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Helsinkit

Abb. 1: Helsinkit-Geschiebe von Aluksne (Lettland), leg. O. Mellis. Sammlung Bennhold im Museum Fürstenwalde. Originalgestein zu MELLIS 1928.

Helsinkit ist eine Lokalbezeichnung für Albit-Epidot-Gesteine, die zuerst aus Finnland beschrieben wurden und dort an mehreren Lokalitäten vorkommen („Albit-Epidot-Pegmatit“ in LAITAKARI 1918; Analyse eines Gesteins von der Insel Suursaari in TRÖGER 1969). Helsinkit-Geschiebe finden sich verbreitet im Baltikum. Nach einem Fundbericht aus Lettland (MELLIS 1928) setzte in Deutschland eine rege Sammeltätigkeit und Diskussion der Gesteine ein (MELLIS 1931, 1932). Der Helsinkitbegriff wurde im Laufe der Zeit erweitert, dabei auch quarz- oder mikroklinführende Gesteine einbezogen. Aus petrographischer Sicht ist die Bezeichnung heute veraltet. In LE MAITRE 2004 werden sie als magmatische Gesteine klassifiziert, in FETTES & DESMONS 2007 nicht erwähnt.

Abb. 2: Nahaufnahme: weißer Feldspat bis 5 mm, umgeben von einer rotbraunen und feinkörnigen Matrix; Quarz fehlt.

Nach HYTÖNEN 1980: 26 ist Helsinkit ein mittel- bis grobkörniges, manchmal auch pegmatitisches Gestein aus größeren weißen bis hell rosafarbenen Albit-Kristallen (5 mm – 2 cm) und einer feinkörnigen und rot- bis violettbraunen Matrix aus Epidot. Als Nebengemengteile können Mikroklin, Quarz, Chlorit und Biotit auftreten. Das Gefüge der Albit-Kristalle ist mehr oder weniger kataklastisch (zerbrochene Feldspäte, unregelmäßige Formen), meist ungleichkörnig, bisweilen auch gneisig. Durch Hämatit rotbraun gefärbter Epidot bildet die Füllmasse in den Zwickeln. Helsinkit entsteht bei Metamorphose bei tiefen Temperaturen und Metasomatose, im Zusammenhang mit der Bewegung von Krustenblöcken.

Bei der Bestimmung von Geschieben ist zu bedenken, dass weder der Feldspat als Albit (Na-Plagioklas) ein ggf. vorhandener zweiter Feldspat als Mikroklin, noch die feine Grundmasse als Epidot von Hand sicher bestimmbar sind. Die handliche und kurze, zudem veraltete Bezeichnung Helsinkit wird allein wegen der Ähnlichkeit hinsichtlich Gefüge und Farbe mit den finnischen Gesteinen verwendet. Zwei Helsinkit-Geschiebe beschreiben MEYER K-D 1987 und BURGATH & MEYER 1989.

Helsinkit-Geschiebe lassen sich keiner näheren Herkunft zuordnen. Sie scheinen bevorzugt in ostschwedisch-baltischen Geschiebegemeinschaften aufzutreten und stammen zum größten Teil nicht aus Finnland. Es ist mit zahlreichen und weit verstreuten Vorkommen im gesamten nordischen Grundgebirge zu rechnen, insbesondere am Grund der Ostsee (Geschiebe auf Öland, Abb. 8). Auf die Leitgeschiebe-Problematik weist bereits MELLIS 1925 hin, trotz weitgehender Übereinstimmungen von Geschiebefunden mit finnschen Anstehendproben. Abb. 1-10 zeigt „typische“ Helsinkit-Geschiebe, Abb. 11-14 Funde mit etwas abweichenden Merkmalen.

Abb. 3: Helsinkit-Geschiebe, Kiesgrube Teschendorf bei Oranienburg, Breite 17 cm.
Abb. 4: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 5: Polierte Schnittfläche. Stellenweise ist etwas grüner Epidot erkennbar.
Abb. 6: Relativ gleichkörniges Helsinkit-Geschiebe, Breite 9,5 cm, Kiesgrube Hoppegarten bei Müncheberg.
Abb. 7: Kleines Helsinkit-Geschiebe mit etwas hellgrünem Epidot. Kiesgrube Althüttendorf (Brandenburg), Aufnahme unter Wasser.
Abb. 8: Quarzführender Helsinkit; Geschiebefund aus Schweden, Geröllstrand bei Eskilslund, NW-Öland.
Abb. 9: Ungleichkörniger Helsinkit mit rot- bis violettbraunen Sekundärmineralen, Aufnahme unter Wasser; Kiesgrube Buchholz bei Prenzlau.
Abb. 10: Grobkörniges, quarzfreies und helsinkitartiges Gestein mit aplitischer Partie (unten). Strandgeröll von Gdynia (PL), nass fotografiert.

