Orbiculite gehören zu den seltensten Geschiebetypen. Für den Sammler kristalliner Geschiebe ist der Fund eines Orbiculits quasi der „Lottogewinn“. Die plutonischen Gesteine fallen durch ihr kurioses und attraktives Erscheinungsbild auf. Eingebettet in eine regellose und vergleichsweise grobkörnige Grundmasse (Matrix) liegen zahlreiche, meist eiförmige Aggregate (Orbicule), die einen konzentrisch-schaligen Aufbau im Millimeter- bis Zentimetermaßstab aufweisen und Durchmesser von ca. 5-15 cm erreichen. Die Seltenheit der Orbiculite erklärt sich durch die geringe Ausdehnung ihrer Vorkommen. Aus dem Einzugsgebiet der nordischen Inlandvereisungen sind einige von ihnen bekannt, eine weit höhere Anzahl blieb aber bisher unentdeckt. Der Autor (Marc Torbohm) hatte im April 2018 das Glück, ein Orbiculit-Geschiebe in der Kiesgrube Hohensaaten an der Oder (Ost-Brandenburg) zu finden und für 2,68 € zu erwerben, was dem gewöhnlichen Preis für 60 kg Überkorn entspricht. Der Fund von Hohensaaten wird in TORBOHM et al. 2022 (download) eingehend beschrieben, neben zwei weiteren weiteren Orbiculit-Geschieben aus Norddeutschland.
Das Gestein enthält zahlreiche, in Form, Größe, Farbe, Textur und Aufbau variable Orbicule in dichter Packung. Die wenigsten Orbicule sind ideal kugelförmig, die meisten zeigen einen elliptischen Anschnitt, einige sind auch stärker deformiert. Dies ist auf eine plastische Deformation der noch duktilen Orbicule in der Schmelze zurückzuführen.
Insgesamt sind etwa 50 Orbicul-Anschnitte erkennbar, die meisten davon größer als 5 cm. Ein einzelnes Orbicul erreicht eine Länge von 20 cm (Abb. 12). Innerhalb der Orbicule lassen sich ganz unterschiedliche Texturen und Mengenverhältnisse der beteiligten Minerale beobachten. Mehrheitlich besitzen sie einen einfachen Aufbau und bestehen aus einem größeren Kern sowie einer schmalen Schale. Orbicule mit komplexem Aufbau (Abb. 3, 4) weisen einen kleineren Kernbereich und mehrere konzentrische Schalen auf. Die einzelnen Schalen zeichnen sich durch unterschiedliche Korngrößen und Mengenanteile an Feldspat (Plagioklas) und Amphibol aus. Sowohl scharf zur Grundmasse begrenzte Ränder der Orbicule, als auch allmähliche Übergänge sind zu beobachten, manchmal auch an einem einzigen Orbicul.
Die grobkörnige Matrix besteht im Wesentlichen aus weißem, durch perthitische Entmischung auch leicht grauem bis bläulichem Alkalifeldspat (bis 20 mm), schwarzem Amphibol (Kristalle bis 10 mm) und ebenfalls weißem Plagioklas (erkennbar an der polysynthetischen Verzwilligung). Stellenweise sowie in Nestern ist etwas Glimmer erkennbar. Der Quarz ist z. T. gelblich verfärbt und sitzt in den Feldspatzwickeln (kristallisierte also zuletzt aus). Die Zusammensetzung der Matrix ist quarzmonzodioritisch bis quarzmonzonitisch.
Die Orbicule weisen einen mittelkörnigen Kern mit dioritischer Zusammensetzung auf (Amphibol + Plagioklas). Nach außen folgen kleinkörnige Schalen, die ebenfalls dioritisch zusammengesetzt sind (Plagioklas, Amphibol, Biotit) und sich von Orbicul zu Orbicul in Dicke, Körnigkeit und dem Mengenverhältnis Plagioklas/Amphibol unterscheiden. Die Zusammensetzung der Orbicule wurde durch eine dünnschliffmikroskopische Untersuchung bestätigt. An keinem der Orbicule lässt sich übrigens eine radiale Ausrichtung der Mineralbestandteile in den einzelnen Schalen beobachten, wie sie von vielen anderen Orbiculiten bekannt ist (s. Boogardie-Orbiculit im Berliner Tiergarten).
Die unterschiedliche Zusammensetzung von Matrix und Orbiculen ist typisch für Orbiculite und steht im Zusammenhang mit wechselnden Kristallisationsbedingungen bei ihrer Entstehung. Im Fall des Orbiculits von Hohensaaten kristallisierten zuerst Plagioklas, Amphibol und etwas Quarz in wechselnden Mengen (quarzdioritische Zusammensetzung der Orbicule). Erst mit der finalen Kristallisation der Matrix kam es vermehrt zur Ausscheidung von Alkalifeldspat und Quarz (quarzmonzodioritische bis quarzmonzonitische Zusammensetzung). Im „Durchschnitt“ ist das Gestein nach der von der IUGS empfohlenen Klassifikation ein Quarz-Diorit bis Quarz-Monzonit.
Orbiculite entstehen, vereinfacht gesagt, im Randbereich größerer Intrusionen unter besonderen Kristallisationsbedingungen. In einem noch weitgehend schmelzflüssigen Magma mit wenig Kristallisationskeimen kann es durch Injektion von Fluiden zu einer raschen Unterkühlung und damit zu einer Übersättigung bestimmter Minerale innerhalb der Schmelze kommen. Ein komplexes Zusammenspiel aus Temperatur, Druck und Fluiden kann für eine Zeitlang eine episodische Kristallisation steuern, die sich in der Ausscheidung wechselnder Mengen mafischer Minerale und Feldspat in Gestalt konzentrischer Schalen um bereits erstarrte Partien vollzieht. Dieses einfache Genesemodell unterscheidet von Fall zu Fall (MEYER 1989, 1997). LINDH & NÄSSTRÖM 2006 geben ausführliche Erläuterungen zur Entstehung des Orbiculits von Slättemossa (Südschweden).
Den wenigen bekannten und im Allgemeinen sehr kleinen Anstehendvorkommen von Orbiculiten in Nordeuropa steht eine weitaus größere Zahl von Geschiebefunden gegenüber. Insgesamt sind aus Schweden 16 (anstehend 5), Norwegen (incl. Spitzbergen) 5 (anstehend 5) und Finnland 94 (anstehend 31) Fundlokalitäten bekannt (BURGATH & MEYER 2012). Vor allem die in LATHI 2005 hervorragend dokumentierten Geschiebefunde aus Finnland belegen, dass es zahlreiche weitere und bisher unbekannte Vorkommen geben muss, sofern diese nicht vom Inlandeis vollständig abgetragen wurden. Als mögliches Liefergebiet von Orbiculit-Geschieben kommen auch die unter Wasser gelegenen Bereiche des svekofennischen Grundgebirges in der nördlichen Ostsee in Frage.
