad) und der Abwesenheit von Fluiden (sog. Dehydrationsschmelzen) kommt es zu einem Zerfall von Biotit und Amphibol unter Bildung von Orthopyroxen:
Bt + Hbl + Pl +/- Qtz ↔ Opx+ Schmelze + Cpx + Gt
Einige Orthopyroxen-Megakristalle sind von einem Saum aus retrograd gebildeten Hornblende-Quarz-Symplektiten umgeben, die als Barriere eine weitere Umwandlung der Megakristalle verhinderten, während andere Orthopyroxe retrograd in Chlorit umgewandelt wurden.
Migmatite mit Orthopyroxen-Megakristallen treten an verschiedenen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. a. Söndrum). Vorkommen dieser aus Dehydrationsschmelzen unter granulitfaziellen Bedingungen gebildeten Orthopyroxene dürften sich auf die südwestschwedische Granulitregion beschränken. Der Gesteinstyp könnte als Leitgeschiebe geeignet sein, allerdings ist eine sichere Bestimmung von Orthopyroxen mit einfachen Mitteln kaum möglich.
Abb. 10: Aufschluss eines migmatitischen Granatamphibolits mit Plagioklas-Leukosomen („plagioklasschlieriger Granatamphibolit“) an der Küste von Stensjöhamn.Abb. 11: Granatamphibolit mit hellen Plagioklas-Leukosomen, Bildbreite 125 cm.Abb. 12: Migmatitischer Granatamphibolit; große Granat-Porphyroblasten sind von hellen Plagioklas-Leukosomen umgeben.Abb. 13: Probe eines migmatitischen Granatamphibolits, Nahaufnahme der frischen Bruchfläche. Das Gestein von der Lokalität Stensjöstrand besteht im Wesentlichen aus Amphibol, Plagioklas und Granat; nach HANSEN et al 2015 enthält es auch geringe Mengen von Pyroxen, Biotit und Apatit.Abb. 14: Amphibol-Gneise bis Amphibolite mit hellen und diskordant zur Foliationsrichtung verlaufenden Leukosomen. Bildbreite etwa 2 m.
Die Löcher im Fels stammen von einem Bohrgerät, mit dem Proben zum Zwecke einer Datierung entnommen wurden. Die Datierung isolierter Zirkone ergab ein Kristallisationsalter von 1.415-1.390 Ma. Anwachssäume um die gleichen Zirkone verweisen auf eine Metamorphose während der svekonorwegischen Orogenese vor 975-965 Ma (HANSEN et al. 2015).
Abb. 15: Küstenlandschaft bei Stensjöhamn.
Nördlich des kleinen Hafens (Stensjöhamn) ändert sich die Zusammensetzung der Gesteine. Hier stehen plattige, teilweise stark gefaltete Sillimanit-Gneise an, die durch Verwitterung bizarre Formen annehmen können.
Abb. 16: Sillimanitgneise bei Stensjöhamn.Abb. 17: Die komplexe Faltenstruktur der Sillimanitgneise tritt durch Verwitterung in bizarren Formen hervor.Abb. 18: Verfaltete Sillimanitgneise. Bildbreite etwa 2 m.Abb. 19: Anstehender Sillimanitgneis, Nahaufnahme; Bänder aus weißem bis gelblichem und plattig ausgebildetem Sillimanit entlang der Foliationsrichtung.Abb. 20: Sillimanit-Gneise, Brandungsgerölle am Ufersaum.Abb. 21: Sillimanitgneis mit rotem Granat, Brandungsgeröll vom Anstehenden, Aufnahme unter Wasser. Sillimanit ist durch Verwitterung gelblich gefärbt und durchzieht das Gestein in breiten Streifen.Abb. 22: Gleicher Stein, trockene Oberfläche. Die Grundmasse besitzt ein nahezu gleichkörniges Gefüge aus deutlich voneinander abgesetzten Körnern aus Quarz, Feldspat und Amphibol.Abb. 23: Nahaufnahme unter Wasser. Schwarzer Amphibol in stengeliger Ausbildung durchsetzt ein größeres Granat-Aggregat.
In Stensjöstrand finden sich neben Brandungsgeröllen anstehender Gesteine auch Geschiebe, u. a. zwei „alte Bekannte“: ein Kinne-Diabas aus Westschweden sowie ein NW-Dolerit, dessen Anstehendes eigentlich viel weiter südlich liegt. Auch zwei Rapakiwi-Granite mit vermuteter Herkunft vom Åland-Archipel wurden aufgelesen. Im Weichsel-Glazial änderte der Baltische Eisstrom im Gebiet der südlichen Ostsee seine ursprünglich südliche Zugrichtung und nahm einen ost-westlichen und schließlich sogar nördlichen Verlauf. Dies dürfte auch der Grund für Funde von NW-Dolerit und Åland-Gesteinen nördlich bzw. weit abseits von ihrem Herkunftsgebiet sein.
Abb. 24: Kinne-Diabas und NW-Dolerit, Geschiebe von Stensjöstrand. Breite der Steine jeweils etwa 9 cm.Abb. 25: Plagioklasschlieriger Granatamphibolit, Geröll von Stensjöstrand. Max. 4 cm große Granat-Porphyroblasten sind von einem hellen Plagioklas-Saum umgeben. Breite des Steins 16 cm.Abb. 26: Grobkörniger, wahrscheinlich postkinematisch entstandener Pegmatit aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz und gelbem Plagioklas (keine Plattenquarze; kein Flammenpegmatit); Breite des Steins 80 cm.
3.5. Träslövsläge
In Träslövsläge (Lok. 3.5 auf der Karte), einem kleinen Fischerort südlich von Varberg, sollten sich etwa 200 m westlich der Kirche mehrere Aufschlüsse befinden (MÖLLER et al 1996: 32-33). Mittlerweile ist der Strandbereich allerdings stark verwachsen, nur eine Lokalität konnte ausfindig gemacht werden. Ein mafischer Granulit zeigt Relikte einer magmatischen Schichtung. Individuelle Lagen unterschiedlicher Dicke stehen diskordant zur Foliationsrichtung.
Abb. 27: Reliktische magmatische Schichtung in einem mafischen Granulit. Bildbreite ca. 60 cm.Abb. 28: Schonengranulit, einzelnes Strandgeröll von Södra Näs, 2 km NW von Träslövsläge.
Literatur
HANSEN E, JOHANSSON L, ANDERSSON J, LABARGE L, HARLOV D, MÖLLER C & VINCENT S 2015 Partial melting in amphibolites in a deep section of the Sveconorwegian Orogen, SW Sweden – LITHOS (2015), Vol. 236-237, S. 27-45.
JOHANSSON L 2011 Bergrundsgeologi in Stensjöstrands Naturreservat – 7 S., Geologiska Institutionen Lunds Universitet.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
Abb. 1: Weißschlieriger Granatamphibolit mit roten Granat-Porpyroblasten und gelblichen Plagioklas-Leukosomen. Geschiebe von Strande bei Kiel, Bildbreite ca. 30 cm.Abb. 2: Gleicher Stein, Nahaufnahme der trockenen Oberfläche. Bildbreite ca. 15 cm.