Abb. 11-13 ist ein gleichkörniger Metasomatit, ähnlich dem Helsinkit, aus weißem bis cremefarbenem, teils transparentem Feldspat und einer feinkörnigen rosa Matrix. Die gelbe Farbe ist nur auf der verwitterten Außenseite zu sehen. Keilförmige Umrisse einiger gelber Mineralkörner sprechen für (alterierten) Titanit. Die Feldspäte scheinen teilweise perthitische Entmischung aufzuweisen (kein Albit).

Abb. 11: Helsinkit?, Kiesgrube Waddeweitz/Kröte (Wendland, Niedersachsen), Aufnahme unter Wasser.
Abb. 12: Polierte Schnittfläche
Abb. 13: Nahaufnahme; epidotisierte Mineralkörner (Chlorit?), etwas Quarz in den Zwickeln zwischen den Feldspäten.
Abb. 14: Alteriertes granitoides Gestein, Kiesgrube Oderberg-Bralitz (Brandenburg), Aufnahme unter Wasser.

Die roten Feldspäte sind teilweise Karlsbader Zwillinge und damit kein Albit, sondern Kalifeldspat. Das Gestein ist ein alteriertes granitoides Gestein (kein Helsinkit) mit einer feinkörnigen rotbraunen, wahrscheinlich größtenteils aus Epidot bestehenden Grundmasse.

Epidotisierte Granitoide

Abb. 15: Epidotisierter Granitoid („Helsinkit, schwedischer Typ“), Geschiebe aus einer Kiesgrube bei Fürstenwalde/Spree, leg. 10.9.1911 W. Bennhold (Sammlung im Museum Fürstenwalde); Nach MELLIS 1931 besteht das Gestein aus Mikroklin, Albit und Epidot sowie Spuren von Chlorit und Quarz.

Kein besonders seltener Geschiebefund sind grobkörnige, teilweise kataklastische granitoide Plutonite (augenscheinlich oft Quarzsyenite) aus rotem Alkalifeldspat und einer feinkörnigen Zwischenmasse aus grünem Epidot. Quarz fehlt oder tritt in wechselnden Mengen auf, meist ist auch etwas Chlorit enthalten. Solche Gesteine sind weit verbreitet, in Schweden, Finnland, Norwegen (MELLIS 1931) oder im Bohuslän-Gebiet (ASKLUND 1947: 74).

Es dürfte sich dabei nicht um metasomatische Bildungen im engeren Sinne handeln, da hydrothermale Überprägung im Randbereich von Plutonen regelmäßig zu beobachten ist. Kataklase schafft Wegbarkeiten für epidotreiche hydrothermale Fluide, die bei der hydrothermalen Zersetzung von Ca-Plagioklas entstehen und in den Zwickeln der von der Alteration nicht betroffenen Minerale (v. a. Kalifeldspat) zur Abscheidung kommen. Statt „metasomatischer Granit“ spricht man besser schlicht von einem epidotisierten, genauer: saussuritisierten Granit bzw. Granitoid. Als Saussuritisierung bezeichnet man die Alteration von Ca-Plagioklas in ein feinkörniges weißes, grünes oder graues Mineralgemisch aus Klinozoisit, Zoisit, Albit, Epidot und weiteren Mineralen (FETTES & DESMONS 2007:192). Welche Minerale in der feinkörnigen Zwischenmasse tatsächlich vorhanden sind, ließe sich nur durch genauere Untersuchungen zu klären. Eine hellgrüne Färbung spricht für einen signifikanten Epidot-Anteil.

Solche alterierten Plutonite können ein weitgehend geregeltes magmatisches bis kataklastisches Gefüge (irreguläre Umrisse und zerbrochene Feldspäte) aufweisen. Offenbar können durch hydrothermale Überprägung auch Teile des primär magmatischen Quarzes mobil geworden sein, da dieser häufig nur in geringer Menge enthalten ist. Viele Geschiebe besitzen daher eine augenscheinlich quarzsyenitische Zusammensetzung, allerdings können zusätzliche Anteile von granuliertem Quarz in der feinkörnigen Grundmasse verborgen sein.

