Ein mehrteiliger Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden.
Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.
Entlang der Küste zwischen Falkenberg und Halmstad befinden sich zahlreiche gut zugängliche Küstenaufschlüsse mit Gesteinen der SGR (Steninge, Glassvik; nächster Teil: Stensjöstrand). Etwa auf halber Strecke liegt der Ort Steninge (Lok. 3.2 auf der Karte). Ausgehend vom ersten Parkplatz im Ort (56.76421, 12.63274) erreicht man in südlicher Richtung bald einen alten Steinbruch, in dem migmatitische Gneise vom Halmstad-Typ abgebaut wurden.
Innerhalb der rotgrauen migmatitischen Gneise finden sich mafitarme und deformierte Quarz-Feldspat-Leukosome mit plattigen Quarzen („Schonengranulit“, Abb. 6) sowie linsenförmige Einschaltungen von grobkörnigen und pegmatitartigen Gesteinen („Flammenpegmatit“; Abb. 7, 8). Diese zentimeter- bis dezimetergroßen Partien gehen ohne scharfe Grenze in die migmatitischen Gneise über. Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale weisen auf granulitfazielle Metamorphosebedingungen während der svekofennischen Orogenese hin.
Schonengranulit und Flammenpegmatit sind charakteristische Gesteine des westlichen Teils der SGR und als Leitgeschiebe verwendbar. Sie treten an mehreren Lokalitäten entlang der schwedischen Westküste auf, in einem begrenzten Gebiet zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Neben Einschaltungen als Leukosom in migmatitischen Gneisen bildet der Flammenpegmatit auch meterbreite Gänge (s. Söndrum). Das Alter der Ausgangsgesteine liegt bei etwa 1,4 Ga, die Metamorphose erfolgte während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 970 Ma (VINX 1998).
Neben dem Flammenpegmatit treten in SW-Schweden auch bunte Pegmatite mit einer ähnlichen Farbgebung auf, die jedoch undeformiert sind und keine Plattenquarze enthalten. Sie wurden postkinematisch (= nach Beendigung der Orogenese) gebildet und sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (Abb. 9).
3.3. Glassvik
Einige Kilometer nördlich von Steninge liegt die Ortschaft Glassvik (Lok. 3.3 auf der Karte). Vom Parkplatz (56.77629, 12.62089) aus geht man zur Küste und orientiert sich in nördlicher Richtung. Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen wechseln sich mit Amphibol-Gneisen ab. Auffällig ist das nahezu senkrechte Einfallen der Gneise (Abb. 10) und eine annähernd parallel zur Klüftung verlaufende Foliation. Verschiedene Generationen von pegmatitischen bis aplitischen Gängen innerhalb der Quarz-Feldspat-Gneise (Abb. 11; 14-16) zeigen Deformationsstrukturen wie Verdünnung, Boudinage und interne Foliation. Die Gesteine entstanden während des „Halland-Events“ vor etwa 1.440 Ma und wurden im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung erneut deformiert (MÖLLER et al 1996: 18-19).
Ein weiterer interessanter Aufschluss an der Küste von Glassvik zeigt Erosionsrelikte eines gangförmigen und mehrere Zehnermeter mächtigen Granatamphibolits, der aus einer Abfolge unterschiedlicher Gefügevarianten besteht: ein grobkörniger Granat-Amphibolit mit regellosem Gefüge im Zentrum des Ganges wird zu beiden Seiten von migmatitischen Granatamphiboliten flankiert.
Literatur
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.
Der Küstenabschnitt bei Stensjöhamn (Lok. 3.4 auf der Karte), unmittelbar nördlich von Glassvik, bietet eine ganze Reihe interessanter Aufschlüsse, u. a. migmatitische Granatamphibolite, granulitfaziell gebildete Orthopyroxen-Megakristalle und Sillimanitgneise (JOHANSSON 2011, HANSEN et al. 2015). Ausgehend vom Parkplatz (56.78949, 12.61967) hält man sich an der Küste in nördlicher Richtung und erreicht zunächst Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen und Amphibolgneisen. Auch hier ist von einer komplexen metamorphen Geschichte der Gesteine und mindestens zwei Phasen der Deformation auszugehen, dem Halland-Event vor 1.420-1.440 Ma und der svekonorwegischen Orogenese vor 980-950 Ma.
Als Boudinage bezeichnet man ellipsoide Gefügeeinheiten in migmatitischen Gneisen. Boudinage entsteht, wenn dünne Gesteinslagen während der Deformation unterbrochen werden und in einzelne linsenförmige Einheiten zerfallen. Das grünliche (epidothaltige) Kalksilikatgestein dürfte sedimentären Ursprungs sein.
Eine Besonderheit der Lokalität Stensjöstrand sind Megakristalle von Orthopyroxen (Enstatit). Ihre Position innerhalb der Leukosome der Amphibolgneise lässt darauf schließen, dass sie während der partiellen Aufschmelzung des Wirtgesteins entstanden (HANSEN et al 2015).
Unter granulitfaziellen Bedingungen (1 GPa, 800 Grad) und der Abwesenheit von Fluiden (sog. Dehydrationsschmelzen) kommt es zu einem Zerfall von Biotit und Amphibol unter Bildung von Orthopyroxen:
Bt + Hbl + Pl +/- Qtz ↔ Opx+ Schmelze + Cpx + Gt
Einige Orthopyroxen-Megakristalle sind von einem Saum aus retrograd gebildeten Hornblende-Quarz-Symplektiten umgeben, die als Barriere eine weitere Umwandlung der Megakristalle verhinderten, während andere Orthopyroxe retrograd in Chlorit umgewandelt wurden.
Migmatite mit Orthopyroxen-Megakristallen treten an verschiedenen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. a. Söndrum). Vorkommen dieser aus Dehydrationsschmelzen unter granulitfaziellen Bedingungen gebildeten Orthopyroxene dürften sich auf die südwestschwedische Granulitregion beschränken. Der Gesteinstyp könnte als Leitgeschiebe geeignet sein, allerdings ist eine sichere Bestimmung von Orthopyroxen mit einfachen Mitteln kaum möglich.
Die Löcher im Fels stammen von einem Bohrgerät, mit dem Proben zum Zwecke einer Datierung entnommen wurden. Die Datierung isolierter Zirkone ergab ein Kristallisationsalter von 1.415-1.390 Ma. Anwachssäume um die gleichen Zirkone verweisen auf eine Metamorphose während der svekonorwegischen Orogenese vor 975-965 Ma (HANSEN et al. 2015).
Nördlich des kleinen Hafens (Stensjöhamn) ändert sich die Zusammensetzung der Gesteine. Hier stehen plattige, teilweise stark gefaltete Sillimanit-Gneise an, die durch Verwitterung bizarre Formen annehmen können.
In Stensjöstrand finden sich neben Brandungsgeröllen anstehender Gesteine auch Geschiebe, u. a. zwei „alte Bekannte“: ein Kinne-Diabas aus Westschweden sowie ein NW-Dolerit, dessen Anstehendes eigentlich viel weiter südlich liegt. Auch zwei Rapakiwi-Granite mit vermuteter Herkunft vom Åland-Archipel wurden aufgelesen. Im Weichsel-Glazial änderte der Baltische Eisstrom im Gebiet der südlichen Ostsee seine ursprünglich südliche Zugrichtung und nahm einen ost-westlichen und schließlich sogar nördlichen Verlauf. Dies dürfte auch der Grund für Funde von NW-Dolerit und Åland-Gesteinen nördlich bzw. weit abseits von ihrem Herkunftsgebiet sein.
