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Geschiebegarten und Geschiebeausstellung auf dem Großen Ravensberg in Potsdam-Waldstadt – Die Sammlung G. Engelhardt

Abb. 1: Geschiebegarten auf dem Großen Ravensberg in Potsdam-Waldstadt.
  1. Einleitung
  2. Dokumentation der Geschiebefunde
    2.1. Kristallingeschiebe
    2.2. Sedimentärgeschiebe
    2.3. Elbgerölle
  3. Literatur

1. Einleitung

Ein Geschiebegarten und eine Geschiebe-Fossilien-Ausstellung auf dem Großen Ravensberg in Potsdam-Waldstadt bietet dem erdgeschichtlich interessierten Besucher einen Einblick in die Vielfalt an Gesteinen und Fossilien, die mit den Gletschern der nordischen Inlandvereisungen als Geschiebe in dieses Gebiet gelangten. Die Sammlung auf dem Gelände der Waldschule wurde ab 2004 durch Mitglieder der Fachgruppe Mineralogie, Geologie und Paläontologie Potsdam angelegt und wird seitdem gepflegt und erweitert. Der überwiegende Teil dieser Lokalsammlung ist der jahrzehntelangen und regen Sammeltätigkeit von Herrn Georg Engelhardt (Potsdam) zu verdanken. Die Funde stammen fast ausschließlich aus der Kiesgrube Fresdorfer Heide (abgekürzt KFH).

Geschiebegarten und Geschiebesammlung sind thematisch nach Erdzeitaltern (Sedimentärgeschiebe), Herkunft (kristalline Leitgeschiebe, Elbgerölle) oder petrographischen Kriterien geordnet. Eigens für diese Ausstellung wurden mehrere Großgeschiebe aus der KFH auf den Ravensberg gebracht. Beachtenswert ist weiterhin die hohe Fundanzahl an Windkantern. Das Gelände ist zu Fuß vom Bahnhof Rehbrücke oder von Parkmöglichkeiten am Caputher Heuweg aus erreichbar. Neuerdings säumen zahlreiche Großgeschiebe den Waldweg und geleiten den Besucher bis zum Großen Ravensberg. Der Geschiebegarten ist unregelmäßig geöffnet, Besuchern wird eine Anmeldung empfohlen. Für kleinere Gruppen und Schulklassen werden Führungen angeboten.

Abb. 2: Sammlung kristalliner Geschiebe und Leitgeschiebe, teilweise mit polierter Schnittfläche.

2015 bat mich Georg Engelhardt um eine Erfassung und Bestimmung der Kristallingeschiebe seiner Sammlung. Mittlerweile liegt die dritte Revision einer ausführlichen Dokumentation (129 S., 193 Abb.) vor, die in der Waldschule als Paperback käuflich erworben oder als pdf-Datei zum Download bereit steht. Im Folgenden wird nur eine kleine Auswahl nordischer Geschiebe aus der Sammlung G. Engelhardt gezeigt. Der Schwerpunkt liegt auf den kristallinen Geschieben und Leitgeschieben, ein kurzer Abriss ist den Sedimentärgeschieben und Elbgeröllen gewidmet.

Abb. 3: Eisrandlagen des Brandenburger Stadiums südlich von Berlin. Der annähernd in N-S-Richtung verlaufende Saarmunder Endmoränenlobus (SEZ) ist grün markiert. Lokalität 1: Kiesgrube Fresdorfer Heide, 2: Geschiebegarten auf dem Großen Ravensberg. Kartenskizze verändert nach: FRANZ & WEISSE 1965.

Die Kiesgrube Fresdorfer Heide liegt etwa 10 km südlich von Potsdam, im Saarmunder Endmoränenzug, einem etwa 20 km langen, annähernd in N-S Richtung streichenden Moränenrücken im unmittelbar rückwärtigen Raum der weichselkaltzeitlichen Brandenburgischen Eisrandlage (Abb. 3). In der KFH treten sandige, kiesige und schluffige sowie gröbere Gesteinslagen in ständigem Wechsel. Sie werden als eisrandnahe glaziale Ablagerungen einer Satzendmoräne aufgefasst. Die Basis bildet ein saalezeitlicher, aus Norden gestauchter Till (WEIßE 1997; Beschreibungen der Lokalität in ENGELHARDT 1997, ENGELHARDT 2016 und ENGELHARDT & SEIBERTZ 2023.

Abb. 4: Überkornhalde in der Kiesgrube Fresdorfer Heide (KFH) mit Herrn Georg Engelhardt.

In der KFH konnten mehrere Eisvorstöße dokumentiert werden, die jeweils unterschiedliche Vergesellschaftungen von Geschieben aufweisen. In den Ablagerungen des älteren Saale-Vorstoßes finden sich viele Gesteine der ostbaltischen Geschiebegemeinschaft (Åland-Kristallin, Roter Ostsee-Quarzporphyr), im ersten weichselzeitlichen Vorstoß zahlreiche Geschiebe aller Stufen der Oberkreide, Kristallingeschiebe aus Dalarna sowie Muschelkalk-Geschiebe. Letztere stammen aus dem östlich von Berlin gelegenen Vorkommen von Rüdersdorf. Der zweite weichselzeitliche Eisvorstoß zeichnet sich durch zahlreiche violette Quarzite (darunter Västervik-Quarzite), unterkambrische Sandsteine und Åland-Gesteine aus. In den höchsten weichselzeitlichen Schmelzwasserlagen konnten temporär Anhäufungen umgelagerter Gerölle der mittelpleistozänen „Berliner Elbe“ aufgesammelt werden. Eine große Anzahl an Windkantern lässt auf eine Anreicherung größerer Steine durch Deflation und äolische Einwirkung schließen. Gegenwärtig (2024) sind sowohl Muschelkalk-Geschiebe als auch Elbgerölle nur vereinzelt in der KFH anzutreffen.

2. Dokumentation der Geschiebefunde

Die Herkunftsgebiete der Geschiebe erstrecken sich vom Oslograben über Schweden und den Grund der Ostsee bis nach SW-Finnland. Bei den kristallinen Geschiebetypen und Leitgeschieben lassen sich einige Besonderheiten hinsichtlich Fundhäufigkeit und Vergesellschaftung festhalten:

  • Kristallingeschiebe aus Dalarna, insbesondere Vulkanite, sind für weichselzeitliche Ablagerungen ungewöhnlich häufig zu finden. Ein Teil von ihnen dürfte aus saalekaltzeitlichen Ablagerungen umgelagert worden sein. Hierzu gehören Bredvad-Porphyr, Grönklitt-Porphyrit, Älvdalen-Ignimbrite, Einsprenglingsreiche Porphyre aus Dalarna, Heden-Porphyr, Kallberget-Porphyr, Särna-Quarzporphyr und Särna-Tinguait.
  • Von großer Häufigkeit sind auch Gesteine der baltischen Geschiebegemeinschaft, vor allem Åland-Rapakiwis. Das ungefähr gleiche Aufkommen von Rotem und Braunem Ostsee-Quarzporphyr weist auf einen ostbaltischen Einschlag hin, allerdings fehlen die damit assoziierten Dolomite und Kugel-sandsteine weitgehend.
  • Eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Brandenburger Kiesgruben sind häufige Funde westschwedischer Leitgeschiebe wie Kinne-Diabas sowie Småland-Värmland-Granitoide vom Filipstad-Typ (porphyrische Monzogranite mit Plagioklas-Säumen um einzelne Alkalifeldspat-Ovoide). Einen westschwedischen Einfluss belegen auch klar drei Funde des Weißen Filipstad-Granits.
  • Die typischen Blauquarzgranite des TIB (Småland-Granite, Typ Växjö) treten eher zurück. Småland-Porphyre vom Typ Påskallvik fanden sich mehrfach, der Typ Emarp ist selten.
  • Leitgeschiebe aus NE-Småland sind durch zahlreiche Funde von Gesteinen aus dem Västervik-Gebiet belegt: Västervik-Quarzit, Västervik-Fleckengestein, Västervik-Fleckenquarzit. Vergleichs-weise selten kommen hingegen die etwas weiter südlich oder westlich beheimateten Granitoide vor (Vånevik-, Kinda- oder Flivik-Granit).
  • Leitgeschiebe aus dem Oslograben treten im Brandenburger Stadium etwas häufiger als in den jüngeren weichelkaltzeitlichen Randlagen auf. Aus der KFH liegen bisher acht Funde von Rhombenporphyren sowie zwei Larvikite vor.
  • Auch SW-schwedische Leitgeschiebe wurden beobachtet, u.a. ein Schonen-Granulit mit charnockitisierter Partie (Abb. 47-48).
  • Insgesamt ist ein Zurücktreten der ost-mittelschwedischen Geschiebegemeinschaft zu beobachten (Granite vom Typ Stockholm, Uppsala-Granit, Sala-Granit, Vänge-Granit; auch schwarz-weiße Granitoide im Allgemeinen). Granat-Cordierit-Gneise vom „Sörmland-Gneis“ sind nur vereinzelt anzutreffen.
  • Das Leitgeschiebe mit der weitesten „Anreise“ sind vier Funde von Nordingrå-Rapakiwis aus Nordschweden.
  • gelegentliche Funde von Bornholm-Granit. Belege südschwedischer Geschiebe, z. B. Karlshamn-Granit aus Blekinge oder Schonen-Basanit und Schonen-Lamprophyr fehlen bisher.
Abb. 5: Herkunftsgebiete der in der KFH gesammelten Leitgeschiebe.

1 Rhombenporphyr (Oslograben)
2 Larvikit (Oslograben)
3 Kinne-Diabas (Västergötland)
4 Schonen-Granulit (NW-Schonen, Halland)
5 Filipstad-Granitfamilie, weißer Filipstad-Granit (Värmland)
6 Bornholm-Granite
7 Siljan-Granit (Dalarna)
8 Öje-Basalt, Heden-Porphyr, Kallberget-Porphyr (SW-Dalarna)
9 Särna-Quarzporphyr (rot/violett), Särna-Tinguait
10 Kristallin aus Dalarna (Bredvad-Porphyr, Grönklitt-Porphyr, Venjan- Porphyr, Älvdalen-Ignimbrite, ESR-Dalaporphyr, Digerberg- Konglomerat, Garberg-Granit)
11 Påskallavik-Porphyr, Småland-Gangporphyre
12 Lönneberga-Porphyr und Lönneberga-Lapillituff
13 Västervik-Fleckengestein, Västervik-Fleckenquarzit, Västervik- Quarzit (NE-Småland)
14 Åland-Kristallin: Åland-Quarzporphyr, Åland-Ignimbrit, Hammarudda-Quarzporphyr, Åland-Ringquarzporphyr, Åland- Wiborgite, Åland-Pyterlite; post-svekofennischer Lemland-Granit
15 Brauner Ostsee-Quarzporphyr
16 Roter Ostsee-Quarzporphyr und Ostsee-Rapakiwi, wahrscheinlich vom Nordbaltischen Pluton
17 Nordingrå-Rapakiwi

2.1. Kristallingeschiebe

Alle abgebildeten Funde stammen aus der Kiesgrube Fresdorfer Heide (KFH) und sind, soweit nicht anders vermerkt, unter der jeweiligen Nummer in der Sammlung G. Engelhardt inventarisiert.

Abb. 6: Rhombenporphyr aus dem Oslograben (Nr. 1), Länge 15 cm.

Geschiebe aus dem Gebiet des Oslograbens finden sich nur vereinzelt in Brandenburg. Funde von Rhombenporphyren sind bis in das Gebiet der Oder belegt, vergleichsweise häufig kommen sie im Brandenburger Stadium vor (SCHNEIDER & TORBOHM 2020). Aus der KFH liegen bislang 8 Funde vor.

Bedeutend seltener sind Larvikit-Geschiebe, von denen bisher 2 Exemplare in der KFH gefunden wurden. Die im angewitterten Zustand eher unauffälligen Gesteine können mit den wesentlich häufigeren Anorthositen verwechselt werden. Zur Unterscheidung gilt es, auf teils rhombenförmige Anschnitte der ternären Feldspäte im Larvikit zu achten. Ternäre Feldspäte zeigen eine Streifung, die unabhängig vom Lichteinfall sichtbar ist; die polysynthetische Verzwilligung der Plagioklase in Anorthositen nur in Reflektionsstellung.

Abb. 9: Die Nahaufnahme zeigt ein coronitisches Gefüge der dunklen Minerale, wahrscheinlich Pyroxen mit dunklen Amphibol-Rändern.

Vulkanite aus Dalarna treten in der KFH häufig und in großer Vielfalt auf. Bredvad- und Grönklitt-Porphyr sind die häufigsten Vertreter, gefolgt von Älvdalen-Ignimbriten, Einsprenglingsreichen Porphyren und Särna-Quarzporphyr. Seltener sind der Kallberget-Porphyr (bisher 3 Funde) und der Heden-Porphyr (1 Fund) aus dem südlichen Vulkanitgebiet in Dalarna, ebenso der Särna-Tinguait (1 Fund). Ebenfalls aus Dalarna stammt das Digerberg-Konglomerat (Abb. 14).

Abb. 10: Bredvad-Porphyre im Geschiebegarten, Bildbreite ca. 35 cm.
Abb. 11: Brauner Älvdalen-Ignimbrit mit roter Fiamme, Aufnahme unter Wasser (Slg. Torbohm).
Abb. 12: Violetter Särna-Quarzporphyr (Nr. 103), nasse Schnittfläche („Bruine Särnakwartporfier“ in ZANDSTRA 1999: 216, vgl. rapakivi.dk).
Abb. 13: Särna-Tinguait (Nr. 3032, Slg. Torbohm), Aufnahme unter Wasser.

Der Särna-Tinguait ist mit einem Alter von 285 Mill. Jahre wesentlich jünger als die ca. 1,7 Milliarden Jahre alten Dala-Vulkanite, zudem ein seltenes Leitgeschiebe. Es stammt aus Gängen in der Nähe eines kleinen Alkaligestein-Massivs im nördlichen Dalarna, die das Grundgebirge und den Dala-Sandstein durchschlagen.

Abb. 14: Digerberg-Konglomerat aus Dalarna (Nr. 48), polierte Schnittfläche.
Abb. 15: Plagioklas-porphyrischer Basalt-Mandelstein (Nr. 43), angefeuchtete Schnittfläche.

In der rotbraunen und sehr feinkörnigen Grundmasse liegen weiße Mandeln (Quarz, HCl-Test negativ) sowie grüne Plagioklas-Einsprenglinge mit einer auffälligen Streifung entlang der Spaltflächen. Die Plagioklase weisen teilweise „ausgefranste“ Ränder auf (links im Bild) und befanden sich zum Zeitpunkt der Erstarrung des Magmas in Auflösung (magmatische Korrosion).