Eine Herkunftsbestimmung von Orbiculitgeschieben aus Norddeutschland, Dänemark, Polen oder den Niederlanden ist kaum möglich. Bisher konnte in keinem einzigen Fall eine petrographische Übereinstimmung mit Anstehendproben glaubhaft nachgewiesen werden, so auch nicht beim hier vorgestellten Orbiculit von Hohensaaten. In jedem einzelnen Orbiculit-Vorkommen ist mit einer breiten petrographischen Variabilität zu rechnen. BURGATH & MEYER 2012 beschreiben alle bis dahin bekannten Geschiebefunde von Orbiculiten aus Norddeutschland (5 Funde), Dänemark (2 Funde), den Niederlanden (3 Funde) und dem heutigen Westpolen (1 Fund). Hinzu kommt ein weiterer Fund durch JENSCH 2013 in den Arkenbergen im Nordosten Berlins sowie drei weitere Orbiculite (incl. des Fundes aus Hohensaaten), beschrieben von TORBOHM et al. 2022.
Literatur
BURGATH K P & MEYER K-D 2012 Orbiculite und ähnliche Geschiebe in Norddeutschland und Dänemark (Glacial erratics of Orbiculite and similar rocks in Northern Germany and Den-mark).- Archiv für Geschiebekunde 6 (4): 239-276. Eskola P 1938 On the esboitic crystallization of orbicular rocks.- Journal of Geology 46: 448-485.
FREIBERG T M 2021 Orbiculit vom Hubertsberg.- Ein rarer Geschiebefund aus der Kieler Bucht.- Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft Mecklenburg 21: 9-10.
JENSCH J-F 2013 Ein Orbiculit von den Arkenbergen nördlich Berlin.- Geschiebekunde aktuell 29 (1): 29-31.
LAHTI S I [mit Beitr. von Raivio P & Laitakari I] 2005 Orbicular rocks in Finland.- 177 S.; Helsinki (Geological Survey of Finland).
LINDH A & NÄSSTRÖM H 2006 Crystallization of orbicular rocks exemplified by the Slättemossa occurrence, southeastern Sweden.- Geological Magazine 143 (5): 713-722.
MEYER H-P 1989 Zur Petrologie von Orbiculiten.- Dissertation der Fakultät für Bio- und Geowissenschaften der Universität Karlsruhe, 238 S.; Karlsruhe.
TORBOHM M, KALBE J, SCHNICK H, BRÄUNLICH M & OBST K 2022 Neufunde von Orbiculit-Geschieben in Norddeutschland [New records of glacial erratics of orbiculitic rocks] – Archiv für Geschiebekunde 8 (3): 149-166, 20 Abb., Hamburg/Greifswald Dezember 2022. ISSN 0963-2967.
Beim Aufstieg basaltischer Magmen aus dem Erdmantel oder von der Mantel-Kruste-Grenze können Teile des Nebengesteins mitgerissen und als Einschlüsse im basischen Gestein konserviert werden. Im nordischen Grundgebirge und als Geschiebe sind solche „einschlussführenden Diabase“ weit verbreitet. Sie besitzen eine feinkörnige oder doleritische, selten auch für das bloße Auge dicht erscheinende und mittel- bis dunkelgraue, manchmal auch etwas grünliche Grundmasse.
Menge, Art und Größe der Xenolithe (Gesteinsfragmente oder Einzelkristalle) sind variabel. Abgerundete Einschlüsse weisen auf eine teilweise Assimilation durch das basische Magma hin, dessen Temperatur deutlich über dem Schmelzpunkt quarz- und feldspatreicher Gesteine liegt. Runde Einschlüsse führten in der Vergangenheit wahrscheinlich zu der unglücklichen Bezeichnung „Gerölldiabas“. Nur in wenigen Fällen dürfte es sich tatsächlich um Geröll-Horizonte handeln, die in eine basaltische Schmelze eingetragen wurden.
Einschlussführende Diabase können monomikt (nur eine Gesteinsart als Fremdeinschluss) oder oligomikt/polymikt (mehrere Gesteinsarten) zusammengesetzt sein. Als Einschluss finden sich Plutonite und Gneise aller Art, Sandsteine und Quarzite (bzw. durch den Kontakt zum heißen basaischen Magma in Quarzite umgewandelte Sandsteine) sowie einzelne Quarze und Feldspäte. Häufiger als Fremdgesteins-Einschlüsse in Diabasen ist übrigens das umgekehrte Phänomen zu beobachten: Xenolithe feinkörniger basaltischer Gesteine in basischen bis sauren Plutoniten (Abb. 3).
Die Geschiebekunde unterscheidet mehrere Typen einschlussführender Diabase: Björbo-Diabas, Brevik-Gerölldiabas und Ålsarp-Diabas. Neben diesen Typlokalitäten (Abb. 4) sind rund ein Dutzend weitere Vorkommen aus Blekinge, Mittelschweden (Grängesberg), von Bornholm sowie aus Norwegen und Finnland bekannt (HESEMANN 1975, KORN 1927, MEYER 1981, BARTOLOMÄUS & HERRENDORF 2003). Zu bedenken ist, dass einschlussführende Partien lokal begrenzt und ausschließlich in kleiner Ausdehnung innerhalb verschieden alter Gangschwärme in einem großen Gebiet zwischen Bornholm bis nach Dalarna auftreten. Die tatsächliche Anzahl der Vorkommen dürfte also bedeutend höher sein und es ist kaum möglich, spezifische Gesteinstypen mit einem begrenzten Herkunftsgebiet herauszustellen. Einschlussführende Diabase sind daher nicht als Leitgeschiebe geeignet. Dies gilt auch für den markanten Brevik-Typ mit Sandstein- bzw. Quarzit-Xenolithen (s. a. BARTOLOMÄUS & HERRENDORF 2003). Allenfalls eine grobe Typ-Bestimmung nach Art der Einschlüsse und/oder Beschaffenheit der Grundmasse ist möglich. So ähneln sich Björbo- und Alsarp-Typ hinsichtlich der Einschlüsse, der Ålsarp-Diabas besitzt eine ophitische, der Björbo-Diabas eine feinkörnige Grundmasse.
2. Anstehendproben
2.1. Brevik (West-Småland)
Der „Brevik-Gerölldiabas“ enthält eckige bis schwach gerundete Einschlüsse von Sandsteinen sowie bis zu 10 % Granit- und Porphyr-Lithoklasten. Im Schwedischen heißt das Gestein diabaskonglomerat. Vorkommen dieses Gesteinstyps sind nicht auf das Gebiet von Brevik beschränkt (BARTOLOMÄUS & HERRENDORF 2003). Diabase dieses Typs haben Sandsteine jotnischen Alters (Lokalbezeichnung: Almesåkra-Sandstein) aufgenommen und besitzen „postjotnisches“ Alter (jünger als ca. 1.200 Millionen Jahre). Zur Zeit des Aufstiegs dieser basaltischen Magmen dürften die Sedimentgesteine der Almesåkra-Formation eine wesentlich größere Fläche eingenommen haben als heute, vgl. Anstehendprobe von Lokalität 2.4. (Abb. 11).
