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Geschiebesammeln im Broager Land (DK)

Abb. 1: Geröllstrand bei Skeldekobbel, südöstlich von Broager (DK).

Für den Brandenburger Geschiebesammler ist ein Besuch des Geröllstrands von Skeldekobbel im Broager Land (Dänemark) eine willkommene Abwechslung. Hier, am nördlichen Ufer der Flensburger Förde, bietet sich eine durch den Einfluss eines von Norden kommenden Eisstroms deutlich anders zusammengesetzte Geschiebegemeinschaft. Zwar finden sich auch die üblichen „Verdächtigen“, z. B. Rapakiwigesteine von Åland, Vulkanite und Granite aus Småland und Dalarna, auffällig ist aber der hohe Anteil SW-schwedischer saurer und mafischer Granulite, Granatamphibolite und Charnockite; Oslogesteine sind etwas seltener vertreten.

Die Gelegenheit für diese Sammeltour ergab sich im Rahmen des von Dr. Frank Rudolph veranstalteten Geschiebesammlertreffens vom 13.-15.10.2023 in Flensburg. Das Eiszeit-Haus in Flensburg beherbergt eine umfangreiche und unbedingt sehenswerte Sammlung von Geschiebefossilien und Kristallingeschieben, die immer weiter ausgebaut wird.

Abb. 2: Das Eiszeit-Haus in Flensburg.
Abb. 3: Pectunculus-Sandstein von etwa 2 m Durchmesser vor dem Eiszeit-Haus.

Der riesige Pectunculus-Sandstein wurde bei Baggerarbeiten aus dem Hafenbecken von Flensburg geborgen. Das mittelmiozäne Gestein (Reinbek) ist voll von Muschelschalen der Gattung Glycimeris (vormals Pectunculus) und wird vor allem an der dänischen Grenze gefunden, Sandsteine mit Muschelpflastern von Glycimeris-Schalen sind auch aus einer Kiesgrube östlich von Lüneburg oder vom Schaal-See bei Zarrentin belegt (SCHULZ 2003: 424-427).

Abb. 4: Exponate im Eiszeit-Haus Flensburg.
Abb. 5: Gneis mit schälchenförmigen Vertiefungen („Opferstein“) auf dem Museumsberg in Flensburg, Breite ca. 50 cm.
Abb. 6: Steilufer aus Geschiebemergel am Strand von Skeldekobbel.

An Geröllstränden lassen sich immer wieder Ansammlungen dunkler, meist basischer (SiO2-armer) Gesteine sowie der metamorphen Äquivalente (Metabasite) beobachten. Bei Bewegung durch Wellenschlag kommen die basischen Gesteine aufgrund ihrer im Vergleich zu SiO2-reichen Gesteinen höheren spezifischen Dichte schneller zur Ruhe und reichern sich lokal an. In solchen Akkumulationen findet sich eine Reihe ganz unterschiedlicher Geschiebetypen (Abb. 7-26). Unter den als Leitgeschiebe geeigneten basischen Gesteinen treten in Skeldekobbel vor allem Kinne-Dolerit, aber auch Schonen-Basanit und Schonen-Lamprophyr häufig auf.