Abb. 16: Gleicher Stein, Nahaufnahme eines magmatisch korrodierten Plagioklases (randliche Auflösung). Entlang der Spaltflächen sind Einschlüsse der feinkörnigen rotbraunen Grundmasse erkennbar.

Solche in der Geschiebekunde als „Öje-Diabasporphyrit“ bezeichnete feinkörnige basaltische Gesteine mit großen Plagioklas-Einsprenglingen, die eine auffällige parallele Zeichnung entlang ihrer Spaltrichtung aufweisen, stammen nicht aus Dalarna, wie Untersuchungen von M. Bräunlich vor Ort ergaben. Die Herkunft dieses Geschiebetyps ist unbekannt (nördliche Ostsee?). Der Geschiebetyp wurde in der KFH gehäuft gefunden.

Einen attraktiven basaltischen Mandelstein aus der KFH mit weißem und rotem Achat zeigt Abb. 47-50 im Artikel Basaltische Mandelsteine, einen einschlussführenden Diabas Abb. 18-19 im gleichnamigen Artikel.

Von den Småland-Vulkaniten ist der Påskallavik-Porphyr ein häufiger Fund in der KFH, während der Emarp-Porphyr bisher nicht in Erscheinung trat. In großer Zahl fanden sich auch die als Hälleflinta bezeichneten Metavulkanite, von denen ein großer Teil aus Småland stammen dürfte (Småland-Hälleflinta). Mehrere Funde heller Aschentuffe mit kantigen und rotbraunen bis braunen Vulkanit-Fragmenten wurden als Lönneberga-Lapillituff bestimmt, ein Leitgeschiebe für das mittlere Småland.

Abb. 17: Påskallavik-Porphyr (Nr. 117), Aufnahme einer Schnittfläche unter Wasser. Fleischfarbene und abgerundete Feldspäte sowie leuchtend blaue Quarze bilden ein kontrastreiches Gefüge.
Abb. 18: Fluidaler Metavulkanit mit wenigen hellen Feldspat-Einsprenglingen (Småland-Hälleflinta), Slg. Torbohm, Nr. 2571.

Zu den Vulkaniten aus der nördlichen Ostsee zählen der Rote und der Braune Ostsee-Quarzporphyr. Biede sind ein häufiger Fund in der KFH. Der in der Geschiebekunde als Ostsee-Syenitporphyr bezeichnete Geschiebetyp wurde einmal, Bottensee-Porphyre bisher nicht angetroffen. Der Rote Ostsee-Quarzporphyr stammt sehr wahrscheinlich aus einem Rapakiwi-Vorkommen (Nordbaltischer Pluton). Bemerkenswert ist der Fund eines Roten Ostsee-Quarzporphyrs als Ignimbrit mit einem Fremdgestein-Einschluss eines Granophyrs (Rapakiwi-Gefügevariante).

Abb. 19: Ignimbritischer Roter Ostsee-Quarzporphyr (Nr. 116) mit braunroter Grundmasse, eutaxitischem Gefüge und Granophyr-Xenolith. Bild: M. Bräunlich (kristallin.de)
Abb. 20: Nahaufnahme des granophyrischen Xenoliths (Bild: M. Bräunlich, kristallin.de). Der Xenolith ist ein sog. Granophyr und besteht fast vollständig aus graphischen Verwachsungen aus Quarz und Feldspat.

Alle Varianten quarzporphyrischer Rapakiwis aus Vorkommen von Åland fanden sich in großer Zahl in der KFH: Åland-Quarzporphyr (Skeppsvik-Typ, Toedding-Typ, dunkle Variante), Hammarudda-Quarzporphyr, Ringquarzporphyr. Ein seltener Fund sind Åland-Quarzporphyre mit eutaxitischem Gefüge (Åland-Ignimbrit, Abb. 21-22). Das ungewöhnlich große Stück von etwa 20 cm Breite entspricht nur bedingt den Anstehendproben von der kleinen Schäre Blå Klobben, westlich von Åland. Vermutlich gibt es weitere, bisher unbekannte Vorkommen unter Wasser. Die dicken und aushaltenden, quer durch das Gestein verlaufenden roten Fiamme sind ein Indiz für eine hohe Dynamik bzw. explosive Wucht während seiner Ablagerung in einem pyroklastischen Strom.

Abb. 21: Åland-Ignimbrit (Nr. 1686) mit eutaxitischem Gefüge, polierte Schnittfläche.
Abb. 22: Nahaufnahme unter Wasser. Typisches Merkmal der Quarzporphyre von Åland sind durch magmatische Korrosion abgerundete Quarze mit einem radialen Muster von Rissen („Fischchen“), gefüllt mit rotbrauner Grundmasse.

Auffällige Geschiebefunde sind Vulkanite mit primär vulkanischen Gefügemerkmalen wie Aschentuffe mit akkretionären Lapilli, Sphärolithporphyre und Vulkanite mit kugeligen Lithophysen („Kugelfelse“).

Abb. 23: Aschentuff mit akkretionären Lapilli (Nr. 109), polierte Schnittfläche.

Die helle und feinkörnige Tuffmatrix enthält wenige Einsprenglinge aus weißem Feldspat und transparentem Quarz sowie feine Schuppen dunkler Minerale (Glimmer, Chlorit o.ä.). Die eiförmigen Lapilli sind grünlich gefärbt und scheinen eine von der Tuffmatrix abweichende Zusammen-setzung zu besitzen. Der Geschiebetyp (Abb. 23) sollte nicht als „Dala-Pisolith“ bezeichnet werden. Zum einen ist „Pisolith“ eine sedimentologische Bezeichnung, zum anderen sind ganz ähnliche Vulkanite auch aus Småland (Lönneberga-Silverdalen) und den Svekofenniden bekannt.

Sphärolithe (Sphärolithporphyre Abb. 24-27) sind aus radialstrahligen Kristallaggregaten aufgebaute, meist aus Alkalifeldspat und Quarz bestehende Gebilde. Sphärolithische Texturen entstehen, wenn glasreiche rhyolithische bis dacitische und hinreichend unterkühlte Schmelzen zur Kristallisation gezwungen, aber nur wenige Kristallisationskeime vorhanden sind.

Abb. 24: Roter sphärolithischer Quarzporphyr (Nr. 18), polierte Schnittfläche. Die Sphärolithe bilden Aureolen um sämtliche Feldspat- und Quarz-Einsprenglinge und sind etwas kräftiger gefärbt als die Grundmasse.
Abb. 25: Erst in der Makroaufnahme wird der radialstrahlige Aufbau der Sphärolithe sichtbar. Die eckigen und magmatisch korrodierten Quarz-Einsprenglinge (ehemalige Hochquarze) ähneln denen im Roten Ostsee-Quarzporphyr. Foto: T. Langmann.

Der graue Sphärolithporphyr in Abb. 26-27 besitzt eine helle und feinkörnige Grundmasse aus Quarz, Feldspat und einem dunklen und nadelförmigen Mineral. Vereinzelt finden sich Butzen aus Quarz und rotem Alkalifeldspat. Das dunkle Mineral ist auch innerhalb der Sphärolithe erkennbar. Es könnte sich um Riebeckit handeln, einem Na-Amphibol, dafür spricht auch der auffallende bläuliche Farbstich der polierten Schnittfläche. Sphärolithe mit dunklen Mineralen (Riebeckit) sind selten, nach ZANDSTRA 1988: 149-152 sollen sie aus Nordschweden stammen.

Abb. 26: Grauer Sphärolithporphyr (Nr. 16), trocken fotografiert.
Abb. 27: Nahaufnahme der polierten Schnittfläche.

Das harte und sehr zähe Gestein Abb. 29-30 besitzt eine feinkörnige braune Matrix, in die zahlreiche mit Quarz gefüllte Lithophysen (mineralgefüllte Hohlräume in Vulkaniten) eingebettet sind, teils mit erkennbar konzentrischem Aufbau. Wenige eckige Feldspat-Einsprenglinge finden sich sowohl in der Matrix, als auch innerhalb der Lithophysen. Ungeklärt ist bei diesem Fund, ob es sich um ein nordisches Geschiebe oder einen Vulkanit südlicher Herkunft handelt, der mit der Berliner Elbe in dieses Gebiet gelangte.

Der Quarzporphyr (Rhyolith) Abb. 30 steht exemplarisch für die zahlreichen Einzelfunde von Vulkaniten mit auffälligem, „exotischem“ oder besonders farbenfrohem Erscheinungsbild. Vor allem Rhyolithe („Quarzporphyre“) zeichnen sich durch eine große Vielfalt und Variabilität hinsichtlich Farbe und Einsprenglingsdichte aus. Der verständliche Wunsch nach einer Beheimatung solcher Geschiebe lässt sich oftmals nicht befriedigen, weil im nordischen Grundgebirge unzählige Gänge und Kleinvorkommen existieren, von denen nur ein Bruchteil beprobt wurde, zudem Porphyre in verschiedenen, auch weit voneinander entfernten Vorkommen ganz ähnlich aussehen können.

Abb. 32: Grobkörniger Gabbro (Dolerit), Breite 40 cm.

Das Gestein ist für einen Gabbro, dessen Korngrößen sich im Regelfall zwischen 3-5 mm bewegen, ausgesprochen grobkörnig. Die Plagioklasleisten erreichen eine Länge von 5 cm Länge, dazwischen liegen grünlich angewitterte Pyroxen-Aggregate. Die Einregelung der Plagioklase dürfte auf magmatische Lamination zurückzuführen sein. Das Mineralgefüge weist nicht die für Plutonite typische Verzahnung der Mineralkörner auf, eher ähnelt es dem eines Dolerits.

Abb. 33: Porphyrischer Garberg-Granit aus Dalarna(Nr. 42), angefeuchtete Schnittfläche, Bildbreite 14 cm.

Småland-Värmland-Granitoide: die typischen roten und bunten Småland-Granite mit Blauquarz sowie regional spezifische Vertreter aus Ost- und Nordost-Småland (Kinda-Granit, Vanevik-Granit etc.) sind in der KFH nur vereinzelt anzutreffen. Im Vergleich zu anderen brandenburgischen Fundlokalitäten ist aber eine bemerkenswerte Fundhäufung Filipstad-Granittypen zu verzeichnen, deren Herkunft zumindest teilweise in Westschweden (Värmland) liegen dürfte. Es handelt sich um biotitreiche und schwach bis mäßig deformierte porphyrische Granite („Trikolore-Granite“) aus rotem und/oder grauviolettem Alkalifeldspat, Blauquarz und hellem Plagioklas; dieser bildet auch Säume um einzelne gerundete Alkalifeldspäte. Für Anteile einer westschwedischen Geschiebegemeinschaft sprechen mehrere Funde von Kinne-Diabas und drei Funde des seltenen Weißen Filipstad-Granits (Abb. 34). Das Anstehende dieses Gesteins ist nicht bekannt, es wurde bisher nur als Nahgeschiebe in Värmland (SCHEERBOOM H & A 2010) gefunden. Sein Gefüge dürfte in Skandinavien einzigartig sein, damit ist er ein guter Kandidat für ein Leitgeschiebe.

Abb. 34: Weißer Filipstad-Granit (Nr. 5), polierte Schnittfläche. Einige der cremefarbenen und runden Alkalifeldspat-Einsprenglinge sind von einem helleren Saum aus Plagioklas umgeben. Die Matrix besteht aus xenomorphem und hell- bis blaugrauem Quarz sowie Alkalifeldspat. Dunkle Minerale sind nur in sehr geringer Menge enthalten.

Rapakiwi-Granite treten der in KFH in allen bekannten Gefügevarianten auf: Quarzporphyre, Granitporphyre, Aplitgranite, Porphyraplite, Granophyre, Prick-Granite, gleichkörnige Granite, porphyrische Granite, Pyterlite und Wiborgit. Zahlreiche Funde konnten dem Åland-Pluton zugeordnet werden. Das Satelliten-Vorkommen von Kökar lieferte offenbar nur wenige Geschiebe. Ebenfalls von Åland stammt, aber nicht zu den Rapakiwi-Graniten gehört der Lemland-Granit. Rapakiwis vom westfinnischen Festland (Vehmaa- und Laitila-Pluton) sowie vom nordschwedischen Rödö-Massiv sind nicht dokumentiert. Drei Rapakiwi-Geschiebe wurden dem Vorkommen von Nordingrå (Nordschweden) zugeordnet (Abb. 36-37), ein weiteres (Ostsee-Rapakiwi) dem Nordbaltischen Pluton, ein vollständig unter Wasser liegendes Rapakiwi-Vorkommen zwischen den Åland-Inseln und den Inseln Hiiumaa und Saaremaa vor der estnischen Küste (BRÄUNLICH 2016).

Abb. 35: Åland-Wiborgit, Breite 12 cm.

Die Leitgeschiebe mit der weitesten „Anreise“ sind die Nordingrå-Rapakiwis aus Nordschweden. Der auf den ersten Blick eher unscheinbare porphyrische Rapakiwi enthält helle und rechteckige Alkalifeldspat-Einsprenglinge, wenige hellgraue und größere Quarze sowie grünlichbraun verwitternde Hornblende als dunkles Mineral. In der Grundmasse sind blassrote graphische Quarz-Feldspat-Verwachsungen erkennbar.

Als weitere Funde von granitoider Geschieben sind zu nennen: „Bottnischer“ Gneisgranit, Granite aus Bornholm und aus Mittelschweden (Uppsala-Granit), diverse Pegmatite, Aplite und Schriftgranite, turmalinführende granitoide Gesteine („Turmalingranit“) und Zweiglimmergranite.

Auf dem Gelände der Waldschule wurden mehrere Großgeschiebe von Metamorphiten aufgestellt, die mit einer angeschliffenen Fläche versehen wurden, darunter zwei Augengneise und ein migmatitischer Paragneis mit großen roten Granat-Porphyroblasten („Sörmland-Typ“). Herausragende Exponate sind ein großer Amphibolit (Abb. 38-39) sowie ein Västervik-Fleckengestein (Abb. 44-45) mit einem bemerkenswerten, durch partielle Verwitterung entstandenen Relief auf der Oberfläche.

Abb. 38: Dunkler Amphibolit, größtes Geschiebe im Findlingsgarten. Breite ca. 60 cm.
Abb. 39: Die dunkleren und eingeregelten Aggregate in der grauen Grundmasse sind größere, während der Metamorphose gewachsene Amphibole. Dem Gestein haftet eine Partie eines Quarz-Feldspat-Gesteins an, entweder ein Xenolith oder ein Kontakt zum Nebengestein. Bildbreite 30 cm.