2.2. Ålsarp
Der einschlussführende Ålsarp-Diabas besitzt eine ophitische Grundmasse und führt gerundete Xenolithe von roten Feldspäten. Für eine ausführliche Beschreibung und weitere Anstehendproben vgl. skan-kristallin.de und HESEMANN 1975:176. Der Besuch eines Straßenaufschlusses in der Nähe der Typlokalität Ålsarp in Ost-Småland (Lokalität 4) verlief eher enttäuschend, weil der anstehende Diabasgang keine Einschlüsse von runden Feldspäten enthielt. Lediglich der benachbarte Småland-Granit wies zahlreiche basische Xenolithe sowie unterschiedliche Stadien einer Vermengung mit basischen Gesteinen auf. Nach MEYER KD 1981 liegt der Aufschluss mit den einschlussführenden Partien 650 m weiter südwestlich (etwa 57.52943, 16.02641).
2.3. Björbo
Der Björbo-Diabas besitzt eine feinkörnige bis dichte Grundmasse und enthält runde und eigentümlich korrodierte Xenolithe aus rotem Feldspat. Quarz fehlt in dieser Probe, kann aber in Diabasen dieses Typs zusätzlich enthalten sein. Beschreibung eines Aufschlusses in MEYER 1981.
2.4. Södregården
Nördlich von Växjö wurde ein Diabasgang mit einer ungewöhnlichen Kombination von Einschlüssen aus Anorthosit und Sandstein/Quarzit beprobt (Lokalität 1). Nach WIKMAN 2000 (Kartenblatt Växjö NO, SGU) existieren in diesem Gebiet weitere Aufschlüsse mit ähnlichen Gesteinen.
Die Xenolithe in Abb. 11 sind Sandsteine der Almesåkra-Formation, die bei der Aufnahme in das basaltische Magma in Quarzit umgewandelt wurden. Die in etwa zeitlich mit dem jotnischen Sandstein gebildeten Sedimentite der Almesåkra-Formation dürften einst ein wesentlich größeres Gebiet eingenommen haben, weil sie in einschlussführenden Diabasen weit außerhalb ihrer heutigen Verbreitung gefunden wurden. Die Lokalität Södregården liegt über 40 km südlich davon.
2.5. Forserum
In der Nähe der Lokalität Brevik fand sich ein einschlussführender Diabas mit gerundeten Feldspat-Xenolithen im Kontakt zu einem Småland-Granit (Lokalität 2). Es war nicht erkennbar, ob es sich dabei um die Grenze zu einem basischen Gang oder einen Xenolith im Granit handelt.
2.6. Värlebo
Einige Vorkommen von Gangporphyren im östlichen Småland werden von Diabasen begleitet, die den gleichen Aufstiegsweg nutzten und bevorzugt an den Flanken der sauren Gänge auftreten (bimodaler Magmatismus). Im Kontakt zu einem Påskallavik-Porphyr fand sich in der Nähe der Ortschaft Värlebo ein grüner Diabas, der gerundete Feldspäte und Blauquarz als Xenolithe führt (Lokalität 3).
3. Geschiebefunde
Einschlussführende Diabase vom Brevik-Typ fallen manchmal durch ihr eigentümliches Verwitterungsverhalten auf: die quarzitischen Xenolithe widerstehen der Verwitterung stärker als das basische Gestein und treten als Relief auf der Geschiebeoberfläche hervor.
Das Gestein enthält runde Feldspat- und Blauquarz-Einschlüsse sowie feinkörnige basaltische Xenolithe. Die Einschlüsse, besonders gut erkennbar ist dies an den Quarzen, weisen einen dunklen Reaktionssaum auf. Solche Säume, wie sie auch vom Åland-„Ringquarzporphyr“ bekannt sind, weisen auf Mineralumwandlungen an der Grenzfläche zweier Minerale hin. In diesem Fall dürfte es sich um Pyroxen und Quarz handeln, die aus chemischer Sicht „Antagonisten“ sind und für gewöhnlich nicht nebeneinander existieren, sondern ein chemisches Gleichgewicht anstreben (Bildung von Hornblende, die dunklen Säume um die Quarze).
Gelegentlich finden sich Geschiebe einschlussführender basischer Gesteine, die deutliche Spuren einer tektonischen und metamorphen Überprägung aufweisen (Abb. 31-34). Sie stammen mit Sicherheit nicht aus postorogenen Dolerit-Gangschwärmen (Abb. 4), sondern dürften bedeutend älter sein.
4. Lokalitäten
Lokalität 1: Einschlussführender Diabas mit Anorthosit- und quarzitähnlichen Sandstein-Fragmenten; Diabasgang 850 m OSO Södregården, Kartenblatt Växjö NO; WGS84DD 57.20566, 14.73403.
Lokalität 2: Småland-Granit mit Partien einschlussführender Diabase; lose Steine vom Anstehenden am Wegesrand; Waldweg bei Olstorp, SW Forserum; 57.67967, 14.44153.
Lokalität 3: Einschlussführender Diabas im Kontakt zum Påskallavik-Porphyr; Bahnanschnitt 1 km NW des ehemaligen Bahnhofs Värlebo; 57.06050, 16.19424.
Lokalität 4: Diabasgang und Diabas-Xenolithe im Småland-Granit; Aufschluss an der Straße von Alsarp nach Sjunnarp (57.53253, 16.03591), Typlokalität liegt ca. 650 m weiter südwestlich (57.52943, 16.02641).
5. Literatur
BARTHOLOMÄUS WA & HERRENDORF G 2003 Ein großes Gerölldiabas-Geschiebe von Varel in Oldenburg – Geschiebekunde aktuell 19 (1): 1-15, 2 Taf., 6 Abb., 1 Tab., Hamburg / Greifswald.
KORN J 1927 Die wichtigsten Leitgeschiebe der nordischen kristallinen Gesteine im norddeutschen Flachlande ; Ein Führer für den Sammler kristalliner Geschiebe – VI+64 S., 48 farb. Abb. auf Taf. 1-6, 8 Farb-Ktn. auf Taf. 7-14, 1 Tab., Berlin (Preußische geologische Landesanstalt).
MEYER K-D 1981 Ein Vorkommen einschlußführender Diabase bei Björbo, 60 km WSW Falun, Dalarna / Mittelschweden – Der Geschiebesammler 15 (3): 93-98 (-106), 3 Taf., 3 Abb., Hamburg.
WIKMAN H 2000 Berggrundskartan 5E Växjö NO, skala 1:50 000. Sveriges geologiska undersökning Af 201.
Der Rhombenporphyr ist das bekannteste Leitgeschiebe aus dem Oslogebiet und für jedermann anhand der charakteristischen rhombenförmigen Feldspat-Einsprenglinge leicht erkennbar. Die Farbe der feinkörnigen bis dichten Grundmasse sowie Anzahl und Größe der Einsprenglinge variieren in weiten Grenzen (Abb. 2).