3.5. Träslövsläge
In Träslövsläge (Lok. 3.5 auf der Karte), einem kleinen Fischerort südlich von Varberg, sollten sich etwa 200 m westlich der Kirche mehrere Aufschlüsse befinden (MÖLLER et al 1996: 32-33). Mittlerweile ist der Strandbereich allerdings stark verwachsen, nur eine Lokalität konnte ausfindig gemacht werden. Ein mafischer Granulit zeigt Relikte einer magmatischen Schichtung. Individuelle Lagen unterschiedlicher Dicke stehen diskordant zur Foliationsrichtung.
Literatur
HANSEN E, JOHANSSON L, ANDERSSON J, LABARGE L, HARLOV D, MÖLLER C & VINCENT S 2015 Partial melting in amphibolites in a deep section of the Sveconorwegian Orogen, SW Sweden – LITHOS (2015), Vol. 236-237, S. 27-45.
JOHANSSON L 2011 Bergrundsgeologi in Stensjöstrands Naturreservat – 7 S., Geologiska Institutionen Lunds Universitet.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
In der Umgebung von Ullared (Lok. 5 auf der Karte) finden sich die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR. Es handelt sich um mehrere, max. 1 km² große und linsenförmige Eklogit-Massive, die in stark verfaltete bis mylonitische Gneise eingebettet sind. Die Eklogite entstanden einst in großer Tiefe und wurden bei ihrem Aufstieg am Ende der svekonorwegischen Orogenese in ihrem Mineralbestand verändert. Solche durch sog. retrograde Metamorphose veränderte Eklogite bezeichnet man als Retroeklogite.
Eklogite entstehen bevorzugt bei tiefer Versenkung und hochgradiger Metamorphose von basischen Gesteinen in Subduktionszonen. Seltener, wie im Falle des Eklogits von Ullared, erfolgt ihre Bildung im Zuge von Kontinent-Kontinent-Kollisionen in Bereichen mit einer verdickten Kruste. Eine solche Kollision fand vor etwa 950 Ma während der Svekonorwegischen Orogenese statt. Als maximale Bildungsbedingungen wurden 17 kbar und 700°C ermittelt, was einer Versenkungstiefe von >50 km entspricht (DYCK 2011). Der nachfolgende schnelle Aufstieg des Eklogits ist wahrscheinlich auf spätorogenen gravitationalen Kollaps des Orogens und ein tektonisches Dehnungsregime zurückzuführen. Dabei wurde der primäre Mineralbestand aus Omphacit und Granat (in Al-reichen Phasen auch Kyanit) durch retrograde Metamorphose verändert. Typisch retrograde Mineralreaktionen in Eklogiten sind die Umwandlung von Omphacit in Plagioklas und Pyroxen sowie von Granat und (in geringer Menge enthaltenem) Quarz zu Klinopyroxen (Diopsid) und Plagioklas. Im Retroeklogit von Ullared ist daher reichlich Plagioklas enthalten, während reine Eklogite plagioklasfrei sind. Pyroxen kann bei fortschreitender retrograder Metamorphose weiter in Amphibol umgewandelt werden.
Innerhalb des Eklogitkörpers sind Lagenstrukturen erkennbar (Partien mit größeren und kleinen Granaten), die wahrscheinlich als Relikte eine magmatische Schichtung (magmatic layering) der basischen Ausgangsgesteine abbilden. Die runden Granatkörner sind von schwarzgrünen und feinkörnigen Coronen umgeben (retrograd gebildete Amphibol-Klinopyroxen-Plagioklas-Symplektite).
Bedingt durch die komplexen Mineralreaktionen während der retrograden Metamorphose zeichnen sich Retroeklogite durch vielfältige Mineralparagenesen aus. Im Retroeklogit von Ullared fällt zunächst der hohe Gehalt an hellrotem und Fe-armen Granat (Pyrop) auf. Die großen Granate sind von grünschwarzen Coronen umgeben. Hierbei handelt es sich um fein verfilzte Verwachsungen von retrograd gebildeten Mineralen, die als Symplektite bezeichnet werden. Häufig handelt es sich dabei um Verwachsungen von Plagioklas und Pyroxen, optional auch Amphibol. Bei den weißen und milchig getrübten Bereichen dürfte es sich ebenfalls um Symplektite handeln. Auf der Bruchfläche (Abb. 5) sind auch einzelne grüne Körner von Klinopyroxen (Diopsid) erkennbar, weiterhin farbloser bis weißer Quarz (auch einzelne, 5-10 mm große Aggregate) und Plagioklas (polsynthetische Verzwilligung nur schwer erkennbar). Bei den blauen Mineralkörnern dürfte es sich um Kyanit handeln. Trübungen innerhalb der Körner sprechen für eine teilweise retrograde Umwandlung (in Sapphirin?) und dürften ebenfalls symplektitische Verwachsungen sein.
Der Mineralbestand der retrograd entstandenen Symplektite ist nur mikroskopisch wahrnehmbar. Nach DYCK 2011 finden sich symplektische und coronitische Strukturen häufig um Granat. Diese grünen bis schwarzgrünen und massigen Bereiche bestehen aus Verwachsungen von Klinopyroxen, Amphibol und Plagioklas oder auch Biotit und Plagioklas. Blauer Kyanit entsteht in Eklogiten mit Al-reichen Mineralphasen. Im Zuge der retrograden Druckentlastung kann es an der Grenzfläche von Kyanit und Omphacit zur Bildung von hellblauen und trüben Symplektiten aus Sapphirin und Plagioklas kommen (s. a. MÖLLER 1999). Eine weitere retrograde Bildung im Retroeklogit von Ullared ist Skapolith (hellgrüne Lichter, durchscheinend bis opak), einem typischen Mineral der retrograden Amphibolitfazies in Eklogiten. Weitere und eigenständig auftretende Minerale im Retroeklogit von Ullared sind einzelne größere Aggregate von Amphibol und Biotit sowie Akzessorien von Rutil und opaken Mineralen (Ilmenit?).
Die nächste Probe ist ein mittelkörniger und relativ dunkler Retroeklogit mit einer Lagentextur, die vermutlich ein magmatic layering des Ausgangsgesteins abbildet (Ansicht um 90 Grad gedreht). Eine dunkle Partie (links) geht in eine hellere über (Mitte), unter Vergröberung des Mineralkorns (rechte Seite). Blaue Mineralkörner sind in dieser Probe reichlicher enthalten.
In der näheren Umgebung vom kleinen Steinbruch mit dem Retroeklogit stehen neben Graugneisen helle und granatreiche Gneise mit wenig dunklen Mineralen an, in Nachbarschaft zu dunklen Metabasiten, die augenscheinlich deutlich niedrigeren Metamorphosegraden unterlagen (Amphibolitfazies).
Literatur
Hegardt E A et al 2005 Eclogites in the central part of the Sveconorwegian Eastern Segment of the Baltic Shield: Support for an extensive eclogite terrane – GFF 127, 3 S. 221-232.
Dyck B 2011 A key fold structure within a Sveconorwegian eclogite-bearing deformation zone in Halland, south-western Sweden: geometry and tectonic implications – M.Sc. Thesis in geology at Lund University, Nr. 279, 42 pp. 45 hskp/ECTS.
Langendoen J & van Roermund HLM 2007 An investigation into the genesis of an erratic (retro) eclogite block from Haren, Groningen, the Netherlands – Netherlands Journal of Geoscience 86-2, S. 145-157.
Möller C, Andersson J, Dyck B & Lundin I A 2015 Exhumation of an eclogite terrane as a hot migmatitic nappe, Sveconorwegian orogen – Lithos Volume 226, 1 June 2015, Pages 147–168.
Möller C et al, 1997 A Sveconorwegian deformation zone (system?) within the Eastern Segment,Sveconorwegian orogen of SW Sweden – a first report – GFF, Vol. 119, S. 73-78.