Marmor entsteht bei der Metamorphose von Kalksteinen und Dolomiten. Tonige Verunreinigungen begünstigen die Entstehung von Silikat-mineralen, z. B. grünem forsteritischem (Mg-reichem) Olivin bzw. Ser-pentinmineralen oder Diopsid. Diese petrographisch korrekt als unreiner Marmor bezeichneten Gesteine werden auch „Silikatmarmor“ oder „Ophicalcit“ genannt, können sehr attraktiv aussehen und fallen als Geschiebe ins Auge.

Abb. 40: Unreiner Marmor, auch „Silikatmarmor“ oder „Ophicalcit“), Nr. 64, polierte Schnittfläche.
Abb. 41: Die grünen Minerale sind von Hand nicht sicher bestimmbar. Meist handelt es sich in diesem Gesteinstyp um Olivin, Serpentinminerale und/oder Diopsid (BARTOLOMÄUS & SCHLIESTEDT 2006). Hier weist die unregelmäßig-netzartige Struktur einiger grüner Mineralkörner auf serpentinisierten Olivin hin.

Das Västervik-Gebiet ist die Heimat mehrerer Leitgeschiebe (grauvioletter Västervik-Quarzit, Västervik-Fleckenquarzit, Västervik-Fleckengestein). Alle wurden mehrfach in der KFH gefunden, wobei die grauvioletten Västervik-Quarzite zeitweise ungewöhnlich häufig im südöstlichen Grubenvortrieb auftraten, viele davon auch als Windkanter.

Abb. 42: Ansammlung grauvioletter Sandsteine und Quarzite, darunter viele Quarzite vom Västervik-Typ, Bildbreite 70 cm. Die glatten Oberflächen erschweren manchmal die Unterscheidung von diagenetisch verkieselten Sandsteinen und Quarziten mit granoblastischem Gefüge.
Abb. 43: Rotfleckiger Västervik-Quarzit, Breite 35 cm. Quarzite dieser Art sind bisher nur aus dem Västervik-Gebiet bekannt.

Vom Västervik-Fleckengestein (Västervik-Cordierit-Granofels) liegen aus der KFH etwa ein halbes Dutzend Funde vor. Ein herausragendes Exponat ist ein Großgeschiebe, an dem die Verwitterung zwischen den dunklen Cordieritflecken und der Grundmasse ein deutliches Relief gezeichnet hat. Der Granofels ist aus einem Sandstein mit tonigen Anteilen hervorgegangen. Die Tonminerale begünstigten zunächst die Bildung von orangerotem Feldspat und Glimmer. Nachfolgende Kontaktmetamorphose ist für die Bildung der runden Cordierit-Granoblasten verantwortlich, die von retrograd gebildetem schwarzem Biotit durchsetzt sind. Das zur Bildung von Cordierit erforderliche Eisen stammt aus unmittelbarer Nähe, aus den nun an Fe-Mineralen verarmten Säumen um die dunklen Flecken.

Abb. 44: Västervik-Fleckengestein, Breite etwa 50 cm.
Abb. 45: Detailansicht der nassen Geschiebeoberfläche mit Vertiefungen, entstanden durch stärkere Verwitterung der dunklen Flecken. Bildbreite ca. 18 cm.
Abb. 46: Västervik-Fleckenquarzit, Aufnahme unter Wasser.

Der Gesteinstyp in Abb. 46 wurde in der Vergangenheit fälschlicherweise häufig dem Stockholm-Gebiet zugeordnet („Stockholm-Fleckenquarzit“). Genauere Untersuchungen vor Ort ergaben aber, dass solche glimmerführenden Quarzite mit weißen Sillimanit-Fibroblasten („Flecken“) aus dem Västervik-Gebiet stammen (s. Västervik-Fleckenquarzit).

Leitgeschiebe aus SW-Schweden gehören, ebenso wie Rhombenporphyre und Gesteine aus dem Oslograben, zu den seltenen Geschiebefunden in Brandenburg. Ein zeitweise verstärkter Einfluss eines von Norwegen kommenden Eisstroms im Brandenburger Stadium der Weichsel-Kaltzeit könnte auch für den Transport SW-schwedischer Leitgeschiebe verantwortlich sein, z. B. des feingneisigen Schonen-Granulits (Abb. 47-48). Dieses Gestein entstand unter granulitfaziellen Bedingungen während der Svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Milliarde Jahren. Es besteht ausschließlich aus rotem bis orangefarbenem Alkalifeldspat und dunkelgrauem Quarz. Kennzeichnend sind die feinen ausgewalzten, für Granulite typischen „Plattenquarze“. Dunkle Minerale fehlen, weil sie während der granulitfaziellen Metamorphose instabil wurden.

Abb. 47: Schonen-Granulit, Aufnahme unter Wasser (Slg. Torbohm, Nr. 2299).
Abb. 48: Gleicher Stein, Nahaufnahme der Rückseite.

Eine Besonderheit dieses Fundes ist die Grünfärbung auf der Rückseite, wahrscheinlich die Folge einer „Charnockitisierung“, einer „trockenen“ Hochdruckmetamorphose, bei der es zur Bildung von Pyroxen kommt. Charnockitisierte Grundgebirgspartien sind von mehreren Lokalitäten in SW-Schweden bekannt. Im Unterschied zur Vorderseite des Geschiebes sind dunkle, von Hand aber nicht bestimmbare Minerale erkennbar (Pyroxen oder Amphibol/Biotit als retrograde Umwandlungsprodukte?). Ein Hinweis auf granulitfazielle Metamorphose ist die Anwesenheit von Magnetit, nachweisbar mit einem Handmagneten.

2.2. Sedimentärgeschiebe

Zu den häufigen Funden in der KFH gehören, wie auch in vielen anderen Kiesgruben in Brandenburg, Rotsandsteine aus dem Mesoproterozoikum (Jotnischer Sandstein), rotbraune und helle Sandsteine aus dem Unterkambrium, diese häufig mit Ichnofauna, weiterhin Kalksteine aus Ordovizium und Silur sowie Feuersteine und Kalksteine aus Oberkreide und Dan. Eine statistische Auswertung sedimentärer Geschiebefunde kann ENGELHARDT 1997: Abb. III 6-1 entnommen werden. Die Arbeit von ENGELHARDT & HOFFMANN 2012 zum Spurenfossil Syringomorpha zeigt Funde aus der KFH. Besonderheiten der KFH sind Muschelkalk-Geschiebe aus dem Vorkommen von Rüdersdorf (SCHNEIDER 2017) sowie mehrfache Funde von Konglomeraten, die der Trias zugerechnet werden (TORBOHM & BARTOLOMÄUS 2018).

Abb. 49: Mesoproterozoische („Jotnische“) Sandsteine mit Wellenrippel, Alter ca. 1200-1400 Millionen Jahre. Bildbreite 60 cm.
Abb. 50: Spurenfossil Plagiogmus (Nr. 3031) in einem glaukonitischen Sandstein, Breite 12 cm.
Abb. 51: Bunter Orthocerenkalk (Ordovizium), sog. Blomminge bladet („Blumenschicht“), polierte Schnittfläche.
Abb. 52: Echinosphaeriten-Kalk (Ober-Ordovizium), Breite 9 cm. Die runden Gehäuse der ausgestorbenen Beutelstrahler sind radialstrahlig mit Calcit ausgefüllt.
Abb. 53: Lavendelblauer Hornstein (verkieselter ordovizischer Schwamm).

Der Geschiebetyp der Lavendelblauen Hornsteine wurde durch den Baltischen Urstrom abgelagert, einem hypothetischen Flusssystem, das vor etwa 40 Millionen Jahren entstand, im Gebiet der heutigen Ostsee verlief und im Pleistozän verschwand (SCHULZ 2003, VAN KEULEN et al. 2012). Ein Teil der Lavendelblauen Hornsteine sind lose ordovizische bis silurische Einzelfossilien von lavendelblauer bis grauer Farbe. Ihr Herkunftsgebiet wird in der Bottensee und im westlichen Finnland vermutet. Funde sind von mehreren Lokalitäten und unterschiedlichen Horizonten (etwa Miozän bis Pliozän) bekannt, lokal treten sie auch gehäuft auf (Sylt, Niederlausitz, Emsland, SW-Mecklenburg, Niederlande und weitere Vorkommen). Aus der KFH liegen wenige Einzelfunde vor.

Abb. 54: Crinoidenkalk mit ausgewitterten Seelilien-Stielgliedern als „Naturpräparat“, Bildbreite 6 cm.

Eine Besonderheit der KFH ist das häufige Auftreten von Muschelkalk-Geschieben (über 80 Funde). Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um Lokalgeschiebe aus dem Vorkommen bei Rüdersdorf. Dieses liegt allerdings nicht in direkter Bewegungsrichtung des Eises, daher wird von einer Umlagerung aus saalezeitlichem Geschiebemergel ausgegangen, der aus dem Gebiet nördlich von Potsdam bzw. dem Berliner Raum stammt (SCHNEIDER 2017).

Abb. 55: Muschelkalk-Geschiebe, kristalliner Kalk mit Rippenbruchstück von Nothosaurus sp.; Oberer Muschelkalk (Ceratiten–Schichten), det. St. Schneider.
Abb. 56: Muschelkalk-Geschiebe; gelbgrauer, dichter Kalkstein mit Steinkern eines Ammoniten (Ceratites sp.); Oberer Muschelkalk (Ceratiten-Schichten), det. St. Schneider.

Ebenfalls bemerkenswert sind gehäufte Funde (bisher 8 Exemplare) eines bunten und monomikten Konglomerat-Typs (Trias– oder “Caliche“-Konglomerat). Es handelt sich um semiterrestrische und intraformationale Bildungen mit sparitischer Zementierung, sandiger Matrix und bunten Mergelklasten. Einige der Klasten weisen calcitgefüllte Risse auf und wurden als Caliche-Knollen aus aufgearbeiteten ariden Bodenhorizonten gedeutet. Ungeklärt ist bisher die genaue Herkunft der Konglomerate. Wahrscheinlich stammen sie aus einer mesozoischen Grabenfüllung in der Ostsee, südlich von Bornholm (Rønne-Graben) und sind dem Keuper bzw. der Oberen Trias zuzurechnen. Der Geschiebetyp wird von TORBOHM & BARTOLOMÄUS 2018 beschrieben, s.a. KNAUST 1997 und den ausführlichen Artikel auf dieser Seite.

Abb. 57: Caliche-Konglomerat, Schnittfläche, Aufnahme unter Wasser. Die roten Ränder einiger Mergelstein-Lithoklasten weisen auf ein arides Ablagerungsmilieu hin.

Jurassische Kelloway-Geschiebe (Dogger/Callovien), im östlichen Brandenburg ein häufiger Geschiebefund, treten in der KFH nur selten in Erscheinung. Feuersteine aus Oberkreide und Dan sind sehr häufig zu finden, gelegentlich auch gefleckte Feuerstein aus dem Turon, „Hanaskog-Flint“ (Campan) oder „geschichtete“ Feuersteine. Weiterhin treten reichlich weiße Kalksedimente, teils weiche Schreibkreide, teils härtere Kalk- und Mergelsteine, teilweise mit Schwämmen, Schnecken, Muscheln und Seeigeln auf. Alle Stufen der Oberkreide konnten durch Bestimmungen der stratigraphisch leitenden Muschel Inoceramus nachgewiesen werden (SEIBERTZ 2004 und ENGELHARDT & SEIBERTZ 2023). Aus der Oberkreide SE-Schonens stammt das Tosterup-Konglomerat (Abb. 58). Zu den Geschieben des Dan gehören Bryozoenkalk, Faxekalk, Saltholmskalk und helle Feuersteine (Abb. 59-60).

Abb. 58: Tosterup-Konglomerat (Oberkreide), polierte Schnittfläche. Am linken Bildrand ist eine Belemnitenspitze angeschnitten.
Abb. 59: heller Dan-Feuerstein mit Linsen aus bläulichem Chalcedon.
Abb. 60: Gleicher Stein, Nahaufnahme der Bryozoen-Fauna.

In Horizonten mit gehäuften Funden von Elbgeröllen traten auch rote Feuersteine in großer Zahl auf. Eingelagerte Fe-(III)-Verbindungen (Hämatit) und schwarze, teils windpolierte und wüsten-lackartige Beläge sprechen für eine Exposition in einem warmen und trockenen Klima, z. B. zur Zeit des Holstein-Interglazials.

Abb. 61: Rote bis schwarzrote Feuersteine; oben rechts ein roter Wallstein mit Schlagmarken und konkaver Eintiefung.
Abb. 62: „Wallsteine„, abgerollte Feuersteine als Brandungsgerölle eines tertiären Meeres.

Aus der KFH liegen mehrere Hundert Exemplare von „Wallsteinen“ vor. Wallsteine sind gut gerundete, ellipsoidisch geformte Feuersteine mit unregelmäßigen, parabelartigen Schlagmarken. Sie werden als Brandungsgerölle eines tertiären Meeres (Paläozän bis Unter-Eozän) aufgefasst und erhielten ihre Form durch gegenseitige Abrollung bei fortwährender Umlagerung. An ihren gegenwärtigen Fundort gelangten sie als Geschiebe oder stammen aus glazial aufgearbeiteten Horizonten aus Hebungsstrukturen der näheren und weiteren Umgebung (SCHULZ 2003, ANSORGE 2018).

An Geschieben des Tertiärs wurden in der KFH dokumentiert: Aschgraues Paläozängestein (Paläozän); Faserkalke, Zementsteine (Eozän); Braunkohle, „Braunkohlenquarzit“, „Wurzel-Quarzit“, „Tertiär-Quarzit“, „Urtorf“ (Abb. 63), helle verkieselte Nadelhölzer bis zu einer Größe von 80 cm (Miozän); Bernstein, Stettiner Gestein, Stettiner Kugeln, Septarien aus dem Rupelton (Oligozän).

Abb. 63: „Urtorf“ (Nr. 607), verkieselter Braunkohlentorf.

Urtorf“ ist ein poröses, kieseliges, dünnplattiges und von nicht bestimmbaren Pflanzenresten vollgestopftes Gestein, das wahrscheinlich aus Verkieselungszentren in der Braunkohle stammt (verkieselter Braunkohlentorf). Funde sind südlich und östlich von Berlin sowie aus der Umgebung von Fürstenwalde belegt. GOTHAN & BENNHOLT 1929 beschreiben den Geschiebetyp sowie ein anstehendes Vorkommen aus einer Ziegeleigrube bei Saarow, wo das Gestein in Gestalt flacher, bis 5 cm mächtiger Linsen mitten in der Braunkohle beobachtet wurde. Die im Anstehenden braune bis rötlichgraue Farbe kommt Geschiebefunden durch Bleichung/Verwitterung abhanden. Die Autoren nennen grasartige und schilfähnliche Pflanzen als Hauptbestandteil des Urtorfs. Selten sind Blätter von Laubhölzern oder Reste von Wasserpflanzen (Seerosen-rhizome).