Von historischem Interesse und nicht mehr zur Verwendung empfohlen ist die veraltete Bezeichnung „Helsinkit, schwedischer Typ“ (Abb. 15) für solche alterierten Plutonite. Auch besteht eine Überschneidung mit der Bezeichnung „Unakit“ im Sinne des Erstbeschreibers (s. Unakit).

Abb. 16: Epidotisierter Granitoid (Quarzsyenit), Geschiebefund von Älekinta auf Öland. Breite des Steins 18 cm.

Das Gestein besteht im Wesentlichen aus rotem Alkalifeldspat, teilweise imprägniert durch ein rotbraunes Pigment. Auch geringe Anteile eines zweiten Feldspats (weiß) sowie etwas Quarz sind erkennbar. Die feinkörnige Grundmasse enthält wechselnde Mengen von hellgrünem Epidot, chloritisierte dunkle Minerale sowie gelblichen Titanit.

Abb. 17: Kataklastischer Plutonit (Quarzsyenit) mit rosa Alkalifeldspat, etwas Quarz und reichlich hellgrünem Epidot. Kiesgrube Hoppegarten, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 18: Nahaufnahme, nass fotografiert.
Abb. 19: Riesenkörniger Granitoid mit blassrotem Alkalifeldspat bis 5 cm Länge und einer schwarzgrünen Grundmasse. Großgeschiebe aus dem Tagebau Jänschwalde, Breite 36 cm.
Abb. 20: Handstück mit frischer Bruchfläche, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 21: Nahaufnahme: Die feinkörnige Grundmasse besteht im Wesentlichen aus schwarzem Glimmer und/oder Chlorit Mineral und hellgrünem Epidot. Vereinzelt sind hellgraue Quarzkörner erkennbar. Der Zusammensetzung nach handelt es sich um einen Quarzsyenit.

Das nächste Beispiel ist ein Granit mit Blauquarz, weißen Feldspäten und roten Hämatit-Pigmenten. Die Feldspäte sind durch tektonische Einwirkung zerbrochen, teilweise weisen sie staffelartige, mit Quarz oder dunklen Mineralen verfüllte Risse auf. Epidot als sekundäre Bildung fehlt.

Abb. 22: Kataklastischer Granit mit Blauquarz und undeutlich konturierten, von subparallelen Klüften durchzogenen Feldspäten. Kiesgrube Hoppegarten (Brandenburg).
Abb. 23: Epidotisierter Granitoid, Kiesgrube Niederlehme bei Berlin, Breite des Steins 9,5 cm.
Abb. 24: Epidotisiertes Band in einem Monzogranit, Kiesgrube Fresdorfer Heide bei Potsdam.

Hier erkennt man sehr schön die Auswirkung hydrothermaler Alteration auf die einzelnen Mineralbestandteile: in einem begrenzten Bereich wurden die gelblichen Plagioklase kräftig epidotisiert und auch die wenigen dunklen Minerale weitgehend umgewandelt, während der rote Alkalifeldspat und hellgrauer Quarz unverändert erscheinen.

Abb. 25: Grobkörniger Plutonit mit feinkörniger Grundmasse, Bruchfläche, Aufnahme unter Wasser, Kiesgrube Niederlehme bei Berlin.

Die weißen Feldspäte weisen klare Formen auf, sind nicht zerbrochen und teilweise als Karlsbader Zwilling entwickelt. Dies sowie perthitische Entmischungen und Einschlüsse von rotbraun-grünlichem Epidot innerhalb der Feldspäte weist auf Kalifeldspat hin.

Abb. 26: Nahaufnahme. Die Grundmasse enthält grünliche bis rötlichbraune feinkörnige Anteile (Epidot), neben etwas grauem Quarz, kleineren Feldspäten und dunklen Mineralen.

Literatur

www.kristallin.de

www.skan-kristallin.de

ASKLUND B 1923 Petrological studies in the neighbourhood of Stavsjö – SGU Arsbok. 17, 1923, S.40.