Abb. 7: Basaltisches Gestein mit wenigen Plagioklas-Einsprenglingen, vermutlich ein Öje-Basalt aus Dalarna, Breite 14 cm.
Abb. 8: Basaltisches Gestein mit doleritischem Gefüge und zahlreichen Plagioklas-Einsprenglingen (kein „Öje-Diabasporphyrit“, vgl. Beitrag von M. Bräunlich auf kristallin.de); Breite 25 cm.
Abb. 9: Schonen-Basanit, basaltähnliches Gestein mit großen Peridotit-Xenolithen. Die flaschengrünen Erdmantelgesteins-Einschlüsse bestehen im Wesentlichen aus Olivin, Orthopyroxen und etwas Chromspinell.
Abb. 10: Schonen-Basanit; hier sind die Peridotit-Xenolithe bereits ausgewittert und hinterlassen Löcher auf der Gesteinsoberfläche.
Abb. 11: Schonen-Lamprophyr, ein Ganggestein aus Schonen mit orangeroten bis gelblichgrünen Olivin- und schwarzgrünen Klinopyroxen-Einsprenglingen.
Abb. 12: Kinne-Diabas (besser: Kinne-Dolerit), Leitgeschiebe für Västergötland, leicht erkennbar an seiner Verwitterungsrinde, Breite 14 cm.
Abb. 13: Ein weiterer Kinne-Dolerit, Breite 14 cm. An den ausgewitterten Stellen zwischen den Flecken erkennt man das doleritische Gefüge.
Abb. 14: Oslo-Basaltmandelstein, Leitgeschiebe aus dem Oslograben, erkennbar an seinen feinen länglichen Plagioklas-Einsprenglingen und mit apfelgrünem Epidot gefüllten Mandeln.
Abb. 15: Dolerit, wahrscheinlich vom Åsby-Ulvö-Typ, mit intergranularem Gefüge.
Abb. 16: Doleritischer Metabasit; die Plagioklas-Einsprenglinge sind durch hydrothermale Alteration grün gefärbt, die Pyroxene der Grundmasse teilweise in Amphibol (Hornblende) umgewandelt.
Abb. 17: Amphibol-porphyroblastischer Metabasit; während der Metamorphose, vermutlich eines doleritischen Ausgangsgesteins, kam es zur Bildung größerer rundlicher Amphibol-Porphyroblasten.
Abb. 18: Feinkörniger Amphibol-porphyroblastischer Metabasit mit Plagioklas-Einsprenglingen und grünen Epidot-Adern.

Die Metabasite in Abb. 19-25 entstammen den hochmetamorphen (obere Amphibolit- bis Granulitfazies) Einheiten in SW-Schweden. Weißschlieriger Granatamphibolit, mafischer Granulit und Granatcoronit sind als Leitgeschiebe geeignet.

Abb. 19: Granatamphibolit
Abb. 20: Weißschlieriger Granatamphibolit, Breite 14 cm.
Abb. 21: Mafischer Granulit, nass fotografiert.
Abb. 22: Gleicher Stein, Nahaufnahme. Unter granulitfaziellen Bedingungen, während einer „trockenen“ Hochdruck-Metamorphose bildeten sich an der Grenzfläche zwischen Pyroxen und hellem Plagioklas schmale Säume („Coronen“) von rotem Granat. Der grünlichschwarze Pyroxen wurde während der retrograden Metamorphose teilweise in schwarzen Amphibol umgewandelt.
Abb. 23: Verschiedene mafische Granulite vom Geröllstrand bei Skeldekobbel.
Abb. 24: Mafischer Granulit, trocken fotografiert. Beim Blick auf die Foliation sind die kleinen roten Granatkörner gut erkennbar.
Abb. 25: An mafischen Granuliten, die aus grobkörnigen Gesteinen hervorgegangen sind, tritt das coronitische Gefüge noch deutlicher hervor. Solche Gesteine werden auch als Granat-Coronit (besser: coronitischer mafischer Granulit) bezeichnet. Breite 15 cm.
Abb. 26: Der letzte Fund aus der Reihe basischer und metabasischer Gesteine ist ein einschlussführender Amphibolit. Breite 14 cm.

Gesteine aus dem Oslograben sind am Strand von Skeldekobbel nicht so häufig, wie es die zahlreichen Funde SW-schwedischer Gesteine erwarten ließen. Lediglich einige Rhombenporphyre, zwei Larvikite sowie ein Oslobasalt (Abb. 14) konnten aufgelesen werden.

Abb. 27: Einsprenglingsarmer Rhombenporphyr, Aufnahme unter Wasser.

Leitgeschiebe aus Dalarna (Abb. 28-31) sowie Gesteine aus Småland (Abb. 32) und Östergötland treten ebenfalls eher vereinzelt auf.