Migmatitische Granatamphibolite mit weißen Plagioklas-Schlieren sind charakteristische Gesteine des Südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Der Gesteinstyp ist als Leitgeschiebe geeignet, seine Vorkommen scheinen sich auf den westlichen Teil der SGR zu beschränken. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften ist der weißschlierige Granatamphibolit häufig anzutreffen (VINX 1998, 2016).
Im Unterschied zu „gewöhnlichen“ Granatamphiboliten, die aus basischen Gesteinen (Basalte, Gabbros o. ä.) durch Metamorphose entstehen, erfolgt eine Teilaufschmelzung von Amphiboliten erst unter hochgradigen Metamorphosebedingungen (obere Amphibolitfazies, ab etwa 800°C), wie sie während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga erreicht wurden. Dabei kam es zum Ausschmelzen von Plagioklas, der als helles Leukosom kumuliert, erneut kristallisiert und das Gestein in Gestalt weißer Schlieren durchzieht.
Solche migmatitischen Granatamphibolite sind aus SW-Schweden und anderen Regionen bekannt, die von der svekonorwegischen Gebirgsbildung erfasst wurden. SMED & EHLERS 2002 weisen auf Vorkommen ähnlicher Gesteine in SE-Norwegen hin (Bamble-Kongsberg-Gebiet). Vereinzelte Geschiebe von dort dürften allenfalls im nördlichen Dänemark zu erwarten sein, so dass im Allgemeinen von einer SW-schwedischen Herkunft der Gesteine ausgegangen werden kann. In der Geschiebekunde wird der Gesteinstyp als „plagioklasschlieriger“ oder „weißschlieriger“ Granatamphibolit bezeichnet. Funde sind vor allem westlich der Lübecker Bucht und nördlich davon zu erwarten. Anstehende SW-schwedische Granatamphibolite zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Abb. 9-12 und 23-26.
Der weißschlierige Granatamphibolit fällt durch sein kontrastreiches Gefüge aus schwarzem Amphibol, weißem Plagioklas und rotem Granat auf. Größere Amphibol-Körner zeigen einen lebhaften Glasglanz. Roter Granat findet sich in kleinen Körnern zwischen Amphibol und Plagioklas, vor allem aber in Gestalt großer und runder Porphyroblasten (1-2 cm, im Ausnahmefall bis 5 cm). Diese können regelhaft im Gestein verteilt sein oder Ansammlungen bilden. Manchmal liegen sie auch innerhalb der hellen Plagioklas-Leukosome. Regelmäßig findet sich ein schmaler Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas um die größeren Granate (Abb. 3). Die weißen bis gelblichen Plagioklas-Leukosome bilden längliche, gewundene oder unregelmäßige Schlieren und sind grobkörniger als die Matrix. Quarz fehlt und ist in der Regel auch innerhalb der Leukosome nicht erkennbar.
Abb. 3: Ein weiterer Granatamphibolit von Strande. Runde Granat-Porphyroblasten besitzen einen schmalen Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas.Abb. 4: Weißschlieriger Granatamphibolit, Geschiebe von Hökholz (Schleswig-Holstein).Abb. 5: Gleicher Stein, Nahaufnahme.
Literatur
Smed P & Ehlers J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage.
Wennberg G 1949 Differentialrörelser i Inlandsisen. Sista istiden i Danmark, Skåne och Östersjön [Differentialbewegungen in der Inlandvereisung. Sechs Eiszeiten in Dänemark, Schonen und Östersjön] – Meddelanden från Lunds Geologisk-Mineralogiska Institution 114: 1-201, 11 Taf., 57 Abb., 1 Tab., Lund (Carl Bloms Boktryckeri). [deutsche Zusammenfass. S. 192-201].
Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
Abb. 1: Mafischer Granulit, Geschiebe von Hohenfelde.Abb. 2: Nahaufnahme der angefeuchteten Oberfläche. Das feinkörnige Gestein besteht aus Granat (rot), Pyroxen (mattschwarz), Amphibol (glänzend schwarz) und Plagioklas (weiß).
Mafische Granulite entstehen durch Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose aus basischen Ausgangsgesteinen (Basalte, Gabbros bzw. Amphibolite u. ä.). Auf dem Baltischen Schild tritt der Gesteinstyp in einem begrenzten Gebiet innerhalb der Südwestschwedischen Granulitregion (SGR) auf und ist als Leitgeschiebe für Schonen und das südliche Halland geeignet (Erstbeschreibung in VINX 1996). Im Vergleich zu den sauren, mitunter auch bunten Granuliten aus SW-Schweden (Schonengranulit und Flammenpegmatit) sind mafische Granulite auf den ersten Blick eher unscheinbare Gesteine. Die charakteristischen mineralogischen und texturellen Merkmale werden erst bei genauem Hinsehen sichtbar.
Der gewöhnliche mafische Granulit (Granatgabbro in SMED & EHLERS 2002) ist ein feinkörniges und sehr schweres Gestein mit grauer bis brauner Verwitterungsrinde. Unter der Lupe erkennt man ein weitgehend regelloses Mineralgefüge aus rotem Granat, matt- und grünlichschwarzem Pyroxen, weißem Plagioklas und glänzend schwarzem Amphibol. Granat und Pyroxen, die maßgeblichen metamorphen Neubildungen, bewirken eine braune Gesamtfärbung des Gesteins. Der Anteil an Amphibol schwankt und ist abhängig von der retrograden Überprägung des Gesteins. Mafische Granulite mit höherem Amphibolgehalt sind eher grau getönt.
Im cm-Maßstab kann eine leichte Foliation oder eine fleckige Textur erkennbar sein. Das Gefüge der kleinen Granat- und Pyroxen-Körner erscheint aber weitgehend regellos und gleichkörnig und entstand durch granoblastisches Wachstum während der Metamorphose. Mafische Granulite sind also Granofelse. In grobkörnigen Varianten, vor allem im Granatcoronit, bildet retrograd entstandener Amphibol schwarze Coronen um größere und matt grünlichschwarze Pyroxen-Kristalle. Mafische Granulite im Anstehenden zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Abb. 21-26.
Abb. 3: Mafischer Granulit, Geschiebe von Hökholz.Abb. 4: Nahaufnahme der trockenen Oberfläche.Abb. 5: Leicht foliierter mafischer Granulit, Strandgeröll vom Anstehenden (Kullaberg, SW-Schweden).Abb. 6: Gleicher Stein, angefeuchtete Oberfläche.
Die Bildung der SW-schwedischen mafischen Granulite erfolgte im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga. Während einer Kontinent-Kontinent-Kollision kam es zu einer trockenen Hochdruck-Metamorphose basischer Gesteine (Basalte, Gabbros bzw. Amphibolite). Unter granulitfaziellen Bedingungen wird Plagioklas instabil und wandelt sich an den Korngrenzen zu Pyroxen zu Granat um, der in Gestalt kleiner Granoblasten heranwächst. Pyroxen kann durch „Entwässerung“ von Amphibol entstehen, wobei unter granulitfaziellen Bedingungen neben Klinopyroxen meist auch Orthopyroxen gebildet wird. Die Metamorphose erfolgte bei etwa 700-800°C und einem Druck von 8-12 Kbar, was einer krustalen Tiefe von 30-45 km entspricht. Die kontinentale Kruste muss zum Zeitpunkt der Metamorphose also sehr dick und die Ausgangsgesteine entsprechend tief versenkt gewesen sein. Der anschließende Aufstieg erfolgte offenbar recht schnell, da die mafischen Granulite im Allgemeinen nur eine geringe retrograde Überprägung aufweisen (MÖLLER et al 1996).