ASKLUND B 1947 Svenska Stenindustriomraden I-II Gatsten och Kantsten – Arsbok 40 (1946) No. 3, Sveriges Geologiska Undersökning Ser. C, No. 479; 187 S., 9 Abb., 8 Tafeln. Stockholm 1947

BURGATH KP & MEYER K-D 1989 Zwei Syenit-Geschiebe von Volksdorf bei Lüneburg – Archiv für Geschiebekunde 1 (1): 5-8, 1 Taf., Hamburg.

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FETTES D & DESMONS J 2007 Metamorphic Rocks: A Classification and Glossary of Terms. Recommendations of the International Union of Geological Sciences Subcommission on the Systematics of Metamorphic Rocks – 258 S., Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 0521868106.

HESEMANN J 1929 Beiträge zur Kenntnis kristalliner Geschiebe – Zeitschrift für Geschiebeforschung 5 (3): 137-143, Berlin.

HESEMANN J 1930 Über einige neuere petrographische Arbeiten aus Schweden und Finnland (Helsinkite, Rapakiwi) – Zeitschrift für Geschiebeforschung 6 (4): 176-180, Berlin.

HYTÖNEN K (editor) 1980 Precambrian bedrock of southern and eastern Finland. Guide to excursions 001 A + C. 26th International Geological Congress, Paris, 1980.
Geological Survey of Finland, Espoo 1980

LAITAKARI A 1918 Einige Albitepidotgesteine von Südfinnland. Bulletin de la Commission géologique de Finlande, Vol. 51.

LEMAITRE et al 2004 Igneous Rocks: A Classification and Glossary of Terms. Edited by R. W. Le Maitre and A. Streckeisen and B. Zanettin and M. J. Le Bas and B. Bonin and P. Bateman – 252 S., Cambridge University Press, ISBN 0521619483.

MELLIS O 1928 Über das Vorkommen von Helsinkitgeschieben in Lettland – Zeitschrift für Geschiebeforschung 4 (4): 145-150, 3 Abb., Berlin.

MELLIS O 1931 Beitrag zur Kenntnis deutscher Helsinkitgeschiebe – Zeitschrift für Geschiebeforschung 7 (4): 160-173, 4 Abb., Berlin.

MELLIS O 1931 Einige Ergänzungen zu J. HESEMANNs Aufsatz: „Über einige neuere petrographische Arbeiten aus Schweden und Finnland (Helsinkite, Rapakiwi)”. – Zeitschrift für Geschiebeforschung 7 (1): 34-37, Berlin.

MELLIS O 1932: Zur Genesis des Helsinkits. Vorläufige Mitteilung – Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 54: 419-435, 8 Abb., Stockholm.

MEYER K-D 1987 Ein Helsinkit-Geschiebe von Volksdorf – Geschiebekunde aktuell 3 (3): 69-72, 1 Taf., Hamburg.

PREEDEN U, MERTANEN S, ELMINEN T, PLADO J 2009 Secondary magnetizations in shear and fault zones in southern Finland. Tectonophysics 479, 3-4, S. 203-213.

SIMONEN A 1948: On the petrochemistry of the infracrustal rocks in the Svecofennidic territory of southwestern Finland. Govt. Press Vol. 141

SIMONEN A 1971 Das finnische Grundgebirge – Geologische Rundschau, 1971, Bd. 60, S. 1406-1420.

TRÖGER E 1935 Spezielle Petrographie der Eruptivgesteine; Nr. 199, S. 92. Unveränderter Nachdruck 1969, Verlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft.

ZANDSTRA J G 1988 Noordelijke kristallijne gidsgesteenten, E. J. Brill 1988

Geschiebesammeln in Polen, Teil 2: Gdynia

Abb. 1: Steilküste von Orłowo, Sandstrand mit lockerer Geschiebebestreuung.

Im Stadtgebiet von Gdynia liegt das Orłowo-Kliff. Auf knapp 2 km Länge ist eine Steilküste bis 60 m Höhe aufgeschlossen, die aus Geschiebemergel und sandigen bis kiesigen Sedimenten der Weichsel- und Saale-Vereisung (Warthe, evtl. auch Drenthe) mit Spuren glazialer Deformation besteht (KAULBARSZ D 2005).

Abb. 2: Mächtiger Geschiebemergel der Warthevereisung am Kliff Orłowo (vgl. KAULBARSZ D 2005).
Abb. 3: Glazitektonisch verfaltete Sande und Geschiebelehm.
Abb. 4: Nahaufnahme einer steilgestellten Sequenz aus glazialen Sanden. Bildbreite ca. 1 m.