Das Heimatgebiet der Rhombenporphyr-Geschiebe liegt im Oslograben in Süd-Norwegen. Vor etwa 280 Millionen Jahren stiegen entlang einer langgestreckten tektonischen Dehnungszone (Grabenbruch) magmatische Schmelzen auf. Während einer Phase intensiver vulkanischer Aktivität entstanden zahlreiche und unterschiedlich ausgebildete Lavadecken von Rhombenporphyren. Die Vorkommen setzen sich in südwestlicher Richtung am Boden von Oslofjord und Skargerrak fort. Im Zuge des Magmatismus im Oslograben kam es zur Bildung weiterer intrusiver und effusiver Gesteine, von denen einige aufgrund ihrer besonderen Entstehungsgeschichte sowie einzigartiger petrographischer Merkmale als Leitgeschiebe geeignet sind, u. a. Larvikit, Tönsbergit, Ekerit, Oslo-Basalt, Foyait und Nordmarkit.
Mit dem Aufdringen der Rhombenporphyr-Magmen ist die Entstehung eines Gangsystems aus intrusiven Rhombenporphyren verbunden, das entlang der Küste von Bohuslän in West-Schweden verläuft (KUMMEROV 1954, JACOBI 1997). Dieses Gebiet kommt ebenfalls als Lieferant von Rhombenporphyr-Geschieben in Frage, allerdings ist die Ausdehnung dieser Gänge vergleichsweise gering.
QUENSEL 1918 beschreibt ein kleines Vorkommen von (tektonisch deformierten) Rhombenporphyren aus dem Kebnekaise-Gebiet in Lappland. Ob aus diesem sehr weit nördlich gelegenen Gebiet Rhombenporphyr-Geschiebe nach Norddeutschland gelangten (und von den Rhombenporphyren des Oslo-Gebiets unterscheidbar sind), ist zweifelhaft.
2. Beschreibung
Entscheidendes Erkennungsmerkmal der Rhombenporphyre sind die länglichen und manchmal spitz zulaufenden rauten- oder bootsförmigen Anschnitte von Feldspat-Einsprenglingen. Es handelt sich um Mischkristalle von Na-K-Ca-Feldspat, sog. ternären Feldspat, z. B. Anorthoklas (Albit+Orthoklas). Ihre Bildung ist an sehr heiße Magmen gebunden, in denen eine Entmischung der Feldspatkomponenten (Plagioklas und Alkalifeldspat) nicht oder nur unvollständig erfolgt. Diese speziellen Feldspäte sind ein charakteristischer Bestandteil der Vulkanite (und einiger Plutonite) des Oslograbens und von anderen Lokalitäten weitgehend unbekannt (s. u.). Petrographisch handelt es sich beim Rhombenporphyr um Latite, also SiO2-arme Vulkanite mit jeweils 35-65% Alkalifeldspat und Plagioklas. Latite sind das vulkanische Äquivalent der Monzonite.
Die Feldspat-Einsprenglinge weisen gelbliche, bräunliche oder graue Farben auf. Seltener sind blassgrüne, rote oder leuchtend orangefarbene Tönungen. Ihre Länge beträgt zwischen 5-30 mm. Die Feldspäte sind heller (selten dunkler) als die Grundmasse, können aber dunklere Kerne oder andersfarbige dünne Säume besitzen. Die Einsprenglingsdichte ist variabel. Nach OFTEDAHL 1967 lassen sich ein einsprenglingsreicher („klassischer“) Typ mit Feldspäten bis 2,5 cm Länge und ein einsprenglingsarmer Typ mit wenigen und kleinen Einsprenglingen bis 1,8 cm unterscheiden.
Als Folge von Entmischungsvorgängen ist manchmal eine unregelmäßig netz- oder tropfenförmige und wellige „Zeichnung“ in den Feldspäten erkennbar (Abb. 12, 27), die sich von der perthitischen Entmischung der Alkalifeldspäte und der polysynthetischen Verzwilligung der Plagioklase unterscheidet. Die Feldspäte neigen zur Bildung von Zwillingen, Mischkristalle aus mehreren Feldspat-Rhomben sind häufig. Durch Adhäsionskräfte in der Schmelze können die Feldspäte zu Kristallhaufen vereinigt sein (glomerophyrisches Gefüge, Abb. 28).
Neben rhombenförmigen können auch nahezu rechteckige Feldspat-Einsprenglinge auftreten. Eine seltene Variante ist der Rektangelporphyr mit ausschließlich rechteckigen Feldspat-Einsprenglingen und einer sehr feinkörnigen Grundmasse. Dieser Typ wird gelegentlich mit Diabasen verwechselt. Basaltische Gesteine mit rechteckigen Plagioklas-Einsprenglingen (=Diabase) besitzen häufig eine körnige Grundmasse sowie ein ophitisches Gefüge (kleine Plagioklasleisten in der Grundmasse). Die größeren Plagioklase zeigen in der Regel die typische polysynthetische Verzwilligung.
Die Grundmasse der Rhombenporphyre ist feinkörnig bis dicht. Häufig sind bräunliche Farbtöne, auch mit grünlichem oder orangefarbenem Stich. Rote bis violette und sehr feinkörnige bis dichte Grundmassen finden sich vor allem in pyroklastischen Gesteinen (Abb. 13, 33). Seltener sind grüne, dunkelgraue oder sehr helle Farben (Abb. 42). Durch Verwitterung können die Gesteine oberflächlich stark ausbleichen.
Rhombenporphyre mit erkennbaren Einzelkörnern (über 1 mm) in der Grundmasse entstanden durch eine entsprechend langsame Abkühlung des Magmas und dürften subvulkanische Bildungen oder Gangporphyre sein. Solche intrusiven Typen sind sowohl aus dem Oslogebiet als auch von der westschwedischen Küste (Bohuslän) bekannt und der Herkunft nach nicht unterscheidbar. Für glaziostratigraphische Untersuchungen ist dies auch zweitrangig, da beide Vorkommen im Einzugsgebiet des norwegisch-westschwedischen Gletscherstroms liegen.
Dunkle Minerale sind nur in geringer Menge enthalten und von Hand kaum bestimmbar (Biotit, Augit und Erz nach ZANDSTRA 1988). Etwa ein Fünftel der Rhombenporphyr-Geschiebe reagiert auf einen Handmagneten, etwa jeder zehnte Geschiebefund ist deutlich bis stark magnetisch (statistische Erhebung an RP-Geschieben aus Brandenburg). Häufig sind gefüllte Blasenhohlräume (Mandeln) zu beobachten. Bei einem hohen Anteil an Mandeln kann man von einem Rhombenporphyr-Mandelstein sprechen. Als sekundäre Bildung treten Calcit oder Epidot auf, aber auch Mandelfüllungen mit glasklarem Quarz (Abb. 42).
Neben Porphyren mit weitgehend homogener Grundmasse finden sich blasenreiche Laven (weitgehend ohne Hohlraumfüllungen, meist einsprenglingsarmer Typ, Abb. 30) und aus Pyroklasten zusammengesetzte Vulkanite (Lapillisteine, Lapillituffe oder „Agglomeratlaven“, s. Abb. 13,14, 31-33). In älterer Literatur wurden letztere gelegentlich als „Rhombenporphyr-Konglomerat“ bezeichnet. Der Name sollte jedoch klastischen Sedimentgesteinen mit umgelagerten Vulkanitfragementen vorbehalten sein. Das Rhombenporphyr-Konglomerat (Krogskogen-Konglomerat), ein seltener Geschiebefund, besitzt eine sandige Matrix und enthält neben Klasten von Rhomben- und Quarz-Porphyren klastische Quarze, Sandstein und basaltische Klasten (s. skan-kristallin.de).
