2.1. Kullaberg und Kullaite

Das proterozoische Grundgebirge der SGR wird von einem jüngeren Gangschwarm aus basischen Gesteinen durchzogen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Dolerite (sog. Nordwest-Dolerite), vereinzelt treten auch exotische Ganggesteine auf, die Kullaite. Diese besitzen eine trachytische Zusammensetzung und entstehen in tieferen Krustenbereichen durch Magmenvermischung von basischen und sauren Schmelzen. Beim Aufstieg der Kullaitschmelze kann zusätzlich Nebengestein aufgenommen und assimiliert worden sein. Am Kullaberg, dem locus typicus, streichen mehrere Kullaitgänge aus, u. a. ein roter Kullait an der Lokalität Lahibiagrottan und eine braune Variante am Strand von Josephinelust (Lok. 2 auf der Karte).

Kullait von Lahibiagrottan

Etwa 200 m südlich vom Leuchtturm Kullens Fyr führt ein steiler Abstieg zur Lahibiagrottan. Diese Grotte entstand einst durch Brandung und Frosteinwirkung und liegt heute aufgrund der seit dem Ende der letzten Vereisung anhaltenden Landhebung mehrere Meter über dem Meeresspiegel. In der Nähe steht ein Kullait-Gang an.

Abb. 1: Lahibiagrottan. Anstehende Gesteine sind rotgraue Gneise (rechts) mit Einschaltungen eines roten Pegmatits (links).
Abb. 2: Grobkörniger und undeformierter Pegmatit aus weißem Quarz und rotem Alkalifeldspat. Bildbreite an der Basis etwa 1 m.
Abb. 3: Ein etwa 2 m breiter Kullait-Gang (rot) durchschlägt einen migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit. Der Altersunterschied beider Gesteine beträgt etwa 650 Millionen Jahre: der Granatamphibolit entstand während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga, der Kullait besitzt ein Alter von rund 350 Millionen Jahren.
Abb. 4: Eine schlierige, etwa 20 cm breite Übergangszone belegt eine Interaktion von aufsteigender heißer Kullaitschmelze mit dem Amphibolit.
Abb. 5: Der Kullaitgang setzt sich weiter hinten in der Felswand fort, dazwischen wurde er durch Erosion ausgeräumt. In der Umgebung finden sich zahlreiche Kullaite als Brandungsgeröll.
Abb. 6 Kullaitgeröll vom Anstehenden, trocken fotografiert.
Abb. 7: Nahaufnahme der angefeuchteten Oberfläche.

Das Gestein ist feinkörnig und auf den ersten Blick recht unscheinbar. Es besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus roten, miteinander verfilzten Feldspat-Leisten in regelloser Anordnung (Andesin, ein Na-Ca-Feldspat der Plagioklas-Gruppe, OBST 1999, 2001, vgl. a. TRÖGER 1935). Dunkle Minerale sind weitgehend chloritisiert und füllen die Zwischenräume, vereinzelt sind auch größere schwarze Körner erkennbar. Die Rotfärbung des Gesteins ist auf fein verteilten Hämatitstaub zurückzuführen. Einige größere und etwas hellere Feldspat-Einsprenglinge weisen an den Rändern Spuren von Resorption (magmatische Korrosion) auf.

Abb. 8: Ein weiteres Kullait-Geröll von Lahibiagrottan, Aufnahme unter Wasser.

Neben einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit als Wirtgestein für den roten Kullait (Abb. 3), steht am östlichen Abstieg zur Lokalität Lahibiagrottan ein weiterer Granatamphibolit an.

Abb. 9: Grobkörniger Granatamphibolit, Bildbreite etwa 80 cm.
Abb. 10: Loser Stein vom Anstehenden. Das Gestein enthält viel Granat; einige der runden Granat-Porphyroblasten besitzen einen hellen Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas.
Abb. 11: Migmatischer Granatamphibolit, Strandgeröll von Lahibiagrottan.
Abb. 12: Granatamphibolit mit großen Granat-Porphyroblasten ohne Plagioklas-Säume. Loser Stein an der Lokalität Lahibiagrottan. Bildbreite etwa 20 cm.

Kullait von Josefinelust

Abb. 13: Die Lokalität Josefinelust liegt etwa 2 km östlich von Kullens Fyr. Ein steiler Abstieg führt zum Strand.
Abb. 14: Dort steht ein etwa 80 cm breiter Kullait-Gang an, scharf begrenzt von rotgrauen Gneisen des Grundgebirges.
Abb. 15: Der Kullait-Gang verläuft parallel zur Küste, weist eine nordwestliche Streichrichtung auf und lässt sich auf einer Länge von etwa 300 m im Gelände verfolgen.
Abb. 16: Bräunlichroter Kullait von Josefinelust, Anstehendprobe mit polierter Schnittfläche.
Abb. 17: Gleicher Stein, Nahaufnahme.

Das feinkörnige Gestein besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus leistenförmigem Feldspat und dunklen Mineralen. Wenige größere Feldspat-Einsprenglinge sind heller gefärbt als die Grundmasse und weisen Spuren magmatischer Korrosion auf.