Möller C 1998 Decompressed eclogites in the Sveconorwegian (Grenvillian) orogen of SW Sweden: petrology and tectonic implications – Journal of metamorphic Geology, 16: S. 641-656.
Möller C 1999 Sapphirine in SW Sweden: a record of Sveconorwegian (Grenvillian) late-orogenic tectonic exhumation – Journal of metamorphic Geology, 17, S.127-141.
Vinx R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde (2) 6, S. 363-378. Hamburg Mai 1998. Vinx R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
Charnockite sind ein seltener und exotischer Gesteinstyp mit einer eigenen Klassifikation (QAPF-Diagramm). Sie bestehen zwar im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat, führen als Besonderheit aber Orthopyroxen als dunkles Mineral. Die Anwesenheit von Orthopyroxen ist auf die besonderen Bildungsbedingungen der Gesteine zurückzuführen. Dabei wird seit langem diskutiert, ob Charnockite plutonischen oder metamorphen Ursprungs sind (HARLOV et al 2013). Feldstudien und eingehende petrographische Untersuchungen ergaben, dass zunächst beide Möglichkeiten in Betracht zu ziehen sind und eine Entscheidung vom Einzelfall abhängt.
Charnockite treten an mehreren Lokalitäten in SW-Schweden auf, ihre Verbreitung beschränkt sich auf das Gebiet der SGR (Abb. 2). Das größte Charnockit-Vorkommen Europas liegt in der Umgebung der Stadt Varberg, weitere kleine Massive sind von Björnamossa und Laholm bekannt. Darüber hinaus treten „charnockitisierte“ Bereiche innerhalb der SW-schwedischen Grundgebirgsgneise auf, die durch trockene Hochtemperatur-Metamorphose entstanden. Im Gelände kann man solche Areale an einer Grünfärbung der Gesteine erkennen (s. Exkursionsbericht Söndrum).
Auf eine plutonische Entstehung des Varberg-Charnockits weisen geochemische Daten hin (HARLOV et al 2013). Die Bildung des Charnockit-Magmas erfolgte in der Unterkruste durch fraktionierte Kristallisation aus fluidreichen basaltischen Schmelzen bei 750-850°C und einem Druck von 800-850 MPa. Diese wasserarmen, aber CO2-reichen Schmelzen begünstigten die Entstehung von Ortho- und Klinopyroxen. Zum Aufstieg des Varberg-Charnockit kam es vor 1399 ± 6 Ma, nach Beendigung einer als „Halland-Event“ bezeichneten Gebirgsbildung. Wahrscheinlich aus der gleichen Magmaquelle gingen auch die postorogenen Granite hervor (Torpa-/Tjärnesjö-Granit, 1380 ± 12 Ma). ). Im nördlichen Teil des Charnockit-Massivs von Varberg umschließt der Torpa-Granit einen Teil des Charnockits und weist auf eine enge Assoziation von Charnockiten und Graniten hin. Charnockite und Granite wurden während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 1 Ga teilweise deformiert.
Nördlich von Apelviken bei Varberg können verschiedene Varianten von Charnockiten in aufgelassenen Steinbrüchen studiert werden. Neben den üblicherweise feinkörnigen und grünen, mehr oder minder stark foliierten Gneisen mit oder ohne Feldspat-Megakristallen treten untergeordnet auch grobkristalline und porphyrische Charnockite auf. Etwas weiter nordwestlich, in den Steinbrüchen von Hästhagaberget ist ebenfalls eine Vielfalt an Gefügen zu beobachten, siehe der Reisebericht auf strand-und-steine.de.
Der feinkörnige Gneis besteht im Wesentlichen aus grünem Feldspat und etwas weniger Quarz. Die Mineralkörner bilden eine granulierte Masse und besitzen unklare Korngrenzen. Quarz tritt auch in einzelnen größeren und hell- bis dunkelgrauen Körnern (bis 3 mm) auf. Flecken und Streifen mit Ansammlungen dunkler Minerale weisen eine Paralleltextur entlang der Foliationsrichtung auf.
Mit einfachen Mitteln lässt sich der Mineralbestand nicht näher bestimmen. Die zuckerkörnig granulierte Grundmasse erschwert die Unterscheidung von Plagioklas und Alkalifeldspat, beide besitzen die gleiche grüne Farbe. Lediglich ein einzelner größerer Feldspat zeigt polysynthetische Verzwilligung (Plagioklas). Auch die feinkörnigen dunklen Minerale sind kaum identifizierbar. In Frage kommen Klinopyroxen und Orthopyroxen als charakteristische Bestandteile von Charnockiten sowie Amphibol und Biotit. Hin und wieder weist ein lebhafter Glasglanz einzelner Körner auf Amphibol hin. Granat ist in dieser Probe nicht erkennbar, in den folgenden Handstücken aber in winzigen roten Körnern enthalten. Das Gestein reagiert auf einen Handmagneten, auch alle folgenden Charnockit-Proben sind deutlich magnetisch.
Häufig treten einzelne größere und leicht gerundete Feldspat-Megakristalle auf (Abb. 8, 11-13). Diese bilden Karlsbader Zwillinge, weisen aber keine perthitische Entmischung auf. Manchmal erscheinen die großen Feldspäte wie rotiert und werden von gebogenen Streifen aus dunklen Mineralen umflossen.
Nach mikroskopischen Untersuchungen (HARLOV et al 2013) besteht der Varberg-Charnockit aus Kalifeldspat, Plagioklas, Quarz, Orthopyroxen (Enstatit), Klinopyroxen (Diopsid), Granat, Biotit und Magnetit. Amphibol tritt zusammen mit Pyroxen in feinen Verwachsungen, gelegentlich auch in isolierten Körnern auf. Der Haupttyp des Varberg-Charnockits (an der Festung Varberg) besitzt eine monzonitische Zusammensetzung, weiter südlich (Apelviken) überwiegen Quarzmonzonite. Entsprechend der Klassifikation charnockitischer Gesteine handelt es sich damit um Mangerite bzw. Quarz-Mangerite. Bekannt sind auch gangförmige Einschaltungen von Pegmatitkörpern mit Klinopyroxen-Megakristallen bis 1 cm, umgeben von einem Saum aus kleineren Orthopyroxen-Körnern. Ein höherer Granat-Anteil kann einen rotbraunen Farbstich des Gesteins bewirken. In den Proben von Apelviken ist Granat nur in kleiner Menge anzutreffen (Abb. 7).
4.1. Charnockite als Geschiebe
Charnockite sind typische Gesteine der Südwestschwedischen Granulitregion und unter Vorbehalt als Leitgeschiebe geeignet. Zum einen ist die eindeutige Bestimmung von Charnockiten an den Nachweis von Orthopyroxen gebunden, der mikroskopische Untersuchungen erforderlich macht, zum anderen ist nicht jeder grüne Gneis ein Charnockit. Vielmehr wird man bei der Bestimmung von Geschieben auf grüne und feinkörnige Quarz-Feldspat-Gneise achten, die kleine (mitunter nur schwer erkennbare) Körner aus rotem Granat sowie Magnetit enthalten. Charakteristisch und bisher nur aus Varberg bekannt sind Charnockite mit einzelnen größeren Feldspat-Megakristallen bis 3 cm.
Nur auf der Bruchfläche sind die Gesteine wirklich grün gefärbt. Bei Verwitterung nimmt das Gestein einen gelblichen bis bräunlichen Farbton an. Geschiebe-Charnockite dürften ganz ähnlich aussehen wie die abgerollten Brandungsgerölle vom Steinbruch in Apelviken (Abb. 9 und 10). SW-schwedische Charnockite finden sich regelmäßig in Schleswig und an der Ostküste von Jütland (VINX 2016: 187). Charnockite sind auch aus Südnorwegen bekannt („Arendalit“, s. skan-kristallin.de). Geschiebe von dort könnten nach N-Dänemark, aber wohl kaum nach Norddeutschland gelangt sein.
