Geschiebestrände sind an der polnischen Ostseeküste selten, weil es sich ganz überwiegend um eine Ausgleichsküste handelt. Durch Einwirkung von Wind und Wasser wird Sand abgetragen und der Küste vorgelagert. Auf diese Weise wird die Küstenlinie begradigt, ausgedehnte Sandstrände und Dünen entstehen. An solchen Küstenabschnitten findet man dann kilometerweit keinen Stein. In Polen gibt es nur wenige Lokalitäten, wo ein aktives Kliff mit Geschiebemergel oder ein Sandkliff angeschnitten ist, z. B. bei Misdroy (Westpolen). Eine Reise im Sommer 2021 führte an zwei der wenigen Geschiebestrände im Gebiet der Danziger Bucht, nach Jastrzębia Góra und in die Hafenstadt Gdynia.
1. Jastrzębia Góra
Jastrzębia Góra (alter deutscher Name: Habichtsberg) liegt in der Woiwodschaft Pommern, etwa 55 km NNW von Danzig. Hier befindet sich der nördlichste Punkt Polens, ansonsten gibt es nicht viel zu sehen, denn der Ort lebt ausschließlich vom sommerlichen Badetourismus. Wo sich die in nordöstlicher Richtung verlaufende Ausgleichsküste nach Südosten wendet, ist ein Kliff angeschnitten. Auf knapp 1,5 km Länge gibt es einen Geschiebestrand. Zu Zwecken des Küstenschutzes wurden am Strand große Geschiebe abgelagert, die aus der unmittelbaren Umgebung stammen dürften.
Das Geschiebespektrum am Strand von Jastrzębia Góra ist nicht außergewöhnlich und im Grunde genommen mit einigen Lokalitäten im östlichen Brandenburg vergleichbar: reichlich Åland-Kristallin und Rapakiwi-Gesteine, viel Brauner Ostseequarzporphyr und Gesteine aus Dalarna. Auffällig ist das weitgehende Fehlen von Feuerstein. Ostbaltisches, also aus östlichen Richtungen angeliefertes Material wie Kugelsandstein und Dolomit, ist aber ebenfalls kaum zu finden. Unterkambrische Sandsteine mit Spurenfossilien (Skolithos-Sandstein) treten nur vereinzelt auf, häufiger sind paläozoische Kalksteine, vor allem Paläoporellenkalk.
Rapakiwi-Gesteine von Åland gehören zu den häufigsten Funden. Es findet sich die ganze Bandbreite an Åland-Rapakiwis, v.a. Wiborgite, weiterhin Åland-Ringquarzporphyre, Quarzporphyre, darunter auch die Gangporphyre von Hammarudda.
In Jastrzębia Góra treten – wenn auch nicht besonders zahlreich – Rapakiwi-Granite auf, die dem Rapakiwi-Vorkommen von Kökar zugeordnet werden können.
Darüber hinaus finden sich zahlreiche weitere und interessante Rapakiwi-Geschiebe, die sich nicht ohne weiteres einer genaueren Herkunft zuordnen lassen.
Porphyre
Der nächste Fund zeigt ein ähnliches Gefüge wie der Lemland-Granit, ist aber nicht so grobkörnig; ein Granit mit porphyrischem Gefüge aus blassroten Alkalifeldspat-Zwillingen in einer Grundmasse aus grauem Quarz und rotem Plagioklas.
Geschiebe aus Dalarna
Kristallingesteine aus Dalarna finden sich reichlich am Strand von Jastrzębia Góra, neben Bredvad- und Grönklitt-Porphyr auch auffällig viele Geschiebe des Garberg-Granits, während der Siljan-Granit kein einziges Mal angetroffen wurde.
Marmor und Gneise vom Sörmland-Typ
Unter den mittelschwedischen Geschiebetypen treten Marmor bzw. Silikatmarmor („Ophicalcit“) und graue migmatitische Paragneise vom Sörmland-Typ sehr häufig in Erscheinung. Marmorgeschiebe sind besonders häufig, insgesamt 7 Funde wurden dokumentiert, die meisten davon sind Großgeschiebe. Näheres zu Marmor/Silikatmarmor und Sörmland-Gneis.
Granite
Granite aus dem Transskandinavischen Magmatitgürtel (TIB) sind regelmäßig, von der Menge her den Rapakiwigesteinen deutlich untergeordnet zu finden. Rote Småland-Granite oder die gleichkörnigen Växjö-Typen kommen nur vereinzelt vor, häufiger sind dunkle porphyrische Varianten, wie aus NE-Småland bekannt sind (u. a. Kinda-Granit). Die aus dem südlichen Småland stammenden Vulkanite wie Paskallvik- und Emarp-Porphyr fehlen, ebenso die hälleflintartigen Småland-Vulkanite.