Granat-Coronit
Seltener als die feinkörnigen mafischen Granulite sind mafische Granulite mit coronitischem Gefüge (kurz: Granatcoronit). Der mittelkörnige Gesteinstyp zeichnet sich durch schmale und feinkörnige Säume (Coronen) aus kleinen roten Granat-Körnern an den Grenzflächen zwischen Plagioklas und Pyroxen aus. Die Säume können vollständig oder nur partiell entwickelt sein. Zusätzlich werden größere grünlichgraue Pyroxene von dunklen Coronen aus retrograd gebildetem Amphibol umgeben. Die Gesteine sind im allgemeinen recht dunkel und sehr schwer. Plagioklas kann auf der angewitterten Geschiebeoberfläche eine gelbliche Farbe annehmen. Es finden sich auch plagioklasarme Varianten sowie Granatcoronite mit einem doleritischen Gefüge. Das Gestein kann Magnetit enthalten.
Granatcoronite sind in SW-Schweden nur lokal verbreitet und anstehend aus dem Gebiet zwischen Gislaved und Ulricehamn sowie einem kleineren Areal westlich von Kristianstad bekannt (s. Abb. 5 im Exkursionsbericht SW-Schweden). Mafische Granulite mit coronitischem Gefüge wurden allerdings auch mehrfach südlich von Varberg als Strandgeröll gefunden (Apelviken) und könnten aus einem unmittelbar nordwestlich gelegenen Metabasit-Vorkommen (Balgö) stammen (Abb. 10, 11).
Die folgende Anstehendprobe stammt aus einem Straßenaufschluss in der Nähe von Gislaved (SW-Schweden) und ist ein Übergang zwischen feinkörnigem mafischem Granulit und Granatcoronit. In der Vergrößerung erkennt man sehr kleine rote Granatkörner an der Grenzfläche zwischen hellem Plagioklas und dunklen Pyroxen-Kristallen. Von diesem Aufschluss wird auch eine grobkörnige Variante beschrieben, allerdings konnte diese bei einem Besuch vor Ort nicht lokalisiert werden (Abb. in VINX 1996).
Abb. 7: Mafischer Granulit mit coronitischem Gefüge; polierte Schnittfläche, Aufnahme unter Wasser. Probe aus einem Straßenaufschluss an der R40 (Parkplatz) bei Gislaved; 50.30020, 13.51909).Abb. 8: Nahaufnahme. Coronitisches Gefüge: bis 2 mm große dunkle Pyroxen-Körner sind von einem feinkörnigen Saum aus rotem Granat umgeben.Abb. 9: An der Lokalität Gislaved fanden sich in unmittelbarer Nähe zu mafischen Granuliten auch augenscheinlich nur wenig metamorph überprägte Metabasite. Im Bild ein doleritähnliches Gestein mit hellrotem Plagioklas, Granat fehlt. Aufnahme unter Wasser.Abb. 10: Granat-Coronit, Strandgeröll von Apelviken bei Varberg.Abb. 11. Säume aus kleinen Granat-Körnern an der Grenze zwischen größeren, schwarzgrünen Pyroxen-Aggregaten und Plagioklas.Abb. 12: Granat-Coronit, Geschiebe von Schönhagen bei Kappeln (Schleswig-Holstein).Abb. 13: Nahaufnahme der trockenen Oberfläche; schwarzgrüner Pyroxen, umgeben von einem schwarzen Saum (Corona) aus Amphibol.Abb. 14: Gleicher Stein, Aufnahme unter Wasser.Abb. 15: In der Nahaufnahme erkennt man deutlich die retrograd gebildeten dunklen Amphibol-Säume um grünliche Pyroxene sowie unvollständige Säume von rotem Granat.
Möller C, Johansson L, Andersson J & Söderlund U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
Smed P & Ehlers J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage.
Vinx R 1996 Granatcoronit (mafischer Granulit): ein neues Leitgeschiebe SW-schwedischer Herkunft – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1996, Band 2, S. 3-20.
Abb. 1: Flammenpegmatit (links) und Schonen-Granulit (rechts), Geschiebe aus der Kiesgrube Niederlehme bei Berlin. Charakteristische Merkmale sind neben den leuchtenden Farben der Feldspäte die grauen Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale.
Schonengranulit und Flammenpegmatit sind typische Gesteine des südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Sie entstanden durch trockene Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose (Granulitfazies) während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Milliarde Jahren. Anhand spezifischer textureller Merkmale sind sie als Geschiebe leicht erkennbar und als Leitgeschiebe für das westliche Schonen verwendbar. Sowohl der feingneisige Schonengranulit, als auch der grobkörnige „Flammenpegmatit“ enthalten plattige bis linsenförmig entwickelte Quarze als charakteristisches Merkmal von Granuliten aus quarzreichen („sauren“) Ausgangsgesteinen. Die Gesteine zeichnen sich mitunter durch bunte Feldspäte aus (rot, gelb, orange). Dunkle Minerale fehlen weitgehend, weil sie während der granulitfaziellen Metamorphose nicht stabil waren. Anstehende Granulitgneise, Schonengranulit und Flammenpegmatite zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Teil 3-1 und 3-2.
Der Schonen-Granulit ist ein fein- bis mittelkörniger Gneis und besteht fast vollständig aus Alkalifeldspat und Quarz. Alkalifeldspat besitzt eine blassrote bis leuchtend orangerote, manchmal auch unscheinbar bräunlichrote Farbe. Entscheidend ist das Vorhandensein von hell- bis dunkelgrauen Plattenquarzen, die im Querschnitt sehr flach, im Längsschnitt breiter und linsenförmig ausgebildet sind. Im Vergleich zum Feldspat scheinen die Plattenquarze oftmals weniger granuliert. Zusätzlich können kleine Mengen eines zweiten Feldspats (Plagioklas) enthalten sein (weiß bis rosa, seltener leuchtend gelb oder grünlich). Dunkle Minerale (Glimmer, Amphibol) fehlen weitgehend. Sie wurden während der granulitfaziellen Metamorphose instabil, können aber als retrograde Bildung in geringer Menge auftreten. Eine Verwechslungsmöglichkeit des Schonen-Granulits besteht u. U. mit Myloniten, die ebenfalls plattige Quarzaggregate enthalten können, in der Regel aber auch dunkle Minerale (Abb. 19, 20). Beschreibung in VINX 1998; „Granulitgneis von Schonen“ in SMED & EHLERS 2002.