Raseneisenerz und lösskindelartige Kalk-Sand-Konkretionen sind wahrscheinlich quartäre Bildungen. In der KFH treten gelegentlich Knochen von Großsäugern auf (Mammut, Wollnashorn und Wildpferd). Funde der Sumpfdeckelschnecke Viviparus diluvianus werden dem Holstein, ein Massenfund der Schnauzenschnecke Bithynia tentaculata der Eem-Warmzeit zugeordnet.

2.3. Elbgerölle

In der KFH fanden sich zeitweise Gerölle der mittelpleistozänen Berliner Elbe in großer Zahl in den oberen weichselzeitlichen Schmelzwassersanden. Die Gesteine wurden aus ihren südlichen Herkunftsgebieten zwischen ausklingender Elster- und einsetzender Saale-Vereisung in das Gebiet von Potsdam transportiert und in ausgedehnten Schotterfächern abgelagert. Sie liegen heute unter mächtigen glazialen Ablagerungen. Ein Teil wurde durch das vorrückende Inlandeis des Saale- und Weichsel-Glazials in jüngere glaziale Sedimente eingetragen und ist im Gebiet zwischen Teltow und Fläming gelegentlich als geringe Beimengung zu nordischen Geschieben zu finden. Funde südlicher Gerölle aus dem Gebiet zwischen Teltow und Fläming werden an anderer Stelle ausführlich dokumentiert (Link folgt in Kürze).

Die Herkunftsgebiete der Elbgerölle erstrecken sich vom südlichen Brandenburg über den östlichen Teil Sachsens bis weit nach Westböhmen, in das Gebiet zwischen Pilsen und Prag, sowie nach Osten bis ins Riesengebirgsvorland. Grundlage für die Bestimmung der Elbgerölle sind die Arbeiten von Kurt Genieser (GENIESER 1953a, 1955, 1957, 1962, GENIESER & MIELECKE 1957). Seine Beschreibungen wurden durch SCHWARZ et al. 2012, SCHWARZ & LANGE 2013, 2017, SCHWARZ & RIEDRICH 2010 und SCHWARZ 2021 teilweise revidiert und erweitert. Die wichtigsten Gerölltypen sind:

  • Milchquarz-Varietäten (streifig durchscheinende Quarze; Gerüst-, Strahlen- und Zellenquarze)
  • Cherts und Hornsteine („Lydite“ und „Kieselschiefer“)
  • Böhmische Quarz-Lydit-Konglomerate
  • Achat-, Amethyst-, Chalcedon- und Jaspisgerölle sowie
  • Gangbrekzien aus dem Osterzgebirge mit Paragenesen dieser Minerale
  • Paläozoische Kieselhölzer (Döhlener Becken, permokarbonische Becken in Nordböhmen)
  • kontaktmetamorphe „Knotengrauwacken“
  • Kreidesandstein
  • „Tertiärquarzite“/“Knollensteine“
  • Postvariszische rhyolithische Vulkanite
  • Känozoische Alkalivulkanite (Tephrite, Basanite, Phonolithe).
  • Erdbrandgesteine
  • Grüne „Serizitschiefer“

Außer Erdbrandgestein und Kreidesandstein konnten alle genannten Gerölltypen in der KFH dokumentiert werden. Am häufigsten sind Hornsteine/Cherts („Lydite“), tektonische Brekzien bzw. Gangbrekzien und Milchquarze. Alkalivulkanite (Tephrite, Olivinbasalte bzw. -basanite) treten in der KFH jedoch vergleichsweise selten auf, obwohl sie der häufigste Gerölltyp der Berliner Elbe sind.

Abb. 64: Zusammenstellung schwarz-weißer, als „Lydite“ bezeichneter Hornsteine und Cherts. Dokumentiert wurden mehr als hundert Funde des Gerölltyps aus der KFH.

Die schwarzweißen „Lydite“ sind die häufigsten Vertreter und zuver-lässiger Anzeiger einer südlichen Geröllgemeinschaft. Ein großer Teil der massigen und sehr zähen Gesteine stammt aus den Brdy südwestlich von Prag. Von dort sind keine allerdings Radiolarien bekannt, daher sollte der Gerölltyp nicht als Lydit (= paläozoische Radiolarite), sondern allgemeiner als Chert oder Hornstein bezeichnet werden. Neben den schwarz-weißen Cherts und Hornsteinen treten als typische Vertreter einer südlichen Geröll-gemeinschaft eine Reihe weiterer Farbvarianten sowie geschichtete Hornsteine („Kieselschiefer“) auf.

Abb. 65: Böhmisches Quarz-Lydit-Konglomerat, nass fotografiert. Das grünliche Konglomerat enthält gut gerundete Milchquarz- und einige Chert-Lithoklasten. Lagenweise sind Übergänge in einen Sandstein erkennbar. Das Elbeleitgeröll stammt aus den Brdy und wurde über die Berounka der Elbe zugeführt.

In der Grobkies-Fraktion finden sich gelegentlich Einzelgerölle von Amethyst, Achat, Chalcedon und Jaspis. Die folgende Chalcedon-Varietät ähnelt der Beschreibung des „rötlichgelben und weinroten Gelits“ in GENIESER 1955. Diese stammt aus Melaphyr-Mandelsteinen im Einzugsgebiet der Iser (Jizera) und Cidlina und ist das einzige Leitgeröll der oberen Elbe (alle anderen kommen aus dem Moldau-Beraun-Einzugsgebiet).

Abb. 66: Orange-gelb gebänderter Chalcedon, „rötlichgelber und weinroter Gelit“ aus dem Isergebirge.

Aus dem Osterzgebirge stammen charakteristische Paragenesen aus Quarz, Amethyst, Achat und Jaspis. Solche Quarz-Amethyst-Brekzien, „Trümmerachate“ und „Strahlenquarze“ wurden in der KFH vielfach gefunden und bilden die „osterzgebirgische Geröllgemeinschaft“ (GENIESER 1957).

Abb. 67: Kastenquarz mit Amethyst, osterzgebirgische Paragenese. Die weißen Milchquarz-Kästchen sind mit kristallinem Amethyst ausgefüllt und von feinen roten und jaspisartigen Adern umrahmt.
Abb. 68: Paläozoisches Kieselholz, durch Windeinwirkung glatt poliert. Paläozoische Hölzer stammen aus dem Döhlener Becken oder Permo-karbonischen Becken in Nordböhmen. Die nordböhmischen Hölzer weisen in der Regel eine bessere Strukturerhaltung auf.

Die sog. „Knollensteine“ oder „Tertiärquarzite“ sind verkieselte konglomeratische Quarzsandsteine (Diamiktite) und eine charakteristische Erscheinung in südlichen Geröllgemeinschaften. Knollensteine bilden verstreute Vorkommen in Sachsen und Böhmen und sind oligozänen bis miozänen Alters. Typisches Merkmal vieler „Tertiärquarzite“ sind eckige bis abgerundete Quarzkörner, die in einer feinkörnigen und kieselig gebundenen Grundmasse „schwimmen“.

Abb. 69: Detailansicht eines Amethystgerölls in einem „Tertiärquarzit“, Aufnahme unter Wasser.

Die Alkalivulkanite aus der Eruptivprovinz des Egergrabens (Tephrite, Olivinbasalte bzw. -basanite, Phonolithe etc.) treten im Berliner Elbelauf in großer Zahl auf und sind der häufigste Gerölltyp in der Überkorn-Fraktion, in der KFH fehlen die Gesteine jedoch weitgehend. Vermutlich erlagen sie durch oberflächennahe Exposition weitgehend der Verwitterung oder wurden zeitweise nicht transportiert.

Abb. 70: Tephrit, der häufigste Vertreter unter den südlichen Alkalivulkaniten aus der Eruptivprovinz des Egergrabens. Die meisten Alkalivulkanit-Gerölle dürften aus dem Böhmischen Mittelgebirge (České středohoří) stammen.
Abb. 71: Pfau auf dem Gelände der Waldschule.

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Geschiebesammeln im Broager Land (DK)

Abb. 1: Geröllstrand bei Skeldekobbel, südöstlich von Broager (DK).

Für den Brandenburger Geschiebesammler ist ein Besuch des Geröllstrands von Skeldekobbel im Broager Land (Dänemark) eine willkommene Abwechslung. Hier, am nördlichen Ufer der Flensburger Förde, bietet sich eine durch den Einfluss eines von Norden kommenden Eisstroms deutlich anders zusammengesetzte Geschiebegemeinschaft. Zwar finden sich auch die üblichen „Verdächtigen“, z. B. Rapakiwigesteine von Åland, Vulkanite und Granite aus Småland und Dalarna, auffällig ist aber der hohe Anteil SW-schwedischer saurer und mafischer Granulite, Granatamphibolite und Charnockite; Oslogesteine sind etwas seltener vertreten.

Die Gelegenheit für diese Sammeltour ergab sich im Rahmen des von Dr. Frank Rudolph veranstalteten Geschiebesammlertreffens vom 13.-15.10.2023 in Flensburg. Das Eiszeit-Haus in Flensburg beherbergt eine umfangreiche und unbedingt sehenswerte Sammlung von Geschiebefossilien und Kristallingeschieben, die immer weiter ausgebaut wird.

Abb. 2: Das Eiszeit-Haus in Flensburg.
Abb. 3: Pectunculus-Sandstein von etwa 2 m Durchmesser vor dem Eiszeit-Haus.

Der riesige Pectunculus-Sandstein wurde bei Baggerarbeiten aus dem Hafenbecken von Flensburg geborgen. Das mittelmiozäne Gestein (Reinbek) ist voll von Muschelschalen der Gattung Glycimeris (vormals Pectunculus) und wird vor allem an der dänischen Grenze gefunden, Sandsteine mit Muschelpflastern von Glycimeris-Schalen sind auch aus einer Kiesgrube östlich von Lüneburg oder vom Schaal-See bei Zarrentin belegt (SCHULZ 2003: 424-427).

Abb. 4: Exponate im Eiszeit-Haus Flensburg.
Abb. 5: Gneis mit schälchenförmigen Vertiefungen („Opferstein“) auf dem Museumsberg in Flensburg, Breite ca. 50 cm.
Abb. 6: Steilufer aus Geschiebemergel am Strand von Skeldekobbel.

An Geröllstränden lassen sich immer wieder Ansammlungen dunkler, meist basischer (SiO2-armer) Gesteine sowie der metamorphen Äquivalente (Metabasite) beobachten. Bei Bewegung durch Wellenschlag kommen die basischen Gesteine aufgrund ihrer im Vergleich zu SiO2-reichen Gesteinen höheren spezifischen Dichte schneller zur Ruhe und reichern sich lokal an. In solchen Akkumulationen findet sich eine Reihe ganz unterschiedlicher Geschiebetypen (Abb. 7-26). Unter den als Leitgeschiebe geeigneten basischen Gesteinen treten in Skeldekobbel vor allem Kinne-Dolerit, aber auch Schonen-Basanit und Schonen-Lamprophyr häufig auf.

Abb. 7: Basaltisches Gestein mit wenigen Plagioklas-Einsprenglingen, vermutlich ein Öje-Basalt aus Dalarna, Breite 14 cm.
Abb. 8: Basaltisches Gestein mit doleritischem Gefüge und zahlreichen Plagioklas-Einsprenglingen (kein „Öje-Diabasporphyrit“, vgl. Beitrag von M. Bräunlich auf kristallin.de); Breite 25 cm.
Abb. 9: Schonen-Basanit, basaltähnliches Gestein mit großen Peridotit-Xenolithen. Die flaschengrünen Erdmantelgesteins-Einschlüsse bestehen im Wesentlichen aus Olivin, Orthopyroxen und etwas Chromspinell.
Abb. 10: Schonen-Basanit; hier sind die Peridotit-Xenolithe bereits ausgewittert und hinterlassen Löcher auf der Gesteinsoberfläche.
Abb. 11: Schonen-Lamprophyr, ein Ganggestein aus Schonen mit orangeroten bis gelblichgrünen Olivin- und schwarzgrünen Klinopyroxen-Einsprenglingen.
Abb. 12: Kinne-Diabas (besser: Kinne-Dolerit), Leitgeschiebe für Västergötland, leicht erkennbar an seiner Verwitterungsrinde, Breite 14 cm.
Abb. 13: Ein weiterer Kinne-Dolerit, Breite 14 cm. An den ausgewitterten Stellen zwischen den Flecken erkennt man das doleritische Gefüge.
Abb. 14: Oslo-Basaltmandelstein, Leitgeschiebe aus dem Oslograben, erkennbar an seinen feinen länglichen Plagioklas-Einsprenglingen und mit apfelgrünem Epidot gefüllten Mandeln.
Abb. 15: Dolerit, wahrscheinlich vom Åsby-Ulvö-Typ, mit intergranularem Gefüge.
Abb. 16: Doleritischer Metabasit; die Plagioklas-Einsprenglinge sind durch hydrothermale Alteration grün gefärbt, die Pyroxene der Grundmasse teilweise in Amphibol (Hornblende) umgewandelt.
Abb. 17: Amphibol-porphyroblastischer Metabasit; während der Metamorphose, vermutlich eines doleritischen Ausgangsgesteins, kam es zur Bildung größerer rundlicher Amphibol-Porphyroblasten.
Abb. 18: Feinkörniger Amphibol-porphyroblastischer Metabasit mit Plagioklas-Einsprenglingen und grünen Epidot-Adern.

Die Metabasite in Abb. 19-25 entstammen den hochmetamorphen (obere Amphibolit- bis Granulitfazies) Einheiten in SW-Schweden. Weißschlieriger Granatamphibolit, mafischer Granulit und Granatcoronit sind als Leitgeschiebe geeignet.