Abb. 28: Undeformierter einsprenglingsreicher Quarzporphyr, wahrscheinlich ein Särna-Quarzporphyr aus Dalarna, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 29: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 30: Garberg-Granit aus Dalarna.
Abb. 31: Venjan-Porphyrit, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 32: Emarp-Porphyr, Leitgeschiebe aus dem mittleren Småland, Breite 12,5 cm.
Abb. 33: Blauquarzgranit mit braunem bis rötlichem Alkalifeldspat und gelbem bis rötlichem Plagioklas. Solche Granite mit rötlichem Plagioklas sind vor allem aus Östergötland bekannt (Askersund-Granit?). Aufnahme unter Wasser.
Abb. 34: Porphyrischer Monzogranit bis Granodiorit mit grünlichem bis rotbraunem Plagioklas. Vergleichbare Gesteine sind aus NE-Småland bekannt, aber nicht näher zuzuordnen. Breite 14 cm.
Abb. 35: Vaggeryd-Syenit, Aufnahme unter Wasser. Wie es sich für einen Syenit gehört, dominiert rotbrauner Alkalifeldspat; Plagioklas und Quarz sind nur in geringer Menge enthalten. Innerhalb der Ansammlungen dunkler Minerale erkennt man keilförmige gelbe Titanit-Kristalle.

Zu den Höhepunkten der Sammeltour gehört sicherlich der Fund eines großen Rödö-Wiborgit-Geschiebes. Typisch für den Rödö-Wiborgit sind neben seiner leuchend orangeroten Gesamtfärbung einzelne Alkalifeldspat-Ovoide über 2 cm, einige davon mit einem dicken Saum aus gelbgrünem Plagioklas (Abb. 37, unten im Bild), weiterhin die großen und hellen, wenig magmatisch korrodierten Quarze.

Abb. 36: Rödö-Rapakiwi mit Wiborgitgefüge, Breite des Steins 23 cm.
Abb. 37: Nahaufnahme des Gefüges.

Aus einem Rapakiwi-Vorkommen könnte auch das folgende Mischgestein stammen, eine Vermengung von basischem und felsischem („saurem“) Magma (magma mingling). Die Grundmasse zeigt ein doleritisches Gefüge und ist stark alteriert (Grünfärbung!). Darüber hinaus sind als „saure“ Bestandteile größere rundliche Quarze und Partien mit rötlichem (Alkali?-)feldspat erkennbar. Denkbar ist auch, dass das Gestein ein basischer Xenolith aus einem sauren Wirtgestein ist.

Abb. 38: Mischgestein mit doleritischer Grundmasse, Breite 16 cm.
Abb. 39: Nahaufnahme
Abb. 40: Blassroter Quarz-Feldspat-Gneis mit roten Flecken, möglicherweise ein Geschiebe von Bornholm. Breite 15 cm.
Abb. 41: SW-schwedischer Gneis aus hellrotem Alkalifeldspat, orangerotem Plagioklas; dunkle Minerale fehlen weitgehend (SW-schwedischer Granulit), Breite 16 cm.
Abb. 42: Gneis mit einer Flasertextur und einer grobkörnigen Partie im Top, dunkle Minerale fehlen. Das Gestein könnte ebenfalls ein SW-schwedischer Granulitgneis sein. Breite 11 cm.
Abb. 43: Gelbgrüner Magmatit, ein Charnockit, Leitgeschiebe für SW-Schweden. Unter der Lupe sind kleine rote Granatkörner erkennbar. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 44: Charnockitisierter Gneis, Breite 13 cm. Solche grünen (charnockitisierten) Partien kommen regelmäßig in den rötlichen granulitfaziellen Gneisen SW-Schwedens vor.
Abb. 45: Grünschiefer (Chloritschiefer) mit roten Granat- und hellen Feldspat-Granoblasten. Das plattige Geschiebe besteht im Wesentlichen aus grünen Schichtmineralen (Chlorit). Die Anwesenheit von Granat lässt auf ein sedimentäres Ausgangsgestein schließen, z. B. dolomitischen Kalkmergel.
Abb. 46: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 47: Metasediment (etwa quarzitischer Chloritschiefer) mit Lagen aus Segregationsquarz (= durch Fluide aus dem Sediment verdrängte und lokal angereicherte Quarzpartien).
Abb. 48: Nahaufnahme der nassen Oberfläche. Die strahligen Quarzaggregate wuchsen senkrecht zur Kluftebene. Das dunkelgrüne Mineral ist vermutlich Chlorit.
Abb. 49: Quarzit mit Partien aus rotem Alkalifeldspat, Breite 10 cm.