Abb. 2: Schonengranulit; blassroter, granulierter Alkalifeldspat und grauer Plattenquarz in welligen Aggregaten bis 1 cm. Strandgeröll von Träslövsläge, SW-Schweden.Abb. 3: Feinkörniger Schonengranulit mit dunkelgrauen Plattenquarzen; Geschiebe von Stohl bei Kiel.Abb. 4: Hellroter bis orangeroter Schonengranulit; Geschiebe vom Weissenhäuser Strand in Holstein, Aufnahme unter Wasser.Abb. 5: Feingneisiger Schonengranulit; Strande bei Kiel.Abb. 6: SW-schwedischer Granulitgneis mit grauen Platttenquarzen, rotem Alkalifeldspat und grünem bis gelblichem Plagioklas. Geschiebe aus der Kiesgrube Kröte/Waddeweitz (Wendland, Niedersachsen).
Lebhafte Farben und ein charakteristisches Gefüge verleihen dem Flammenpegmatit („deformierter, bunter Pegmatit“ in VINX 1998) ein auffälliges Erscheinungsbild. Der grobkörnige Gneis besteht aus blassrotem bis leuchtend rotem Alkalifeldspat, gelbem (seltener blassgrünem, s. Abb. 9) Plagioklas und grauem Quarz. Die Mengenanteile der Minerale sind variabel. Analog zum Schonengranulit treten plattig bis linsenförmig ausgebildete graue Quarze auf. Die Plattenquarze können im Vergleich zu den Feldspäten nicht oder nur wenig granuliert erscheinen. Dunkle Minerale fehlen weitgehend.
Der Flammenpegmatit bildet meterbreite Gänge und Einschaltungen innerhalb der Granulitgneise im westlichen Teil der Südwestschwedischen Granulitregion, einem Gebiet entlang der schwedischen Westküste zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Die Pegmatite weisen ein Alter von etwa 1,4 Ga Jahren auf und wurden während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor 970 Ma einer granulitfaziellen Metamorphose unterworfen (siehe Exkursionsbericht). Zumindest teilweise dürfte es sich beim „Flammenpegmatit“ lediglich um pegmatitähnliche Bildungen handeln, wie sie durch Teilaufschmelzung von Gneisen entstehen, nicht um „echte“, magmatisch gebildete Pegmatite.
In SW-Schweden kommen auch undeformierte Pegmatite mit einem ganz ähnlichen Farbspiel vor, aber ohne Foliation und den typischen Plattenquarzen. Diese postkinematisch (= nach der Gebirgsbildung) gebildeten Gesteine sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (VINX 1998). Beispiele für anstehenden Flammenpegmatit und undeformierte Pegmatite finden sich im Exkursionsbericht SW-Schweden, Teil 3-1 und 3-2.
Abb. 7: Flammenpegmatit aus rotem Alkalifeldspat, orangefarbenem Plagioklas und grauem Plattenquarz: Polierte Schnittfläche eines losen Steins von Glassvik/SW-Schweden.Abb. 8: Flammenpegmatit vom Anstehenden, angefeuchtete Schnittfläche. Alter Steinbruch bei Steninge/SW-Schweden.Abb. 9: Flammenpegmatit mit hellgrünem Plagioklas aus dem Steinbruch Bolgsbrottet bei Söndrum/SW-Schweden; Aufnahme unter Wasser.Abb. 10: Flammenpegmatit, Geschiebe von Johannistal (E. Figaj leg.); Breite des Steins 13 cm.Abb. 11: SW-schwedischer Gneis; Geschiebe von Strande bei Kiel.
Hellroter Alkalifeldspat, gelber Plagioklas und heller, teils plattig ausgebildeter Quarz lassen eine SW-schwedische Herkunft vermuten. Das Gestein enthält aber längliche Schlieren mit dunklen Mineralen und ist kein Schonengranulit.
Abb. 12: Gleicher Stein, Nahaufnahme.
Funde aus Brandenburg
Gesteinsmaterial aus SW-Schweden wurde mit norwegisch-südwestschwedischen Eisströmen in südliche bis südwestliche Richtungen transportiert. In glazialen Ablagerungen bilden SW-schwedische Gesteine eine Geschiebegemeinschaft mit Rhombenporphyren und weiteren Gesteinen aus dem Oslograben, wobei die die Häufigkeit von Geschiebefunden in östlicher Richtung abnimmt. In diesem Zusammenhang sind Funde aus Brandenburg und Sachsen, außerhalb ihres Hauptverbreitungsgebietes, erwähnenswert. Schonengranulit und Flammenpegmatit wurden hier in der Vergangenheit bisher offenbar nur wenig beachtet. Aus Brandenburg liegen bisher 10, aus NW-Sachsen ein einzelner Fund vor; weitere SW-schwedische Gesteine (mafische Granulite, Charnockite) konnten bisher nicht beobachtet werden. Auffällig sind eine Häufung von Funden im Bereich der Brandenburger Randlage der Weichsel-Vereisung sowie gelegentliche Funde in saalekaltzeitlichen Ablagerungen. Im nördlichen Brandenburg scheint der Gesteinstyp weitgehend zu fehlen.
Abb. 13: Schonengranulit mit recht hellen Plattenquarzen. Kiesgrube Niederlehme bei Berlin, Breite des Steins 67 mm.Abb. 14: Flammenpegmatit; hellroter Alkalifeldspat, gelber Plagioklas und graue Plattenquarze. Kiesgrube Hoppegarten bei Müncheberg, Aufnahme unter Wasser.Abb. 15: Schonengranulit; Kiesgrube Linthe (Fläming), Aufnahme unter Wasser.Abb. 16: Mittelkörniger Schonengranulit; kleines Geschiebe aus der Kiesgrube Horstfelde, südlich von Berlin; Aufnahme unter Wasser.Abb. 17: Schonengranulit aus der Kiesgrube Löbnitz, ESE von Bitterfeld (NW-Sachsen); Aufnahme unter Wasser.Abb. 18: Gleicher Stein, Nahaufnahme der angefeuchteten Oberfläche.
Die folgenden zwei Geschiebefunde weisen auf eine Verwechslungsmöglichkeit des Schonen-Granulits mit mylonitischen Gneisen hin. Diese können ebenfalls plattige Quarzaggregate enthalten, in der Regel sind aber auch dunkle Minerale erkennbar.
Abb. 19: Roter mylonitischer Gneis (Flasergneis) mit plattigen Quarzen und chloritisierten dunklen Mineralen (kein Schonengranulit). Im Vergleich zum Schonengranulit sind die Quarzaggregate länger und nicht wellig ausgebildet; dunkle Minerale bilden kleine Ansammlungen. Kiesgrube Niederlehme, Breite des Steins 9 cm.Abb. 20: Flasergneis, Breite 10 cm, Kiesgrube Götschendorf, Schorfheide, Brandenburg. Das Gestein besteht aus Quarz und Alkalifeldspat. Erst auf den zweiten Blick ist eine Augen/Flaser-Textur der Feldspäte erkennbar. Die Quarzaggregate sind zwar plattig, besitzen aber unregelmäßige Formen und ausgefranste Enden.
Literatur
Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde 2 (6), S. 363-378. Hamburg, Mai 1998.
Abb. 1: Migmatitischer rotgrauer Gneis („Järngneis“), Strandgeröll von Silvergrottan, (Kullaberg, SW-Schweden). Durch den hohen Magnetitgehalt haftet der Handmagnet am Gestein.