Abb. 19: Granatamphibolit
Abb. 20: Weißschlieriger Granatamphibolit, Breite 14 cm.
Abb. 21: Mafischer Granulit, nass fotografiert.
Abb. 22: Gleicher Stein, Nahaufnahme. Unter granulitfaziellen Bedingungen, während einer „trockenen“ Hochdruck-Metamorphose bildeten sich an der Grenzfläche zwischen Pyroxen und hellem Plagioklas schmale Säume („Coronen“) von rotem Granat. Der grünlichschwarze Pyroxen wurde während der retrograden Metamorphose teilweise in schwarzen Amphibol umgewandelt.
Abb. 23: Verschiedene mafische Granulite vom Geröllstrand bei Skeldekobbel.
Abb. 24: Mafischer Granulit, trocken fotografiert. Beim Blick auf die Foliation sind die kleinen roten Granatkörner gut erkennbar.
Abb. 25: An mafischen Granuliten, die aus grobkörnigen Gesteinen hervorgegangen sind, tritt das coronitische Gefüge noch deutlicher hervor. Solche Gesteine werden auch als Granat-Coronit (besser: coronitischer mafischer Granulit) bezeichnet. Breite 15 cm.
Abb. 26: Der letzte Fund aus der Reihe basischer und metabasischer Gesteine ist ein einschlussführender Amphibolit. Breite 14 cm.

Gesteine aus dem Oslograben sind am Strand von Skeldekobbel nicht so häufig, wie es die zahlreichen Funde SW-schwedischer Gesteine erwarten ließen. Lediglich einige Rhombenporphyre, zwei Larvikite sowie ein Oslobasalt (Abb. 14) konnten aufgelesen werden.

Abb. 27: Einsprenglingsarmer Rhombenporphyr, Aufnahme unter Wasser.

Leitgeschiebe aus Dalarna (Abb. 28-31) sowie Gesteine aus Småland (Abb. 32) und Östergötland treten ebenfalls eher vereinzelt auf.

Abb. 28: Undeformierter einsprenglingsreicher Quarzporphyr, wahrscheinlich ein Särna-Quarzporphyr aus Dalarna, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 29: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 30: Garberg-Granit aus Dalarna.
Abb. 31: Venjan-Porphyrit, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 32: Emarp-Porphyr, Leitgeschiebe aus dem mittleren Småland, Breite 12,5 cm.
Abb. 33: Blauquarzgranit mit braunem bis rötlichem Alkalifeldspat und gelbem bis rötlichem Plagioklas. Solche Granite mit rötlichem Plagioklas sind vor allem aus Östergötland bekannt (Askersund-Granit?). Aufnahme unter Wasser.
Abb. 34: Porphyrischer Monzogranit bis Granodiorit mit grünlichem bis rotbraunem Plagioklas. Vergleichbare Gesteine sind aus NE-Småland bekannt, aber nicht näher zuzuordnen. Breite 14 cm.
Abb. 35: Vaggeryd-Syenit, Aufnahme unter Wasser. Wie es sich für einen Syenit gehört, dominiert rotbrauner Alkalifeldspat; Plagioklas und Quarz sind nur in geringer Menge enthalten. Innerhalb der Ansammlungen dunkler Minerale erkennt man keilförmige gelbe Titanit-Kristalle.

Zu den Höhepunkten der Sammeltour gehört sicherlich der Fund eines großen Rödö-Wiborgit-Geschiebes. Typisch für den Rödö-Wiborgit sind neben seiner leuchend orangeroten Gesamtfärbung einzelne Alkalifeldspat-Ovoide über 2 cm, einige davon mit einem dicken Saum aus gelbgrünem Plagioklas (Abb. 37, unten im Bild), weiterhin die großen und hellen, wenig magmatisch korrodierten Quarze.

Abb. 36: Rödö-Rapakiwi mit Wiborgitgefüge, Breite des Steins 23 cm.
Abb. 37: Nahaufnahme des Gefüges.

Aus einem Rapakiwi-Vorkommen könnte auch das folgende Mischgestein stammen, eine Vermengung von basischem und felsischem („saurem“) Magma (magma mingling). Die Grundmasse zeigt ein doleritisches Gefüge und ist stark alteriert (Grünfärbung!). Darüber hinaus sind als „saure“ Bestandteile größere rundliche Quarze und Partien mit rötlichem (Alkali?-)feldspat erkennbar. Denkbar ist auch, dass das Gestein ein basischer Xenolith aus einem sauren Wirtgestein ist.

Abb. 38: Mischgestein mit doleritischer Grundmasse, Breite 16 cm.
Abb. 39: Nahaufnahme
Abb. 40: Blassroter Quarz-Feldspat-Gneis mit roten Flecken, möglicherweise ein Geschiebe von Bornholm. Breite 15 cm.
Abb. 41: SW-schwedischer Gneis aus hellrotem Alkalifeldspat, orangerotem Plagioklas; dunkle Minerale fehlen weitgehend (SW-schwedischer Granulit), Breite 16 cm.
Abb. 42: Gneis mit einer Flasertextur und einer grobkörnigen Partie im Top, dunkle Minerale fehlen. Das Gestein könnte ebenfalls ein SW-schwedischer Granulitgneis sein. Breite 11 cm.
Abb. 43: Gelbgrüner Magmatit, ein Charnockit, Leitgeschiebe für SW-Schweden. Unter der Lupe sind kleine rote Granatkörner erkennbar. Aufnahme unter Wasser.
Abb. 44: Charnockitisierter Gneis, Breite 13 cm. Solche grünen (charnockitisierten) Partien kommen regelmäßig in den rötlichen granulitfaziellen Gneisen SW-Schwedens vor.
Abb. 45: Grünschiefer (Chloritschiefer) mit roten Granat- und hellen Feldspat-Granoblasten. Das plattige Geschiebe besteht im Wesentlichen aus grünen Schichtmineralen (Chlorit). Die Anwesenheit von Granat lässt auf ein sedimentäres Ausgangsgestein schließen, z. B. dolomitischen Kalkmergel.
Abb. 46: Nahaufnahme der nassen Oberfläche.
Abb. 47: Metasediment (etwa quarzitischer Chloritschiefer) mit Lagen aus Segregationsquarz (= durch Fluide aus dem Sediment verdrängte und lokal angereicherte Quarzpartien).
Abb. 48: Nahaufnahme der nassen Oberfläche. Die strahligen Quarzaggregate wuchsen senkrecht zur Kluftebene. Das dunkelgrüne Mineral ist vermutlich Chlorit.
Abb. 49: Quarzit mit Partien aus rotem Alkalifeldspat, Breite 10 cm.

Ein weiteres Highlight am Strand von Skeldekobbel ist der Fund eines migmatitischen Paragneises mit Granat-Porphyroblasten bis 6,5 cm Größe. Der Gesteinstyp ähnelt den Gneisen vom Sörmland-Typ. Zu denken gibt aber die Beobachtung, dass er recht häufig zu finden ist, andere Gesteine des östlichen Mittelschwedens (z. B. Uppland-Granite) hingegen fehlen. Die Literaturrecherche ergab bisher kein weiteres mögliches Herkunftsgebiet für diese migmatitischen Granat-Cordierit-Paragneise.

Abb. 50: Migmatitischer Paragneis mit großen Granat-Porphyroblasten.
Abb. 51: Granat-Porphyroblast mit einem Saum aus Feldspat, Nahaufnahme unter Wasser.
Abb. 52: Rückseite des gleichen Steins, Aufnahme unter Wasser. Die schwach bläulichgrauen, von Dunkelglimmer durchsetzten Partien sind ein Hinweis auf Cordierit, der in diesem Gestein offenbar in erheblicher Menge enthalten ist.
Abb. 53: Ein ähnlicher migmatitischer Granat-Cordierit-Paragneis, Breite 38 cm.
Abb. 54: Leukosom eines migmatitischen Granat-Cordierit-Paragneises, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 55: Nahaufnahme, roter Granat-Porphyroblasten, umgeben von hellgrauem Cordierit (?).
Abb. 56: Paragneis mit Fleckentextur, Breite 30 cm. Im schwindenden Tageslicht fotografiert, daher etwas unscharf: ein auffälliger Quarz-Feldspat-Biotit-Gneis mit grünen Flecken (retrograd aus Cordierit gebildeter Chlorit?), die einen schmalen hellen Saum aufweisen.
Abb. 57: Tektonische Brekzie; das dichte grüne und hornsteinartige Gestein ist in situ durch tektonische Einwirkung zerbrochen; die Risse wurden nachfolgend mit Quarz als Ausscheidung hydrothermaler Lösungen verfüllt.

Ein außergewöhnliches Gestein, einen Skarn, entdeckte Frank Rudolph. Skarne sind metasomatische Gesteine, die im Kontaktbereich von einem aufsteigenden plutonischen Körper mit einem z. B. Ca-reichen Sedimentgestein entstehen. Dabei kommt es zu einem intensiven Stoffaustausch und der Neubildung von Ca- und Fe-reichen Silikatmineralen innerhalb des Sedimentgesteins. Typisch für Skarne aus Ca-reichen Sedimentgesteinen sind Neubildungen von Ca-reichem Klinopyroxen (Diopsid als Endglied), Fe-reichem Ca-Klinopyroxen (Hedenbergit als Endglied) und Granat (gelbgrüner bis dunkelgrüner Grossular, roter Almandin).

Abb. 58: Stark angewitterter Skarn mit ausgeprägter Lagentextur, Breite ca. 30 cm. Das Gestein konnte nur mit Mühe, unter Zuhilfenahme eines schweren Hammers zerlegt werden.
Abb. 59: Frische Bruchfläche, Abschlag vom obigen Block. Lagenweise sind Partien mit grünen (Diopsid), schwarzgrünen (Hedenbergit) und roten Mineralen (Granat) erkennbar.
Abb. 60: Skarn, polierte Schnittfläche.
Abb. 61: Nahaufnahme; wolkige graue Partien bestehen aus Quarz.
Abb. 62: Nahaufnahme. Das Gestein wurde offensichtlich tektonisch überprägt; rechts unterhalb der Bildmitte reflektiert ein größeres grünes und gestreiftes Kristallaggregat das einfallende Licht.

Zum Schluss noch einige Funde von Sedimentgesteinen.

Abb. 63: Bioturbater heller Sandstein mit Algenbewuchs, Breite 23 cm.
Abb. 64: Intraformationelles Konglomerat, ein glaukonitischer Sandstein mit phosphoritisch (?) gebundenen Sandstein-Intraklasten, Breite 34 cm.
Abb. 65: Nahaufnahme, Breite des Intraklasts 8 cm.
Abb. 66: Kontakt eines Hanaskog-Flints mit einem feinkörnigen Kalksandstein.
Abb. 67: Eigenartige konkretionäre(?) Sedimentstrukturen in einem Limonitsandstein.
Abb. 68: Am Strand bei Skeldekobbel finden sich vereinzelt Limonitsandsteine mit meist nicht näher bestimmbaren Muscheln, die wohl dem Paläozän zuzuordnen sind (pers. Mitteilung F. Rudolph). Breite des Geschiebes 20 cm
Abb. 69: Paläozäner Limonitsandstein, Breite 14 cm
Abb. 70: Gleicher Stein; in der Aufsicht sind neben unbestimmbaren Muschelabdrücken zwei schwarze Haifischzähne erkennbar.
Abb. 71: Konglomerat mit Toneisenstein-Lithoklasten (Jura oder Lias?).
Abb. 72: Pyritisiertes Spurenfossil, üblicherweise als Ophiomorpha nodosa bezeichnet. Vermutlich haben callianasside Krebse diesen Wohnbau angelegt.
Abb. 73: Pyrit-Konkretion
Abb. 74: Am Ende des nördlichen Strandabschnitts fanden sich an einigen Baumstämmen, die offenbar längere Zeit im Wasser lagen, Spuren der Schiffsbohrmuschel (Teredo navalis). Bildbreite 30 cm.

Literatur

SCHULZ W 2003 Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler – 508 S., 446+42 meist farb. kapitelweise num. Abb., 1 Kte. als Beil., Schwerin (cw Verlagsgruppe).

Geologische Streifzüge in SW-Schweden

Abb. 1: Felsküste im äußersten Nordwesten der Kullaberg-Halbinsel. Das Grundgebirge besteht hier aus migmatitischen Gneisen mit eingeschalteten Amphibolit-Körpern und besitzt ein Alter von rund 1 Milliarde Jahren.

Ein mehrteiliger Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden.

Abb. 2: Karte der vorgestellten Lokalitäten.

Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.

  1. Zur Geologie SW-Schwedens
    1.1. Leitgeschiebe und Geschiebetypen aus SW-Schweden
  2. Kullaberg-Halbinsel
    2.1. Kullaberg und Kullaite
    2.2. Kullaite als Geschiebe
    2.3. Kullaberg: Ransvik
    2.4. Nordwest-Dolerit von Arild
  3. SW-schwedische Küstenaufschlüsse
    3.1. Söndrum
    3.2. Steninge
    3.3. Glassvik
    3.4. Stensjöhamn
    3.5. Träslövsläge
  4. Varberg-Charnockit und Torpa-Granit
    4.1. Charnockite als Geschiebe
    4.2. Torpa- und Tjärnesjön-Granit
  5. Retroeklogit von Ullared

Im Zusammenhang mit den SW-schwedischen Gesteinen neu hinzugekommen sind Einzelbeschreibungen der folgenden Gesteinstypen:

Geologische Streifzüge in SW-Schweden

3.2. Steninge

Entlang der Küste zwischen Falkenberg und Halmstad befinden sich zahlreiche gut zugängliche Küstenaufschlüsse mit Gesteinen der SGR (Steninge, Glassvik; nächster Teil: Stensjöstrand). Etwa auf halber Strecke liegt der Ort Steninge (Lok. 3.2 auf der Karte). Ausgehend vom ersten Parkplatz im Ort (56.76421, 12.63274) erreicht man in südlicher Richtung bald einen alten Steinbruch, in dem migmatitische Gneise vom Halmstad-Typ abgebaut wurden.

Abb. 1: Stürmisches Wetter an der Küste bei Steninge; rotgraue Gneise, anstehend und als Haldenmaterial aus dem ehemaligen Steinbruch.
Abb. 2: Migmatitischer Gneis vom Halmstad-Typ aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz, gelbem bis grünlichem Plagioklas und etwas Biotit. Magnetit wurde an dieser Lokalität nicht nachgewiesen. Bildbreite etwa 30 cm.
Abb. 3: Gefalteter migmatitischer Gneis. Die roten und mafitarmen Quarz-Feldspat-Leukosome weisen ein richtungslos-körniges Gefüge auf und entstanden durch partielle Aufschmelzung der grauen und feinkörnigen Gneise (Paläosom).
Abb. 4: Häufig ist keine klare Grenze zwischen Leukosom (rot) und Paläosom (grau) erkennbar.
Abb. 5: Gebänderter migmatitischer Gneis aus dem Steinbruch Steninge.