Ein weiteres Highlight am Strand von Skeldekobbel ist der Fund eines migmatitischen Paragneises mit Granat-Porphyroblasten bis 6,5 cm Größe. Der Gesteinstyp ähnelt den Gneisen vom Sörmland-Typ. Zu denken gibt aber die Beobachtung, dass er recht häufig zu finden ist, andere Gesteine des östlichen Mittelschwedens (z. B. Uppland-Granite) hingegen fehlen. Die Literaturrecherche ergab bisher kein weiteres mögliches Herkunftsgebiet für diese migmatitischen Granat-Cordierit-Paragneise.

Abb. 50: Migmatitischer Paragneis mit großen Granat-Porphyroblasten.
Abb. 51: Granat-Porphyroblast mit einem Saum aus Feldspat, Nahaufnahme unter Wasser.
Abb. 52: Rückseite des gleichen Steins, Aufnahme unter Wasser. Die schwach bläulichgrauen, von Dunkelglimmer durchsetzten Partien sind ein Hinweis auf Cordierit, der in diesem Gestein offenbar in erheblicher Menge enthalten ist.
Abb. 53: Ein ähnlicher migmatitischer Granat-Cordierit-Paragneis, Breite 38 cm.
Abb. 54: Leukosom eines migmatitischen Granat-Cordierit-Paragneises, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 55: Nahaufnahme, roter Granat-Porphyroblasten, umgeben von hellgrauem Cordierit (?).
Abb. 56: Paragneis mit Fleckentextur, Breite 30 cm. Im schwindenden Tageslicht fotografiert, daher etwas unscharf: ein auffälliger Quarz-Feldspat-Biotit-Gneis mit grünen Flecken (retrograd aus Cordierit gebildeter Chlorit?), die einen schmalen hellen Saum aufweisen.
Abb. 57: Tektonische Brekzie; das dichte grüne und hornsteinartige Gestein ist in situ durch tektonische Einwirkung zerbrochen; die Risse wurden nachfolgend mit Quarz als Ausscheidung hydrothermaler Lösungen verfüllt.

Ein außergewöhnliches Gestein, einen Skarn, entdeckte Frank Rudolph. Skarne sind metasomatische Gesteine, die im Kontaktbereich von einem aufsteigenden plutonischen Körper mit einem z. B. Ca-reichen Sedimentgestein entstehen. Dabei kommt es zu einem intensiven Stoffaustausch und der Neubildung von Ca- und Fe-reichen Silikatmineralen innerhalb des Sedimentgesteins. Typisch für Skarne aus Ca-reichen Sedimentgesteinen sind Neubildungen von Ca-reichem Klinopyroxen (Diopsid als Endglied), Fe-reichem Ca-Klinopyroxen (Hedenbergit als Englied) und Granat (gelbgrüner bis dunkelgrüner Grossular, roter Almandin).

Abb. 58: Stark angewitterter Skarn mit ausgeprägter Lagentextur, Breite ca. 30 cm. Das Gestein konnte nur mit Mühe, unter Zuhilfenahme eines schweren Hammers zerlegt werden.
Abb. 59: Frische Bruchfläche, Abschlag vom obigen Block. Lagenweise sind Partien mit grünen (Diopsid), schwarzgrünen (Hedenbergit) und roten Mineralen (Granat) erkennbar.
Abb. 60: Skarn, polierte Schnittfläche.
Abb. 61: Nahaufnahme; wolkige graue Partien bestehen aus Quarz.
Abb. 62: Nahaufnahme. Das Gestein wurde offensichtlich tektonisch überprägt; rechts unterhalb der Bildmitte reflektiert ein größeres grünes und gestreiftes Kristallaggregat das einfallende Licht.

Zum Schluss noch einige Funde von Sedimentgesteinen.