Besonders grobkörnige bis riesenkörnige porphyrische Granite lassen sich häufiger beobachten. Sie können zwar keiner näheren Herkunft zugeordnet werden, dürften zum Teil aber aus den nördlichen Gebieten des TIB stammen, z. B. Östergötland. Andere porphyrische Granite besitzen große helle und rechteckige Alkalifeldspat-Einsprenglinge, ihre Herkunft ist gänzlich ungewiß (Abb. 78, 79).
An mittelschwedischen Graniten aus Bergslagen und Uppland konnten mehrfach Geschiebe des Vänge- und Stockholm-Granits beobachtet werden, vereinzelt Sala- und Uppsala-Granit. Darüber hinaus gibt es zahlreiche unspezifische graue Granite („Uppland-Granite“) mit vermutlich ähnlichem Herkunftsgebiet (Abb. 93). Die übrigen Bergslagen-Granite dürften als Geschiebe meist nicht eindeutig bestimmbar sein, zu sehr ähneln sich Varianten aus verschiedenen Gebieten, zu unspezifisch sind die allgemeinen Merkmale. Entsprechende Zuordnungen wurden daher mit einem Fragezeichen versehen (Abb. 87 und 94).
Basische Gesteineund Metabasite
Weitere Metamorphite
Sedimentite
Tilluntersuchungen an ausgewählten Lokalitäten in der Umgebung der Danziger Bucht bestätigen als Hauptliefergebiete Åland, Dalarna und Mittelschweden (WOŹNIAK et al 2009). Neben der vorherrschenden Zugrichtung des Eises aus NNW, lokal auch von Osten, wird anhand von Leitgeschiebezählungen für einzelne Tillablagerungen (Unterteilung in roof/base part of the upper till und lower till) ein weiterer Vorstoß von Nordwesten genannt, belegt durch Funde südschwedischer Leitgeschiebe sowie der Orientierung der Längsachsen von Geschieben in den Moränenablagerungen. Für die Zählungen herangezogen wurden im Einzelnen rote und graue Växjö-Granite, rote Småland-Granite und Småland-Porphyre; Vånevik-Granit sowie Beyrichienkalk. Die kursiv gedruckten Geschiebetypen gelten allerdings nicht als Leitgeschiebe, die übrigen konnte ich weder in Jastrzebia Gora, noch in Gdynia finden. „Südlichste“ Vertreter sind Kinda-Granit und Virbo-Granit; sie könnten auch mit einem Eisstrom aus nördlicher Richtung transportiert worden sein.
SOKOŁOWSKI, RJ (Ed.) 2014 Ewolucja środowisk sedymentacyjnych regionu Pobrzeża Kaszubskiego – 126 S, Wydział Oceanografii i Geografii Uniwersytetu Gdańskiego.
WOŹNIAK P, CZUBLA P, WYSIECKA G & DRAPELLA M 2009 Petrographic composition and directional properties of tills on the NW surroundings of the Gdansk Bay, Northern Poland – Geologija 51, S. 59-67. 10.2478/v10056-009-0007-z.
Der Geschiebetyp des „Bottnischen Gneisgranits“ kann in Norddeutschland gehäuft in baltischen Geschiebegemeinschaften mit einem hohen Anteil an Åland-Gesteinen auftreten. Ein anstehendes Vorkommen ist bisher nicht bekannt. Es dürfte jedenfalls nicht in der Bottensee, eher in der nördlichen Ostsee zu suchen sein, da Geschiebefunde auf Åland fehlen (pers. Mitteilung M. Bräunlich).
Der grobkörnige und leicht
deformierte Alkalifeldspatgranit („Gneisgranit“) besitzt eine netzartige Textur
aus rotem Alkalifeldspat sowie reichlich granuliertem Quarz in Form einer
feinkörnigen und glitzernden („zuckerkörnigen“) Kristallmasse. Im Unterschied
zum Quarz sind die Alkalifeldspäte weitgehend intakt und zeigen bei geeignetem
Anschnitt nahezu rechteckige Umrisse. Auf der rauhen Bruchfläche des Gesteins lassen
sich die Netztextur und der granulierte Quarz am besten beobachten. Die
Alkalifeldspäte sind hier gleichmäßig leuchtend rot gefärbt. Dunkle Minerale sowie
Plagioklas fehlen oder kommen nur in geringer Menge vor (Beschreibung in
Hesemann 1939 und Zandstra 1988, 1999; s. a. skan-kristallin.de).
Granite mit zuckerkörnigem Quarz sind auch aus Småland bzw. dem Transskandinavischen Magmatitgürtel (TIB) bekannt und werden in der Geschiebekunde als „Vislanda-Granit“ bezeichnet. Zwar unterscheiden sich die bisher vorliegenden Anstehendproben deutlich vom Habitus des „Bottnischen“ Gneisgranits, unklar ist aber, ob es nicht ganz ähnliche Granite auch innerhalb des TIB gibt. So ist der „Bottnische“ Gneisgranit zwar ein regelmäßiger Begleiter von Åland-Gesteinen, als Leitgeschiebe aber nicht geeignet.