Magnetitführende Gneise treten an mehreren Lokalitäten innerhalb des nordischen Grundgebirges auf. Speziell als Järngneis (schwedisch järn = Eisen) bezeichnet man Gneise mit einem hohen Magnetitgehalt, wie sie weit verbreitet in SW-Schweden innerhalb der SGR (SW-schwedische Granulitregion), westlich der Protoginzone vorkommen. Es handelt sich um typische Gesteine der SGR, denn ihre Ausgangsgesteine unterlagen während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga teilweise einer Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose, bei der es zur Bildung von Magnetit als einer typisch granulitfaziellen Mineralneubildung kam (VINX 2011, 2016: 174). Der Magnetitgehalt der Järngneise kann 1-3% betragen. In diesem Fall bleibt der Magnet am Gestein haften.
Aufgrund ihrer weiten Verbreitung und vielfältigen Erscheinungsformen sind Järngneise nicht als Leitgeschiebe geeignet, aber ein häufiger Begleiter von SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften. So lassen sich Järngneise an den Stränden der westlichen Ostsee mühelos auffinden, wenn man blassrote bis orangegraue und feinkörnige Gneise mit schwach ausgeprägter Bänder- oder Flasertextur mit einem Handmagneten prüft (Abb. 3). Die Gneise können auch eine migmatitische Textur besitzen (Augengneis, Abb. 1). Sie bestehen im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat. Neben Magnetit sind Amphibol und/oder Biotit als dunkle Minerale enthalten, gelegentlich auch winzige rote Granat-Körner.
Abb. 2: Magnetitführender Adergneis („Järngneis“), Anstehendprobe von Stensjöstrand (SW-Schweden).Abb. 3: Rotgrauer Adergneis (Järngneis); Strandgeröll von Ransvik (SW-Schweden).Abb. 4: Orangefarbene migmatitische Gneise (teilweise magnetitführende Järngneise); Brandungsgerölle von Haldenmaterial aus einem Steinbruch bei Söndrum (SW-Schweden). Bildbreite 30 cm.Abb. 5: Magnetitführender Järngneis mit pegmatitischer Partie. Breite 11 cm, Strandgeröll von Johannistal, leg. E. Figaj.
Literatur
Hesemann J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen – GLA Nordrhein-Westfalen, S. 191-192.
Holmquist P J 1906 Studien über die Granite von Schweden – Bulletin of the Geological Institutions of the University of Upsala 1906.
Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
In der Umgebung von Ullared (Lok. 5 auf der Karte) finden sich die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR. Es handelt sich um mehrere, max. 1 km² große und linsenförmige Eklogit-Massive, die in stark verfaltete bis mylonitische Gneise eingebettet sind. Die Eklogite entstanden einst in großer Tiefe und wurden bei ihrem Aufstieg am Ende der svekonorwegischen Orogenese in ihrem Mineralbestand verändert. Solche durch sog. retrograde Metamorphose veränderte Eklogite bezeichnet man als Retroeklogite.
Abb. 1: Retro-Eklogit von Ullared, loser Stein mit hellgrüner Verwitterungsrinde und großen hellroten Granaten. Loser Stein in der Nähe vom Anstehenden.
Eklogite entstehen bevorzugt bei tiefer Versenkung und hochgradiger Metamorphose von basischen Gesteinen in Subduktionszonen. Seltener, wie im Falle des Eklogits von Ullared, erfolgt ihre Bildung im Zuge von Kontinent-Kontinent-Kollisionen in Bereichen mit einer verdickten Kruste. Eine solche Kollision fand vor etwa 950 Ma während der Svekonorwegischen Orogenese statt. Als maximale Bildungsbedingungen wurden 17 kbar und 700°C ermittelt, was einer Versenkungstiefe von >50 km entspricht (DYCK 2011). Der nachfolgende schnelle Aufstieg des Eklogits ist wahrscheinlich auf spätorogenen gravitationalen Kollaps des Orogens und ein tektonisches Dehnungsregime zurückzuführen. Dabei wurde der primäre Mineralbestand aus Omphacit und Granat (in Al-reichen Phasen auch Kyanit) durch retrograde Metamorphose verändert. Typisch retrograde Mineralreaktionen in Eklogiten sind die Umwandlung von Omphacit in Plagioklas und Pyroxen sowie von Granat und (in geringer Menge enthaltenem) Quarz zu Klinopyroxen (Diopsid) und Plagioklas. Im Retroeklogit von Ullared ist daher reichlich Plagioklas enthalten, während reine Eklogite plagioklasfrei sind. Pyroxen kann bei fortschreitender retrograder Metamorphose weiter in Amphibol umgewandelt werden.
Abb. 2: Kleiner Eklogit-Steinbruch im Wald, nördlich von Ullared.Abb. 3: Anstehender Retroeklogit mit großen, runden Granat-Aggregaten, Bildbreite 35 cm.
Innerhalb des Eklogitkörpers sind Lagenstrukturen erkennbar (Partien mit größeren und kleinen Granaten), die wahrscheinlich als Relikte eine magmatische Schichtung (magmatic layering) der basischen Ausgangsgesteine abbilden. Die runden Granatkörner sind von schwarzgrünen und feinkörnigen Coronen umgeben (retrograd gebildete Amphibol-Klinopyroxen-Plagioklas-Symplektite).
Abb. 4: Angewitterte Probe eines Retroekogits; roter Granat tritt reliefartig hervor; gelblich verwitternder Plagioklas und farbloser Quarz sind hier leicht unterscheidbar.Abb. 5: Frische Bruchfläche einer weiteren Probe; hellroter Granat (Pyrop), farbloser Quarz und Plagioklas sowie blaue Minerale (Kyanit und/oder retrograd gebildete Symplektite, z. B. mit Sapphirin).Abb. 6: Polierte Schnittfläche eines grobkörnigen Retroeklogits von Ullared. Hauptbestandteile des Gesteins sind roter Granat, ein grünes Mineral – teils Klinopyroxen, teils pyroxenhaltige Symplektite – und blaue Mineralkörner.Abb. 7: Gleicher Stein, Nahaufnahme. In der Bildmitte ist ein größeres bläuliches Mineralaggregat erkennbar.
Bedingt durch die komplexen Mineralreaktionen während der retrograden Metamorphose zeichnen sich Retroeklogite durch vielfältige Mineralparagenesen aus. Im Retroeklogit von Ullared fällt zunächst der hohe Gehalt an hellrotem und Fe-armen Granat (Pyrop) auf. Die großen Granate sind von grünschwarzen Coronen umgeben. Hierbei handelt es sich um fein verfilzte Verwachsungen von retrograd gebildeten Mineralen, die als Symplektite bezeichnet werden. Häufig handelt es sich dabei um Verwachsungen von Plagioklas und Pyroxen, optional auch Amphibol. Bei den weißen und milchig getrübten Bereichen dürfte es sich ebenfalls um Symplektite handeln. Auf der Bruchfläche (Abb. 5) sind auch einzelne grüne Körner von Klinopyroxen (Diopsid) erkennbar, weiterhin farbloser bis weißer Quarz (auch einzelne, 5-10 mm große Aggregate) und Plagioklas (polsynthetische Verzwilligung nur schwer erkennbar). Bei den blauen Mineralkörnern dürfte es sich um Kyanit handeln. Trübungen innerhalb der Körner sprechen für eine teilweise retrograde Umwandlung (in Sapphirin?) und dürften ebenfalls symplektitische Verwachsungen sein.