Abb. 63: Bioturbater heller Sandstein mit Algenbewuchs, Breite 23 cm.
Abb. 64: Intraformationelles Konglomerat, ein glaukonitischer Sandstein mit phosphoritisch (?) gebundenen Sandstein-Intraklasten, Breite 34 cm.
Abb. 65: Nahaufnahme, Breite des Intraklasts 8 cm.
Abb. 66: Kontakt eines Hanaskog-Flints mit einem feinkörnigen Kalksandstein.
Abb. 67: Eigenartige konkretionäre(?) Sedimentstrukturen in einem Limonitsandstein.
Abb. 68: Am Strand bei Skeldekobbel finden sich vereinzelt Limonitsandsteine mit meist nicht näher bestimmbaren Muscheln, die wohl dem Paläozän zuzuordnen sind (pers. Mitteilung F. Rudolph). Breite des Geschiebes 20 cm
Abb. 69: Paläozäner Limonitsandstein, Breite 14 cm
Abb. 70: Gleicher Stein; in der Aufsicht sind neben unbestimmbaren Muschelabdrücken zwei schwarze Haifischzähne erkennbar.
Abb. 71: Konglomerat mit Toneisenstein-Lithoklasten (Jura oder Lias?).
Abb. 72: Pyritisiertes Spurenfossil, üblicherweise als Ophiomorpha nodosa bezeichnet. Vermutlich haben callianasside Krebse diesen Wohnbau angelegt.
Abb. 73: Pyrit-Konkretion
Abb. 74: Am Ende des nördlichen Strandabschnitts fanden sich an einigen Baumstämmen, die offenbar längere Zeit im Wasser lagen, Spuren der Schiffsbohrmuschel (Teredo navalis). Bildbreite 30 cm.

Literatur

SCHULZ W 2003 Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler – 508 S., 446+42 meist farb. kapitelweise num. Abb., 1 Kte. als Beil., Schwerin (cw Verlagsgruppe).

Weißschlieriger Granatamphibolit

Abb. 1: Weißschlieriger Granatamphibolit mit roten Granat-Porpyroblasten und gelblichen Plagioklas-Leukosomen. Geschiebe von Strande bei Kiel, Bildbreite ca. 30 cm.
Abb. 2: Gleicher Stein, Nahaufnahme der trockenen Oberfläche. Bildbreite ca. 15 cm.

Migmatitische Granatamphibolite mit weißen Plagioklas-Schlieren sind charakteristische Gesteine des Südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Der Gesteinstyp ist als Leitgeschiebe geeignet, seine Vorkommen scheinen sich auf den westlichen Teil der SGR zu beschränken. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften ist der weißschlierige Granatamphibolit häufig anzutreffen (VINX 1998, 2016).

Im Unterschied zu „gewöhnlichen“ Granatamphiboliten, die aus basischen Gesteinen (Basalte, Gabbros o. ä.) durch Metamorphose entstehen, erfolgt eine Teilaufschmelzung von Amphiboliten erst unter hochgradigen Metamorphosebedingungen (obere Amphibolitfazies, ab etwa 800°C), wie sie während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga erreicht wurden. Dabei kam es zum Ausschmelzen von Plagioklas, der als helles Leukosom kumuliert, erneut kristallisiert und das Gestein in Gestalt weißer Schlieren durchzieht.

Solche migmatitischen Granatamphibolite sind aus SW-Schweden und anderen Regionen bekannt, die von der svekonorwegischen Gebirgsbildung erfasst wurden.
SMED & EHLERS 2002 weisen auf Vorkommen ähnlicher Gesteine in SE-Norwegen hin (Bamble-Kongsberg-Gebiet). Vereinzelte Geschiebe von dort dürften allenfalls im nördlichen Dänemark zu erwarten sein, so dass im Allgemeinen von einer SW-schwedischen Herkunft der Gesteine ausgegangen werden kann. In der Geschiebekunde wird der Gesteinstyp als „plagioklasschlieriger“ oder „weißschlieriger“ Granatamphibolit bezeichnet. Funde sind vor allem westlich der Lübecker Bucht und nördlich davon zu erwarten. Anstehende SW-schwedische Granatamphibolite zeigt der Exkursionsbericht SW-Schweden, Abb. 9-12 und 23-26.