In der Geschiebeliteratur variieren die Beschreibungen des Varberg-Charnockits. HESEMANN 1975: 91-92 bezieht in seine Darstellung des „Varberg-Granits“ auch charnockitisierte Gneise ein. ZANDSTRA 1988: 355 schlägt in diesem Zusammenhang „Pyroxengneis“ als die treffendere Bezeichnung vor und nennt an erkennbarem Mineralbestand: farblosen bis sehr hellgrünen Diopsid und dunklen bis schwarzen Hypersthen mit einem kupferroten Metallglanz auf den Flächen, neben gewöhnlichem Amphibol; reichlich gelben Titanit (nach ASKLUND 1946). In den Proben aus Apelviken konnte ich weder unterschiedlich ausgebildete Pyroxene noch Titanit beobachten. Eine Abbildung eines Geschiebefunds in ZANDSTRA 1999 als Referenz für eine allgemeine Gesteinsbeschreibung ist hinsichtlich zahlreicher möglicher kleiner Charnockitvorkommen methodisch problematisch, zumal es sich nicht um den Varberg-Typ handelt. Auch SMED & EHLERS 2002 (Nr. 120) nennen als dunkle Minerale: dunkelbraunen Hypersthen mit gold- bis bronzescheinenden Spaltflächen; gelegentlich auch Diopsid in Gestalt länglicher grüner und seidenglänzender Kristalle. Die mir vorliegenden Anstehendproben aus Apelviken bestätigten auch diese Beobachtungen nicht.
Erwähnenswert sind mehrere Funde von Granatcoroniten am Geröllstrand von Apelviken, die aus einem weiter nördlich gelegenen Metabasit-Vorkommen auf der Insel Balgö stammen könnten (Abbildung im Artikel mafischer Granulit/Granatcoronit).
4.2. Torpa- und Tjärnesjön-Granit
Torpa- und Tjärnesjön-Granit (Abb. 3) sind zwei größere anorogene Granit-Massive im nördlichen Halland, die vor etwa 1.380 Ma im Zuge der als „Halland-Event“ bezeichneten Gebirgsbildung entstanden. Sie wurden in ihren Randbereichen während der svekonorwegischen Orogenese stark deformiert. Der Torpa-Granit wird an seinem nördlichen Rand von der Mylonitzone tangiert.
Die grob- bis riesenkörnige Variante des Torpa-Granits besitzt ein auffälliges Gefüge und ist als Leitgeschiebe geeignet (VINX 2016). 2-3 cm, im Ausnahmefall bis 5 cm große und violettgraue Alkalifeldspat-Megakristalle weisen kräftige perthitische Entmischungen auf und sind von einem dünnen Saum aus orangefarbenem Feldspat umgeben. Die Grundmasse bilden schmutzig-weißer bis gelblicher Feldspat und recht wenig xenomorphe Aggregate aus grauem und transparentem Quarz. Dunkle Minerale (Biotit, Amphibol) treten untergeordnet und in cm-großen Ansammlungen auf, seltener ist auch etwas Granat zu beobachten. Anstehendproben siehe skan-kristallin.de.
Die nächste Anstehendprobe ist ein grobkörniger Augengranit vom See Tjärnesjön (Lok. 4.2 auf der Karte). Einige der braunen und perthitisch entmischten Alkalifeldspat-Megakristalle sind von einem orangeroten Plagioklas-Saum umgeben.
Literatur
HARLOV DE, VAN DEN KERKHOFf A & JOHANSSON L 2013 TheVarberg-Torpa Charnockite-Granite Association, SW Sweden: Mineralogy, Petrology, and Fluid Inclusion Chemistry – Journal of Petrology, Volume 54 (1), S. 3-40 – Oxford University Press 2013. doi:10.1093/petrology/egs060
VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).
In Halland, im Gebiet zwischen Halmstad und Falkenberg (Karte), entwickelte sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts eine steinverarbeitende Industrie. Zahlreiche Steinbrüche zeugen vom regen Abbau der migmatitischen Gneise, die unter Handelsbezeichnungen wie „Halmstad“ oder „Hallandia“ überregionale Bekanntheit erlangten und auch heute noch ein beliebter Dekorstein sind. An der Küste bei Söndrum, im Ortsteil Stenhuggeriet bieten mehrere aufgelassene Steinbrüche einen Einblick in das Grundgebirge mit Gesteinen der Südwestschwedischen Granulitregion (Lok. 3.1 auf der Karte).
Eine Besonderheit im Steinbruch Bolagsbrottet sind grüne und „charnockitisierte“ Partien innerhalb der rötlichen Grundgebirgsgneise. Die lokale Umwandlung der Gneise in Charnockite vollzog sich unter granulitfaziellen Bedingungen und dem Einfluss CO2-reicher, aber wasserarmer Fluide. Dabei kam es zur Bildung von Ortho- und Klinopyroxen, dem kennzeichnenden Mineralbestand von Charnockiten. Ansonsten bestehen die charnockitisierten Partien wie die benachbarten Gneise im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat.
Der charnockitisierte Bereich geht ohne klare Begrenzung in die roten Gneise über und wird von einem 1 m mächtigen roten Pegmatitgang durchzogen („Flammenpegmatit“). Klinopyroxen und Orthopyroxen treten, neben retrograd gebildetem Amphibol, ausschließlich innerhalb der grünen Partien sowie im Pegmatit auf. Der Pegmatit dürfte durch Aufschmelzung unter granulitfaziellen Bedingungen entstanden sein. Die Charnockitisierung wurde auf 1397 +/- 4 Ma datiert (HARLOV et al 2006; ANDERSSON et al 2008: 38-41).
Solche durch hochgradige Metamorphose charnockitisierte Gneise finden sich an mehreren Lokalitäten in SW-Schweden. Daneben gibt es auch Charnockit-Massive, die eindeutig magmatischen Ursprungs sind (s. Varberg-Charnockit). Der Gesteinstyp kann also auf verschiedene Weise entstehen. Kennzeichnend und für die Bestimmung dieser Quarz-Feldspat-Gesteine maßgeblich ist enthaltener Orthopyroxen, der jedoch, wie die anderen dunklen Minerale, meist feinkörnig ausgebildet und mit einfachen Mitteln nicht erkennbar ist. Im Gelände können jedoch eine Grünfärbung der Gesteine, das Vorhandensein von Granat und gegebenenfalls die Vergesellschaftung mit granulitfaziellen Pegmatiten („Flammenpegmatit“) als deutliche Indizien für charnockitisierte Partien angesehen werden.
Das Gestein besteht aus xenomorphen Körnern von grünem Feldspat und transparentem Quarz. Dunkle Minerale sind von Hand nicht bestimmbar und bilden unregelmäßige Ansammlungen und Schlieren ohne vorherrschende Foliationsrichtung.
Ein weiterer Aufschluss im Steinbruch Bolagsbrottet zeigt ein blassgrünes und rotes, teilweise pegmatitartiges Quarz-Feldspat-Gestein mit Megakristallen von Orthopyroxen als faziestypisches Mineral der Granulitfazies (MÖLLER et al 1996: 20). Orthopyroxen-Megakristalle treten auch an anderen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. Abschnitt Stensjöstrand).
Auch hier erweist sich die makroskopische Bestimmung von Orthopyroxen als problematisch. Ein lebhafter Glasglanz deutet eher auf Amphibol, während die eher schlechte Spaltbarkeit sowie rechtwinklige Spaltwinkel auf Pyroxen hinweisen. Möglicherweise liegt hier auch eine partielle retrograde Umwandlung von Orthopyroxen in Amphibol vor.