Abb. 18: Kullait von Josefinelust als Strandgeröll, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 19: Nahaufnahme; am linken Bildrand ein mit weißem Calcit gefüllter Hohlraum innerhalb eines länglichen roten Xenoliths.

Mit Calcit gefüllte Hohlräume sind an rote und tropfenförmige Xenolithe gebunden, die einen ähnlichen Mineralbestand wie die Grundmasse aufweisen, aber gröber kristallisiert sind. Xenolithe und Calcit treten gelegentlich auch im roten Kullait von Lahibiagrottan auf.

Ebenfalls von Josefinelust stammt ein grünlich-brauner Kullait mit hellen Feldspat-Einsprenglingen. Es handelt sich um einen einzelnen Fund als Strandgeröll, anstehend konnte das Gestein nicht beobachtet werden.

Abb. 20: Grünlich-brauner Kullait, Strandgeröll von Josefinelust.
Abb. 21: Die Gesteine am Geröllstrand von Josefinelust stammen ganz überwiegend aus der unmittelbaren Umgebung: rotgraue und magnetische Gneise (Järngneise), mafische Granulite und Amphibolite.

2.2. Kullaite als Geschiebe

Abb. 22: Drei Kullait-Varianten vom Kullaberg im Vergleich, Aufnahme unter Wasser.

Die Motivation, einen Kullait in Norddeutschland als Geschiebe zu finden, lässt sich wohl mit der Seltenheit und dem exotischen Charakter des Gesteinstyps erklären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um feinkörnige und auf den ersten Blick eher unauffällige Gesteine handelt, die aufgrund der geringen Ausdehnung der Vorkommen nur sehr selten in Erscheinung treten. Allgemeine Kennzeichen sind das doleritähnliche (ophitische) Gefüge aus verfilzten Feldspat-Leisten und dunklen, meist stark alterierten Mineralen. Die Gesteine können rot, rotbraun bis braun, grau oder grünlichbraun gefärbt sein. Zusätzlich können wenige korrodierte Feldspat-Einsprenglinge, Enklaven mit Fremdgestein, helle runde oder tropfenförmige Bereiche mit etwas gröber kristallisierten Feldspat-Leisten sowie mit Calcit gefüllte Blasenhohlräume auftreten.

Die Analyse eines Kullaits von Kullagarden (Tröger 1935: Nr. 288) ergab folgende Zusammensetzung (Gew.%): 55 Plagioklas, 18 Chlorit +/- Epidot, 13 Orthoklas („Einsprenglinge“), 10 Erz, 4 Quarz, Apatit und Calcit.

Neben den Kullaiten vom Kullaberg (weitere Abbildungen auf skan-kristallin.de) und anderen Lokalitäten in SW-Schweden (Dalby, Torpa Klint) sind Kullait-Vorkommen auch aus der Fortsetzung des NE-streichenden Gangschwarms von Bornholm (Bjergebakke) sowie aus dem Oslograben (Grefenskollen) bekannt. Die Gesteine besitzen also eine weite Verbreitung und sind weder als Leitgeschiebe geeignet, noch lassen sich Kullait-Gerölle allein anhand äußerlicher Merkmale auf eine bestimmte Lokalität zurückführen (OBST 2001, Abbildungen auch auf kristallin.de).

2.3. Kullaberg: Ransvik

Am Strand von Ransvik (Lok. 2 auf der Karte) bildet ein ausgesprochen grobkörniger Granatamphibolit eine gangförmige Einschaltung in grauen migmatitischen Gneisen. Der Name der Lokalität („Diamantklipporna“) ist auf die Kristallflächen der Amphibole zurückzuführen, die bei Sonnenschein „wie Diamanten“ schillern (Naturschutzgebiet, kein Hammer!).

Abb. 23: Granatamphibolit am Strand von Ransvik.
Abb. 24: Nahaufnahme des grobkörnigen Amphibolits.
Abb. 25: Granatreiche Partie mit großen Granat-Porphyroblasten, teilweise umgeben von einem hellen Plagioklas-Saum. Bildbreite 26 cm.
Abb. 26: Die intensive Bruchtektonik der Sorgenfrei-Tornqvist-Zone zeigt sich an den Gneisen von Ransvik als rhombisches Kluftmuster.
Abb. 27: Tektonische Brekzie, Strandgeröll von Ransvik. Das aplitähnliche Gestein wird von Rissen durchzogen, die mit einer Masse aus Feldspat, Quarz und grünen Mineralen (Chlorit o. ä.) verfüllt sind.

Literatur

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.

OBST K 1999 Die permosilesischen Eruptivgänge innerhalb der Fennoskandischen Randzone (Schonen und Bornholm) – Untersuchungen zum Stoffbestand, zur Struktur und zur Genese. Greifswalder Geowissenschaftliche Beiträge 7/1999 S. 1-121

OBST K 2001 Kullaite und ihre Bedeutung als Leitgeschiebe – Geschiebekunde aktuell, Nr. 17, 75-84, Hamburg, Juli 2001.

TRÖGER WE 1935 Spezielle Petrographie der Eruptivgesteine – Ein Nomenklatur-Kompendium mit 1. Nachtrag Eruptivgesteinsnamen – Verlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, unveränderter Nachdruck 1969.