Innerhalb der rotgrauen migmatitischen Gneise finden sich mafitarme und deformierte Quarz-Feldspat-Leukosome mit plattigen Quarzen („Schonengranulit“, Abb. 6) sowie linsenförmige Einschaltungen von grobkörnigen und pegmatitartigen Gesteinen („Flammenpegmatit“; Abb. 7, 8). Diese zentimeter- bis dezimetergroßen Partien gehen ohne scharfe Grenze in die migmatitischen Gneise über. Plattenquarze und das Fehlen dunkler Minerale weisen auf granulitfazielle Metamorphosebedingungen während der svekofennischen Orogenese hin.

Schonengranulit und Flammenpegmatit sind charakteristische Gesteine des westlichen Teils der SGR und als Leitgeschiebe verwendbar. Sie treten an mehreren Lokalitäten entlang der schwedischen Westküste auf, in einem begrenzten Gebiet zwischen Falkenberg, Halmstad und Kullaberg. Neben Einschaltungen als Leukosom in migmatitischen Gneisen bildet der Flammenpegmatit auch meterbreite Gänge (s. Söndrum). Das Alter der Ausgangsgesteine liegt bei etwa 1,4 Ga, die Metamorphose erfolgte während der svekonorwegischen Orogenese vor etwa 970 Ma (VINX 1998).

Neben dem Flammenpegmatit treten in SW-Schweden auch bunte Pegmatite mit einer ähnlichen Farbgebung auf, die jedoch undeformiert sind und keine Plattenquarze enthalten. Sie wurden postkinematisch (= nach Beendigung der Orogenese) gebildet und sind nicht als Leitgeschiebe geeignet (Abb. 9).

Abb. 6: Migmatitische, von dunklen Mineralen freie Partie mit grauen Plattenquarzen („Schonengranulit“).
Abb. 7: „Flammenpegmatit“ (granulitfazieller bunter Pegmatit) aus rotem Alkalifeldspat, blassgelbem Plagioklas und grauen Plattenquarzen. Angefeuchtete Schnittfläche eines Haldenfundes von Steninge.
Abb. 8: Grobkörnige Partie eines deformierten bunten Pegmatits mit Plattenquarzen („Flammenpegmatit“), rechts unten begrenzt von Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit). Breite des Steins etwa 20 cm.
Abb. 9: Grobkörniger (postkinematisch gebildeter) Pegmatit aus rotem Feldspat, grauem Quarz und gelbem Plagioklas. Das Gestein ähnelt dem Flammenpegmatit, ist aber nur mäßig deformiert, weist keine plattige Ausbildung der Quarze auf und enthält Ansammlungen von dunklen Mineralen (blättriger Biotit).

3.3. Glassvik

Einige Kilometer nördlich von Steninge liegt die Ortschaft Glassvik (Lok. 3.3 auf der Karte). Vom Parkplatz (56.77629, 12.62089) aus geht man zur Küste und orientiert sich in nördlicher Richtung. Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen wechseln sich mit Amphibol-Gneisen ab. Auffällig ist das nahezu senkrechte Einfallen der Gneise (Abb. 10) und eine annähernd parallel zur Klüftung verlaufende Foliation. Verschiedene Generationen von pegmatitischen bis aplitischen Gängen innerhalb der Quarz-Feldspat-Gneise (Abb. 11; 14-16) zeigen Deformationsstrukturen wie Verdünnung, Boudinage und interne Foliation. Die Gesteine entstanden während des „Halland-Events“ vor etwa 1.440 Ma und wurden im Zuge der svekonorwegischen Gebirgsbildung erneut deformiert (MÖLLER et al 1996: 18-19).

Abb. 10: Steil einfallende, NE-SW streichende Gneise an der Küste von Glassvik (etwa 56.78026, 12.61332).
Abb. 11: Roter und undeformierter Pegmatit-Gang (Breite etwa 1,5 m) in einem grauen migmatitischen Amphibolgneis.
Abb. 12: Granatführender Amphibolit, Bildbreite 1 m. Konkordant zur Foliationsrichtung verläuft ein Pegmatitgang; im Kontaktbereich ist der Amphibolit grobkörniger ausgebildet.
Abb. 13: Weiter nordwärts eröffnet sich dem Besucher eine auenartige Küstenlandschaft, die stellenweise von anstehenden Felsen oder kleinen Geröllstränden durchbrochen wird.
Abb. 14: Feinkörnige Graugneise, massiv durchsetzt von grobkörnigen roten Partien. Faltenstrukturen weisen auf eine starke Deformation hin. Die roten Partien besitzen eine granitische Zusammensetzung und verlaufen annähernd parallel zur Foliation. Bildbreite etwa 3 m.
Abb. 15: Innerhalb der roten Partien sind größere Ansammlungen dunkler Minerale (Biotit) erkennbar. Die anatektischen Körper sind teilweise stark verfaltet, zeigen boudinierte Strukturen oder wirken regelrecht verdreht. Bildbreite etwa 1 m.
Abb. 16: Die roten Partien scheinen intern nur wenig deformiert zu sein und weisen ein weitgehend regelloses Mineralgefüge auf (roter Alkalifeldspat, heller Plagioklas, grauer Quarz, Ansammlungen dunkler Minerale). Bildbreite 30 cm.

Ein weiterer interessanter Aufschluss an der Küste von Glassvik zeigt Erosionsrelikte eines gangförmigen und mehrere Zehnermeter mächtigen Granatamphibolits, der aus einer Abfolge unterschiedlicher Gefügevarianten besteht: ein grobkörniger Granat-Amphibolit mit regellosem Gefüge im Zentrum des Ganges wird zu beiden Seiten von migmatitischen Granatamphiboliten flankiert.

Abb. 17: Links ein dunkler und massiger Amphibolit als Gangmitte, rechts davon migmatitische Granatamphibolite. Breite des Aufschlusses etwa 5 m.
Abb. 18: Grobkörniger und massiger Granatamphibolit im Zentrum des Ganges (Breite etwa 1,5 m). Das Gestein enthält sehr viel schwarzen Amphibol, der hohe Granatanteil bewirkt eine violettschwarze Gesamtfarbe.
Abb. 19: Nahaufnahme; weitgehend richtungslos-körniges Gefüge aus schwarzem Amphibol, rotem Granat und etwas Plagioklas. Die Granat-Porphyroblasten erreichen eine Größe von 3 cm.
Abb. 20: Zur linken Seite wird der massige Granatamphibolit von einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit begleitet. Breite des Steins etwa 75 cm.
Abb. 21: Auf der rechten Seite steht ein migmatitischer Granat-Amphibolgneis mit ausgesprochen großen Granat-Porphyroblasten an. Häufigkeit und Größe der Granate nehmen zum Zentrum und zum Rand des Ganges ab.
Abb. 22: Sechseckiger Anschnitt eines großen Granats, umgeben von einem weißen Plagioklas-Leukosom; Durchmesser des Granats 7,5 cm.
Abb. 23: Runder Granat-Porphyroblast mit einem Saum aus schwarzem Amphibol; Durchmesser 8 cm.
Abb. 24: Flammenpegmatit (deformierter bunter Pegmatit), polierte Schnittfläche, loser Strandstein von Glassvik.

Literatur

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.

VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.

Geologische Streifzüge in SW-Schweden

3.4. Stensjöhamn

Der Küstenabschnitt bei Stensjöhamn (Lok. 3.4 auf der Karte), unmittelbar nördlich von Glassvik, bietet eine ganze Reihe interessanter Aufschlüsse, u. a. migmatitische Granatamphibolite, granulitfaziell gebildete Orthopyroxen-Megakristalle und Sillimanitgneise (JOHANSSON 2011, HANSEN et al. 2015). Ausgehend vom Parkplatz (56.78949, 12.61967) hält man sich an der Küste in nördlicher Richtung und erreicht zunächst Aufschlüsse von migmatitischen Quarz-Feldspat-Gneisen und Amphibolgneisen. Auch hier ist von einer komplexen metamorphen Geschichte der Gesteine und mindestens zwei Phasen der Deformation auszugehen, dem Halland-Event vor 1.420-1.440 Ma und der svekonorwegischen Orogenese vor 980-950 Ma.

Abb. 1: Küste bei Stensjöhamn.
Abb. 2: Migmatitische Quarz-Feldspat-Gneise mit hellen, annähernd parallel zur Foliation verlaufenden Quarz-Feldspat-Leukosomen. Bildbreite ca. 3 m.
Abb. 3: Rotgrauer Quarz-Feldspat-Adergneis (schwach magnetisch), Anstehendprobe von Stensjöstrand.
Abb. 4: Verfalteter Amphibolitgang in einem grauen Quarz-Feldspat-Gneis. Breite des Gangs etwa 150 cm.
Abb. 5: Migmatitischer Amphibolit. Diskordant zur Foliation verlaufende weiße Leukosome aus Plagioklas verweisen auf eine erneute metamorphe Überprägung des Gesteins während der svekonorwegischen Gebirgsbildung. Die gebänderte und mafitreiche Partie in der Bildmitte enthält keine Leukosome.
Abb. 6: Boudinageartige Einschaltungen von grünlichen Kalksilikatgesteinen in einem migmatitischen Amphibolit, Bildbreite 1 m.

Als Boudinage bezeichnet man ellipsoide Gefügeeinheiten in migmatitischen Gneisen. Boudinage entsteht, wenn dünne Gesteinslagen während der Deformation unterbrochen werden und in einzelne linsenförmige Einheiten zerfallen. Das grünliche (epidothaltige) Kalksilikatgestein dürfte sedimentären Ursprungs sein.

Abb. 7: Helles Feldspat-Leukosom mit Boudinage-Struktur in einem Amphibolit. Bildbreite etwa 1 m.

Eine Besonderheit der Lokalität Stensjöstrand sind Megakristalle von Orthopyroxen (Enstatit). Ihre Position innerhalb der Leukosome der Amphibolgneise lässt darauf schließen, dass sie während der partiellen Aufschmelzung des Wirtgesteins entstanden (HANSEN et al 2015).

Abb. 8: Relikte von grünen Orthopyroxen-Megakristallen innerhalb heller Leukosome eines Granatamphibolits. Bildbreite 70 cm.
Abb. 9: Nahaufnahme eines großen Orthopyroxens, umgeben von einem Saum aus dunklem Amphibol (bzw. Amphibol-Quarz-Symplektiten) sowie rotem Granat.

Unter granulitfaziellen Bedingungen (1 GPa, 800 Grad) und der Abwesenheit von Fluiden (sog. Dehydrationsschmelzen) kommt es zu einem Zerfall von Biotit und Amphibol unter Bildung von Orthopyroxen:

Bt + Hbl + Pl +/- Qtz ↔ Opx+ Schmelze + Cpx + Gt

Einige Orthopyroxen-Megakristalle sind von einem Saum aus retrograd gebildeten Hornblende-Quarz-Symplektiten umgeben, die als Barriere eine weitere Umwandlung der Megakristalle verhinderten, während andere Orthopyroxe retrograd in Chlorit umgewandelt wurden.

Migmatite mit Orthopyroxen-Megakristallen treten an verschiedenen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. a. Söndrum). Vorkommen dieser aus Dehydrationsschmelzen unter granulitfaziellen Bedingungen gebildeten Orthopyroxene dürften sich auf die südwestschwedische Granulitregion beschränken. Der Gesteinstyp könnte als Leitgeschiebe geeignet sein, allerdings ist eine sichere Bestimmung von Orthopyroxen mit einfachen Mitteln kaum möglich.

Abb. 10: Aufschluss eines migmatitischen Granatamphibolits mit Plagioklas-Leukosomen („plagioklasschlieriger Granatamphibolit“) an der Küste von Stensjöhamn.
Abb. 11: Granatamphibolit mit hellen Plagioklas-Leukosomen, Bildbreite 125 cm.
Abb. 12: Migmatitischer Granatamphibolit; große Granat-Porphyroblasten sind von hellen Plagioklas-Leukosomen umgeben.
Abb. 13: Probe eines migmatitischen Granatamphibolits, Nahaufnahme der frischen Bruchfläche. Das Gestein von der Lokalität Stensjöstrand besteht im Wesentlichen aus Amphibol, Plagioklas und Granat; nach HANSEN et al 2015 enthält es auch geringe Mengen von Pyroxen, Biotit und Apatit.
Abb. 14: Amphibol-Gneise bis Amphibolite mit hellen und diskordant zur Foliationsrichtung verlaufenden Leukosomen. Bildbreite etwa 2 m.

Die Löcher im Fels stammen von einem Bohrgerät, mit dem Proben zum Zwecke einer Datierung entnommen wurden. Die Datierung isolierter Zirkone ergab ein Kristallisationsalter von 1.415-1.390 Ma. Anwachssäume um die gleichen Zirkone verweisen auf eine Metamorphose während der svekonorwegischen Orogenese vor 975-965 Ma (HANSEN et al. 2015).

Abb. 15: Küstenlandschaft bei Stensjöhamn.

Nördlich des kleinen Hafens (Stensjöhamn) ändert sich die Zusammensetzung der Gesteine. Hier stehen plattige, teilweise stark gefaltete Sillimanit-Gneise an, die durch Verwitterung bizarre Formen annehmen können.

Abb. 16: Sillimanitgneise bei Stensjöhamn.
Abb. 17: Die komplexe Faltenstruktur der Sillimanitgneise tritt durch Verwitterung in bizarren Formen hervor.
Abb. 18: Verfaltete Sillimanitgneise. Bildbreite etwa 2 m.
Abb. 19: Anstehender Sillimanitgneis, Nahaufnahme; Bänder aus weißem bis gelblichem und plattig ausgebildetem Sillimanit entlang der Foliationsrichtung.
Abb. 20: Sillimanit-Gneise, Brandungsgerölle am Ufersaum.
Abb. 21: Sillimanitgneis mit rotem Granat, Brandungsgeröll vom Anstehenden, Aufnahme unter Wasser. Sillimanit ist durch Verwitterung gelblich gefärbt und durchzieht das Gestein in breiten Streifen.
Abb. 22: Gleicher Stein, trockene Oberfläche. Die Grundmasse besitzt ein nahezu gleichkörniges Gefüge aus deutlich voneinander abgesetzten Körnern aus Quarz, Feldspat und Amphibol.
Abb. 23: Nahaufnahme unter Wasser. Schwarzer Amphibol in stengeliger Ausbildung durchsetzt ein größeres Granat-Aggregat.