Literatur
ANDERSSON J, BINGEN B, CORNELL D, JOHANSSON L, SÖDERLUND U & MÖLLER C 2008 The Sveconorwegian orogen of southern Scandinavia: setting, petrology and geochronology of polymetamorphic high-grade terranes – 33 IGC excursion No 51, August 2 – 5, 2008.
HARLOV D E, JOHANSSON L, VAN DEN KERKHOF A & FÖRSTER H-J 2006 The role of advective fluid flow and diffusion during localized, solidstate dehydration: Söndrum Stenhuggeriet, Halmstad, SW Sweden – Journal of Petrology 47, 3–33.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Exkursionsführer in: Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2, S.1-42.
In Schonen durchzieht ein Gangschwarm aus basischen Gesteinen das proterozoische Grundgebirge sowie altpaläozoische Sedimentgesteine. Diese sog. Nordwest-Dolerite streichen in nordwestlicher Richtung und folgen der Bruchschollentektonik der Tornqvist-Zone. Innerhalb dieser Störungszone kam es zwischen Oberkarbon und Perm entlang von Rissen zum Aufstieg basischer Magmen. Gemäß ihrem Alter wird der Gangschwarm auch als permokarbonisch bzw. permosilesisch bezeichnet. Mehrheitlich handelt es sich um fein- bis mittelkörnige basaltische Gesteine (Mikrogabbros), untergeordnet treten Lamprophyre, Kullaite und „Syenitporphyre“ auf. Die höchste Dichte an Gängen ist im nordwestlichen Schonen zu finden. Im Osten werden die Vorkommen durch die Protoginzone begrenzt. Einzelne Gänge setzen sich bis ins südöstliche Schonen fort (OBST 1999, GEISLER 1996).
Die kleinkörnigen NW-Dolerite nehmen ein großes Gebiet ein und sind aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Doleriten aus anderen Gebieten als Geschiebe nicht erkennbar. Ein Beispiel aus NW-Schonen findet sich im 1. Teil des Exkursionsberichtes (Abb. 27-29); einen NW-Dolerit aus Ost-Schonen zeigt Abb. 12-13. Hingegen scheinen porphyrische NW-Dolerite mit ausgesprochen körniger Grundmasse und größeren Plagioklas-Einsprenglingen als Leitgeschiebe geeignet zu sein, weil sie nach bisheriger Kenntnis ausschließlich in Nordwest-Schonen vorkommen (Beschreibung in GEISSLER 1996; VINX 2016: 99). Eine solche Variante steht in der Nähe des kleinen Fischerorts Arild auf der Kullaberg-Halbinsel an (Lok. 2.4 auf der Karte).
Das Gestein besitzt eine deutlich körnige Grundmasse aus 1-2 mm großen Mineralkörnern und verwittert grünlich-braun. Leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge (1-2 cm) sind regellos im Gestein verteilt.
Am Geröllstrand von Arild finden sich fast ausschließlich Dolerite. Es überwiegen solche mit körniger Grundmasse und leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, nur untergeordnet treten auch feinkörnige oder aphyrische Dolerite auf. Abb. 5-8 zeigt den als Leitgeschiebe geeigneten Typ mit körniger Grundmasse.
Die als Leitgeschiebe geeignete porphyrische Variante des NW-Dolerits besitzt eine Grundmasse aus 1-2 mm großen Mineralkörnern, im Wesentlichen leistenförmiger Plagioklas (weiß) und rundliche Körner aus schwarzem Klinopyroxen bzw. grünlichen Umwandlungsprodukten. Magnetit ist mit einem Handmagneten nachweisbar. Hinzu kommen etwas Biotit, grünbrauner Amphibol, Erz sowie bis 2 mm große und braune bis grünbraune Pseudomorphosen nach Olivin (von Hand kaum bestimmbar). Im Unterschied zu vielen Doleriten ist das Gefüge der Grundmasse nicht ophitisch (die kleinen Plagioklase der Grundmasse bilden Einschlüsse innerhalb größerer Pyroxene), sondern intergranular (weitgehend separate Körner von Plagioklas und Pyroxen).
Das Gestein enthält zahlreiche transparente bis weiße und leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge von 1-2 cm Länge, die regellos im Gestein verteilt sind. Stellenweise bilden sie Anhäufungen, gelegentlich auch sternförmige Aggregate (glomerophyrisches Gefüge).
Geschiebefunde in Norddeutschland: Funde der beschriebenen Variante des NW-Dolerits sind bevorzugt in Gesellschaft mit SW-schwedischen Geschiebetypen zu erwarten, vor allem in weichselkaltzeitlichen Geschiebemergeln an der NW-schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Im östlichen Schleswig-Holstein und in Mecklenburg wird der Geschiebetyp seltener (GEISSLER 1996). Unverzichtbare Erkennungsmerkmale des Gesteins sind eine ausgesprochen körnige Grundmasse aus rundlichen Mineralkörnern sowie leistenförmige Plagioklas-Einsprenglinge. Vergleichbare Dolerite, aber mit feinkörniger Grundmasse, kommen auch in anderen Gebieten vor, z. B. in Södermanland (s. Abb. 14).
Im Anstehenden zeigt der Dolerit von Arild eine feinkörnige „Randfazies“, wie sie nicht unüblich für porphyrische Ganggesteine ist (Abb. 9). Die basische Schmelze wurde bei ihrer Platznahme im Kontakt zum Gneis abgeschreckt, erkennbar an einer feinkörnigen Ausbildung der Matrix innerhalb der etwa 50 cm breiten Kontaktzone. Durch die Fließbewegung des Magmas kam es parallel zum Streichen des Ganges zu einer Einregelung der Plagioklas-Einsprenglinge. Ein weißes, im Wesentlichen aus Quarz bestehendes Salband an der Grenze von Gneis und Dolerit dürfte durch Ausscheidungen wässriger Fluide entstanden sein, die aus dem Nebengestein durch das heiße basische Magma mobilisiert wurden.
In Ost-Schonen treten die Gesteine des permosilesischen Gangschwarms nur noch vereinzelt auf (s. Abb. 1). Die nächste Anstehendprobe zeigt einen kleinkörnigen NW-Dolerit aus einem Gang, der an der Küste von Simrishamn einen unterkambrischen Sandstein durchschlägt („Hardeberga-Sandstein“).
Dolerit-Geschiebe mit größeren leistenförmigen Plagioklas-Einsprenglingen, aber feinkörniger Grundmasse stammen nicht unbedingt aus dem Gangschwarm der NW-Dolerite. Vergleichbare Dolerite wurden mehrfach auch an einem Geröllstrand bei Skansholmen, südlich von Stockholm beobachtet. Ihr Heimatgebiet dürfte im Gangschwarm der sog. Dolerite in Södermanland liegen.
Literatur
GEISLER T 1996 Die permokarbonischen Dolerite in Schonen, Südschweden: petrographische und petrochemische Charakterisierung und ihre Bedeutung als Leitgeschiebe. Archiv für Geschiebekunde 2.
OBST K 1999 Die permosilesischen Eruptivgänge innerhalb der Fennoskandischen Randzone (Schonen und Bornholm) – Untersuchungen zum Stoffbestand, zur Struktur und zur Genese. Greifswalder Geowissenschaftliche Beiträge 7/1999 S. 1-121
Das proterozoische Grundgebirge der SGR wird von einem jüngeren Gangschwarm aus basischen Gesteinen durchzogen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Dolerite (sog. Nordwest-Dolerite), vereinzelt treten auch exotische Ganggesteine auf, die Kullaite. Diese besitzen eine trachytische Zusammensetzung und entstehen in tieferen Krustenbereichen durch Magmenvermischung von basischen und sauren Schmelzen. Beim Aufstieg der Kullaitschmelze kann zusätzlich Nebengestein aufgenommen und assimiliert worden sein. Am Kullaberg, dem locus typicus, streichen mehrere Kullaitgänge aus, u. a. ein roter Kullait an der Lokalität Lahibiagrottan und eine braune Variante am Strand von Josephinelust (Lok. 2 auf der Karte).