Der weißschlierige Granatamphibolit fällt durch sein kontrastreiches Gefüge aus schwarzem Amphibol, weißem Plagioklas und rotem Granat auf. Größere Amphibol-Körner zeigen einen lebhaften Glasglanz. Roter Granat findet sich in kleinen Körnern zwischen Amphibol und Plagioklas, vor allem aber in Gestalt großer und runder Porphyroblasten (1-2 cm, im Ausnahmefall bis 5 cm). Diese können regelhaft im Gestein verteilt sein oder Ansammlungen bilden. Manchmal liegen sie auch innerhalb der hellen Plagioklas-Leukosome. Regelmäßig findet sich ein schmaler Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas um die größeren Granate (Abb. 3). Die weißen bis gelblichen Plagioklas-Leukosome bilden längliche, gewundene oder unregelmäßige Schlieren und sind grobkörniger als die Matrix. Quarz fehlt und ist in der Regel auch innerhalb der Leukosome nicht erkennbar.

Abb. 3: Ein weiterer Granatamphibolit von Strande. Runde Granat-Porphyroblasten besitzen einen schmalen Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas.
Abb. 4: Weißschlieriger Granatamphibolit, Geschiebe von Hökholz (Schleswig-Holstein).
Abb. 5: Gleicher Stein, Nahaufnahme.

Literatur

Smed P & Ehlers J 2002 Steine aus dem Norden – Bornträger-Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 2. Auflage.

Wennberg G 1949 Differentialrörelser i Inlandsisen. Sista istiden i Danmark, Skåne och Östersjön [Differentialbewegungen in der Inlandvereisung. Sechs Eiszeiten in Dänemark, Schonen und Östersjön] – Meddelanden från Lunds Geologisk-Mineralogiska Institution 114: 1-201, 11 Taf., 57 Abb., 1 Tab., Lund (Carl Bloms Boktryckeri). [deutsche Zusammenfass. S. 192-201].

Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).

5. Retroeklogit von Ullared

In der Umgebung von Ullared (Lok. 5 auf der Karte) finden sich die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR. Es handelt sich um mehrere, max. 1 km² große und linsenförmige Eklogit-Massive, die in stark verfaltete bis mylonitische Gneise eingebettet sind. Die Eklogite entstanden einst in großer Tiefe und wurden bei ihrem Aufstieg am Ende der svekonorwegischen Orogenese in ihrem Mineralbestand verändert. Solche durch sog. retrograde Metamorphose veränderte Eklogite bezeichnet man als Retroeklogite.

Abb. 1: Retro-Eklogit von Ullared, loser Stein mit hellgrüner Verwitterungsrinde und großen hellroten Granaten. Loser Stein in der Nähe vom Anstehenden.

Eklogite entstehen bevorzugt bei tiefer Versenkung und hochgradiger Metamorphose von basischen Gesteinen in Subduktionszonen. Seltener, wie im Falle des Eklogits von Ullared, erfolgt ihre Bildung im Zuge von Kontinent-Kontinent-Kollisionen in Bereichen mit einer verdickten Kruste. Eine solche Kollision fand vor etwa 950 Ma während der Svekonorwegischen Orogenese statt. Als maximale Bildungsbedingungen wurden 17 kbar und 700°C ermittelt, was einer Versenkungstiefe von >50 km entspricht (DYCK 2011). Der nachfolgende schnelle Aufstieg des Eklogits ist wahrscheinlich auf spätorogenen gravitationalen Kollaps des Orogens und ein tektonisches Dehnungsregime zurückzuführen. Dabei wurde der primäre Mineralbestand aus Omphacit und Granat (in Al-reichen Phasen auch Kyanit) durch retrograde Metamorphose verändert. Typisch retrograde Mineralreaktionen in Eklogiten sind die Umwandlung von Omphacit in Plagioklas und Pyroxen sowie von Granat und (in geringer Menge enthaltenem) Quarz zu Klinopyroxen (Diopsid) und Plagioklas. Im Retroeklogit von Ullared ist daher reichlich Plagioklas enthalten, während reine Eklogite plagioklasfrei sind. Pyroxen kann bei fortschreitender retrograder Metamorphose weiter in Amphibol umgewandelt werden.