Der Mineralbestand der retrograd entstandenen Symplektite ist nur mikroskopisch wahrnehmbar. Nach DYCK 2011 finden sich symplektische und coronitische Strukturen häufig um Granat. Diese grünen bis schwarzgrünen und massigen Bereiche bestehen aus Verwachsungen von Klinopyroxen, Amphibol und Plagioklas oder auch Biotit und Plagioklas. Blauer Kyanit entsteht in Eklogiten mit Al-reichen Mineralphasen. Im Zuge der retrograden Druckentlastung kann es an der Grenzfläche von Kyanit und Omphacit zur Bildung von hellblauen und trüben Symplektiten aus Sapphirin und Plagioklas kommen (s. a. MÖLLER 1999). Eine weitere retrograde Bildung im Retroeklogit von Ullared ist Skapolith (hellgrüne Lichter, durchscheinend bis opak), einem typischen Mineral der retrograden Amphibolitfazies in Eklogiten. Weitere und eigenständig auftretende Minerale im Retroeklogit von Ullared sind einzelne größere Aggregate von Amphibol und Biotit sowie Akzessorien von Rutil und opaken Mineralen (Ilmenit?).
Die nächste Probe ist ein mittelkörniger und relativ dunkler Retroeklogit mit einer Lagentextur, die vermutlich ein magmatic layering des Ausgangsgesteins abbildet (Ansicht um 90 Grad gedreht). Eine dunkle Partie (links) geht in eine hellere über (Mitte), unter Vergröberung des Mineralkorns (rechte Seite). Blaue Mineralkörner sind in dieser Probe reichlicher enthalten.
Abb. 8: Polierte Schnittfläche eines mittelkörnigen Eklogits.Abb. 9: Nahaufnahme der dunklen Partie: rote Granatkörner und blauer Kyanit (teils trüb und symplektitisch) sowie feinkörnige Bereiche mit grünen Mineralen. Die dunkle Farbe dürfte auf einen höheren Gehalt an Amphibol zurückzuführen sein.Abb. 10: Nahaufnahme der hellen Partie.Abb. 11: Makroaufnahme einiger blauer Mineralkörner mit einem milchig-trüben Kern aus Symplektiten. Bild: T. Langmann.Abb. 12: Erstaunlich ist, dass die milchig-trüben und mutmaßlich symplektitischen Bereiche im Kern der transparenten Mineralkörner liegen und nicht an ihren Rändern, wo man eine retrograde Umwandlung im Kontakt mit anderen Mineralen erwarten würde. Bild: T. Langmann.Abb. 13: Weitere Makroaufnahme eines Blauen Mineralkorns mit milchig-trübem Kern und transparentem Rand. Bild: T. Langmann.
In der näheren Umgebung vom kleinen Steinbruch mit dem Retroeklogit stehen neben Graugneisen helle und granatreiche Gneise mit wenig dunklen Mineralen an, in Nachbarschaft zu dunklen Metabasiten, die augenscheinlich deutlich niedrigeren Metamorphosegraden unterlagen (Amphibolitfazies).
Abb. 14: Granatreicher Gneis bei Ullared.Abb. 15: Metabasit aus weißem Plagioklas (teilweise epidotisiert) und schwarzem Amphibol; kein Granat.Abb. 16: Im Wald befindet sich auch eine Halde aus derbem Quarzgestein (wahrscheinlich Gangquarz). Es dürfte sich um Relikte eines bergmännischen Schurfes handeln. Was hier einst abgebaut wurde, ist unklar.
Literatur
Hegardt E A et al 2005 Eclogites in the central part of the Sveconorwegian Eastern Segment of the Baltic Shield: Support for an extensive eclogite terrane – GFF 127, 3 S. 221-232.
Dyck B 2011 A key fold structure within a Sveconorwegian eclogite-bearing deformation zone in Halland, south-western Sweden: geometry and tectonic implications – M.Sc. Thesis in geology at Lund University, Nr. 279, 42 pp. 45 hskp/ECTS.
Langendoen J & van Roermund HLM 2007 An investigation into the genesis of an erratic (retro) eclogite block from Haren, Groningen, the Netherlands – Netherlands Journal of Geoscience 86-2, S. 145-157.
Möller C, Andersson J, Dyck B & Lundin I A 2015 Exhumation of an eclogite terrane as a hot migmatitic nappe, Sveconorwegian orogen – Lithos Volume 226, 1 June 2015, Pages 147–168.
Möller C et al, 1997 A Sveconorwegian deformation zone (system?) within the Eastern Segment,Sveconorwegian orogen of SW Sweden – a first report – GFF, Vol. 119, S. 73-78.
Möller C 1998 Decompressed eclogites in the Sveconorwegian (Grenvillian) orogen of SW Sweden: petrology and tectonic implications – Journal of metamorphic Geology, 16: S. 641-656.
Möller C 1999 Sapphirine in SW Sweden: a record of Sveconorwegian (Grenvillian) late-orogenic tectonic exhumation – Journal of metamorphic Geology, 17, S.127-141.
Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde (2) 6, S. 363-378. Hamburg Mai 1998. Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
In Halland, im Gebiet zwischen Halmstad und Falkenberg (Karte), entwickelte sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts eine steinverarbeitende Industrie. Zahlreiche Steinbrüche zeugen vom regen Abbau der migmatitischen Gneise, die unter Handelsbezeichnungen wie „Halmstad“ oder „Hallandia“ überregionale Bekanntheit erlangten und auch heute noch ein beliebter Dekorstein sind. An der Küste bei Söndrum, im Ortsteil Stenhuggeriet bieten mehrere aufgelassene Steinbrüche einen Einblick in das Grundgebirge mit Gesteinen der Südwestschwedischen Granulitregion (Lok. 3.1 auf der Karte).
Abb. 1: Küstennah angelegte Steinbrüche erleichterten den Abtransport der Werksteine. Grötvik stenbrott, Aussichtsplattform Spritkullen, südlich von Söndrum.Abb. 2: Rotgrauer und magnetitführender migmatitischer Granulitgneis („Järngneis“). Bildbreite 30 cm.Abb. 3: Rot- bis orangegraue migmatische Gneise; Haldenmaterial der Steinbrüche als Brandungsgeröll. Bildbreite ca. 35 cm.Abb. 4: Brandungsgerölle; migmatitische Adergneise sowie orangerote und pegmatitähnliche Quarz-Feldspat-Gesteine (teilweise wohl Leukosome aus der Aufschmelzung der Adergneise).Abb. 5: Blick in den stillgelegten Steinbruch „Bolagsbrottet“.Abb. 6: Migmatitischer Gneis mit grobkörnigen Partien aus rotem Alkalifeldspat und blassgelbem Plagioklas sowie Ansammlungen von dunklen Mineralen (Biotit); Steinbruch Bolagsbrottet.Abb. 7: Deformierter bunter Pegmatit („Flammenpegmatit“) aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz und grünlichem Plagioklas. Steinbruch Bolagsbrottet, Aufnahme unter Wasser.Abb. 8: Orangeroter Flammenpegmatit, Steinbruch Bolagsbrottet.Abb. 9: Fast vollständig aus dunklen Glimmermineralen bestehendes Gestein („Biotitit“), wahrscheinlich ein nicht aufgeschmolzenes Relikt (sog. Restit) migmatitischer Gneise.