Kullait von Lahibiagrottan
Etwa 200 m südlich vom Leuchtturm Kullens Fyr führt ein steiler Abstieg zur Lahibiagrottan. Diese Grotte entstand einst durch Brandung und Frosteinwirkung und liegt heute aufgrund der seit dem Ende der letzten Vereisung anhaltenden Landhebung mehrere Meter über dem Meeresspiegel. In der Nähe steht ein Kullait-Gang an.
Das Gestein ist feinkörnig und auf den ersten Blick recht unscheinbar. Es besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus roten, miteinander verfilzten Feldspat-Leisten in regelloser Anordnung (Andesin, ein Na-Ca-Feldspat der Plagioklas-Gruppe, OBST 1999, 2001, vgl. a. TRÖGER 1935). Dunkle Minerale sind weitgehend chloritisiert und füllen die Zwischenräume, vereinzelt sind auch größere schwarze Körner erkennbar. Die Rotfärbung des Gesteins ist auf fein verteilten Hämatitstaub zurückzuführen. Einige größere und etwas hellere Feldspat-Einsprenglinge weisen an den Rändern Spuren von Resorption (magmatische Korrosion) auf.
Neben einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit als Wirtgestein für den roten Kullait (Abb. 3), steht am östlichen Abstieg zur Lokalität Lahibiagrottan ein weiterer Granatamphibolit an.
Kullait von Josefinelust
Das feinkörnige Gestein besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus leistenförmigem Feldspat und dunklen Mineralen. Wenige größere Feldspat-Einsprenglinge sind heller gefärbt als die Grundmasse und weisen Spuren magmatischer Korrosion auf.
Mit Calcit gefüllte Hohlräume sind an rote und tropfenförmige Xenolithe gebunden, die einen ähnlichen Mineralbestand wie die Grundmasse aufweisen, aber gröber kristallisiert sind. Xenolithe und Calcit treten gelegentlich auch im roten Kullait von Lahibiagrottan auf.
Ebenfalls von Josefinelust stammt ein grünlich-brauner Kullait mit hellen Feldspat-Einsprenglingen. Es handelt sich um einen einzelnen Fund als Strandgeröll, anstehend konnte das Gestein nicht beobachtet werden.
2.2. Kullaite als Geschiebe
Die Motivation, einen Kullait in Norddeutschland als Geschiebe zu finden, lässt sich wohl mit der Seltenheit und dem exotischen Charakter des Gesteinstyps erklären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um feinkörnige und auf den ersten Blick eher unauffällige Gesteine handelt, die aufgrund der geringen Ausdehnung der Vorkommen nur sehr selten in Erscheinung treten. Allgemeine Kennzeichen sind das doleritähnliche (ophitische) Gefüge aus verfilzten Feldspat-Leisten und dunklen, meist stark alterierten Mineralen. Die Gesteine können rot, rotbraun bis braun, grau oder grünlichbraun gefärbt sein. Zusätzlich können wenige korrodierte Feldspat-Einsprenglinge, Enklaven mit Fremdgestein, helle runde oder tropfenförmige Bereiche mit etwas gröber kristallisierten Feldspat-Leisten sowie mit Calcit gefüllte Blasenhohlräume auftreten.
Die Analyse eines Kullaits von Kullagarden (Tröger 1935: Nr. 288) ergab folgende Zusammensetzung (Gew.%): 55 Plagioklas, 18 Chlorit +/- Epidot, 13 Orthoklas („Einsprenglinge“), 10 Erz, 4 Quarz, Apatit und Calcit.
Neben den Kullaiten vom Kullaberg (weitere Abbildungen auf skan-kristallin.de) und anderen Lokalitäten in SW-Schweden (Dalby, Torpa Klint) sind Kullait-Vorkommen auch aus der Fortsetzung des NE-streichenden Gangschwarms von Bornholm (Bjergebakke) sowie aus dem Oslograben (Grefenskollen) bekannt. Die Gesteine besitzen also eine weite Verbreitung und sind weder als Leitgeschiebe geeignet, noch lassen sich Kullait-Gerölle allein anhand äußerlicher Merkmale auf eine bestimmte Lokalität zurückführen (OBST 2001, Abbildungen auch auf kristallin.de).
2.3. Kullaberg: Ransvik
Am Strand von Ransvik (Lok. 2 auf der Karte) bildet ein ausgesprochen grobkörniger Granatamphibolit eine gangförmige Einschaltung in grauen migmatitischen Gneisen. Der Name der Lokalität („Diamantklipporna“) ist auf die Kristallflächen der Amphibole zurückzuführen, die bei Sonnenschein „wie Diamanten“ schillern (Naturschutzgebiet, kein Hammer!).
Literatur
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
OBST K 1999 Die permosilesischen Eruptivgänge innerhalb der Fennoskandischen Randzone (Schonen und Bornholm) – Untersuchungen zum Stoffbestand, zur Struktur und zur Genese. Greifswalder Geowissenschaftliche Beiträge 7/1999 S. 1-121
OBST K 2001 Kullaite und ihre Bedeutung als Leitgeschiebe – Geschiebekunde aktuell, Nr. 17, 75-84, Hamburg, Juli 2001.
TRÖGER WE 1935 Spezielle Petrographie der Eruptivgesteine – Ein Nomenklatur-Kompendium mit 1. Nachtrag Eruptivgesteinsnamen – Verlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, unveränderter Nachdruck 1969.
Dieser mehrteilige Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden. Als Grundlage für die Planung diente der Exkursionsführer von MÖLLER et al 1996.
Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.
Die svekonorwegische Gesteinsprovinz entstand vor 1,14 – 0,9 Ga und nimmt ausgedehnte Gebiete in Norwegen und in West- und Südwest-Schweden ein (rosa Signatur in Abb. 3). Sie wird in fünf lithotektonische Einheiten unterteilt, die durch fortgesetzte Akkretionsprozesse entstanden und jeweils eine eigene geologische Geschichte besitzen. In Schweden unterscheidet man ein westliches Segment (wT) mit niedriger metamorphen Gesteinen von einem östlichen Segment (öT). Beide Einheiten sind durch eine breite Mylonitzone voneinander getrennt und erstrecken sich nach Osten bis an die Protoginzone. Diese lang gestreckte Störungszone bildet die Grenze zu den weniger deformierten Gesteinen des Transskandinavischen Magmatitgürtels (TIB).
Das Exkursionsgebiet beschränkt sich auf den südwestlichen Teil des östlichen Segment der Svekonorwegiden, einem Gebiet, das als Südwestschwedisches Granulitgebiet (SGR southwest-swedish granulite region) bezeichnet wird (Abb. 4). Innerhalb der SGR finden sich vorwiegend die hochmetamorphen, während der svekonorwegischen Orogenese unter Bedingungen der höheren Amphibolit- bis Granulitfazies gebildeten Gesteine.
Die geologische Geschichte der SGR beginnt weit vor der svekonorwegischen Orogenese. Ein Grundgebirge aus Granitoiden und mafischen Intrusionen, das mit 1.730-1.660 Ma ein ähnliches Alter besitzt wie der Transskandinavische Magmatitgürtel, wurde durch eine ältere, als „Halland-Event“ oder „Halland-Orogenese“ bezeichnete Phase der Gebirgsbildung vor 1.460 und 1.420 Ma einer ersten Migmatisierung unterworfen (SÖDERLUND et al 2008; MÖLLER et al 2007). Mit dieser Orogenese verbunden sind der lokale Aufstieg postorogener Granite (Torpa-/Tjärnesjö-Granit, 1.400-1.380 Ma) und die Bildung von Charnockiten (s. Varberg-Charnockit). Diese Gesteine wurden während der svekonorwegischen Orogenese teilweise deformiert.