Abb. 2: Kleiner Eklogit-Steinbruch im Wald, nördlich von Ullared.
Abb. 3: Anstehender Retroeklogit mit großen, runden Granat-Aggregaten, Bildbreite 35 cm.

Innerhalb des Eklogitkörpers sind Lagenstrukturen erkennbar (Partien mit größeren und kleinen Granaten), die wahrscheinlich als Relikte eine magmatische Schichtung (magmatic layering) der basischen Ausgangsgesteine abbilden. Die runden Granatkörner sind von schwarzgrünen und feinkörnigen Coronen umgeben (retrograd gebildete Amphibol-Klinopyroxen-Plagioklas-Symplektite).

Abb. 4: Angewitterte Probe eines Retroekogits; roter Granat tritt reliefartig hervor; gelblich verwitternder Plagioklas und farbloser Quarz sind hier leicht unterscheidbar.
Abb. 5: Frische Bruchfläche einer weiteren Probe; hellroter Granat (Pyrop), farbloser Quarz und Plagioklas sowie blaue Minerale (Kyanit und/oder retrograd gebildete Symplektite, z. B. mit Sapphirin).
Abb. 6: Polierte Schnittfläche eines grobkörnigen Retroeklogits von Ullared. Hauptbestandteile des Gesteins sind roter Granat, ein grünes Mineral – teils Klinopyroxen, teils pyroxenhaltige Symplektite – und blaue Mineralkörner.
Abb. 7: Gleicher Stein, Nahaufnahme. In der Bildmitte ist ein größeres bläuliches Mineralaggregat erkennbar.

Bedingt durch die komplexen Mineralreaktionen während der retrograden Metamorphose zeichnen sich Retroeklogite durch vielfältige Mineralparagenesen aus. Im Retroeklogit von Ullared fällt zunächst der hohe Gehalt an hellrotem und Fe-armen Granat (Pyrop) auf. Die großen Granate sind von grünschwarzen Coronen umgeben. Hierbei handelt es sich um fein verfilzte Verwachsungen von retrograd gebildeten Mineralen, die als Symplektite bezeichnet werden. Häufig handelt es sich dabei um Verwachsungen von Plagioklas und Pyroxen, optional auch Amphibol. Bei den weißen und milchig getrübten Bereichen dürfte es sich ebenfalls um Symplektite handeln. Auf der Bruchfläche (Abb. 5) sind auch einzelne grüne Körner von Klinopyroxen (Diopsid) erkennbar, weiterhin farbloser bis weißer Quarz (auch einzelne, 5-10 mm große Aggregate) und Plagioklas (polsynthetische Verzwilligung nur schwer erkennbar). Bei den blauen Mineralkörnern dürfte es sich um Kyanit handeln. Trübungen innerhalb der Körner sprechen für eine teilweise retrograde Umwandlung (in Sapphirin?) und dürften ebenfalls symplektitische Verwachsungen sein.

Der Mineralbestand der retrograd entstandenen Symplektite ist nur mikroskopisch wahrnehmbar. Nach DYCK 2011 finden sich symplektische und coronitische Strukturen häufig um Granat. Diese grünen bis schwarzgrünen und massigen Bereiche bestehen aus Verwachsungen von Klinopyroxen, Amphibol und Plagioklas oder auch Biotit und Plagioklas. Blauer Kyanit entsteht in Eklogiten mit Al-reichen Mineralphasen. Im Zuge der retrograden Druckentlastung kann es an der Grenzfläche von Kyanit und Omphacit zur Bildung von hellblauen und trüben Symplektiten aus Sapphirin und Plagioklas kommen (s. a. MÖLLER 1999). Eine weitere retrograde Bildung im Retroeklogit von Ullared ist Skapolith (hellgrüne Lichter, durchscheinend bis opak), einem typischen Mineral der retrograden Amphibolitfazies in Eklogiten. Weitere und eigenständig auftretende Minerale im Retroeklogit von Ullared sind einzelne größere Aggregate von Amphibol und Biotit sowie Akzessorien von Rutil und opaken Mineralen (Ilmenit?).