Zusammenfassung der unterschiedlichen Ausprägungen bzw. Geschiebetypen von Rhombenporphyren (Abbildungen in JENSCH 2013a und 2013b; allgemeine Beschreibung in HESEMANN 1975, SMED & EHLERS 2002, SCHULZ 2003):
gewöhnlicher Rhombenporphyr: einsprenglingsarmer und einsprenglingsreicher Typ
Rhombenporphyr-Mandelstein (Abb. 13-16)
blasige Laven, Pyroklastika (Lapillisteine, Lapillituffe oder „Agglomeratlaven“, Abb. 13-14, 31-33)
Rhombenförmige Feldspat-Einsprenglinge finden sich in weiteren Gesteinstypen des Oslograbens, z. B. im Nordmarkit-Porphyr (s. skan-kristallin.de) oder in Plutoniten (Larvikit, Tönsbergit). Darüber hinaus treten sie auch in Gesteinen aus anderen Regionen auf, die aber kaum mit den Oslo-Gesteinen verwechselbar sind (Vaggeryd-Syenit, Sorsele-Granit, Heden-Porphyr). Einzelne rhombenförmige Plagioklase können in Diabasen enthalten sein.
Anhand der stratigraphischen Verhältnisse im Anstehenden unterscheidet OFTEDAHL 1952, 1967 etwa 30 einzelne Rhombenporphyr-Lagen (s. Proben auf vendsysselstenklub.dk). Seine Einteilung dürfte auf Geschiebefunde jedoch nur eingeschränkt anwendbar und eine entsprechende Zuordnung zu bestimmten RP-Lagen mit großen Schwierigkeiten verbunden sein. Zum einen ist von einer hohen Variationsbreite innerhalb der einzelnen RP-Lagen auszugehen. Auffällige Rhombenporphyr-Varianten müssen nicht an eine bestimmte vulkanostratigraphische Position gebunden sein, da in unterschiedlichen Phasen des Vulkanismus Porphyre mit ganz ähnlichen Merkmalen entstanden sein könnten, vor allem oberhalb der Lage RP15 (JENSCH 2013a: 60). Auch der Vergleich mit Anstehendproben führt zu Irrtümern (MEYER AP 1969). Rhombenporphyr-Lagen können durch frühere Vereisungen bereits vollständig abgetragen sein. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Fortsetzung des Vorkommens der Oslo-Gesteine in südlicher Richtung unter Wasser weitere Varianten von Rhombenporphyren geliefert haben könnte.
3. Verbreitung der Rhombenporphyr-Geschiebe
Rhombenporphyre wurden zu verschiedenen Zeiten durch Eisströme vom Oslo-Gebiet in Richtung SSW bis SW über Dänemark und NW-Deutschland nach Süden transportiert (Abb. 21). In westlicher Richtung finden sich Rhombenporphyr-Geschiebe in Schottland und England (EHLERS 1988, K-D MEYER 1993, 2010), in südwestlicher Richtung in den Niederlanden (HUISMAN 1971). Auch aus Schweden liegt eine Fundmeldung vor (HILLEFORS 1968). Eine Kuriosität sind zwei (identische) Funde von Rhombenporphyr-Geschieben (sowie ein Drammen-Rapakiwi) von der Insel Leka, weit nördlich vom Oslograben (Mitteilung A. Bräu, Abb. 20). Der Transportmechanismus (Eisschollendrift, anthropogene Verschleppung) konnte bislang nicht geklärt werden.
In Deutschland sind Rhombenporphyr-Geschiebe von N- und NW- Deutschland bis nach Sachsen weit verbreitet. Mehrere Fundberichte liegen auch aus Polen und Tschechien vor (vgl. Literaturhinweise in SCHNEIDER & TORBOHM 2020). Außerhalb des allgemeinen Verbreitungsgebietes, östlich der Linie Mecklenburg-Brandenburg-Sachsen, treten sie als Einzelfund auf. Die östliche Verbreitungsgrenze wird in SCHULZ 1973, 2003 und 2012 ausführlich diskutiert (s. a. Abb. 21).
4. Funde aus Berlin und Brandenburg
Aus Berlin und Brandenburg konnten in jahrelanger Sammeltätigkeit bislang 82 Rhombenporphyr-Geschiebe zusammengetragen werden (Stand: 01/2021; Dokumentation in SCHNEIDER & TORBOHM 2020). Die Funde belegen einen weit nach Osten reichenden Transport dieser Gesteine in ein Gebiet, das überwiegend durch baltische und ostschwedische Geschiebegemeinschaften geprägt ist. Abb. 22 zeigt alle Fundpunkte. Hervorgehoben sind Kiesgruben mit der höchsten Fundanzahl. Eine hohe Fundanzahl spricht nicht unbedingt für ein gehäuftes Auftreten, sie könnte auch auf eine entsprechend aktive Sammeltätigkeit zurückzuführen sein.
Die brandenburgischen Rhombenporphyr-Geschiebe stammen überwiegend von Lokalitäten mit oberflächennah aufgeschlossenen Ablagerungen der Weichsel-Vereisung. Viele Kiesgruben liegen – nicht zuletzt aus bergbaulichen Erwägungen – am Rande von Hochflächen oder Urstromtälern. Lediglich 11 der insgesamt 82 Funde (14%) lassen sich unmittelbar mit saalekaltzeitlichen (oder älteren) Ablagerungen in Zusammenhang bringen. Diese im südlichen Brandenburg gelegenen Altmoränenhochflächen bieten allerdings auch nur wenige Aufschlüsse. Der Erhaltungszustand der Geschiebe ist im Allgemeinen schlecht: die Grundmassen sind ausgebleicht, die Gesteine stark verwittert, manchmal regelrecht durchgewittert.
Die in SCHNEIDER & TORBOHM 2020 dokumentierten Funde sind ausschließlich Einzelfunde von den Überkornhalden in Kiesgruben. Diese aus sandigen bis kiesigen Horizonten abgetrennte, grobe Gesteinsfraktion kann umgelagertes Material aus älteren Glazial-Ablagerungen enthalten. Statistische Daten zur glaziostratigraphischen Verbreitung von Rhombenporphyr-Geschieben in weichsel- und saalezeitlichen Ablagerungen in brandenburgischen Glazialablagerungen ließen sich durch Zählungen aus Tillablagerungen erheben. Jedoch dürften Rhombenporphyre hier auch bei ausdauernder Suche nur sehr selten anzutreffen sein.
Bemerkenswert ist die hohe Fundanzahl in unmittelbarer Nähe der nordöstlichen Verbreitungsgrenze der Rhombenporphyr-Geschiebe am Nordrand des Oderbruchs (s. SCHULZ 1973). Aus der Grube Hohensaaten (Lokalität 3 in Abb. 22) stammen 9, aus mittlerweile stillgelegten Gruben der unmittelbaren Umgebung zwei weitere Funde.