Die Gesteine der SGR entstanden vor 1.035 Ma bis 930 Ma während (mindestens) einer Kontinent-Kontinent-Kollision, vermutlich der Vereinigung von Amazonia und Baltica im Zuge der Grenville-Orogenese und der Bildung des Großkontinents Columbia. Heute treten jene Krustenteile des Gebirges zu Tage, die im Falle der granulitfaziellen Gesteine in etwa 35 km, im Extremfall des Eklogits in bis zu 50 km Tiefe gebildet wurden. In ihre gegenwärtige Position gelangten sie durch gravitationalen Kollaps des Orogens und isostatischen Ausgleich der verdickten kontinentalen Kruste nach dem Ende der Gebirgsbildung sowie der Abtragung im Laufe von Jahrmillionen (BINGEN et al 2008).
Das Grundgebirge der SGR besteht überwiegend aus rötlichen und grauen Adergneisen bzw. Migmatiten von granitischer bis intermediärer Zusammensetzung. Teilweise enthalten diese Gesteine als granulitfazielle Neubildung Magnetit in bedeutender Menge und werden dann als „Järngneis“ (Eisengneis) bezeichnet. Eingeschaltete Gänge, Lagen und Linsen von Granatamphiboliten und mafischen Granuliten innerhalb der Gneise entstanden durch Metamorphose (wahrscheinlich mehrerer Generationen) von Intrusionen (und Extrusionen?) basischer Gesteine. Die Vorkommen mafischer Gesteine erreichen eine Ausdehnung von einigen km Länge und maximal 1 km Breite. Die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR sind kleine Vorkommen von Retro-Eklogiten im Gebiet von Ullared.
Das svekofennische Gebirge war bereits zu Beginn des Paläozoikums vollkommen eingeebnet. Durch einen weltweiten Anstieg des Meeresspiegels (Transgression) kam es auf diesem als Peneplain bezeichneten Gebirgsrumpf im Zeitraum zwischen Kambrium und Silur zur Ablagerung von Sedimenten. Durch Kollision von Baltica und Nordamerika entstand im späten Silur das Kaledonische Gebirge. Kaledonische Gesteine bedecken heute vor allem in Norwegen Teile des älteren Grundgebirges.
Im Permokarbon (vor etwa 300 Millionen Jahren) bildete sich an der Nahtstelle (Sutur) zwischen Baltischem Schild und Mitteleuropa eine etwa 100 km breite Deformationszone bzw. Schwächezone. Der SW-schwedische Teil ist die NW-SE verlaufende Sorgenfrei-Tornquist-Zone. Zur Zeit ihrer Hauptaktivität wurde das proterozoische Grundgebirge von tief reichenden Rissen und Klüften durchzogen. In der Folge stiegen Magmen auf. Ein Gangschwarm aus Tausenden NW-streichender Gänge (NW-Dolerite, untergeordnet auch Kullaite und Lamprophyre) durchschlägt teilweise auch jüngere Sedimentgesteine, die seit dem Unterkambrium auf dem Baltischen Schild abgelagert wurden.
Zusammenfassung der wichtigsten Daten zur geologischen Geschichte der SGR:
1,73-1,66 Ga: Entstehung der Ausgangsgesteine der SGR; ähnliches Gesteinsalter wie TIB.
1,46-1,42 Ga: „Halland-Event“, Gebirgsbildung und erste metamorphe Phase;
Ablagerung von Sedimentgesteinen auf dem Grundgebirgsrumpf seit dem Unterkambrium.
Permokarbon: Bruchtektonik der Sorgenfrei-Tornqvist-Zone; Aufstieg der NW-Dolerite (Kullaite, Lamprophyre).
1.1. SW-schwedische Leitgeschiebe
Einige Gesteinstypen der SGR eignen sich als Leitgeschiebe. Zu den häufigeren Geschieben gehören die granulitfaziellen Gesteine. Aus sauren Edukten gingen Schonen-Granulit („Granulitgneis von Schonen“ in SMED & EHLERS 2002) und „Flammenpegmatit“ (deformierter bunter Pegmatit in VINX 1998) hervor. Ihre Vorkommen beschränken sich auf Westschonen und Halland. Im gleichen Gebiet und einzelnen Arealen weiter östlich, in Richtung der Protoginzone, kommen auch die Granulite aus basischen Edukten vor: granoblastischer mafischer Granulit und Granatcoronit.
Mit Einschränkung sind migmatitische Granatamphibolite („plagioklasschlieriger Granatamphibolit“, VINX 1996, 1998, 2016) als SW-schwedisches Leitgeschiebe geeignet. Als mögliches Leitgeschiebe werden hier erstmalig Gesteine vorgestellt, die große Orthopyroxen-Kristalle (oder Relikte davon) führen und ebenfalls typische Gesteine der SGR sein dürften, weil die Bildung von Orthopyroxen an granulitfazielle Metamorphosebedingungen geknüpft ist (Granatamphibolite mit Orthopyroxen-Megakristallen sowie charnockitisierte Pegmatite mit Opx-Megakristallen).
Weniger häufig sind Varberg-Charnockit (Varberg-Granit in ZANDSTRA 1999 und HESEMANN 1975) und grobporphyrische Varianten des Torpa-Granits, ein rarer Fund ist der Halland-Retro-Eklogit. Eine grobkörnige und porphyrische Variante des NW-Dolerits eignet sich nach bisherigem Kenntnisstand als Leitgeschiebe und ist nur in NW-Schonen beheimatet.
Neben Gesteinstypen mit eng begrenztem Herkunftsgebiet lassen sich weitere Gesteine mit einiger Wahrscheinlichkeit einer SW-schwedischen Herkunft zuordnen. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung sind sie nicht als Leitgeschiebe geeignet. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften finden sich häufig magnetitführende Järngneise sowie Granatamphibolite (mit Plagioklassäumen um die Granate). Mit einem hohen Anteil an SW-schwedischen Gesteinen ist insbesondere westlich und nördlich der Lübecker Bucht zu rechnen.
Die seltenen und exotischen Kullaite bilden mehrere kleine, aber weit gestreute Vorkommen, nicht nur in SW-Schweden. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften dürfte eine höhere Wahrscheinlichkeit für Funde bestehen, aufgrund der vergleichsweise großen Anzahl SW-schwedischer Kullait-Gänge.
Darüber hinaus existiert eine Reihe von lokalen, teilweise auch synonymen Bezeichnungen für SW-schwedische Gneise, die geschiebekundlich nur wenig aussagekräftig sind, z. B. Halland-Gneis, Halmstadgneis oder Halmstad-Migmatit. Es handelt sich um rötliche, teils migmatitische Adergneise, wie sie an der Küste von Halland seit langer Zeit als Werkstein gewonnen werden. Granulitgneis ist eine allgemeine Bezeichnung für Gneise, die einer granulitfaziellen Metamorphose unterlagen. Bei einem Teil von ihnen handelt es sich um Schonengranulit. Für gewöhnlich sieht man einem Gneis-Geschiebe die metamorphe Fazies nicht an. Stark magnetithaltige Gneise sind ein Hinweis auf eine SW-schwedische Herkunft und werden als Järngneis bezeichnet.
Innerhalb der Südwestschwedischen Granulitregion (SGR) sind mehrere Vorkommen von Charnockitgneisen bekannt. Diese grünen Gesteine bilden Einschaltungen innerhalb der Grundgebirgsgneise und sind metamorph entstanden, im Unterschied zum Varberg-Charnockit (magmatischer Ursprung).
