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Geschiebesammeln zwischen Elmenhorst und Geinitzort

Abb. 1: Strand am Geinitzort mit Gedenkstein zu Ehren von Prof. Eugen Geinitz (1854-1925), der „Vater“ der Geologie Mecklenburgs.

Im Rahmen der 40. Jahrestagung der Gesellschaft für Geschiebekunde in Rostock am dritten Wochenende im April 2025 ergab sich die Gelegenheit zum Geschiebesammeln. Bei bestem Sonnenschein bot sich am Steilufer zwischen Elmenhorst Strand und Geinitzort, westlich von Rostock, ein farbenprächtiges Nebeneinander aus gut gerundeten Geschieben, von denen einige fotografisch dokumentiert werden konnten und die Mehrzahl von ihnen vor Ort belassen wurde.

Abb. 2: GfG-Jahrestagung im Großen Hörsaal der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock.

Dieser Artikel schließt an den Fundbericht zum unmittelbar westlich gelegenen Ufer bei Nienhagen an. An beiden Lokalitäten streichen zwei weichselkaltzeitliche Geschiebemergel aus, ein liegender grauer, etwa 15.000 Jahre alter Geschiebemergel des Pommerschen Stadiums und ein brauner Geschiebemergel des vor ca. 13.200 Jahren einsetzenden Mecklenburger Stadiums. Weiter östlich, entlang der Stoltera, wurden auch Geschiebemergel älterer weichselzeitlicher Eisvorstöße abgelagert (SCHULZ & PETERS 1989, KLAFACK 1996).

Hinsichtlich der Geschiebevergesellschaftung fällt als erstes die Dominanz von Granitoiden und Vulkaniten aus Småland auf. Etwa eine Größenordnung seltener, aber regelmäßig zu finden sind Rapakiwigesteine von Åland (Abb. 3-9) und Vulkanite aus Dalarna (Abb. 11-12). Ost-mittelschwedisches Material (Uppland-Granite, Granat-Cordierit-Gneise etc.) fallen weniger häufig ins Auge. Bemerkenswert sind zwei Funde postorogener 1,45 Ga alter anorogener Granite aus Ostsmåland (Uthammar- und Jungfrun-Granit, Abb. 39-46) sowie gehäufte Funde des Karlshamn-Granits aus Blekinge (Abb. 18-21). Im Detail unterscheiden sich die Fundmöglichkeiten im April 2025 von denen im Jahre 2021: der Braune Ostsee-Quarzporphyr trat dieses Mal nur vereinzelt auf, ebenso Basaltmandelsteine. Vom Ostsee-Syenitporphyr wurde lediglich ein einziges kleines Exemplar gefunden.

Abb. 7: Åland-Wiborgit, Breite 11,5 cm
Abb. 8: Nahaufnahme

Matthias Bräunlich stellte auf der GfG-Tagung als neues Leitgeschiebe den grünen Åland-Wiborgit vor. Es existieren Farbübergänge zwischen braun und grün, der Fund in Abb. 9 zeigt einen vollkommen grünen Rapakiwi-Granit mit Wiborgit-Gefüge.

Abb. 9: grüner Åland-Wiborgit, Breite 13,5 cm.

Abb. 10 ist ein Vulkanit mit grüner und rotbrauner Grundmasse. Die grüne Farbe könnte auf eine Vermischung von saurem mit basischem Magma zurückzuführen sein (magma mixing). Eine gewisse Ähnlichkeit zum Braunen Ostsee-Quarzporphyr ist erkennbar (kleine mafische Enklaven, die Art der Quarze).

Abb. 10: grüner und rotbrauner Hybridporphyr, Breite 9 cm
Abb. 11: Älvdalen-Ignimbrit aus Dalarna, etwa Typ Roter Rännas, Breite 11,5 cm.
Abb. 12: Einsprenglingsreicher Porphyr aus Dalarna, Breite 11,5 cm.
Abb. 13: Sala-Granit (Uppland/Mittelschweden), Breite 19 cm. Durch das Überwiegen von Plagioklas ist das Gestein nicht als Granit, eher als Granodiorit zu bezeichnen.
Abb. 14: Nahaufnahme; beide Feldspäte (Kalifeldspat und Plagioklas) sind weiß und daher nur schwer unterscheidbar. Eckige Feldspäte mit grünem Kern weisen auf Plagioklas hin.
Abb. 15: Biotitgranit mit weißem Alkalifeldspat und rotbraunem Plagioklas, Herkunft unbekannt (Mittelschweden?). Breite 9,5 cm.