Eine Besonderheit im Steinbruch Bolagsbrottet sind grüne und „charnockitisierte“ Partien innerhalb der rötlichen Grundgebirgsgneise. Die lokale Umwandlung der Gneise in Charnockite vollzog sich unter granulitfaziellen Bedingungen und dem Einfluss CO2-reicher, aber wasserarmer Fluide. Dabei kam es zur Bildung von Ortho- und Klinopyroxen, dem kennzeichnenden Mineralbestand von Charnockiten. Ansonsten bestehen die charnockitisierten Partien wie die benachbarten Gneise im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat.
Abb. 10: Etwa 5 m breite grüne und charnockitisierte Partie, durchzogen von einem roten Pegmatit („Flammenpegmatit“).
Der charnockitisierte Bereich geht ohne klare Begrenzung in die roten Gneise über und wird von einem 1 m mächtigen roten Pegmatitgang durchzogen („Flammenpegmatit“). Klinopyroxen und Orthopyroxen treten, neben retrograd gebildetem Amphibol, ausschließlich innerhalb der grünen Partien sowie im Pegmatit auf. Der Pegmatit dürfte durch Aufschmelzung unter granulitfaziellen Bedingungen entstanden sein. Die Charnockitisierung wurde auf 1397 +/- 4 Ma datiert (HARLOV et al 2006; ANDERSSON et al 2008: 38-41).
Solche durch hochgradige Metamorphose charnockitisierte Gneise finden sich an mehreren Lokalitäten in SW-Schweden. Daneben gibt es auch Charnockit-Massive, die eindeutig magmatischen Ursprungs sind (s. Varberg-Charnockit). Der Gesteinstyp kann also auf verschiedene Weise entstehen. Kennzeichnend und für die Bestimmung dieser Quarz-Feldspat-Gesteine maßgeblich ist enthaltener Orthopyroxen, der jedoch, wie die anderen dunklen Minerale, meist feinkörnig ausgebildet und mit einfachen Mitteln nicht erkennbar ist. Im Gelände können jedoch eine Grünfärbung der Gesteine, das Vorhandensein von Granat und gegebenenfalls die Vergesellschaftung mit granulitfaziellen Pegmatiten („Flammenpegmatit“) als deutliche Indizien für charnockitisierte Partien angesehen werden.
Abb. 11: Deformierter bunter Pegmatit („Flammenpegmatit“) im Zentrum der charnockitisierten Gneispartie. Die plattig ausgebildeten Quarze verweisen auf granulitfazielle Bildungsbedingungen. Bildbreite etwa 35 cm.Abb. 12: Charnockitprobe aus dem Steinbruch Bolagsbrottet, Aufnahme unter Wasser.
Das Gestein besteht aus xenomorphen Körnern von grünem Feldspat und transparentem Quarz. Dunkle Minerale sind von Hand nicht bestimmbar und bilden unregelmäßige Ansammlungen und Schlieren ohne vorherrschende Foliationsrichtung.
Abb. 13: Nahaufnahme. Innerhalb der dunklen Minerale findet sich reichlich roter Granat.
Ein weiterer Aufschluss im Steinbruch Bolagsbrottet zeigt ein blassgrünes und rotes, teilweise pegmatitartiges Quarz-Feldspat-Gestein mit Megakristallen von Orthopyroxen als faziestypisches Mineral der Granulitfazies (MÖLLER et al 1996: 20). Orthopyroxen-Megakristalle treten auch an anderen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. Abschnitt Stensjöstrand).
Abb. 14: Pegmatit mit Orthopyroxen-Megakristallen. Bildbreite etwa 90 cm.Abb. 15: Nahaufnahme; schwarze Orthopyroxene bis 4 cm Länge.Abb. 16: Bruchfläche einer Probe aus dem gleichen Aufschluss.
Auch hier erweist sich die makroskopische Bestimmung von Orthopyroxen als problematisch. Ein lebhafter Glasglanz deutet eher auf Amphibol, während die eher schlechte Spaltbarkeit sowie rechtwinklige Spaltwinkel auf Pyroxen hinweisen. Möglicherweise liegt hier auch eine partielle retrograde Umwandlung von Orthopyroxen in Amphibol vor.
Abb. 17: Der Gesteinstyp findet sich wenige Meter entfernt am Geröllstrand wieder.Abb. 18: Nahaufnahme der trockenen Oberfläche mit länglichen Anschnitten der schwarzen Kristalle.
Literatur
ANDERSSON J, BINGEN B, CORNELL D, JOHANSSON L, SÖDERLUND U & MÖLLER C 2008 The Sveconorwegian orogen of southern Scandinavia: setting, petrology and geochronology of polymetamorphic high-grade terranes – 33 IGC excursion No 51, August 2 – 5, 2008.
HARLOV D E, JOHANSSON L, VAN DEN KERKHOF A & FÖRSTER H-J 2006 The role of advective fluid flow and diffusion during localized, solidstate dehydration: Söndrum Stenhuggeriet, Halmstad, SW Sweden – Journal of Petrology 47, 3–33.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Exkursionsführer in: Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2, S.1-42.
In Schonen durchzieht ein Gangschwarm aus basischen Gesteinen das proterozoische Grundgebirge sowie altpaläozoische Sedimentgesteine. Diese sog. Nordwest-Dolerite streichen in nordwestlicher Richtung und folgen der Bruchschollentektonik der Tornqvist-Zone. Innerhalb dieser Störungszone kam es zwischen Oberkarbon und Perm entlang von Rissen zum Aufstieg basischer Magmen. Gemäß ihrem Alter wird der Gangschwarm auch als permokarbonisch bzw. permosilesisch bezeichnet. Mehrheitlich handelt es sich um fein- bis mittelkörnige basaltische Gesteine (Mikrogabbros), untergeordnet treten Lamprophyre, Kullaite und „Syenitporphyre“ auf. Die höchste Dichte an Gängen ist im nordwestlichen Schonen zu finden. Im Osten werden die Vorkommen durch die Protoginzone begrenzt. Einzelne Gänge setzen sich bis ins südöstliche Schonen fort (OBST 1999, GEISLER 1996).
Abb. 1: Verbreitung permosilesischer Doleritgänge in Schonen. Karte aus skan-kristallin.de.
Die kleinkörnigen NW-Dolerite nehmen ein großes Gebiet ein und sind aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Doleriten aus anderen Gebieten als Geschiebe nicht erkennbar. Ein Beispiel aus NW-Schonen findet sich im 1. Teil des Exkursionsberichtes (Abb. 27-29); einen NW-Dolerit aus Ost-Schonen zeigt Abb. 12-13. Hingegen scheinen porphyrische NW-Dolerite mit ausgesprochen körniger Grundmasse und größeren Plagioklas-Einsprenglingen als Leitgeschiebe geeignet zu sein, weil sie nach bisheriger Kenntnis ausschließlich in Nordwest-Schonen vorkommen (Beschreibung in GEISSLER 1996; VINX 2016: 99). Eine solche Variante steht in der Nähe des kleinen Fischerorts Arild auf der Kullaberg-Halbinsel an (Lok. 2.4 auf der Karte).