Als Besonderheit finden sich im nördlichen Teil miozäne Sedimente, meist Sande mit eingeschalteter Braunkohle, die Verwerfungen und Vermengungen mit den glazialen Sedimenten bilden. Miozäne Ablagerungen im östlichsten Pommern beschreibt schon DEECKE 1899: 119-125. Demnach sehen die Sande durch beigemengten weißen Ton sehr charakteristisch aus; weiterhin treten fette graue Tone, schmale mulmige Braunkohlebänder sowie Wurzelquarzite auf. In Orłowo (Adlershorst) stehen Miozänsedimente in einer Mächtigkeit von 30-40 m an: unten Schluffsande, darüber eine dicke Tonlage, grüne tonige Sande, schließlich feine weiße Sande.

Die folgenden Bilder zeigen Anschnitte miozäner Sedimente. Charakteristisch ist eine intensive Wechsellagerung dunkler und heller Schichten, teilweise mit kohligen Einschaltungen.

Abb. 5: Leicht nach Süden einfallende helle Feinsande und graue Schluffe werden von einer Sequenz mit feiner Wechsellagerung erosiv gekappt.
Abb. 6: Nahaufnahme, Bildbreite 1,50 m.
Abb. 7: Ein weiterer Anschnitt mit einer ähnlichen Sequenz, vermutlich glazitektonisch verformt.
Abb. 8: Flaserige Wechsellagerung von hellen Sanden und grauen Schluffen. Bildbreite 70 cm.
Abb. 9: Kohlige Lagen innerhalb der miozänen Sande. Bildbreite 55 cm.

Unter den Geschieben ist der Anteil von Gesteinen aus Dalarna höher und an Åland-Kristallin etwas geringer als in Jastrzębia Góra. Brauner Ostsee-Quarzporphyr findet sich sehr häufig (+ 1 Ostsee-Syenitporphyr, Abb. 22), Roter Ostsee-Quarzporphyr ist deutlich seltener. Hin und wieder sieht man braune oder schwarze Feuersteine der Oberkreide. Geschiebe von Kugelsandstein wurden nicht gefunden, auf ein östliches Herkunftsgebiet weisen aber mehrere Dolomit-Geschiebe hin (Oberes Silur, Devon; Abb. 33). Die Beobachtungen decken sich mit den Angaben in DEECKE 1899, der noch Kalke des Obersilurs als häufigen Fund hinzufügt (s. a. KOWALEWSKA 2020).

Abb. 10: Geschiebestrand, Bildbreite 60 cm. Unten rechts ein brauner Feuerstein. Weiterhin im Bild erkennbar: Brauner Ostsee-Quarzporphyr, Roter Ostsee-Quarzporphyr, einige paläozoische Kalke.

Am Strand fallen ziemlich schnell hellgraue bis grünlichgraue und sehr leichte Kreidekalke auf (Abb. 11-14). Die Gesteine sind meist stark bioturbat, Glaukonit ist reichlich enthalten. Es dürfte sich um Nah- oder Lokalgeschiebe, um die glaukonitische „harte“ Kreide Westpreußens handeln (Deecke 1907: 86). Sie ähnelt dem Arnagerkalk und enthält bisweilen Schwammreste (Ventriculites?). Ob das Gestein zeitlich dem Arnagerkalk gleichzusetzen ist, ist unklar, da Transgressionen und Regressionen in verschiedenen Bereichen des Kreidemeeres zu unterschiedlichen Zeiten einsetzten.

Abb. 11: Lokalgeschiebe: „harte“ Kreide, ähnlich dem Arnagerkalk. Bildbreite 35 cm.
Abb. 12: Bioturbater Kreidekalk mit Glaukonitkörnern. Angeschnitten ist ein verkieselter Kreideschwamm (Ventriculites?). Breite 12 cm.
Abb. 13: Gleicher Geschiebetyp mit Bioturbation. Im angefeuchteten Zustand verstärkt sich die grünliche Färbung des Gesteins. Breite 10 cm.
Abb. 14: Glaukonitischer Kreidekalk, feucht fotografiert.

Geschiebe aus Dalarna

Abb. 15: Grönklitt-Porphyr, Breite 10 cm.
Abb. 16: Älvdalen-Ignimbrit, Breite 18 cm.
Abb. 17: Venjan-Porphyrit, Breite 13 cm.
Abb. 18: Garberg-Granit, Breite 13 cm.
Abb. 19: Konglomeratischer Sandstein mit jaspisartigem Zement. Evtl. aus Dalarna. Breite 7 cm.

