Für den Brandenburger Geschiebesammler ist ein Besuch des Geröllstrands von Skeldekobbel im Broager Land (Dänemark) eine willkommene Abwechslung. Hier, am nördlichen Ufer der Flensburger Förde, bietet sich eine durch den Einfluss eines von Norden kommenden Eisstroms deutlich anders zusammengesetzte Geschiebegemeinschaft. Zwar finden sich auch die üblichen „Verdächtigen“, z. B. Rapakiwigesteine von Åland, Vulkanite und Granite aus Småland und Dalarna, auffällig ist aber der hohe Anteil SW-schwedischer saurer und mafischer Granulite, Granatamphibolite und Charnockite; Oslogesteine sind etwas seltener vertreten.
Die Gelegenheit für diese Sammeltour ergab sich im Rahmen des von Dr. Frank Rudolph veranstalteten Geschiebesammlertreffens vom 13.-15.10.2023 in Flensburg. Das Eiszeit-Haus in Flensburg beherbergt eine umfangreiche und unbedingt sehenswerte Sammlung von Geschiebefossilien und Kristallingeschieben, die immer weiter ausgebaut wird.
Der riesige Pectunculus-Sandstein wurde bei Baggerarbeiten aus dem Hafenbecken von Flensburg geborgen. Das mittelmiozäne Gestein (Reinbek) ist voll von Muschelschalen der Gattung Glycimeris (vormals Pectunculus) und wird vor allem an der dänischen Grenze gefunden, Sandsteine mit Muschelpflastern von Glycimeris-Schalen sind auch aus einer Kiesgrube östlich von Lüneburg oder vom Schaal-See bei Zarrentin belegt (SCHULZ 2003: 424-427).
An Geröllstränden lassen sich immer wieder Ansammlungen dunkler, meist basischer (SiO2-armer) Gesteine sowie der metamorphen Äquivalente (Metabasite) beobachten. Bei Bewegung durch Wellenschlag kommen die basischen Gesteine aufgrund ihrer im Vergleich zu SiO2-reichen Gesteinen höheren spezifischen Dichte schneller zur Ruhe und reichern sich lokal an. In solchen Akkumulationen findet sich eine Reihe ganz unterschiedlicher Geschiebetypen (Abb. 7-26). Unter den als Leitgeschiebe geeigneten basischen Gesteinen treten in Skeldekobbel vor allem Kinne-Dolerit, aber auch Schonen-Basanit und Schonen-Lamprophyr häufig auf.
Gesteine aus dem Oslograben sind am Strand von Skeldekobbel nicht so häufig, wie es die zahlreichen Funde SW-schwedischer Gesteine erwarten ließen. Lediglich einige Rhombenporphyre, zwei Larvikite sowie ein Oslobasalt (Abb. 14) konnten aufgelesen werden.
Leitgeschiebe aus Dalarna (Abb. 28-31) sowie Gesteine aus Småland (Abb. 32) und Östergötland treten ebenfalls eher vereinzelt auf.
Zu den Höhepunkten der Sammeltour gehört sicherlich der Fund eines großen Rödö-Wiborgit-Geschiebes. Typisch für den Rödö-Wiborgit sind neben seiner leuchend orangeroten Gesamtfärbung einzelne Alkalifeldspat-Ovoide über 2 cm, einige davon mit einem dicken Saum aus gelbgrünem Plagioklas (Abb. 37, unten im Bild), weiterhin die großen und hellen, wenig magmatisch korrodierten Quarze.
Aus einem Rapakiwi-Vorkommen könnte auch das folgende Mischgestein stammen, eine Vermengung von basischem und felsischem („saurem“) Magma (magma mingling). Die Grundmasse zeigt ein doleritisches Gefüge und ist stark alteriert (Grünfärbung!). Darüber hinaus sind als „saure“ Bestandteile größere rundliche Quarze und Partien mit rötlichem (Alkali?-)feldspat erkennbar. Denkbar ist auch, dass das Gestein ein basischer Xenolith aus einem sauren Wirtgestein ist.
Ein weiteres Highlight am Strand von Skeldekobbel ist der Fund eines migmatitischen Paragneises mit Granat-Porphyroblasten bis 6,5 cm Größe. Der Gesteinstyp ähnelt den Gneisen vom Sörmland-Typ. Zu denken gibt aber die Beobachtung, dass er recht häufig zu finden ist, andere Gesteine des östlichen Mittelschwedens (z. B. Uppland-Granite) hingegen fehlen. Die Literaturrecherche ergab bisher kein weiteres mögliches Herkunftsgebiet für diese migmatitischen Granat-Cordierit-Paragneise.
Ein außergewöhnliches Gestein, einen Skarn, entdeckte Frank Rudolph. Skarne sind metasomatische Gesteine, die im Kontaktbereich von einem aufsteigenden plutonischen Körper mit einem z. B. Ca-reichen Sedimentgestein entstehen. Dabei kommt es zu einem intensiven Stoffaustausch und der Neubildung von Ca- und Fe-reichen Silikatmineralen innerhalb des Sedimentgesteins. Typisch für Skarne aus Ca-reichen Sedimentgesteinen sind Neubildungen von Ca-reichem Klinopyroxen (Diopsid als Endglied), Fe-reichem Ca-Klinopyroxen (Hedenbergit als Endglied) und Granat (gelbgrüner bis dunkelgrüner Grossular, roter Almandin).
Zum Schluss noch einige Funde von Sedimentgesteinen.
Literatur
SCHULZ W 2003 Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler – 508 S., 446+42 meist farb. kapitelweise num. Abb., 1 Kte. als Beil., Schwerin (cw Verlagsgruppe).
Ein mehrteiliger Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden.
Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.
Entlang der Küste zwischen Falkenberg und Halmstad befinden sich zahlreiche gut zugängliche Küstenaufschlüsse mit Gesteinen der SGR (Steninge, Glassvik; nächster Teil: Stensjöstrand). Etwa auf halber Strecke liegt der Ort Steninge (Lok. 3.2 auf der Karte). Ausgehend vom ersten Parkplatz im Ort (56.76421, 12.63274) erreicht man in südlicher Richtung bald einen alten Steinbruch, in dem migmatitische Gneise vom Halmstad-Typ abgebaut wurden.