Die nächste Probe ist ein mittelkörniger und relativ dunkler Retroeklogit mit einer Lagentextur, die vermutlich ein magmatic layering des Ausgangsgesteins abbildet (Ansicht um 90 Grad gedreht). Eine dunkle Partie (links) geht in eine hellere über (Mitte), unter Vergröberung des Mineralkorns (rechte Seite). Blaue Mineralkörner sind in dieser Probe reichlicher enthalten.

Abb. 8: Polierte Schnittfläche eines mittelkörnigen Eklogits.
Abb. 9: Nahaufnahme der dunklen Partie: rote Granatkörner und blauer Kyanit (teils trüb und symplektitisch) sowie feinkörnige Bereiche mit grünen Mineralen. Die dunkle Farbe dürfte auf einen höheren Gehalt an Amphibol zurückzuführen sein.
Abb. 10: Nahaufnahme der hellen Partie.
Abb. 11: Makroaufnahme einiger blauer Mineralkörner mit einem milchig-trüben Kern aus Symplektiten. Bild: T. Langmann.
Abb. 12: Erstaunlich ist, dass die milchig-trüben und mutmaßlich symplektitischen Bereiche im Kern der transparenten Mineralkörner liegen und nicht an ihren Rändern, wo man eine retrograde Umwandlung im Kontakt mit anderen Mineralen erwarten würde. Bild: T. Langmann.
Abb. 13: Weitere Makroaufnahme eines Blauen Mineralkorns mit milchig-trübem Kern und transparentem Rand. Bild: T. Langmann.

In der näheren Umgebung vom kleinen Steinbruch mit dem Retroeklogit stehen neben Graugneisen helle und granatreiche Gneise mit wenig dunklen Mineralen an, in Nachbarschaft zu dunklen Metabasiten, die augenscheinlich deutlich niedrigeren Metamorphosegraden unterlagen (Amphibolitfazies).

Abb. 14: Granatreicher Gneis bei Ullared.
Abb. 15: Metabasit aus weißem Plagioklas (teilweise epidotisiert) und schwarzem Amphibol; kein Granat.
Abb. 16: Im Wald befindet sich auch eine Halde aus derbem Quarzgestein (wahrscheinlich Gangquarz). Es dürfte sich um Relikte eines bergmännischen Schurfes handeln. Was hier einst abgebaut wurde, ist unklar.

Literatur

Hegardt E A et al 2005 Eclogites in the central part of the Sveconorwegian Eastern Segment of the Baltic Shield: Support for an extensive eclogite terrane – GFF 127, 3 S. 221-232.

Dyck B 2011 A key fold structure within a Sveconorwegian eclogite-bearing deformation zone in Halland, south-western Sweden: geometry and tectonic implications – M.Sc. Thesis in geology at Lund University, Nr. 279, 42 pp. 45 hskp/ECTS.

Langendoen J & van Roermund HLM 2007 An investigation into the genesis of an erratic (retro) eclogite block from Haren, Groningen, the Netherlands – Netherlands Journal of Geoscience 86-2, S. 145-157.

Möller C, Andersson J, Dyck B & Lundin I A 2015 Exhumation of an eclogite terrane as a hot migmatitic nappe, Sveconorwegian orogen – Lithos Volume 226, 1 June 2015, Pages 147–168.

Möller C et al, 1997 A Sveconorwegian deformation zone (system?) within the Eastern Segment,Sveconorwegian orogen of SW Sweden – a first report – GFF, Vol. 119, S. 73-78.

Möller C 1998 Decompressed eclogites in the Sveconorwegian (Grenvillian) orogen of SW Sweden: petrology and tectonic implications – Journal of metamorphic Geology, 16: S. 641-656.

Möller C 1999 Sapphirine in SW Sweden: a record of Sveconorwegian (Grenvillian) late-orogenic tectonic exhumation – Journal of metamorphic Geology, 17, S.127-141.

Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde (2) 6, S. 363-378. Hamburg Mai 1998. Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).