Der Geschiebesammler W. Bennhold trug im Laufe mehrerer Jahrzehnte mindestens 53 Rhombenporphyr-Geschiebe zusammen. Sie stammen überwiegend aus dem kompliziert gebauten Stauchmoränenkomplex der Rauener Berge im Bereich des Frankfurter Stadiums der Weichsel-Vereisung. Nach ZWENGER 1991 ist der genaue Herkunftshorizont zwar nicht präzisierbar, jedoch dürften die RP-Geschiebe überwiegend saalezeitlichen Bildungen entstammen, weil die weichselkaltzeitlichen Ablagerungen hier nur geringmächtig ausgebildet sind. Bennholds Funde werden in der Geschiebesammlung im Museum Fürstenwalde aufbewahrt.
Als Ursache für Fundhäufungen von Rhombenporphyren außerhalb ihres Hauptverbreitungsgebietes nennt SCHULZ 1973 einen wechselnden Einfluss des norwegischen Gletscherstroms. Rhombenporphyre wurden während des Drenthe-Stadiums der Saale-Vereisung und während des Brandenburgischen Stadiums der Weichsel-Vereisung weit nach Osten transportiert. Auch EIßMANN 1967 (in EHLERS 2011: 47) nimmt an, dass ein norwegisch-westschwedischer Eisstrom, dessen östlichste Ausdehnung etwa bis in den Raum Bornholm reichte, zu verschiedenen Zeiten durch einen nordschwedisch-finnischen Eisstrom abgelenkt wurde. Rhombenporphyr-Geschiebe von relativ weit östlich gelegenen Fundlokalitäten dürften daher nicht etwa aus aufgearbeiteten Ablagerungen der Elster-Vereisung stammen, zumal ihre Verbreitungsgrenze zumindest in Sachsen weit westlich der Maximalausdehnung elsterzeitlicher Sedimente liegt (etwa im Raum Grimma, SCHULZ 1973).
Geschiebefunde anderer Gesteine des Oslo-Grabens scheinen trotz intensiver Suche in Brandenburg nur sehr spärlich vorzukommen. MEYER AP 1964 berichtet von Fundhäufungen in der Kiesgrube am Stener Berg (Berlin). Aus der Kiesgrube Fresdorfer Heide bei Potsdam stammt ein Larvikit-Geschiebe. Ein weiterer Fund durch W. Bennhold aus den Rauener Bergen wird im Museum Fürstenwalde aufbewahrt. Herr D. Schmälzle (†) (Berlin) berichtet von einem Larvikit-Geschiebe aus dem nördlichen Brandenburg (mündl. Mitteilung). Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang vereinzelte Funde südwestschwedischer Leitgeschiebe wie Schonengranulit und „Flammenpegmatit“ (Slg. Torbohm: 7 Funde), die bisher offenbar nur wenig Beachtung fanden und ebenfalls durch einen norwegisch-westschwedischen Eisstrom nach Brandenburg gelangt sein dürften.
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In der steinverarbeitenden Industrie wird eine ganze Reihe von polierfähigen Gesteinen als „Marmor“ bezeichnet, sowohl metamorphe als auch nicht metamorphe Karbonatgesteine oder „marmorierte“ Werksteine. Die Petrographie sieht eine enge Definition des Begriffs vor: Marmor ist ein metamorpher Kalkstein mit mindestens 50 Vol.% Calcit (seltener auch Aragonit oder Dolomit). Abhängig vom Karbonat-Gehalt, lassen sich mehrere Arten von metamorphen Kalksteinen unterscheiden:
Reiner Marmor (über 95 Vol.% Calcit); entsteht aus reinen Kalksteinen.
Unreiner Marmor (50-95 Vol.% Calcit), auch „Silikatmarmor“; entsteht aus Kalksteinen mit tonigen oder sandigen Beimengungen, z. B. Mergelsteinen.
Karbonatsilikatgestein (5-50 Vol.% Calcit).
Kalksilikatgestein oder „Kalksilikatfels“ (unter 5 Vol.% Calcit).
Marmor kommt weltweit in ganz unterschiedlichen geologischen Settings vor und besitzt ein variables Erscheinungsbild. In diesem Artikel geht es um Marmor-Geschiebe aus dem fennoskandischen Grundgebirge. Ein zweiter Teil zeigt Bilder von einigen Marmorvorkommen in Östergötland und Sörmland.
2. Marmor-Geschiebe
Als reiner bis unreiner Marmor erkennbare Geschiebe sind vor allem mittel- bis grobkörnige, überwiegend aus kristallinem Calcit bestehende Gesteine mit Beimengungen von oftmals grünen Silikatmineralen. Eine veraltete Sammelbezeichnung hierfür ist „Urkalk“. Feinkörnige metamorphe Karbonatgesteine, Karbonatsilikatgesteine, Kalksilikatgesteine oder auch Skarne dürften mit einfachen Mitteln kaum sicher bestimmbar sein. Bartolomäus & Schliestedt 2006 untersuchten über 160 Marmorgeschiebe. Aus dieser Arbeit sei eine allgemeine Beschreibung zitiert:
„Geschiebemarmore sind vorherrschend weiße bis graue, seltener gelbliche
bis röt-liche, meist aber grünlich getönte Gesteine feiner bis grober Körnung.
Die meisten Gesteine enthalten im geringen Umfang Silikate. Teils handelt es
sich um Einschlüsse des Nebengesteins, teils um Minerale der Metamorphose,
teils um Umwandlungsminerale und Verwitterungsbildungen. Serpentinführende
Gesteine (Ophicalzite) sind weit verbreitet. Durch dieses Mineral, weniger
durch Körner von Pyroxen oder Olivin, sind die meisten Geschiebe grün
gesprenkelt. Gestein und eingeschlossene Kristalle verschiedener Silikate sind
häufig tektonisch deformiert.“
Reiner Marmor (Abb. 1) kommt als Geschiebe zwar häufiger vor, ist aber durch den geringen Anteil an Silikatmineralen eher unscheinbar und meistens nicht rein weiß, sondern gelblich oder schmutzig-grau getönt. Ziemlich auffällig (Abb. 2) ist unreiner Marmor mit grünen Silikatmineralen, der auch als „Ophicalcit“ bezeichnet wird. Der Name [1] verweist auf die häufig enthaltenen Serpentinminerale, die während der Metamorphose gebildet wurden. Sie können auf verwitterten Geschiebeoberflächen rostbraun, gelb oder matt weiß verfärbt sein und zeigen ihre grüne Farbe unter Umständen erst auf einer Bruchfläche.
Maßgeblich für die Bestimmung von Marmor ist ein Calcit-Gehalt von mind. 50 %. Calcit lässt sich mit dem Messer ritzen und reagiert auf verdünnte Salzsäure unter kräftigem Aufbrausen. Die seltenen Dolomitmarmore enthalten nur anteilig Dolomit und sind mittels Säuretest nicht von Calcit-Marmor unterscheidbar. Auf einer Bruchfläche erkennt man ein verzahntes Gefüge von xenomorphen Calcit-Kristallen mit glänzenden Spaltflächen, manchmal mit ausgeprägter Zwillingsstreifung diagonal zu den Spaltebenen (s. a. kristallin.de). Calcit in Marmorgeschieben ist häufig durchscheinend und reinweiß, hellgrau oder grau getönt, selten dunkel oder von gelblicher oder rötlicher Farbe.