Innerhalb der rotgrauen migmatitischen Gneise finden sich mafitarme und deformierte Quarz-Feldspat-Leukosome mit plattigen Quarzen („Schonengranulit“, Abb. 6) sowie linsenförmige Einschaltungen von grobkörnigen und pegmatitartigen Gesteinen („Flammenpegmatit“; Abb. 7, 8). Diese zentimeter- bis dezimetergroßen Partien gehen ohne scharfe Grenze in die migmatitischen Gneise über. Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale weisen auf granulitfazielle Metamorphosebedingungen während der svekofennischen Orogenese hin.
Schonengranulit und Flammenpegmatit sind charakteristische Gesteine des westlichen Teils der SGR und als Leitgeschiebe verwendbar. Sie treten an mehreren Lokalitäten entlang der schwedischen Westküste auf, in einem begrenzten Gebiet zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Neben Einschaltungen als Leukosom in migmatitischen Gneisen bildet der Flammenpegmatit auch meterbreite Gänge (s. Söndrum). Das Alter der Ausgangsgesteine liegt bei etwa 1,4 Ga, die Metamorphose erfolgte während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 970 Ma (VINX 1998).
Neben dem Flammenpegmatit treten in SW-Schweden auch bunte Pegmatite mit einer ähnlichen Farbgebung auf, die jedoch undeformiert sind und keine Plattenquarze enthalten. Sie wurden postkinematisch (= nach Beendigung der Orogenese) gebildet und sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (Abb. 9).
3.3. Glassvik
Einige Kilometer nördlich von Steninge liegt die Ortschaft Glassvik (Lok. 3.3 auf der Karte). Vom Parkplatz (56.77629, 12.62089) aus geht man zur Küste und orientiert sich in nördlicher Richtung. Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen wechseln sich mit Amphibol-Gneisen ab. Auffällig ist das nahezu senkrechte Einfallen der Gneise (Abb. 10) und eine annähernd parallel zur Klüftung verlaufende Foliation. Verschiedene Generationen von pegmatitischen bis aplitischen Gängen innerhalb der Quarz-Feldspat-Gneise (Abb. 11; 14-16) zeigen Deformationsstrukturen wie Verdünnung, Boudinage und interne Foliation. Die Gesteine entstanden während des „Halland-Events“ vor etwa 1.440 Ma und wurden im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung erneut deformiert (MÖLLER et al 1996: 18-19).
Ein weiterer interessanter Aufschluss an der Küste von Glassvik zeigt Erosionsrelikte eines gangförmigen und mehrere Zehnermeter mächtigen Granatamphibolits, der aus einer Abfolge unterschiedlicher Gefügevarianten besteht: ein grobkörniger Granat-Amphibolit mit regellosem Gefüge im Zentrum des Ganges wird zu beiden Seiten von migmatitischen Granatamphiboliten flankiert.
Literatur
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.
Der Küstenabschnitt bei Stensjöhamn (Lok. 3.4 auf der Karte), unmittelbar nördlich von Glassvik, bietet eine ganze Reihe interessanter Aufschlüsse, u. a. migmatitische Granatamphibolite, granulitfaziell gebildete Orthopyroxen-Megakristalle und Sillimanitgneise (JOHANSSON 2011, HANSEN et al. 2015). Ausgehend vom Parkplatz (56.78949, 12.61967) hält man sich an der Küste in nördlicher Richtung und erreicht zunächst Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen und Amphibolgneisen. Auch hier ist von einer komplexen metamorphen Geschichte der Gesteine und mindestens zwei Phasen der Deformation auszugehen, dem Halland-Event vor 1.420-1.440 Ma und der svekonorwegischen Orogenese vor 980-950 Ma.
Als Boudinage bezeichnet man ellipsoide Gefügeeinheiten in migmatitischen Gneisen. Boudinage entsteht, wenn dünne Gesteinslagen während der Deformation unterbrochen werden und in einzelne linsenförmige Einheiten zerfallen. Das grünliche (epidothaltige) Kalksilikatgestein dürfte sedimentären Ursprungs sein.
Eine Besonderheit der Lokalität Stensjöstrand sind Megakristalle von Orthopyroxen (Enstatit). Ihre Position innerhalb der Leukosome der Amphibolgneise lässt darauf schließen, dass sie während der partiellen Aufschmelzung des Wirtgesteins entstanden (HANSEN et al 2015).
Unter granulitfaziellen Bedingungen (1 GPa, 800 Grad) und der Abwesenheit von Fluiden (sog. Dehydrationsschmelzen) kommt es zu einem Zerfall von Biotit und Amphibol unter Bildung von Orthopyroxen:
Bt + Hbl + Pl +/- Qtz ↔ Opx+ Schmelze + Cpx + Gt
Einige Orthopyroxen-Megakristalle sind von einem Saum aus retrograd gebildeten Hornblende-Quarz-Symplektiten umgeben, die als Barriere eine weitere Umwandlung der Megakristalle verhinderten, während andere Orthopyroxe retrograd in Chlorit umgewandelt wurden.
Migmatite mit Orthopyroxen-Megakristallen treten an verschiedenen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. a. Söndrum). Vorkommen dieser aus Dehydrationsschmelzen unter granulitfaziellen Bedingungen gebildeten Orthopyroxene dürften sich auf die südwestschwedische Granulitregion beschränken. Der Gesteinstyp könnte als Leitgeschiebe geeignet sein, allerdings ist eine sichere Bestimmung von Orthopyroxen mit einfachen Mitteln kaum möglich.
Die Löcher im Fels stammen von einem Bohrgerät, mit dem Proben zum Zwecke einer Datierung entnommen wurden. Die Datierung isolierter Zirkone ergab ein Kristallisationsalter von 1.415-1.390 Ma. Anwachssäume um die gleichen Zirkone verweisen auf eine Metamorphose während der svekonorwegischen Orogenese vor 975-965 Ma (HANSEN et al. 2015).
Nördlich des kleinen Hafens (Stensjöhamn) ändert sich die Zusammensetzung der Gesteine. Hier stehen plattige, teilweise stark gefaltete Sillimanit-Gneise an, die durch Verwitterung bizarre Formen annehmen können.
In Stensjöstrand finden sich neben Brandungsgeröllen anstehender Gesteine auch Geschiebe, u. a. zwei „alte Bekannte“: ein Kinne-Diabas aus Westschweden sowie ein NW-Dolerit, dessen Anstehendes eigentlich viel weiter südlich liegt. Auch zwei Rapakiwi-Granite mit vermuteter Herkunft vom Åland-Archipel wurden aufgelesen. Im Weichsel-Glazial änderte der Baltische Eisstrom im Gebiet der südlichen Ostsee seine ursprünglich südliche Zugrichtung und nahm einen ost-westlichen und schließlich sogar nördlichen Verlauf. Dies dürfte auch der Grund für Funde von NW-Dolerit und Åland-Gesteinen nördlich bzw. weit abseits von ihrem Herkunftsgebiet sein.