Als nordschwedisches Leitgeschiebe und einer der Granite mit dem weitesten „Reiseweg“ gilt der Sorsele-Granit aus Nordschweden. Neben der blass rotgrauen Grundmasse aus Quarz und Alkalifeldspat und größeren und runden Ansammlungen dunkler Minerale gelten einige rhombenförmige Plagioklas-Einsprenglinge als Erkennungsmerkmal.

Abb. 16: Granitgeschiebe, Typ Sorsele-Granit, Breite 9 cm.

Von Nordschweden geht es ganz in den Süden von Schweden, nach Blekinge. Von dort stammt der Karlshamn-Granit, ein porphyrischer Granit aus blassrotem Alkalifeldspat (häufig als Karlsbader Zwilling), weißem Plagioklas, grauem oder braungrauem Quarz sowie reichlich braunem Titanit innerhalb der Biotit-Aggregate. Man braucht eine gute Beleuchtung zum Erkennen des Titanits. Der Karlshamn-Granit tritt in Elmenhorst gehäuft auf.

Abb. 18: Karlshamn-Granit, ein postorogener und etwa 1,45 Ga alter Granit aus Blekinge. Breite 11,5 cm.
Abb. 19: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.

Die folgenden Bilder zeigen eine Auswahl von Småland-Vulkaniten und -Graniten, wie sie am Strand bei Elmenhorst in Hülle und Fülle zu finden sind. Unter den Småland-Vulkaniten werden Påskallavik-Porphyr, Emarp-Porphyr und einige Vulkanite aus der Gegend von Lönneberga als Leitgeschiebe angesehen.

Abb. 22: Påskallavik-Porphyr, Breite 16 cm.
Abb. 25: Emarp-Porphyr, Breite 75 mm.
Abb. 28: Solche grünlichgrauen Porphyre kommen auch im Lönneberga-Gebiet vor. Breite 85 mm.
Abb. 29: Einsprenglingsreicher intermediärer Vulkanit mit Fragmenten basischer Gesteine und anderer Vulkanite (Lönneberga-Porphyr?). Breite 12 cm.
Abb. 30: Lönneberga-Lapillituff mit eutaxitischem Gefüge (Ignimbrit), Breite 11 cm.
Abb. 31: Porphyr vom Högsrum-Typ, Breite 8 cm. Der Leitwert dieses Porphyrtyps ist umstritten.

Vereinzelt finden sich in Gesellschaft von Vulkaniten aus Småland auch Porphyre mit einzelnen rhombenförmigen Feldspat-Einsprenglingen, bei gleichzeitiger Abwesenheit von Geschieben aus dem Oslograben oder dem Gebiet des Vaggeryd-Syenits. Möglicherweise bestanden in den aus bimodalem Magmatismus hervorgegangenen Porphyrgängen in Ostsmåland auch Bildungsbedingungen für Hybridporphyre mit rhombenförmigen ternären Feldspäten. Entsprechende Nahgeschiebe aus Småland, die diese Vermutung untermauern könnten, liegen bislang allerdings nicht vor.

Abb. 32: Rhombenführender Porphyr, Breite 10 cm.

Die meisten der zahlreichen Porphyr-Geschiebe mit lebhaften Farben und leuchtend blauem Quarz lassen sich grob auf das Gebiet des Transkandinavischen Magmatitgürtel (TIB), insbesondere Småland zurückführen, ein genaues Vorkommen lässt sich in der Regel aber nicht verorten (Abb. 33-38).

Geschiebefunde der postorogenen und etwas jüngeren (1,45 Ga)-Granite aus Ost-Småland (Götemar-, Jungfrun und Uthammar-Granit) sind selten, schwer erkennbar und mit wesentlich häufigeren Granittypen verwechselbar: der Uthammar-Granit mit gewöhnlichen roten porphyrischen Småland-Graniten, Götemar- und Jungfrun-Granit mit porphyrischen Rapakiwis.