Die grünen Silikatminerale lassen sich von Hand nicht sicher bestimmen. Nach Bartolomäus & Schliestedt 2006 handelt es sich in den meisten Geschieben um Serpentin. Etwas weniger häufig kommen Olivin und diopsidischer Klinopyroxen vor, Orthopyroxen ist selten. Die Mineralkörner besitzen satt hellgrüne bis schwarzgrüne, manchmal auch graue oder braune Farben. Serpentin kann in zwei farblich unterschiedlichen Generationen vorkommen.
Viele Marmorgeschiebe
enthalten Glimmerminerale von 1-5 mm
Durchmesser. Dies können Phlogopit, Muskovit, farbarmer Biotit, Sprödglimmer
oder Talk sein. Eine genaue Bestimmung ist nur durch mikroskopische
Untersuchungen möglich. Seltener treten zwei Arten von Glimmer auf.
Glimmerplättchen können durch tektonische Deformation verbogen sein.
Xenolithe
aus dem Nebengestein bestehen aus Feldspat, Quarz oder Gesteinsbruchstücken
(Quarzite, Gneise oder hälleflintartige Gesteine). Bei einem hohen
Xenolith-Anteil kann man von einem einschlussführenden Marmor sprechen. Quarz als metamorphe Neubildung ist
meist unauffällig und nur selten identifizierbar (kleine, rauchig getönte
Körner). Gelegentlich finden sich weitere Minerale in Marmorgeschieben, z. B.
dunkler und idiomorpher Amphibol, Fluorit, Granat, Chlorit, Epidot oder Erz. Magnetit ist hin und wieder mit einem
Magneten nachweisbar. Graphit als
Hinweis auf ehemals vorhandene organische Substanz tritt nur in Spuren und fein
verteilt auf und lässt sich von Hand nicht bestimmen.
Marmor ist mit folgenden Gesteinsarten
verwechselbar:
In Skarnen können metasomatisch veränderte Kalksteine oder Meta-Karbonate vorkommen, die von Marmor kaum zu unterscheiden sind. Typische für einige Skarne sind Vergesellschaftungen aus Ca-reichen Silikaten wie Granat, Diopsid und Epidot mit Calcit und Quarz.
Karbonatite sind kristalline Kalksteine aus magmatischen Schmelzen. Es gibt kleine Vorkommen im Fen-Gebiet (Norwegen), in Nordschweden (Alnö) und in Finnland. Über Geschiebefunde ist bisher nichts bekannt geworden. Als Indikatorminerale für Karbonatite kommen Ägirin und Pyrochlor sowie Nephelin in Frage, die aber nicht immer enthalten sind.
Merkmalsarme, weiße und rein calcitische Marmore können von Kontaktmetamorphiten (z. B. kontaktmetamorphe paläozoische Kalksteine aus Südnorwegen) sowie diagenetisch umkristallisierten Kalksteinen unter Umständen nicht unterscheidbar sein (Abb. 33, 34). Grauer oder bunter Ceratopyge-Kalk könnte auf den ersten Blick für Silikatmarmor gehalten werden, ist aber feinkörnig und enthält Glaukonit-Körner sowie Fossilreste (Abb. 35, 36).
3. Vorkommen und Entstehung
Die meisten Marmor-Geschiebe dürften aus den zahlreichen Vorkommen in Mittelschweden stammen. Marmor entstand dort während der svekofennischen Gebirgsbildung vor etwa 1,9 Ga aus tief versenkten kalkigen Sedimenten unter amphibolitfaziellen Metamorphose-Bedingungen. Dabei wurde Calcit aus den feinkörnigen Sedimenten mobilisiert und unter Kornvergrößerung (Blastese) umkristallisiert. Je nach Anteil toniger Komponente im Ausgangsgestein, bildeten sich gleichzeitig Silikatminerale. Marmor und Silikatmarmor sind Granofelse. Das primäre Mineralgefüge kann durch gleichzeitige oder nachfolgende tektonische Prozesse mäßig bis stark deformiert sein.
Zumindest ein Teil der
svekofennischen Marmor-Vorkommen soll aus Kalksteinen entstanden sein, die
durch Organismen ausgefällt wurden. An einigen Lokalitäten fand man
Stromatolithe (Dannemora, Sala, Arvidsjaur). Kleinere
Vorkommen von Marmor können zwar auch aus submarin-exhalativ gebildeten
Kalksteinen in vulkanischen Sequenzen hervorgehen. Die Größe mancher Vorkommen
spricht aber gegen einen solchen Ursprung. Geochemische
Untersuchungen an svekofennischen Meta-Karbonaten in Finnland ergaben hohe Sr-Gehalte,
die auf eine Ausfällung von aragonitischem (=biogenem?) CaCO3 in marinem Milieu hinweisen (Maier
2015).
Marmor kommt auch als Begleiter von Skarnen vor, als
kontaktmetamorphe Bildung, als metasomatisch umgewandelter Kalkstein oder einer
Kombination aus beiden Prozessen. Metasomatose bezeichnet
eine Gesteinsumwandlung durch fluide Phasen, mobilisiert z. B. durch in der
Nähe aufsteigende Magmatitkörper.
Aus Mittelschweden
sind etwa 200, meist kleinere Marmor- und Skarn-Vorkommen bekannt. Sie wurden
zum Teil bergmännisch genutzt und sind Bestandteil der sog.
Leptit-Hälleflinta-Serien, die sich vom Bergslagen-Gebiet bis nach SW-Finnland
erstrecken. In der Bottensee ist mit weiteren, untermeerischen Vorkommen zu
rechnen. Auch in Südschweden gibt es ca.
20 kleinere Vorkommen (z. B. bei Vetlanda in Smaland, s. Sundlad et al 1997). Weiterhin tritt Marmor geringmächtig in Form von Wechsellagerungen,
Klüften, Gängen oder Einschaltungen in kalkhaltigen Grundgebirgsgesteinen auf. Ehlers
et al 1993
fanden Marmor in svekofennischen Gneisen im Seegebiet zwischen Aland und dem finnischen Festland.
Aufgrund seiner weiten Verbreitung und wechselhaften Ausbildung ist Marmor
nicht als Leitgeschiebe geeignet. Dies gilt auch für Lokaltypen wie dem
Marmor vom „Kolmarden-Typ“, der an mehreren Orten in Södermanland vorkommt.
4. Geschiebefunde
Vom Marmorgeschiebe aus Hohensaaten wurde ein Dünnschliff gefertigt, freundlicherweise ausgeführt von Herrn U. Maerz (Hattingen). Die Untersuchung ergab, dass es sich bei den grünen Mineralen um Serpentin und Olivin handelt. Das helle Glimmermineral ist Phlogopit. Quarz und Diopsid (Amphibol) wurden nicht beobachtet. Die nächsten beiden Bilder (Abb. 16/17) zeigen eine Detailaufnahme eines Dünnschliffs, Bildbreite etwa 185 µm.