3.5. Träslövsläge
In Träslövsläge (Lok. 3.5 auf der Karte), einem kleinen Fischerort südlich von Varberg, sollten sich etwa 200 m westlich der Kirche mehrere Aufschlüsse befinden (MÖLLER et al 1996: 32-33). Mittlerweile ist der Strandbereich allerdings stark verwachsen, nur eine Lokalität konnte ausfindig gemacht werden. Ein mafischer Granulit zeigt Relikte einer magmatischen Schichtung. Individuelle Lagen unterschiedlicher Dicke stehen diskordant zur Foliationsrichtung.
Literatur
HANSEN E, JOHANSSON L, ANDERSSON J, LABARGE L, HARLOV D, MÖLLER C & VINCENT S 2015 Partial melting in amphibolites in a deep section of the Sveconorwegian Orogen, SW Sweden – LITHOS (2015), Vol. 236-237, S. 27-45.
JOHANSSON L 2011 Bergrundsgeologi in Stensjöstrands Naturreservat – 7 S., Geologiska Institutionen Lunds Universitet.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
Migmatitische Granatamphibolite mit weißen Plagioklas-Schlieren sind charakteristische Gesteine des Südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Der Gesteinstyp ist als Leitgeschiebe geeignet, seine Vorkommen scheinen sich auf den westlichen Teil der SGR zu beschränken. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften ist der weißschlierige Granatamphibolit häufig anzutreffen (VINX 1998, 2016).
Im Unterschied zu „gewöhnlichen“ Granatamphiboliten, die aus basischen Gesteinen (Basalte, Gabbros o. ä.) durch Metamorphose entstehen, erfolgt eine Teilaufschmelzung von Amphiboliten erst unter hochgradigen Metamorphosebedingungen (obere Amphibolitfazies, ab etwa 800°C), wie sie während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga erreicht wurden. Dabei kam es zum Ausschmelzen von Plagioklas, der als helles Leukosom kumuliert, erneut kristallisiert und das Gestein in Gestalt weißer Schlieren durchzieht.
Solche migmatitischen Granatamphibolite sind aus SW-Schweden und anderen Regionen bekannt, die von der svekonorwegischen Gebirgsbildung erfasst wurden. SMED & EHLERS 2002 weisen auf Vorkommen ähnlicher Gesteine in SE-Norwegen hin (Bamble-Kongsberg-Gebiet). Vereinzelte Geschiebe von dort dürften allenfalls im nördlichen Dänemark zu erwarten sein, so dass im Allgemeinen von einer SW-schwedischen Herkunft der Gesteine ausgegangen werden kann. In der Geschiebekunde wird der Gesteinstyp als „plagioklasschlieriger“ oder „weißschlieriger“ Granatamphibolit bezeichnet. Funde sind vor allem westlich der Lübecker Bucht und nördlich davon zu erwarten. Anstehende SW-schwedische Granatamphibolite zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Abb. 9-12 und 23-26.
Der weißschlierige Granatamphibolit fällt durch sein kontrastreiches Gefüge aus schwarzem Amphibol, weißem Plagioklas und rotem Granat auf. Größere Amphibol-Körner zeigen einen lebhaften Glasglanz. Roter Granat findet sich in kleinen Körnern zwischen Amphibol und Plagioklas, vor allem aber in Gestalt großer und runder Porphyroblasten (1-2 cm, im Ausnahmefall bis 5 cm). Diese können regelhaft im Gestein verteilt sein oder Ansammlungen bilden. Manchmal liegen sie auch innerhalb der hellen Plagioklas-Leukosome. Regelmäßig findet sich ein schmaler Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas um die größeren Granate (Abb. 3). Die weißen bis gelblichen Plagioklas-Leukosome bilden längliche, gewundene oder unregelmäßige Schlieren und sind grobkörniger als die Matrix. Quarz fehlt und ist in der Regel auch innerhalb der Leukosome nicht erkennbar.
Literatur
Smed P & Ehlers J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage.
Wennberg G 1949 Differentialrörelser i Inlandsisen. Sista istiden i Danmark, Skåne och Östersjön [Differentialbewegungen in der Inlandvereisung. Sechs Eiszeiten in Dänemark, Schonen und Östersjön] – Meddelanden från Lunds Geologisk-Mineralogiska Institution 114: 1-201, 11 Taf., 57 Abb., 1 Tab., Lund (Carl Bloms Boktryckeri). [deutsche Zusammenfass. S. 192-201].
Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
Mafische Granulite entstehen durch Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose aus basischen Ausgangsgesteinen (Basalte, Gabbros bzw. Amphibolite u. ä.). Auf dem Baltischen Schild tritt der Gesteinstyp in einem begrenzten Gebiet innerhalb der Südwestschwedischen Granulitregion (SGR) auf und ist als Leitgeschiebe für Schonen und das südliche Halland geeignet (Erstbeschreibung in VINX 1996). Im Vergleich zu den sauren, mitunter auch bunten Granuliten aus SW-Schweden (Schonengranulit und Flammenpegmatit) sind mafische Granulite auf den ersten Blick eher unscheinbare Gesteine. Die charakteristischen mineralogischen und texturellen Merkmale werden erst bei genauem Hinsehen sichtbar.
Der gewöhnliche mafische Granulit (Granatgabbro in SMED & EHLERS 2002) ist ein feinkörniges und sehr schweres Gestein mit grauer bis brauner Verwitterungsrinde. Unter der Lupe erkennt man ein weitgehend regelloses Mineralgefüge aus rotem Granat, matt- und grünlichschwarzem Pyroxen, weißem Plagioklas und glänzend schwarzem Amphibol. Granat und Pyroxen, die maßgeblichen metamorphen Neubildungen, bewirken eine braune Gesamtfärbung des Gesteins. Der Anteil an Amphibol schwankt und ist abhängig von der retrograden Überprägung des Gesteins. Mafische Granulite mit höherem Amphibolgehalt sind eher grau getönt.