Der Uthammar-Granit (ausführliche Beschreibung hier) besitzt ein undeutlich porphyrisches Gefüge aus teils orangeroten, teils vollroten Alkalifeldspäten und ist im Unterschied zu den allermeisten Småland-Graniten undeformiert, was sich u. a. durch das Vorhandensein einzelner Glimmerplättchen äußert, teilweise mit sechseckigen Umrissen.

Abb. 39: Uthammar-Granit, Breite 12 cm.
Abb. 40: Nahaufnahme. In den Biotit-Aggregaten ist gelber Titanit erkennbar.

Ein großes Granitgeschiebe wurde als Jungfrun-Granit bestimmt (detailierte Beschreibung hier).

Abb. 41: Jungfrun-Granit, Geschiebe von 66 cm Breite.
Abb. 42: Gefüge, nass fotografiert.
Abb. 43: Nahaufnahme

Die Granite des Småland-Värmland-Gürtels lassen sich grob nach ihrem Gefüge sowie der Farbe in (gleichkörnige) Växjö- und (porphyrische) Filipstad-Typen unterteilen. Sie kommen nicht nur um die genannten Städte, sondern in vielen Gebieten vor. Die wenigsten Geschiebefunde können einem begrenzten Vorkommen zugeordnet werden.

Gleichkörnige Växjö-Typen finden sich in Elmenhorst in großer Zahl, mit erheblichen Variationen hinsichtlich der Farbgebung. Alkalifeldspat kann blassrot bis vollrot, auch braun, Plagioklas weiß bis grünlich, gelb oder orange gefärbt sein. Quarz ist blau oder grau getönt, dunkle Minerale (Biotit) kommen in geringer Menge vor. Roter Växjö besteht hauptsächlich aus rotem Alkalifeldspat und Quarz. Weitere Attributierungen sind: Bunter Växjö (roter Alkalifeldspat, gelblicher Plagioklas), Grauer Växjö (helle, graue, blassrote Alkalifeldspäte, heller Plagioklas) und Rosa Växjö (s. SMED & EHLERS 2004:132).

Abb. 44: Småland-Granit, Typ Bunter Växjö, Breite 10,5 cm.
Abb. 45: Bunter Växjö, Breite 12 cm.

Granite vom Typ Rosa Växjö, wie von Smed & Ehlers 2004: 132 beschrieben, stammen aus der Umgebung der Stadt Växjö in Südschweden und sind in Elmenhorst gehäuft zu finden. Kennzeichnend ist eine zusammenhängende Masse aus rosa- bis bräunlichgrauem Alkalifeldspat und grauem Quarz, aus der gelbliche Plagioklas-Einsprenglinge herausstechen.

Abb. 52: Granite vom Typ Rosa Växjö, Breite 12 cm.
Abb. 53: Granit vom Typ Rosa Växjö, Breite 9,5 cm.

Småland-Granite mit porphyrischem Gefüge (Grundmasse + größere Alkalifeldspat-Einsprenglinge) werden als Filipstad-Typ bezeichnet.

Abb. 54: porphyrischer Småland-Granit mit blassrotem Alkalifeldspat und Blauquarz, Breite 11,5 cm.
Abb. 55: In Småland sehr weit verbreiteter porphyrischer Småland-Granit aus braunem Alkalifeldspat, weißem Plagioklas und Blauquarz, Breite 12 cm.

In Nordost-Småland kommen vermehrt porphyrische Granite mit braunem Alkalifeldspat, Blauquarz und orangefarbenem bis orangerotem Plagioklas vor, die darüber hinaus gelben Titanit in erheblicher Menge enthalten. In den Graniten vom Kinda-Typ (Beschreibung) werden einzelne Alkalifeldspäte teilweise oder vollständig von einem Saum aus Plagioklas umgeben.

Abb. 56: Kinda-Granit, Breite 11 cm.
Abb. 57: Kinda-Granit, Breite 11,5 cm.