Vereinzelt finden sich Granite des TIB, und zwar weniger die gleichkörnigen Granite vom Växjö-Typ, vielmehr porphyrische Varianten wie der Kinda-Granit aus NE-Småland mit den typischen orangefarbenen Feldspat-Säumen um einzelne größere und braune Alkalifeldspat-Einsprenglinge.

Abb. 20: Kinda-Granit, Breite 11 cm.
Abb. 21: Gleichkörniger Alkalifeldspatgranit (Rapakiwi) mit hellen Quarzen; Herkunft unbekannt. Breite 10 cm.
Abb. 22: Eher unauffällige Variante des Ostsee-Syenitporphyrs, einziger Fund im Gebiet der Danziger Bucht. Breite 12 cm.
Abb. 23: Bottenseeporphyr, brauner Quarzporphyr vom Typ Näsby? Nass fotografiert.
Abb. 24: Nahaufnahme. Das Gestein enthält nur sehr wenige kleine und eckige Quarze.
Abb. 25: Nahaufnahme der polierten Schnittfläche.
Abb. 26: Grüner Quarzporphyr, Bottenseeporphyr vom Typ Andeskeri. Nass fotografiert.
Abb. 27: Die Nahaufnahme zeigt schmale helle Säume um größere und magmatisch korrodierte Quarze. Auch eine zweite Generation (?) kleiner Quarze ist erkennbar. Nahaufnahme unter Wasser.
Abb. 28: Grüner Quarzporphyr, Herkunft unbekannt. Breite 12 cm.
Abb. 29: Helsinkitartiges Gestein (Metasomatit). Weißer Feldspat besitzt ein brekzienartiges Gefüge. Die Zwischenräume sind mit einem feinkörnigen rotbraunem Material verfüllt. Nass fotografiert.
Abb. 30: Nahaufnahme. Etwas Biotit oder Chlorit ist vorhanden, Quarz nicht erkennbar.
Abb. 31: Helsinkitartiges Gestein (Metasomatit) aus gelbem Feldspat und einer violettgrauen, teils körnigen (und feldspathaltigen) Zwischenmasse. Auch Quarz sowie gelber Titanit und glimmerartige dunkle Minerale sind in geringer Menge enthalten. Breite 13 cm.
Abb. 32: Feinkörniger und leicht verfalteter Gneis (Leptit) mit schwarzen Flecken. Breite 13 cm.
Abb. 33: Cremefarbener Dolomit, Breite 10 cm.

Am Strand von Orłowo und in den umliegenden Hügeln finden sich Relikte einer langen militärischen Nutzung. Das Gebiet war bis zum Ende des Kalten Krieges ein strategisch wichtiger Punkt zur Verteidigung der Danziger Bucht.

Abb. 34: Reste militärisch genutzter Bauten am Strand.
Abb. 35: Drehbares polnisches 130 mm-Artilleriegeschütz.

Literatur

DEECKE W 1907 Geologie von Pommern – VI+302 S., 40 Abb., div. Tab., Sachregister, Ortsregister, Berlin (Borntraeger).

DEECKE W 1899 Geologischer Führer durch Pommern – Sammlung geologischer Führer 4: 132 S., 7 Abb., S. 119-125, Berlin (Borntraeger).

KAULBARSZ D 2005 Budowa geologiczna i glacitektonika klifu orołwskiego w Gdyni – Przeglad Geologiczny 53, 7, S. 572-581.

KOWALEWSKA A 2020 Trilobites and associated fauna from Baltoscandian erratic boulders at Orłowo cliff, Northern Poland – Fragmenta Naturae (Formerly Nature Journal) 53: 17–26, Opole Scientific Society ISSN 2544-3941.

SOKOŁOWSKI, RJ (Ed.) 2014 Ewolucja środowisk sedymentacyjnych regionu Pobrzeża Kaszubskiego – 126 S, Wydział Oceanografii i Geografii Uniwersytetu Gdańskiego.

WOŹNIAK P, CZUBLA P, WYSIECKA G & DRAPELLA M 2009 Petrographic composition and directional properties of tills on the NW surroundings of the Gdansk Bay, Northern Poland – Geologija 51, S. 59-67.