In Stensjöstrand finden sich neben Brandungsgeröllen anstehender Gesteine auch Geschiebe, u. a. zwei „alte Bekannte“: ein Kinne-Diabas aus Westschweden sowie ein NW-Dolerit, dessen Anstehendes eigentlich viel weiter südlich liegt. Auch zwei Rapakiwi-Granite mit vermuteter Herkunft vom Åland-Archipel wurden aufgelesen. Im Weichsel-Glazial änderte der Baltische Eisstrom im Gebiet der südlichen Ostsee seine ursprünglich südliche Zugrichtung und nahm einen ost-westlichen und schließlich sogar nördlichen Verlauf. Dies dürfte auch der Grund für Funde von NW-Dolerit und Åland-Gesteinen nördlich bzw. weit abseits von ihrem Herkunftsgebiet sein.

Abb. 24: Kinne-Diabas und NW-Dolerit, Geschiebe von Stensjöstrand. Breite der Steine jeweils etwa 9 cm.
Abb. 25: Plagioklasschlieriger Granatamphibolit, Geröll von Stensjöstrand. Max. 4 cm große Granat-Porphyroblasten sind von einem hellen Plagioklas-Saum umgeben. Breite des Steins 16 cm.
Abb. 26: Grobkörniger, wahrscheinlich postkinematisch entstandener Pegmatit aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz und gelbem Plagioklas (keine Plattenquarze; kein Flammenpegmatit); Breite des Steins 80 cm.

3.5. Träslövsläge

In Träslövsläge (Lok. 3.5 auf der Karte), einem kleinen Fischerort südlich von Varberg, sollten sich etwa 200 m westlich der Kirche mehrere Aufschlüsse befinden (MÖLLER et al 1996: 32-33). Mittlerweile ist der Strandbereich allerdings stark verwachsen, nur eine Lokalität konnte ausfindig gemacht werden. Ein mafischer Granulit zeigt Relikte einer magmatischen Schichtung. Individuelle Lagen unterschiedlicher Dicke stehen diskordant zur Foliationsrichtung.

Abb. 27: Reliktische magmatische Schichtung in einem mafischen Granulit. Bildbreite ca. 60 cm.
Abb. 28: Schonengranulit, einzelnes Strandgeröll von Södra Näs, 2 km NW von Träslövsläge.

Literatur

HANSEN E, JOHANSSON L, ANDERSSON J, LABARGE L, HARLOV D, MÖLLER C & VINCENT S 2015 Partial melting in amphibolites in a deep section of the Sveconorwegian Orogen, SW Sweden – LITHOS (2015), Vol. 236-237, S. 27-45.

JOHANSSON L 2011 Bergrundsgeologi in Stensjöstrands Naturreservat – 7 S., Geologiska Institutionen Lunds Universitet.

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.


3. SW-schwedische Küstenaufschlüsse

3.1. Söndrum

In Halland, im Gebiet zwischen Halmstad und Falkenberg (Karte), entwickelte sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts eine steinverarbeitende Industrie. Zahlreiche Steinbrüche zeugen vom regen Abbau der migmatitischen Gneise, die unter Handelsbezeichnungen wie „Halmstad“ oder „Hallandia“ überregionale Bekanntheit erlangten und auch heute noch ein beliebter Dekorstein sind. An der Küste bei Söndrum, im Ortsteil Stenhuggeriet bieten mehrere aufgelassene Steinbrüche einen Einblick in das Grundgebirge mit Gesteinen der Südwestschwedischen Granulitregion (Lok. 3.1 auf der Karte).

Abb. 1: Küstennah angelegte Steinbrüche erleichterten den Abtransport der Werksteine. Grötvik stenbrott, Aussichtsplattform Spritkullen, südlich von Söndrum.
Abb. 2: Rotgrauer und magnetitführender migmatitischer Granulitgneis („Järngneis“). Bildbreite 30 cm.
Abb. 3: Rot- bis orangegraue migmatische Gneise; Haldenmaterial der Steinbrüche als Brandungsgeröll. Bildbreite ca. 35 cm.
Abb. 4: Brandungsgerölle; migmatitische Adergneise sowie orangerote und pegmatitähnliche Quarz-Feldspat-Gesteine (teilweise wohl Leukosome aus der Aufschmelzung der Adergneise).
Abb. 5: Blick in den stillgelegten Steinbruch „Bolagsbrottet“.
Abb. 6: Migmatitischer Gneis mit grobkörnigen Partien aus rotem Alkalifeldspat und blassgelbem Plagioklas sowie Ansammlungen von dunklen Mineralen (Biotit); Steinbruch Bolagsbrottet.
Abb. 7: Deformierter bunter Pegmatit („Flammenpegmatit“) aus rotem Alkalifeldspat, grauem Quarz und grünlichem Plagioklas. Steinbruch Bolagsbrottet, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 8: Orangeroter Flammenpegmatit, Steinbruch Bolagsbrottet.
Abb. 9: Fast vollständig aus dunklen Glimmermineralen bestehendes Gestein („Biotitit“), wahrscheinlich ein nicht aufgeschmolzenes Relikt (sog. Restit) migmatitischer Gneise.

Eine Besonderheit im Steinbruch Bolagsbrottet sind grüne und „charnockitisierte“ Partien innerhalb der rötlichen Grundgebirgsgneise. Die lokale Umwandlung der Gneise in Charnockite vollzog sich unter granulitfaziellen Bedingungen und dem Einfluss CO2-reicher, aber wasserarmer Fluide. Dabei kam es zur Bildung von Ortho- und Klinopyroxen, dem kennzeichnenden Mineralbestand von Charnockiten. Ansonsten bestehen die charnockitisierten Partien wie die benachbarten Gneise im Wesentlichen aus Quarz und Feldspat.

Abb. 10: Etwa 5 m breite grüne und charnockitisierte Partie, durchzogen von einem roten Pegmatit („Flammenpegmatit“).

Der charnockitisierte Bereich geht ohne klare Begrenzung in die roten Gneise über und wird von einem 1 m mächtigen roten Pegmatitgang durchzogen („Flammenpegmatit“). Klinopyroxen und Orthopyroxen treten, neben retrograd gebildetem Amphibol, ausschließlich innerhalb der grünen Partien sowie im Pegmatit auf. Der Pegmatit dürfte durch Aufschmelzung unter granulitfaziellen Bedingungen entstanden sein. Die Charnockitisierung wurde auf 1397 +/- 4 Ma datiert (HARLOV et al 2006; ANDERSSON et al 2008: 38-41).

Solche durch hochgradige Metamorphose charnockitisierte Gneise finden sich an mehreren Lokalitäten in SW-Schweden. Daneben gibt es auch Charnockit-Massive, die eindeutig magmatischen Ursprungs sind (s. Varberg-Charnockit). Der Gesteinstyp kann also auf verschiedene Weise entstehen. Kennzeichnend und für die Bestimmung dieser Quarz-Feldspat-Gesteine maßgeblich ist enthaltener Orthopyroxen, der jedoch, wie die anderen dunklen Minerale, meist feinkörnig ausgebildet und mit einfachen Mitteln nicht erkennbar ist. Im Gelände können jedoch eine Grünfärbung der Gesteine, das Vorhandensein von Granat und gegebenenfalls die Vergesellschaftung mit granulitfaziellen Pegmatiten („Flammenpegmatit“) als deutliche Indizien für charnockitisierte Partien angesehen werden.

Abb. 11: Deformierter bunter Pegmatit („Flammenpegmatit“) im Zentrum der charnockitisierten Gneispartie. Die plattig ausgebildeten Quarze verweisen auf granulitfazielle Bildungsbedingungen. Bildbreite etwa 35 cm.
Abb. 12: Charnockitprobe aus dem Steinbruch Bolagsbrottet, Aufnahme unter Wasser.

Das Gestein besteht aus xenomorphen Körnern von grünem Feldspat und transparentem Quarz. Dunkle Minerale sind von Hand nicht bestimmbar und bilden unregelmäßige Ansammlungen und Schlieren ohne vorherrschende Foliationsrichtung.

Abb. 13: Nahaufnahme. Innerhalb der dunklen Minerale findet sich reichlich roter Granat.

Ein weiterer Aufschluss im Steinbruch Bolagsbrottet zeigt ein blassgrünes und rotes, teilweise pegmatitartiges Quarz-Feldspat-Gestein mit Megakristallen von Orthopyroxen als faziestypisches Mineral der Granulitfazies (MÖLLER et al 1996: 20). Orthopyroxen-Megakristalle treten auch an anderen Lokalitäten in SW-Schweden auf (s. Abschnitt Stensjöstrand).

Abb. 14: Pegmatit mit Orthopyroxen-Megakristallen. Bildbreite etwa 90 cm.
Abb. 15: Nahaufnahme; schwarze Orthopyroxene bis 4 cm Länge.
Abb. 16: Bruchfläche einer Probe aus dem gleichen Aufschluss.

Auch hier erweist sich die makroskopische Bestimmung von Orthopyroxen als problematisch. Ein lebhafter Glasglanz deutet eher auf Amphibol, während die eher schlechte Spaltbarkeit sowie rechtwinklige Spaltwinkel auf Pyroxen hinweisen. Möglicherweise liegt hier auch eine partielle retrograde Umwandlung von Orthopyroxen in Amphibol vor.

Abb. 17: Der Gesteinstyp findet sich wenige Meter entfernt am Geröllstrand wieder.
Abb. 18: Nahaufnahme der trockenen Oberfläche mit länglichen Anschnitten der schwarzen Kristalle.

Literatur

ANDERSSON J, BINGEN B, CORNELL D, JOHANSSON L, SÖDERLUND U & MÖLLER C 2008 The Sveconorwegian orogen of southern Scandinavia: setting, petrology and geochronology of polymetamorphic high-grade terranes – 33 IGC excursion No 51, August 2 – 5, 2008.

HARLOV D E, JOHANSSON L, VAN DEN KERKHOF A & FÖRSTER H-J 2006 The role of advective fluid flow and diffusion during localized, solidstate dehydration: Söndrum Stenhuggeriet, Halmstad, SW Sweden – Journal of Petrology 47, 3–33.

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Exkursionsführer in: Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2, S.1-42.

2.1. Kullaberg und Kullaite

Das proterozoische Grundgebirge der SGR wird von einem jüngeren Gangschwarm aus basischen Gesteinen durchzogen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Dolerite (sog. Nordwest-Dolerite), vereinzelt treten auch exotische Ganggesteine auf, die Kullaite. Diese besitzen eine trachytische Zusammensetzung und entstehen in tieferen Krustenbereichen durch Magmenvermischung von basischen und sauren Schmelzen. Beim Aufstieg der Kullaitschmelze kann zusätzlich Nebengestein aufgenommen und assimiliert worden sein. Am Kullaberg, dem locus typicus, streichen mehrere Kullaitgänge aus, u. a. ein roter Kullait an der Lokalität Lahibiagrottan und eine braune Variante am Strand von Josephinelust (Lok. 2 auf der Karte).

Kullait von Lahibiagrottan

Etwa 200 m südlich vom Leuchtturm Kullens Fyr führt ein steiler Abstieg zur Lahibiagrottan. Diese Grotte entstand einst durch Brandung und Frosteinwirkung und liegt heute aufgrund der seit dem Ende der letzten Vereisung anhaltenden Landhebung mehrere Meter über dem Meeresspiegel. In der Nähe steht ein Kullait-Gang an.

Abb. 1: Lahibiagrottan. Anstehende Gesteine sind rotgraue Gneise (rechts) mit Einschaltungen eines roten Pegmatits (links).
Abb. 2: Grobkörniger und undeformierter Pegmatit aus weißem Quarz und rotem Alkalifeldspat. Bildbreite an der Basis etwa 1 m.
Abb. 3: Ein etwa 2 m breiter Kullait-Gang (rot) durchschlägt einen migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit. Der Altersunterschied beider Gesteine beträgt etwa 650 Millionen Jahre: der Granatamphibolit entstand während der svekonorwegischen Gebirgsbildung vor etwa 1 Ga, der Kullait besitzt ein Alter von rund 350 Millionen Jahren.
Abb. 4: Eine schlierige, etwa 20 cm breite Übergangszone belegt eine Interaktion von aufsteigender heißer Kullaitschmelze mit dem Amphibolit.
Abb. 5: Der Kullaitgang setzt sich weiter hinten in der Felswand fort, dazwischen wurde er durch Erosion ausgeräumt. In der Umgebung finden sich zahlreiche Kullaite als Brandungsgeröll.
Abb. 6 Kullaitgeröll vom Anstehenden, trocken fotografiert.
Abb. 7: Nahaufnahme der angefeuchteten Oberfläche.

Das Gestein ist feinkörnig und auf den ersten Blick recht unscheinbar. Es besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus roten, miteinander verfilzten Feldspat-Leisten in regelloser Anordnung (Andesin, ein Na-Ca-Feldspat der Plagioklas-Gruppe, OBST 1999, 2001, vgl. a. TRÖGER 1935). Dunkle Minerale sind weitgehend chloritisiert und füllen die Zwischenräume, vereinzelt sind auch größere schwarze Körner erkennbar. Die Rotfärbung des Gesteins ist auf fein verteilten Hämatitstaub zurückzuführen. Einige größere und etwas hellere Feldspat-Einsprenglinge weisen an den Rändern Spuren von Resorption (magmatische Korrosion) auf.

Abb. 8: Ein weiteres Kullait-Geröll von Lahibiagrottan, Aufnahme unter Wasser.

Neben einem migmatitischen („plagioklasschlierigen“) Granatamphibolit als Wirtgestein für den roten Kullait (Abb. 3), steht am östlichen Abstieg zur Lokalität Lahibiagrottan ein weiterer Granatamphibolit an.

Abb. 9: Grobkörniger Granatamphibolit, Bildbreite etwa 80 cm.
Abb. 10: Loser Stein vom Anstehenden. Das Gestein enthält viel Granat; einige der runden Granat-Porphyroblasten besitzen einen hellen Saum aus retrograd gebildetem Plagioklas.
Abb. 11: Migmatischer Granatamphibolit, Strandgeröll von Lahibiagrottan.
Abb. 12: Granatamphibolit mit großen Granat-Porphyroblasten ohne Plagioklas-Säume. Loser Stein an der Lokalität Lahibiagrottan. Bildbreite etwa 20 cm.

Kullait von Josefinelust

Abb. 13: Die Lokalität Josefinelust liegt etwa 2 km östlich von Kullens Fyr. Ein steiler Abstieg führt zum Strand.
Abb. 14: Dort steht ein etwa 80 cm breiter Kullait-Gang an, scharf begrenzt von rotgrauen Gneisen des Grundgebirges.
Abb. 15: Der Kullait-Gang verläuft parallel zur Küste, weist eine nordwestliche Streichrichtung auf und lässt sich auf einer Länge von etwa 300 m im Gelände verfolgen.
Abb. 16: Bräunlichroter Kullait von Josefinelust, Anstehendprobe mit polierter Schnittfläche.
Abb. 17: Gleicher Stein, Nahaufnahme.