Das schwarz schraffierte Gebiet in Abb. 5 markiert einen kleinen Teil der svekonorwegischen Gesteine in SW-Schweden, das Südwestschwedische Granulitgebiet (SGR, southwest-swedish granulite region). Es wird von großen Störungszonen begrenzt, im Norden von der Mylonitzone (gelb), im Osten von der Protoginzone (rot).
Auf das gesamte Gebiet der SGR verteilt finden sich Vorkommen von Järngneisen. Die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden (Granulite) beschränken sich auf den westlichen Teil der SGR, einem Gebiet nördlich von Helsingborg bis Varberg. Von hier stammen die sauren und basischen Granulite: Schonengranulit, Flammenpegmatit, mafischer Granulit. Gebiete mit den schwarzen Punkten kennzeichnen die Gebiete, in denen Granatcoronite verbreitet sind.
Hervorgehoben sind die Städte Varberg (Massiv des Varberg-Charnockits mit Torpa-Granit) und Ullared (Vorkommen des Halland-Retroeklogits). Blau markiert ist jener Teil des permosilesischen Gangschwarms, in denen NW-Dolerite mit grobkörniger Grundmasse auftreten. Innerhalb dieses bis Ost-Schonen reichenden Gangschwarms liegen auch mehrere Vorkommen von Kullaiten.
2. Kullaberg-Halbinsel
Der geologische Streifzug durch die SGR beginnt auf der Kullaberg-Halbinsel, etwa 35 km NW von Helsingborg. Im südwestlichen Schweden kam es im späten Silur durch Dehnungstektonik zur Bildung sog. Horste und Gräben. Dabei wurden Teile des Grundgebirges als Horste herausgehoben und Gräben mit jüngeren Sedimenten verfüllt. Der Kullaberg als südwestlichste Einheit einer Reihe von Grundgebirgshorsten, zu denen auch der Hallandsåsen und Söderåsen gehören, besitzt ein mittelgebirgsartiges Relief, seine Höhenlagen erheben sich rund 100 m über den Meeresspiegel. An zahlreichen küstennahen Aufschlüssen lassen sich die Gesteine der SGR und ihre Kontaktbeziehungen studieren.
Das Grundgebirge der Kullaberg-Halbinsel besteht im Wesentlichen aus grauen bis rötlichgrauen und meist migmatitisierten Orthogneisen. Gänge und Körper (grün) von Metabasiten (Amphibolite, Granat-Amphibolite und mafische Granulite) durchziehen die Gneise annähernd in N-S-Richtung. Die jüngeren NW-Dolerite (violett; diabase) weisen eine nordwestliche Streichrichtung auf.
Das Gestein ist magnetisch und ein sog. „Järngneis“ (Eisengneis). Järngneise sind in SW-Schweden weit verbreitet und können Magnetit in bedeutender Menge (1-3%) enthalten. Magnetit entsteht als Neubildung unter granulitfaziellen Metamorphosebedingungen.
In die Gneise vom Kullaberg sind stellenweise Gänge und Körper von aplitischen Gesteinen und grobkörnigen Pegmatiten eingeschaltet. Sie dürften postkinematisch, also nach der (svekofennischen) Gebirgsbildung entstanden sein, weil sie ein richtungslos-körniges Mineralgefüge und keine Anzeichen einer tektonischen Deformation aufweisen. Die Gesteine ähneln manchmal dem Schonengranulit oder „Flammenpegmatit“ (Abb. 14). Letztere entstanden jedoch unter granulitfaziellen Bedingungen und weisen eine deutliche Foliation auf. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt etwas weiter nördlich im Gebiet zwischen Halmstad und Falkenberg.
An der Westspitze der Kullaberg-Halbinsel finden sich innerhalb der rotgrauen Gneise mehrere große Gesteinskörper mit Metabasiten, von fein-, mittel- bis grobkörnigen und meist granatführenden Amphiboliten (<5% Granat) über Granatamphiboliten (>5% Granat) bis mafischen Granuliten. Die Gesteine können weitgehend undeformiert, gneisig, verfaltet oder migmatisiert sein. Abb. 16 zeigt eine größere Intrusion mit einem zentralen Teil aus mafischem Granulit, der zum Rand in einen Amphibolit übergeht.
Mafische Granulite sind typische Gesteine der SGR und durch trockene Hochdruck-Metamorphose aus basischen Ausgangsgesteinen hervorgegangen (Basalte oder Gabbros). Plagioklas wird unter granulitfaziellen Bedingungen instabil und wandelt sich an den Korngrenzen zum Pyroxen in Granat um. Dieser bildet Granoblasten in Gestalt kleiner Körner, ebenso wie Klino- und Orthopyroxen, die durch komplexe Mineralreaktionen aus dunklen Mineralen wie Biotit und Amphibol gebildet werden. Mafische Granulite weisen im kleinen Maßstab also ein weitgehend gleichkörniges und richtungsloses Mineralgefüge auf und sind als Granofelse anzusehen, können auf den ersten Blick aber eine gneisartige Textur besitzen, möglicherweise ein Reliktgefüge der Ausgangsgesteine. Wesentlicher Mineralbestand sind Klinopyroxen (grünlich-schwarz), granoblastischer Granat (rot) in winzigen Körnern, Plagioklas (weiß) sowie schwankende Mengen an schwarzem und glänzenden Amphibol, der durch retrograde Metamorphose entstand.
Mafische Granulite entstehen bei 700-800°C und einem Druck von 8-12 Kbar, was einer krustalen Tiefe von 30-45 km entspricht. Die Kruste muss also zum Zeitpunkt der Metamorphose sehr dick und die Ausgangsgesteine entsprechend tief versenkt gewesen sein. Die Exhumierung bzw. der Aufstieg der mafischen Granulite erfolgte offenbar recht schnell, da sie im Allgemeinen nur in geringem Maße retrograd überprägt wurden (Bildung von Amphibol; MÖLLER et al 1996).
Neben den NS-streichenden Metabasiten, die während der Svekonorwegischen Gebirgsbildung teilweise in mafische Granulite umgewandelt wurden, sind am Kullaberg auch Gänge von jüngeren (permokarbonischen), gänzlich undeformierten und gemäß ihrer vorherrschenden nordwestlichen Streichrichtung als NW-Dolerit bezeichneten Gesteinen aufgeschlossen (s. a. Nordwest-Dolerit von Arild).
In flachen Uferbereichen der Felsküste finden sich die anstehenden Gesteine der unmittelbaren Umgebung als Brandungsgeröll (Gneise, Pegmatite, Amphibolite und mafische Granulite).
Literatur
BINGEN B, NORDGULEN O & VIOLA G 2008 A fourphase model for the Sveconorwegian orogeny, SW Scandinavia – Norwegian Journal of Geology 88, S. 43-72.
MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.
MÖLLER C, ANDERSSON J, LUNDQVIST I & HELLSTRÖM FA 2007 Linking deformation, migmatite formation and zircon U-Pb geochronology in polymetamorphic gneisses, Sveconorwegian province, Sweden – Journal of Metamorphic Geology 25, S. 727-750.
SÖDERLUND U, HELLSTRÖM FA & KAMO SL 2008 Geochronology of high-pressure mafic granulite dykes in SW Sweden: tracking the P- T-t path of metamorphism using Hf isotopes in zircon and baddeleyite – Journal of Metamorphic Geology 26, 539-560.
SÖDERLUND U, KARLSSON C, JOHANSSON L & LARSSON K 2008 The Kullaberg peninsula – a glimpse of the Proterozoic evolution of SW Fennoscandia – GFF 130, Teil 1, S. 1-10.
VINX R 1996 Granatcoronit (mafischer Granulit): ein neues Leitgeschiebe SW-schwedischer Herkunft – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1996, Band 2, S. 3-20.
VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.
VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).