Im cm-Maßstab kann eine leichte Foliation oder eine fleckige Textur erkennbar sein. Das Gefüge der kleinen Granat- und Pyroxen-Körner erscheint aber weitgehend regellos und gleichkörnig und entstand durch granoblastisches Wachstum während der Metamorphose. Mafische Granulite sind also Granofelse. In grobkörnigen Varianten, vor allem im Granatcoronit, bildet retrograd entstandener Amphibol schwarze Coronen um größere und matt grünlichschwarze Pyroxen-Kristalle. Mafische Granulite im Anstehenden zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Abb. 21-26.
Die Bildung der SW-schwedischen mafischen Granulite erfolgte im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga. Während einer Kontinent-Kontinent-Kollision kam es zu einer trockenen Hochdruck-Metamorphose basischer Gesteine (Basalte, Gabbros bzw. Amphibolite). Unter granulitfaziellen Bedingungen wird Plagioklas instabil und wandelt sich an den Korngrenzen zu Pyroxen zu Granat um, der in Gestalt kleiner Granoblasten heranwächst. Pyroxen kann durch „Entwässerung“ von Amphibol entstehen, wobei unter granulitfaziellen Bedingungen neben Klinopyroxen meist auch Orthopyroxen gebildet wird. Die Metamorphose erfolgte bei etwa 700-800°C und einem Druck von 8-12 Kbar, was einer krustalen Tiefe von 30-45 km entspricht. Die kontinentale Kruste muss zum Zeitpunkt der Metamorphose also sehr dick und die Ausgangsgesteine entsprechend tief versenkt gewesen sein. Der anschließende Aufstieg erfolgte offenbar recht schnell, da die mafischen Granulite im Allgemeinen nur eine geringe retrograde Überprägung aufweisen (MÖLLER et al 1996).
Granat-Coronit
Seltener als die feinkörnigen mafischen Granulite sind mafische Granulite mit coronitischem Gefüge (kurz: Granatcoronit). Der mittelkörnige Gesteinstyp zeichnet sich durch schmale und feinkörnige Säume (Coronen) aus kleinen roten Granat-Körnern an den Grenzflächen zwischen Plagioklas und Pyroxen aus. Die Säume können vollständig oder nur partiell entwickelt sein. Zusätzlich werden größere grünlichgraue Pyroxene von dunklen Coronen aus retrograd gebildetem Amphibol umgeben. Die Gesteine sind im allgemeinen recht dunkel und sehr schwer. Plagioklas kann auf der angewitterten Geschiebeoberfläche eine gelbliche Farbe annehmen. Es finden sich auch plagioklasarme Varianten sowie Granatcoronite mit einem doleritischen Gefüge. Das Gestein kann Magnetit enthalten.
Granatcoronite sind in SW-Schweden nur lokal verbreitet und anstehend aus dem Gebiet zwischen Gislaved und Ulricehamn sowie einem kleineren Areal westlich von Kristianstad bekannt (s. Abb. 5 im Exkursionsbericht SW-Schweden). Mafische Granulite mit coronitischem Gefüge wurden allerdings auch mehrfach südlich von Varberg als Strandgeröll gefunden (Apelviken) und könnten aus einem unmittelbar nordwestlich gelegenen Metabasit-Vorkommen (Balgö) stammen (Abb. 10, 11).
Die folgende Anstehendprobe stammt aus einem Straßenaufschluss in der Nähe von Gislaved (SW-Schweden) und ist ein Übergang zwischen feinkörnigem mafischem Granulit und Granatcoronit. In der Vergrößerung erkennt man sehr kleine rote Granatkörner an der Grenzfläche zwischen hellem Plagioklas und dunklen Pyroxen-Kristallen. Von diesem Aufschluss wird auch eine grobkörnige Variante beschrieben, allerdings konnte diese bei einem Besuch vor Ort nicht lokalisiert werden (Abb. in VINX 1996).
Möller C, Johansson L, Andersson J & Söderlund U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
Smed P & Ehlers J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage.
Vinx R 1996 Granatcoronit (mafischer Granulit): ein neues Leitgeschiebe SW-schwedischer Herkunft – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1996, Band 2, S. 3-20.
Schonengranulit und Flammenpegmatit sind typische Gesteine des südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Sie entstanden durch trockene Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose (Granulitfazies) während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Milliarde Jahren. Anhand spezifischer textureller Merkmale sind sie als Geschiebe leicht erkennbar und als Leitgeschiebe für das westliche Schonen verwendbar. Sowohl der feingneisige Schonengranulit, als auch der grobkörnige „Flammenpegmatit“ enthalten plattige bis linsenförmig entwickelte Quarze als charakteristisches Merkmal von Granuliten aus quarzreichen („sauren“) Ausgangsgesteinen. Die Gesteine zeichnen sich mitunter durch bunte Feldspäte aus (rot, gelb, orange). Dunkle Minerale fehlen weitgehend, weil sie während der granulitfaziellen Metamorphose nicht stabil waren. Anstehende Granulitgneise, Schonengranulit und Flammenpegmatite zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Teil 3-1 und 3-2.
Der Schonen-Granulit ist ein fein- bis mittelkörniger Gneis und besteht fast vollständig aus Alkalifeldspat und Quarz. Alkalifeldspat besitzt eine blassrote bis leuchtend orangerote, manchmal auch unscheinbar bräunlichrote Farbe. Entscheidend ist das Vorhandensein von hell- bis dunkelgrauen Plattenquarzen, die im Querschnitt sehr flach, im Längsschnitt breiter und linsenförmig ausgebildet sind. Im Vergleich zum Feldspat scheinen die Plattenquarze oftmals weniger granuliert. Zusätzlich können kleine Mengen eines zweiten Feldspats (Plagioklas) enthalten sein (weiß bis rosa, seltener leuchtend gelb oder grünlich). Dunkle Minerale (Glimmer, Amphibol) fehlen weitgehend. Sie wurden während der granulitfaziellen Metamorphose instabil, können aber als retrograde Bildung in geringer Menge auftreten. Eine Verwechslungsmöglichkeit des Schonen-Granulits besteht u. U. mit Myloniten, die ebenfalls plattige Quarzaggregate enthalten können, in der Regel aber auch dunkle Minerale (Abb. 19, 20). Beschreibung in VINX 1998; „Granulitgneis von Schonen“ in SMED & EHLERS 2002.