Typisch für Ost-Småland und ein häufiger Fund, wenn auch etwas unauffälliger, sind die Granite vom Virbo-Typ (Beschreibung), grobkörnige und leicht deformierte rote Granite mit schmutziggrünem Plagioklas, trüb blauem oder grauem Quarz sowie reichlich gelblichem Titanit.

Abb. 58: Virbo-Granit, Breite 11 cm.
Abb. 59: Virbo-Granit, Breite 12 cm.
Abb. 60: Dieser hübsche porphyrische Granit mit grünem bis orangerotem Plagioklas könnte aus einem größeren Gebiet in NE-Småland/Östergötland stammen. Breite 10 cm.

Nicht alle bunten Plutonite sind Granite, es kommt auf das Mengenverhältnis Alkalifeldspat zu Plagioklas sowie den Anteil an Quarz zu Gesamtfeldspat und Quarz an. Abb. 61-62 zeigt Funde, in denen gelblicher bis grüner Feldspat (Plagioklas) über roten Alkalifeldspat dominiert (Granodiorit). Vergleichbare Plutonite wurden vom Verfasser anstehend in NE-Småland beobachtet.

Granit-Geschiebe, in denen wenigstens einige der größeren Alkalifeldspäte gerundet und von einem hellen Saum aus Plagioklas umgeben sind, werden als Filipstad-Granite im engeren Sinne bezeichnet, wie sie aus der Umgebung von Filipstad in Värmland bekannt sind. Ähnliche Gefüge kommen aber auch in Småland und Östergötland vor.

Abb. 63: Filipstad-Granit, Breite 10,5 cm.
Abb. 64: orangefarbener Filipstad-Granit mit dunkler mafischer Enklave, Breite 9,5 cm.

Die letzten Bilder zeigen einige weitere Funde aus Elmenhorst, darunter Kataklasite, Gneise und andere Metamorphite.

Abb. 65: Kataklasit, eine Brekzie mit Fragmenten eines feinkörnigen und augenscheinlich alterierten basaltischen Gesteins in einer grauen, wahrscheinlich ebenfalls basaltischen Matrix. Breite 11,5 cm.
Abb. 66: Epidotisierter Magmatit aus rotem Alkalifeldspat, epidotisiertem Plagioklas und Blauquarz, durchzogen von Rissen, die mit Epidot gefüllt sind. Breite 10 cm.
Abb. 67: dioritisches Gestein mit stengeligen Hornblende-Porphyroblasten, Breite 11 cm.
Abb. 68: Augengneis, Breite 12 cm.
Abb. 69: Paragneis mit violettroten Granat-Porphyroblasten und einer glimmer- und feldspatreichen Matrix, die wahrscheinlich auch Cordierit enthält. Breite 8 cm.

Am Strandabschnitt bestehen gute Fundmöglichkeiten für Fleckengesteine aus dem Västervik-Gebiet (violetter Västervik-Quarzit, Västervik-Fleckengestein, Västervik-Fleckenquarzit).

Abb. 70: Västervik-Fleckengestein (Cordierit-Granofels), Breite 10 cm.
Abb. 71: Mit einiger Wahrscheinlichkeit stammt auch dieses graue Cordierit-Fleckengestein mit kleineren weißen Sillimanit-Flecken aus dem Västervik-Gebiet. Breite 10 cm.
Abb. 72: „Leptit“ (feinkörniger Gneis) mit weißem Sillimanit, Breite 10 cm. Solche Metasedimente kommen im Västervik-Gebiet, aber auch weiter nördlich vor, z. B bei Kolmården.
Abb. 73: Strand bei Elmenhorst.

Literatur

KLAFACK R 1996 Bericht über die Exkursion zur Steilküste Nienhagen – Geschiebekunde aktuell 12 (2): 61, Hamburg.

SCHULZ W & PETERSS K 1989 Geologische Verhältnisse im Steiluferbereich des
Fischlandes sowie zwischen Stoltera und Kühlungsborn – In: Mitteilungen der
Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser- und Grundbau; Schriftenreihe Wasser- und
Grundbau 54. Berlin: Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser- und Grundbau. S. 132-148.

SMED P & EHLERS J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage 2002.