Abb. 2: Küstenparallel, in NW-Richtung streichender Doleritgang, nordwestlich des Hafens von Arild, einige hundert Meter westlich vom Badplats.Abb. 3: NW-Dolerit von Arild, Bildbreite etwa 35 cm.
Das Gestein besitzt eine deutlich körnige Grundmasse aus 1-2 mm großen Mineralkörnern und verwittert grünlich-braun. Leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge (1-2 cm) sind regellos im Gestein verteilt.
Abb. 4: Doleritgerölle am Strand von Arild, Bildbreite ca. 20 cm.
Am Geröllstrand von Arild finden sich fast ausschließlich Dolerite. Es überwiegen solche mit körniger Grundmasse und leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, nur untergeordnet treten auch feinkörnige oder aphyrische Dolerite auf. Abb. 5-8 zeigt den als Leitgeschiebe geeigneten Typ mit körniger Grundmasse.
Abb. 5: NW-Dolerit mit körniger Grundmasse und leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, Strandgeröll von Arild.Abb. 6: Gleicher Stein, Aufnahme unter Wasser.Abb. 7: Gleicher Stein, Nahaufnahme der nassen Oberfläche. Intergranulares Gefüge der Grundmasse aus weißem Plagioklas, grünlichbraunem Pyroxen und schwarzem Amphibol (?).
Die als Leitgeschiebe geeignete porphyrische Variante des NW-Dolerits besitzt eine Grundmasse aus 1-2 mm großen Mineralkörnern, im Wesentlichen leistenförmiger Plagioklas (weiß) und rundliche Körner aus schwarzem Klinopyroxen bzw. grünlichen Umwandlungsprodukten. Magnetit ist mit einem Handmagneten nachweisbar. Hinzu kommen etwas Biotit, grünbrauner Amphibol, Erz sowie bis 2 mm große und braune bis grünbraune Pseudomorphosen nach Olivin (von Hand kaum bestimmbar). Im Unterschied zu vielen Doleriten ist das Gefüge der Grundmasse nicht ophitisch (die kleinen Plagioklase der Grundmasse bilden Einschlüsse innerhalb größerer Pyroxene), sondern intergranular (weitgehend separate Körner von Plagioklas und Pyroxen).
Das Gestein enthält zahlreiche transparente bis weiße und leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge von 1-2 cm Länge, die regellos im Gestein verteilt sind. Stellenweise bilden sie Anhäufungen, gelegentlich auch sternförmige Aggregate (glomerophyrisches Gefüge).
Geschiebefunde in Norddeutschland: Funde der beschriebenen Variante des NW-Dolerits sind bevorzugt in Gesellschaft mit SW-schwedischen Geschiebetypen zu erwarten, vor allem in weichselkaltzeitlichen Geschiebemergeln an der NW-schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Im östlichen Schleswig-Holstein und in Mecklenburg wird der Geschiebetyp seltener (GEISSLER 1996). Unverzichtbare Erkennungsmerkmale des Gesteins sind eine ausgesprochen körnige Grundmasse aus rundlichen Mineralkörnern sowie leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge. Vergleichbare Dolerite, aber mit feinkörniger Grundmasse, kommen auch in anderen Gebieten vor, z. B. in Södermanland (s. Abb. 14).
Abb. 8: NW-Dolerit von Arild; innerhalb der größeren schwarzen Aggregate ist goldgelber Pyrit erkennbar.
Im Anstehenden zeigt der Dolerit von Arild eine feinkörnige „Randfazies“, wie sie nicht unüblich für porphyrische Ganggesteine ist (Abb. 9). Die basische Schmelze wurde bei ihrer Platznahme im Kontakt zum Gneis abgeschreckt, erkennbar an einer feinkörnigen Ausbildung der Matrix innerhalb der etwa 50 cm breiten Kontaktzone. Durch die Fließbewegung des Magmas kam es parallel zum Streichen des Ganges zu einer Einregelung der Plagioklas-Einsprenglinge. Ein weißes, im Wesentlichen aus Quarz bestehendes Salband an der Grenze von Gneis und Dolerit dürfte durch Ausscheidungen wässriger Fluide entstanden sein, die aus dem Nebengestein durch das heiße basische Magma mobilisiert wurden.
Abb. 9: Eine 5-10 cm breite weiße Trennspalte (Salband) aus Quarz bildet die Grenze von Dolerit und rotem Grundgebirgsgneis. Bildbreite etwa 90 cm.Abb. 10: „Randfazies“ mit feinkörniger Grundmasse und teilweise eingeregelten Plagioklasleisten.Abb. 11: Feinkörniger NW-Dolerit, aphyrische Variante; am Strand von Arild nur vereinzelt als Strandgeröll zu beobachten.
In Ost-Schonen treten die Gesteine des permosilesischen Gangschwarms nur noch vereinzelt auf (s. Abb. 1). Die nächste Anstehendprobe zeigt einen kleinkörnigen NW-Dolerit aus einem Gang, der an der Küste von Simrishamn einen unterkambrischen Sandstein durchschlägt („Hardeberga-Sandstein“).
Abb. 12: Anstehendprobe eines NW-Dolerits vom Strand bei Simrishamn in Ost-Schonen.Abb. 13: Nahaufnahme der nassen Bruchfläche. Das Gestein besteht aus weißen bis hellgrünen, stellenweise rötlich pigmentierten Plagioklas-Leisten und dunklen Mineralen (Pyroxen). Größere Einsprenglinge sind nicht vorhanden.
Dolerit-Geschiebe mit größeren leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, aber feinkörniger Grundmasse stammen nicht unbedingt aus dem Gangschwarm der NW-Dolerite. Vergleichbare Dolerite wurden mehrfach auch an einem Geröllstrand bei Skansholmen, südlich von Stockholm beobachtet. Ihr Heimatgebiet dürfte im Gangschwarm der sog. Dolerite in Södermanland liegen.
Abb. 14: Feinkörniger Dolerit mit leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen; Strandgeröll von Skansholmen, südlich von Stockholm.Abb. 15: NW-Dolerit mit körniger Grundmasse und leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, Geschiebe am Strand von Schönhagen bei Kappeln (Schleswig-Holstein). Breite des Steins 28 cm.Abb. 16: Nahaufnahme; die Grundmasse ist kleinkörnig, wenn auch nicht ausgesprochen körnig wie in den Funden von Arild (Abb 5-8). Bildbreite ca. 10 cm.
Literatur
GEISLER T 1996 Die permokarbonischen Dolerite in Schonen, Südschweden: petrographische und petrochemische Charakterisierung und ihre Bedeutung als Leitgeschiebe. Archiv für Geschiebekunde 2.
OBST K 1999 Die permosilesischen Eruptivgänge innerhalb der Fennoskandischen Randzone (Schonen und Bornholm) – Untersuchungen zum Stoffbestand, zur Struktur und zur Genese. Greifswalder Geowissenschaftliche Beiträge 7/1999 S. 1-121