Lebhafte Farben und ein charakteristisches Gefüge verleihen dem Flammenpegmatit („deformierter, bunter Pegmatit“ in VINX 1998) ein auffälliges Erscheinungsbild. Der grobkörnige Gneis besteht aus blassrotem bis leuchtend rotem Alkalifeldspat, gelbem (seltener blassgrünem, s. Abb. 9) Plagioklas und grauem Quarz. Die Mengenanteile der Minerale sind variabel. Analog zum Schonengranulit treten plattig bis linsenförmig ausgebildete graue Quarze auf. Die Plattenquarze können im Vergleich zu den Feldspäten nicht oder nur wenig granuliert erscheinen. Dunkle Minerale fehlen weitgehend.
Der Flammenpegmatit bildet meterbreite Gänge und Einschaltungen innerhalb der Granulitgneise im westlichen Teil der Südwestschwedischen Granulitregion, einem Gebiet entlang der schwedischen Westküste zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Die Pegmatite weisen ein Alter von etwa 1,4 Ga Jahren auf und wurden während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor 970 Ma einer granulitfaziellen Metamorphose unterworfen (siehe Exkursionsbericht). Zumindest teilweise dürfte es sich beim „Flammenpegmatit“ lediglich um pegmatitähnliche Bildungen handeln, wie sie durch Teilaufschmelzung von Gneisen entstehen, nicht um „echte“, magmatisch gebildete Pegmatite.
In SW-Schweden kommen auch undeformierte Pegmatite mit einem ganz ähnlichen Farbspiel vor, aber ohne Foliation und den typischen Plattenquarzen. Diese postkinematisch (= nach der Gebirgsbildung) gebildeten Gesteine sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (VINX 1998). Beispiele für anstehenden Flammenpegmatit und undeformierte Pegmatite finden sich im Exkursionsbericht SW-Schweden, Teil 3-1 und 3-2.
Hellroter Alkalifeldspat, gelber Plagioklas und heller, teils plattig ausgebildeter Quarz lassen eine SW-schwedische Herkunft vermuten. Das Gestein enthält aber längliche Schlieren mit dunklen Mineralen und ist kein Schonengranulit.
Funde aus Brandenburg
Gesteinsmaterial aus SW-Schweden wurde mit norwegisch-südwestschwedischen Eisströmen in südliche bis südwestliche Richtungen transportiert. In glazialen Ablagerungen bilden SW-schwedische Gesteine eine Geschiebegemeinschaft mit Rhombenporphyren und weiteren Gesteinen aus dem Oslograben, wobei die die Häufigkeit von Geschiebefunden in östlicher Richtung abnimmt. In diesem Zusammenhang sind Funde aus Brandenburg und Sachsen, außerhalb ihres Hauptverbreitungsgebietes, erwähnenswert. Schonengranulit und Flammenpegmatit wurden hier in der Vergangenheit bisher offenbar nur wenig beachtet. Aus Brandenburg liegen bisher 10, aus NW-Sachsen ein einzelner Fund vor; weitere SW-schwedische Gesteine (mafische Granulite, Charnockite) konnten bisher nicht beobachtet werden. Auffällig sind eine Häufung von Funden im Bereich der Brandenburger Randlage der Weichsel-Vereisung sowie gelegentliche Funde in saalekaltzeitlichen Ablagerungen. Im nördlichen Brandenburg scheint der Gesteinstyp weitgehend zu fehlen.
Die folgenden zwei Geschiebefunde weisen auf eine Verwechslungsmöglichkeit des Schonen-Granulits mit mylonitischen Gneisen hin. Diese können ebenfalls plattige Quarzaggregate enthalten, in der Regel sind aber auch dunkle Minerale erkennbar.
Literatur
Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde 2 (6), S. 363-378. Hamburg, Mai 1998.
Magnetitführende Gneise treten an mehreren Lokalitäten innerhalb des nordischen Grundgebirges auf. Als Järngneis (schwedisch järn = Eisen) wurden einst SW-schwedische Quarz-Feldspat-Gneise bezeichnet, die einen bemerkenswert hohen und makroskopisch erkennbaren Anteil von Eisenerz enthalten (häufig Magnetit, selten Eisenglanz). Die Körner können im Ausnahmefall Erbsengröße erreichen (TÖRNEBOHM 1901: 7). Bereits HOLMQVIST 1906: 208 vermeidet die Bezeichnungen Järngneis sowie Järngneis-Formation für die in SW-Schweden weit verbreiteten Granulitgneise.
Im geschiebekundlichen Kontext kann die Bezeichnung Järngneis synonym mit den magnetitführenden SW-schwedischen Granulitgneisen verwendet werden (VINX 2016). Diese für die SW-schwedische Granulitregion (SGR) typischen Gesteine sind westlich der Protoginzone weit verbreitet. Ihre Ausgangsgesteine unterlagen während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga teilweise einer Hochdruck-Hochtemperatur-Metamorphose und enthalten Magnetit als typisch granulitfazielle Mineralneubildung (VINX 2011, 2016: 174). Der Magnetitgehalt der Järngneise kann 1-3% betragen. In diesem Fall bleibt ein Handmagnet am Gestein haften (Abb. 1). Magnetitführende Quarz-Feldspat-Gneise aus anderen Regionen enthalten in der Regel bedeutend weniger Magnetit.
Järngneise sind fein- bis kleinkörnige und rötlich-graue bis graue, manchmal nur mäßig foliierte Bänder-, Ader- oder Augengneise. Sie bestehen im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat. Neben Magnetit sind Amphibol und/oder Biotit als dunkle Minerale enthalten, unter der Lupe gelegentlich auch winzige rote Granat-Körner erkennbar. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung und vielfältigen Erscheinungsformen eignen sich Järngneise zwar nicht als Leitgeschiebe, treten aber als häufiger Begleiter von SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften auf. Sie lassen sich an den Stränden der westlichen Ostsee mühelos auffinden, wenn man auf blassrote bis orangegraue und feinkörnige Gneise mit schwach ausgeprägter Bänder- oder Flasertextur achtet und die Gesteine mit einem Handmagneten prüft.
„Gneise“ (eher Granofelse) mit großen Magnetit-Aggregaten sind aus der Umgebung von Trollhättan bekannt (Abb. 6), neben weiteren kleinen lokalen Vorkommen. Das Gefüge der blassroten oder hellgrauen und sehr feldspatreichen Gesteine ist manchmal zuckerkörnig, eine Foliation oder ein Gneisgefüge kann schwer erkennbar sein. Magnetit bildet kleine Körner oder kurze, flache Linsen, neben Biotit und Hornblende sowie Titanit, Epidot, Apatit und Granat als Akzessorien.