Links (gekreuzte Polarisatoren in Dunkelstellung) erkennt man die charakteristische Zwillingsstreifung des hellen Calcits, der ein verzahntes Verwachsungsgefüge aus xenomorphen Kristallen bildet. Das dunkle Mineral in der Bildmitte ist Olivin. Die bunten Anlauffarben, randlich und in Spaltrissen, zeigen seine teilweise Umwandlung in Serpentin an. Im rechten Bild (gekreuzte Polarisatoren in Hellstellung) sind jene Teile des Olivinkorns hellblau gefärbt, die nicht serpentinisiert wurden.
Das nächste Marmorgeschiebe ist ein Exot aus der Kiesgrube Horstfelde, südlich von Berlin. Erst ein Test mit verdünnter Salzsäure erbrachte den Hinweis, dass es sich überhaupt um einen Marmor handelt. Das Gestein ist recht schwer und spricht stark auf einen Handmagneten an (Magnetit). Ungewöhnlich sind die bunten Mineralkörner. Eine Dünnschliffuntersuchung ergab, dass sie von dunklen Magnetitsäumen umgeben sind.
Abb. 18: Kantengerundetes Marmor-Geschiebe mit hellgrauer und rauer Oberfläche. Rechts unten sind grünschwarze Glimmerplättchen bis 5 mm Größe erkennbar. Abb. 19: Seitenansicht des gleichen Geschiebes. Abb. 20: Detailaufnahme ockergelber, roter bis violettroter und schwach bläulicher Minerale, umgeben von dunklen Magnetit-Säumen. Einige Mineralkörner besitzen einen mehrfarbigen und zonaren Aufbau. Abb. 21: Kleiner Abschlag mit frischer Bruchfläche. Unüblich für Marmorgeschiebe ist die dunkelgraue Tönung des Calcits. Die bunten Mineralkörner zeigen einen stumpfen bis matten Glanz und wurden offenbar stark umgewandelt. Abb. 22: Polierte Schnittfläche; nebulöse Streifen in unterschiedlichen Richtungen lassen auf eine mehrfache tektonische Deformation des Gesteins schließen. Die Farbabfolge der bunten Körner (oben: rot, Mitte: weiß, unten: bläulich) deutet auf verschiedene Umwandlungsstadien, möglicherweise desselben Minerals. Abb. 23: Detailaufnahme. Rechts der Bildmitte ein hellgrünes und längliches Aggregat, das einen ovalen, von einem weißen Saum umgebenen Kernbereich enthält. Der Kern ähnelt der Farbe und Textur mancher Serpentinite. Dunkelglimmer-Plättchen im Querschnitt sind durch tektonische Beanspruchung leicht verbogen.
Die Dünnschliffuntersuchung ergab, dass die dunkle Matrix aus feinkörnigem und stark verwachsenem Calcit besteht. Die Korngrenzen des Calcits sind durch dunkle Erzspuren nachgezeichnet (Imprägnierung durch Magnetit, Abb. 24). Auch das Innere verschiedener Calcit-Individuen zeigt solche Spuren und bildet wohl frühere Korngrenzen ab, die durch Umkristallisierungsprozesse überwachsen wurden. Der Mineralbestand des Gesteins wurde wie folgt geschätzt: Calcit ca. 75-80%, Reliktminerale („bunte“ Minerale) ca. 15-20%, Magnetit ca. 3-5%, Biotit <2%. Nicht beobachtet wurden Quarz und Amphibol.
Die bunten Minerale dürften Relikte
verschieden weit fortgeschrittener Umwandlungen sein. Zumindest teilweise handelt
es sich dabei um fein verwachsene Serpentinminerale. Andere Reliktkristalle zeigen
kein Serpentinisierungsgefüge und sind meistens durch feinere Calcitkristalle (möglicherweise
mit ankeritischem oder sideritischem Anteil) ausgefüllt. Für das
Ausgangsmaterial dieser Relikte gibt es bisher keine Anhaltspunkte. Die meisten
Reliktminerale besitzen ebenfalls dunkle Säume von Magnetit.
Abb. 24: Erzpartikel und Magnetit zeichnen die Korngrenzen des Calcits nach. Teilweise folgen sie den aktuellen Korngrenzen (grüne Pfeile), teilweise durchquert die Erzspur Calcit-Individuen (rote Pfeile). Abb. 25: Einschlussführender Marmor, grünlicher Ophicalcit mit runden Gneis- und Migmatit-„Geröllen“. Großgeschiebe am Strand von Jastrzębia Góra (Danziger Bucht/PL), Bildbreite ca. 50 cm. Siehe weitere Marmor-Großgeschiebe von dieser Lokalität im Fundbericht, Abb. 57-64.Abb. 26: Tektonisch überprägter Marmor mit geringen Anteilen grüner Silikatminerale. Polierte Schnittfläche, Geschiebe aus der Kiesgrube Schweinrich, Slg. F. Wilcke (Wittstock).Abb. 27: Nahaufnahme.Abb. 28: Silikatmarmor mit einer Flasertextur aus dunkelgrauen und weißen Partien. Polierte Schnittfläche, Abschlag aus einem Großgeschiebe in der Kiesgrube Schwarz (S-Mecklenburg).Abb. 29: Nahaufnahme; zum Rand des Geschiebes (links) ist eine Zonierung unterschiedlicher Verwitterungsstadien erkennbar: grün, bräunlichgrün, schließlich gelb. Die helle Calcit-Matrix erscheint fein zuckerkörnig und wurde durch tektonische Einwirkung fein zerrieben.Abb. 30: Silikatmarmor mit Lagentextur und zwei größeren Porphyroblasten (Hellglimmer). Polierte Schnittfläche, Geschiebe aus der Kiesgrube Schweinrich, Slg. F. Wilcke.Abb. 31: Nahaufnahme der Hellglimmer-Porphyroblasten; rechts mit bläulichem Schimmer.Abb. 32: Silikatmarmor/Ophicalcit am Strand von Nienhagen bei Rostock, Breite 17 cm.
5. Beispiele für nicht metamorphe kristalline Kalksteine
Abb. 33: Diagenetisch umkristallisierter Kalkstein (Biosparit) aus dem Malm (ehem. Steinbruch Schwanteshagen / Polen). Unter der Lupe sind keine Silikatminerale, aber zertrümmerte Schalenreste erkennbar. Abb. 34: Grobkristalliner, oberflächlich fossilfreier Anthrakonit, loser Stein vom Anstehenden (Aleklinta auf Öland, Oberkambrium), Bildbreite 28 cm. Anthrakonite besitzen eine dunkle Bruchfläche und riechen nach dem Anschlagen nach Bitumen („Stinkkalk“). Abb. 35: Ordovizischer Kalk (Expansus-Kalk), loser Stein vom Anstehenden (Öland), grauer und massiger Kalkstein mit Glaukonitkörnern. Abb. 36: Der Glaukonit bildet xenomorphe, teils wurmförmige Aggregate. Auch der Ceratopyge-Kalk enthält Glaukonit. Ein buntes Exemplar ist hier abgebildet.
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