Literatur
HESEMANN J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen – GLA Nordrhein-Westfalen, S. 191-192.
HOLMQVIST P J 1906 Studien über die Granite von Schweden – Bulletin of the Geological Institutions of the University of Upsala 1906.
TÖRNEBOHM 1901 Upplysinigar Till Geologisk Översiktskarta öfver Sveriges Gerggrund – Upprättad och Uttgiven Sveriges Geologiska Undersökning 1901 – SGU Ser. Ba No.6: 7-8, Stockholm 1901.
VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
In der Umgebung von Ullared (Lok. 5 auf der Karte) finden sich die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR. Es handelt sich um mehrere, max. 1 km² große und linsenförmige Eklogit-Massive, die in stark verfaltete bis mylonitische Gneise eingebettet sind. Die Eklogite entstanden einst in großer Tiefe und wurden bei ihrem Aufstieg am Ende der svekonorwegischen Orogenese in ihrem Mineralbestand verändert. Solche durch sog. retrograde Metamorphose veränderte Eklogite bezeichnet man als Retroeklogite.
Eklogite entstehen bevorzugt bei tiefer Versenkung und hochgradiger Metamorphose von basischen Gesteinen in Subduktionszonen. Seltener, wie im Falle des Eklogits von Ullared, erfolgt ihre Bildung im Zuge von Kontinent-Kontinent-Kollisionen in Bereichen mit einer verdickten Kruste. Eine solche Kollision fand vor etwa 950 Ma während der Svekonorwegischen Orogenese statt. Als maximale Bildungsbedingungen wurden 17 kbar und 700°C ermittelt, was einer Versenkungstiefe von >50 km entspricht (DYCK 2011). Der nachfolgende schnelle Aufstieg des Eklogits ist wahrscheinlich auf spätorogenen gravitationalen Kollaps des Orogens und ein tektonisches Dehnungsregime zurückzuführen. Dabei wurde der primäre Mineralbestand aus Omphacit und Granat (in Al-reichen Phasen auch Kyanit) durch retrograde Metamorphose verändert. Typisch retrograde Mineralreaktionen in Eklogiten sind die Umwandlung von Omphacit in Plagioklas und Pyroxen sowie von Granat und (in geringer Menge enthaltenem) Quarz zu Klinopyroxen (Diopsid) und Plagioklas. Im Retroeklogit von Ullared ist daher reichlich Plagioklas enthalten, während reine Eklogite plagioklasfrei sind. Pyroxen kann bei fortschreitender retrograder Metamorphose weiter in Amphibol umgewandelt werden.
Innerhalb des Eklogitkörpers sind Lagenstrukturen erkennbar (Partien mit größeren und kleinen Granaten), die wahrscheinlich als Relikte eine magmatische Schichtung (magmatic layering) der basischen Ausgangsgesteine abbilden. Die runden Granatkörner sind von schwarzgrünen und feinkörnigen Coronen umgeben (retrograd gebildete Amphibol-Klinopyroxen-Plagioklas-Symplektite).
Bedingt durch die komplexen Mineralreaktionen während der retrograden Metamorphose zeichnen sich Retroeklogite durch vielfältige Mineralparagenesen aus. Im Retroeklogit von Ullared fällt zunächst der hohe Gehalt an hellrotem und Fe-armen Granat (Pyrop) auf. Die großen Granate sind von grünschwarzen Coronen umgeben. Hierbei handelt es sich um fein verfilzte Verwachsungen von retrograd gebildeten Mineralen, die als Symplektite bezeichnet werden. Häufig handelt es sich dabei um Verwachsungen von Plagioklas und Pyroxen, optional auch Amphibol. Bei den weißen und milchig getrübten Bereichen dürfte es sich ebenfalls um Symplektite handeln. Auf der Bruchfläche (Abb. 5) sind auch einzelne grüne Körner von Klinopyroxen (Diopsid) erkennbar, weiterhin farbloser bis weißer Quarz (auch einzelne, 5-10 mm große Aggregate) und Plagioklas (polsynthetische Verzwilligung nur schwer erkennbar). Bei den blauen Mineralkörnern dürfte es sich um Kyanit handeln. Trübungen innerhalb der Körner sprechen für eine teilweise retrograde Umwandlung (in Sapphirin?) und dürften ebenfalls symplektitische Verwachsungen sein.
Der Mineralbestand der retrograd entstandenen Symplektite ist nur mikroskopisch wahrnehmbar. Nach DYCK 2011 finden sich symplektische und coronitische Strukturen häufig um Granat. Diese grünen bis schwarzgrünen und massigen Bereiche bestehen aus Verwachsungen von Klinopyroxen, Amphibol und Plagioklas oder auch Biotit und Plagioklas. Blauer Kyanit entsteht in Eklogiten mit Al-reichen Mineralphasen. Im Zuge der retrograden Druckentlastung kann es an der Grenzfläche von Kyanit und Omphacit zur Bildung von hellblauen und trüben Symplektiten aus Sapphirin und Plagioklas kommen (s. a. MÖLLER 1999). Eine weitere retrograde Bildung im Retroeklogit von Ullared ist Skapolith (hellgrüne Lichter, durchscheinend bis opak), einem typischen Mineral der retrograden Amphibolitfazies in Eklogiten. Weitere und eigenständig auftretende Minerale im Retroeklogit von Ullared sind einzelne größere Aggregate von Amphibol und Biotit sowie Akzessorien von Rutil und opaken Mineralen (Ilmenit?).
Die nächste Probe ist ein mittelkörniger und relativ dunkler Retroeklogit mit einer Lagentextur, die vermutlich ein magmatic layering des Ausgangsgesteins abbildet (Ansicht um 90 Grad gedreht). Eine dunkle Partie (links) geht in eine hellere über (Mitte), unter Vergröberung des Mineralkorns (rechte Seite). Blaue Mineralkörner sind in dieser Probe reichlicher enthalten.
In der näheren Umgebung vom kleinen Steinbruch mit dem Retroeklogit stehen neben Graugneisen helle und granatreiche Gneise mit wenig dunklen Mineralen an, in Nachbarschaft zu dunklen Metabasiten, die augenscheinlich deutlich niedrigeren Metamorphosegraden unterlagen (Amphibolitfazies).
Literatur
Hegardt E A et al 2005 Eclogites in the central part of the Sveconorwegian Eastern Segment of the Baltic Shield: Support for an extensive eclogite terrane – GFF 127, 3 S. 221-232.
Dyck B 2011 A key fold structure within a Sveconorwegian eclogite-bearing deformation zone in Halland, south-western Sweden: geometry and tectonic implications – M.Sc. Thesis in geology at Lund University, Nr. 279, 42 pp. 45 hskp/ECTS.
Langendoen J & van Roermund HLM 2007 An investigation into the genesis of an erratic (retro) eclogite block from Haren, Groningen, the Netherlands – Netherlands Journal of Geoscience 86-2, S. 145-157.
Möller C, Andersson J, Dyck B & Lundin I A 2015 Exhumation of an eclogite terrane as a hot migmatitic nappe, Sveconorwegian orogen – Lithos Volume 226, 1 June 2015, Pages 147–168.
Möller C et al, 1997 A Sveconorwegian deformation zone (system?) within the Eastern Segment,Sveconorwegian orogen of SW Sweden – a first report – GFF, Vol. 119, S. 73-78.
Möller C 1998 Decompressed eclogites in the Sveconorwegian (Grenvillian) orogen of SW Sweden: petrology and tectonic implications – Journal of metamorphic Geology, 16: S. 641-656.
Möller C 1999 Sapphirine in SW Sweden: a record of Sveconorwegian (Grenvillian) late-orogenic tectonic exhumation – Journal of metamorphic Geology, 17, S.127-141.
Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde (2) 6, S. 363-378. Hamburg Mai 1998. Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
Charnockite sind ein seltener und exotischer Gesteinstyp mit einer eigenen Klassifikation (QAPF-Diagramm). Sie bestehen zwar im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat, führen als Besonderheit aber Orthopyroxen als dunkles Mineral. Die Anwesenheit von Orthopyroxen ist auf die besonderen Bildungsbedingungen der Gesteine zurückzuführen. Dabei wird seit langem diskutiert, ob Charnockite plutonischen oder metamorphen Ursprungs sind (HARLOV et al 2013). Feldstudien und eingehende petrographische Untersuchungen ergaben, dass zunächst beide Möglichkeiten in Betracht zu ziehen sind und eine Entscheidung vom Einzelfall abhängt.
Charnockite treten an mehreren Lokalitäten in SW-Schweden auf, ihre Verbreitung beschränkt sich auf das Gebiet der SGR (Abb. 2). Das größte Charnockit-Vorkommen Europas liegt in der Umgebung der Stadt Varberg, weitere kleine Massive sind von Björnamossa und Laholm bekannt. Darüber hinaus treten „charnockitisierte“ Bereiche innerhalb der SW-schwedischen Grundgebirgsgneise auf, die durch trockene Hochtemperatur-Metamorphose entstanden. Im Gelände kann man solche Areale an einer Grünfärbung der Gesteine erkennen (s. Exkursionsbericht Söndrum).
Auf eine plutonische Entstehung des Varberg-Charnockits weisen geochemische Daten hin (HARLOV et al 2013). Die Bildung des Charnockit-Magmas erfolgte in der Unterkruste durch fraktionierte Kristallisation aus fluidreichen basaltischen Schmelzen bei 750-850°C und einem Druck von 800-850 MPa. Diese wasserarmen, aber CO2-reichen Schmelzen begünstigten die Entstehung von Ortho- und Klinopyroxen. Zum Aufstieg des Varberg-Charnockit kam es vor 1399 ± 6 Ma, nach Beendigung einer als „Halland-Event“ bezeichneten Gebirgsbildung. Wahrscheinlich aus der gleichen Magmaquelle gingen auch die postorogenen Granite hervor (Torpa-/Tjärnesjö-Granit, 1380 ± 12 Ma). ). Im nördlichen Teil des Charnockit-Massivs von Varberg umschließt der Torpa-Granit einen Teil des Charnockits und weist auf eine enge Assoziation von Charnockiten und Graniten hin. Charnockite und Granite wurden während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 1 Ga teilweise deformiert.
Nördlich von Apelviken bei Varberg können verschiedene Varianten von Charnockiten in aufgelassenen Steinbrüchen studiert werden. Neben den üblicherweise feinkörnigen und grünen, mehr oder minder stark foliierten Gneisen mit oder ohne Feldspat-Megakristallen treten untergeordnet auch grobkristalline und porphyrische Charnockite auf. Etwas weiter nordwestlich, in den Steinbrüchen von Hästhagaberget ist ebenfalls eine Vielfalt an Gefügen zu beobachten, siehe der Reisebericht auf strand-und-steine.de.
Der feinkörnige Gneis besteht im Wesentlichen aus grünem Feldspat und etwas weniger Quarz. Die Mineralkörner bilden eine granulierte Masse und besitzen unklare Korngrenzen. Quarz tritt auch in einzelnen größeren und hell- bis dunkelgrauen Körnern (bis 3 mm) auf. Flecken und Streifen mit Ansammlungen dunkler Minerale weisen eine Paralleltextur entlang der Foliationsrichtung auf.
Mit einfachen Mitteln lässt sich der Mineralbestand nicht näher bestimmen. Die zuckerkörnig granulierte Grundmasse erschwert die Unterscheidung von Plagioklas und Alkalifeldspat, beide besitzen die gleiche grüne Farbe. Lediglich ein einzelner größerer Feldspat zeigt polysynthetische Verzwilligung (Plagioklas). Auch die feinkörnigen dunklen Minerale sind kaum identifizierbar. In Frage kommen Klinopyroxen und Orthopyroxen als charakteristische Bestandteile von Charnockiten sowie Amphibol und Biotit. Hin und wieder weist ein lebhafter Glasglanz einzelner Körner auf Amphibol hin. Granat ist in dieser Probe nicht erkennbar, in den folgenden Handstücken aber in winzigen roten Körnern enthalten. Das Gestein reagiert auf einen Handmagneten, auch alle folgenden Charnockit-Proben sind deutlich magnetisch.
Häufig treten einzelne größere und leicht gerundete Feldspat-Megakristalle auf (Abb. 8, 11-13). Diese bilden Karlsbader Zwillinge, weisen aber keine perthitische Entmischung auf. Manchmal erscheinen die großen Feldspäte wie rotiert und werden von gebogenen Streifen aus dunklen Mineralen umflossen.
Nach mikroskopischen Untersuchungen (HARLOV et al 2013) besteht der Varberg-Charnockit aus Kalifeldspat, Plagioklas, Quarz, Orthopyroxen (Enstatit), Klinopyroxen (Diopsid), Granat, Biotit und Magnetit. Amphibol tritt zusammen mit Pyroxen in feinen Verwachsungen, gelegentlich auch in isolierten Körnern auf. Der Haupttyp des Varberg-Charnockits (an der Festung Varberg) besitzt eine monzonitische Zusammensetzung, weiter südlich (Apelviken) überwiegen Quarzmonzonite. Entsprechend der Klassifikation charnockitischer Gesteine handelt es sich damit um Mangerite bzw. Quarz-Mangerite. Bekannt sind auch gangförmige Einschaltungen von Pegmatitkörpern mit Klinopyroxen-Megakristallen bis 1 cm, umgeben von einem Saum aus kleineren Orthopyroxen-Körnern. Ein höherer Granat-Anteil kann einen rotbraunen Farbstich des Gesteins bewirken. In den Proben von Apelviken ist Granat nur in kleiner Menge anzutreffen (Abb. 7).
4.1. Charnockite als Geschiebe
Charnockite sind typische Gesteine der Südwestschwedischen Granulitregion und unter Vorbehalt als Leitgeschiebe geeignet. Zum einen ist die eindeutige Bestimmung von Charnockiten an den Nachweis von Orthopyroxen gebunden, der mikroskopische Untersuchungen erforderlich macht, zum anderen ist nicht jeder grüne Gneis ein Charnockit. Vielmehr wird man bei der Bestimmung von Geschieben auf grüne und feinkörnige Quarz-Feldspat-Gneise achten, die kleine (mitunter nur schwer erkennbare) Körner aus rotem Granat sowie Magnetit enthalten. Charakteristisch und bisher nur aus Varberg bekannt sind Charnockite mit einzelnen größeren Feldspat-Megakristallen bis 3 cm.
Nur auf der Bruchfläche sind die Gesteine wirklich grün gefärbt. Bei Verwitterung nimmt das Gestein einen gelblichen bis bräunlichen Farbton an. Geschiebe-Charnockite dürften ganz ähnlich aussehen wie die abgerollten Brandungsgerölle vom Steinbruch in Apelviken (Abb. 9 und 10). SW-schwedische Charnockite finden sich regelmäßig in Schleswig und an der Ostküste von Jütland (VINX 2016: 187). Charnockite sind auch aus Südnorwegen bekannt („Arendalit“, s. skan-kristallin.de). Geschiebe von dort könnten nach N-Dänemark, aber wohl kaum nach Norddeutschland gelangt sein.
In der Geschiebeliteratur variieren die Beschreibungen des Varberg-Charnockits. HESEMANN 1975: 91-92 bezieht in seine Darstellung des „Varberg-Granits“ auch charnockitisierte Gneise ein. ZANDSTRA 1988: 355 schlägt in diesem Zusammenhang „Pyroxengneis“ als die treffendere Bezeichnung vor und nennt an erkennbarem Mineralbestand: farblosen bis sehr hellgrünen Diopsid und dunklen bis schwarzen Hypersthen mit einem kupferroten Metallglanz auf den Flächen, neben gewöhnlichem Amphibol; reichlich gelben Titanit (nach ASKLUND 1946). In den Proben aus Apelviken konnte ich weder unterschiedlich ausgebildete Pyroxene noch Titanit beobachten. Eine Abbildung eines Geschiebefunds in ZANDSTRA 1999 als Referenz für eine allgemeine Gesteinsbeschreibung ist hinsichtlich zahlreicher möglicher kleiner Charnockitvorkommen methodisch problematisch, zumal es sich nicht um den Varberg-Typ handelt. Auch SMED & EHLERS 2002 (Nr. 120) nennen als dunkle Minerale: dunkelbraunen Hypersthen mit gold- bis bronzescheinenden Spaltflächen; gelegentlich auch Diopsid in Gestalt länglicher grüner und seidenglänzender Kristalle. Die mir vorliegenden Anstehendproben aus Apelviken bestätigten auch diese Beobachtungen nicht.
Erwähnenswert sind mehrere Funde von Granatcoroniten am Geröllstrand von Apelviken, die aus einem weiter nördlich gelegenen Metabasit-Vorkommen auf der Insel Balgö stammen könnten (Abbildung im Artikel mafischer Granulit/Granatcoronit).
4.2. Torpa- und Tjärnesjön-Granit
Torpa- und Tjärnesjön-Granit (Abb. 3) sind zwei größere anorogene Granit-Massive im nördlichen Halland, die vor etwa 1.380 Ma im Zuge der als „Halland-Event“ bezeichneten Gebirgsbildung entstanden. Sie wurden in ihren Randbereichen während der svekonorwegischen Orogenese stark deformiert. Der Torpa-Granit wird an seinem nördlichen Rand von der Mylonitzone tangiert.
Die grob- bis riesenkörnige Variante des Torpa-Granits besitzt ein auffälliges Gefüge und ist als Leitgeschiebe geeignet (VINX 2016). 2-3 cm, im Ausnahmefall bis 5 cm große und violettgraue Alkalifeldspat-Megakristalle weisen kräftige perthitische Entmischungen auf und sind von einem dünnen Saum aus orangefarbenem Feldspat umgeben. Die Grundmasse bilden schmutzig-weißer bis gelblicher Feldspat und recht wenig xenomorphe Aggregate aus grauem und transparentem Quarz. Dunkle Minerale (Biotit, Amphibol) treten untergeordnet und in cm-großen Ansammlungen auf, seltener ist auch etwas Granat zu beobachten. Anstehendproben siehe skan-kristallin.de.
Die nächste Anstehendprobe ist ein grobkörniger Augengranit vom See Tjärnesjön (Lok. 4.2 auf der Karte). Einige der braunen und perthitisch entmischten Alkalifeldspat-Megakristalle sind von einem orangeroten Plagioklas-Saum umgeben.
Literatur
HARLOV DE, VAN DEN KERKHOFf A & JOHANSSON L 2013 TheVarberg-Torpa Charnockite-Granite Association, SW Sweden: Mineralogy, Petrology, and Fluid Inclusion Chemistry – Journal of Petrology, Volume 54 (1), S. 3-40 – Oxford University Press 2013. doi:10.1093/petrology/egs060
VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).