Das feinkörnige Gestein besitzt ein doleritähnliches Gefüge aus leistenförmigem Feldspat und dunklen Mineralen. Wenige größere Feldspat-Einsprenglinge sind heller gefärbt als die Grundmasse und weisen Spuren magmatischer Korrosion auf.

Abb. 18: Kullait von Josefinelust als Strandgeröll, Aufnahme unter Wasser.
Abb. 19: Nahaufnahme; am linken Bildrand ein mit weißem Calcit gefüllter Hohlraum innerhalb eines länglichen roten Xenoliths.

Mit Calcit gefüllte Hohlräume sind an rote und tropfenförmige Xenolithe gebunden, die einen ähnlichen Mineralbestand wie die Grundmasse aufweisen, aber gröber kristallisiert sind. Xenolithe und Calcit treten gelegentlich auch im roten Kullait von Lahibiagrottan auf.

Ebenfalls von Josefinelust stammt ein grünlich-brauner Kullait mit hellen Feldspat-Einsprenglingen. Es handelt sich um einen einzelnen Fund als Strandgeröll, anstehend konnte das Gestein nicht beobachtet werden.

Abb. 20: Grünlich-brauner Kullait, Strandgeröll von Josefinelust.
Abb. 21: Die Gesteine am Geröllstrand von Josefinelust stammen ganz überwiegend aus der unmittelbaren Umgebung: rotgraue und magnetische Gneise (Järngneise), mafische Granulite und Amphibolite.

2.2. Kullaite als Geschiebe

Abb. 22: Drei Kullait-Varianten vom Kullaberg im Vergleich, Aufnahme unter Wasser.

Die Motivation, einen Kullait in Norddeutschland als Geschiebe zu finden, lässt sich wohl mit der Seltenheit und dem exotischen Charakter des Gesteinstyps erklären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um feinkörnige und auf den ersten Blick eher unauffällige Gesteine handelt, die aufgrund der geringen Ausdehnung der Vorkommen nur sehr selten in Erscheinung treten. Allgemeine Kennzeichen sind das doleritähnliche (ophitische) Gefüge aus verfilzten Feldspat-Leisten und dunklen, meist stark alterierten Mineralen. Die Gesteine können rot, rotbraun bis braun, grau oder grünlichbraun gefärbt sein. Zusätzlich können wenige korrodierte Feldspat-Einsprenglinge, Enklaven mit Fremdgestein, helle runde oder tropfenförmige Bereiche mit etwas gröber kristallisierten Feldspat-Leisten sowie mit Calcit gefüllte Blasenhohlräume auftreten.

Die Analyse eines Kullaits von Kullagarden (Tröger 1935: Nr. 288) ergab folgende Zusammensetzung (Gew.%): 55 Plagioklas, 18 Chlorit +/- Epidot, 13 Orthoklas („Einsprenglinge“), 10 Erz, 4 Quarz, Apatit und Calcit.

Neben den Kullaiten vom Kullaberg (weitere Abbildungen auf skan-kristallin.de) und anderen Lokalitäten in SW-Schweden (Dalby, Torpa Klint) sind Kullait-Vorkommen auch aus der Fortsetzung des NE-streichenden Gangschwarms von Bornholm (Bjergebakke) sowie aus dem Oslograben (Grefenskollen) bekannt. Die Gesteine besitzen also eine weite Verbreitung und sind weder als Leitgeschiebe geeignet, noch lassen sich Kullait-Gerölle allein anhand äußerlicher Merkmale auf eine bestimmte Lokalität zurückführen (OBST 2001, Abbildungen auch auf kristallin.de).

2.3. Kullaberg: Ransvik

Am Strand von Ransvik (Lok. 2 auf der Karte) bildet ein ausgesprochen grobkörniger Granatamphibolit eine gangförmige Einschaltung in grauen migmatitischen Gneisen. Der Name der Lokalität („Diamantklipporna“) ist auf die Kristallflächen der Amphibole zurückzuführen, die bei Sonnenschein „wie Diamanten“ schillern (Naturschutzgebiet, kein Hammer!).

Abb. 23: Granatamphibolit am Strand von Ransvik.
Abb. 24: Nahaufnahme des grobkörnigen Amphibolits.
Abb. 25: Granatreiche Partie mit großen Granat-Porphyroblasten, teilweise umgeben von einem hellen Plagioklas-Saum. Bildbreite 26 cm.
Abb. 26: Die intensive Bruchtektonik der Sorgenfrei-Tornqvist-Zone zeigt sich an den Gneisen von Ransvik als rhombisches Kluftmuster.
Abb. 27: Tektonische Brekzie, Strandgeröll von Ransvik. Das aplitähnliche Gestein wird von Rissen durchzogen, die mit einer Masse aus Feldspat, Quarz und grünen Mineralen (Chlorit o. ä.) verfüllt sind.

Literatur

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.

OBST K 1999 Die permosilesischen Eruptivgänge innerhalb der Fennoskandischen Randzone (Schonen und Bornholm) – Untersuchungen zum Stoffbestand, zur Struktur und zur Genese. Greifswalder Geowissenschaftliche Beiträge 7/1999 S. 1-121

OBST K 2001 Kullaite und ihre Bedeutung als Leitgeschiebe – Geschiebekunde aktuell, Nr. 17, 75-84, Hamburg, Juli 2001.

TRÖGER WE 1935 Spezielle Petrographie der Eruptivgesteine – Ein Nomenklatur-Kompendium mit 1. Nachtrag Eruptivgesteinsnamen – Verlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, unveränderter Nachdruck 1969.

Geologische Streifzüge in SW-Schweden

Dieser mehrteilige Exkursionsbericht führt an ausgewählte Lokalitäten in Südwest-Schweden. Zahlreiche Küstenaufschlüsse und aufgelassene Steinbrüche zwischen Kullaberg-Halbinsel und Varberg bieten hervorragende Einblicke in die Geologie eines metamorphen Grundgebirges, das vor rund 1 Milliarde Jahren im Zuge der Svekonorwegischen Gebirgsbildung entstand. Hier treten großflächig Gesteine zutage, die in keiner anderen Region des nordischen Grundgebirges vorkommen, z. B. saure und mafische Granulite. Auf mehreren Reisen konnte eine Reihe von typisch SW-schwedischen Gesteinstypen, darunter auch kristalline Leitgeschiebe, beprobt und in ihrem geologischen Kontextes studiert werden. Als Grundlage für die Planung diente der Exkursionsführer von MÖLLER et al 1996.

Abb. 1: Felsküste im äußersten Nordwesten der Kullaberg-Halbinsel. Das Grundgebirge besteht hier aus migmatitischen Gneisen mit eingeschalteten Amphibolit-Körpern und besitzt ein Alter von rund 1 Milliarde Jahren.
Abb. 2: Karte der vorgestellten Lokalitäten.

Die Zahlen verweisen auf die entsprechenden Abschnitte des Exkursionsberichts. Die meisten Lokalitäten liegen an der Küste, weil dort die Gesteine besonders gut aufgeschlossen sind.

  1. Zur Geologie SW-Schwedens
    1.1. Leitgeschiebe und Geschiebetypen aus SW-Schweden
  2. Kullaberg-Halbinsel
    2.1. Kullaberg und Kullaite
    2.2. Kullaite als Geschiebe
    2.3. Kullaberg: Ransvik
    2.4. Nordwest-Dolerit von Arild
  3. SW-schwedische Küstenaufschlüsse
    3.1. Söndrum
    3.2. Steninge
    3.3. Glassvik
    3.4. Stensjöhamn
    3.5. Träslövsläge
  4. Varberg-Charnockit und Torpa-Granit
    4.1. Charnockite als Geschiebe
    4.2. Torpa- und Tjärnesjön-Granit
  5. Retroeklogit von Ullared

Im Zusammenhang mit den SW-schwedischen Gesteinen stehen Einzelbeschreibungen der folgenden Gesteinstypen:

1. Zur Geologie SW-Schwedens

Abb. 3: Übersichtskarte der geologischen Gebietseinheiten in Norwegen, Schweden und Finnland (Grafik aus kristallin.de). Die Svekonorwegischen Gesteine sind durch eine rosa Signatur gekennzeichnet.

Die svekonorwegische Gesteinsprovinz entstand vor 1,14 – 0,9 Ga und nimmt ausgedehnte Gebiete in Norwegen und in West- und Südwest-Schweden ein (rosa Signatur in Abb. 3). Sie wird in fünf lithotektonische Einheiten unterteilt, die durch fortgesetzte Akkretionsprozesse entstanden und jeweils eine eigene geologische Geschichte besitzen. In Schweden unterscheidet man ein westliches Segment (wT) mit niedriger metamorphen Gesteinen von einem östlichen Segment (öT). Beide Einheiten sind durch eine breite Mylonitzone voneinander getrennt und erstrecken sich nach Osten bis an die Protoginzone. Diese lang gestreckte Störungszone bildet die Grenze zu den weniger deformierten Gesteinen des Transskandinavischen Magmatitgürtels (TIB).

Das Exkursionsgebiet beschränkt sich auf den südwestlichen Teil des östlichen Segment der Svekonorwegiden, einem Gebiet, das als Südwestschwedisches Granulitgebiet (SGR southwest-swedish granulite region) bezeichnet wird (Abb. 4). Innerhalb der SGR finden sich vorwiegend die hochmetamorphen, während der svekonorwegischen Orogenese unter Bedingungen der höheren Amphibolit- bis Granulitfazies gebildeten Gesteine.

Abb. 4: Geologische Übersichtskarte des Südwestschwedischen Granulitgebiets (SGR). Grafik aus kristallin.de.

Die geologische Geschichte der SGR beginnt weit vor der svekonorwegischen Orogenese. Ein Grundgebirge aus Granitoiden und mafischen Intrusionen, das mit 1.730-1.660 Ma ein ähnliches Alter besitzt wie der Transskandinavische Magmatitgürtel, wurde durch eine ältere, als „Halland-Event“ oder „Halland-Orogenese“ bezeichnete Phase der Gebirgsbildung vor 1.460 und 1.420 Ma einer ersten Migmatisierung unterworfen (SÖDERLUND et al 2008; MÖLLER et al 2007). Mit dieser Orogenese verbunden sind der lokale Aufstieg postorogener Granite (Torpa-/Tjärnesjö-Granit, 1.400-1.380 Ma) und die Bildung von Charnockiten (s. Varberg-Charnockit). Diese Gesteine wurden während der svekonorwegischen Orogenese teilweise deformiert.

Die Gesteine der SGR entstanden vor 1.035 Ma bis 930 Ma während (mindestens) einer Kontinent-Kontinent-Kollision, vermutlich der Vereinigung von Amazonia und Baltica im Zuge der Grenville-Orogenese und der Bildung des Großkontinents Columbia. Heute treten jene Krustenteile des Gebirges zu Tage, die im Falle der granulitfaziellen Gesteine in etwa 35 km, im Extremfall des Eklogits in bis zu 50 km Tiefe gebildet wurden. In ihre gegenwärtige Position gelangten sie durch gravitationalen Kollaps des Orogens und isostatischen Ausgleich der verdickten kontinentalen Kruste nach dem Ende der Gebirgsbildung sowie der Abtragung im Laufe von Jahrmillionen (BINGEN et al 2008).

Das Grundgebirge der SGR besteht überwiegend aus rötlichen und grauen Adergneisen bzw. Migmatiten von granitischer bis intermediärer Zusammensetzung. Teilweise enthalten diese Gesteine als granulitfazielle Neubildung Magnetit in bedeutender Menge und werden dann als „Järngneis“ (Eisengneis) bezeichnet. Eingeschaltete Gänge, Lagen und Linsen von Granatamphiboliten und mafischen Granuliten innerhalb der Gneise entstanden durch Metamorphose (wahrscheinlich mehrerer Generationen) von Intrusionen (und Extrusionen?) basischer Gesteine. Die Vorkommen mafischer Gesteine erreichen eine Ausdehnung von einigen km Länge und maximal 1 km Breite. Die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden innerhalb der SGR sind kleine Vorkommen von Retro-Eklogiten im Gebiet von Ullared.

Das svekofennische Gebirge war bereits zu Beginn des Paläozoikums vollkommen eingeebnet. Durch einen weltweiten Anstieg des Meeresspiegels (Transgression) kam es auf diesem als Peneplain bezeichneten Gebirgsrumpf im Zeitraum zwischen Kambrium und Silur zur Ablagerung von Sedimenten. Durch Kollision von Baltica und Nordamerika entstand im späten Silur das Kaledonische Gebirge. Kaledonische Gesteine bedecken heute vor allem in Norwegen Teile des älteren Grundgebirges.

Im Permokarbon (vor etwa 300 Millionen Jahren) bildete sich an der Nahtstelle (Sutur) zwischen Baltischem Schild und Mitteleuropa eine etwa 100 km breite Deformationszone bzw. Schwächezone. Der SW-schwedische Teil ist die NW-SE verlaufende Sorgenfrei-Tornquist-Zone. Zur Zeit ihrer Hauptaktivität wurde das proterozoische Grundgebirge von tief reichenden Rissen und Klüften durchzogen. In der Folge stiegen Magmen auf. Ein Gangschwarm aus Tausenden NW-streichender Gänge (NW-Dolerite, untergeordnet auch Kullaite und Lamprophyre) durchschlägt teilweise auch jüngere Sedimentgesteine, die seit dem Unterkambrium auf dem Baltischen Schild abgelagert wurden.

Zusammenfassung der wichtigsten Daten zur geologischen Geschichte der SGR:

  • 1,73-1,66 Ga: Entstehung der Ausgangsgesteine der SGR; ähnliches Gesteinsalter wie TIB.
  • 1,46-1,42 Ga: „Halland-Event“, Gebirgsbildung und erste metamorphe Phase;
  • 1,40-1,38 Ga: postorogene Torpa-Granite, Charnockite.
  • 1,03-0,93 Ga: Svekonorwegische Orogenese; Bildung granulitfazieller Gesteine (Granulitgneise, mafische Granulite) und Eklogite.
  • Ablagerung von Sedimentgesteinen auf dem Grundgebirgsrumpf seit dem Unterkambrium.
  • Permokarbon: Bruchtektonik der Sorgenfrei-Tornqvist-Zone; Aufstieg der NW-Dolerite (Kullaite, Lamprophyre).

1.1. SW-schwedische Leitgeschiebe

Einige Gesteinstypen der SGR eignen sich als Leitgeschiebe. Zu den häufigeren Geschieben gehören die granulitfaziellen Gesteine. Aus sauren Edukten gingen Schonen-Granulit („Granulitgneis von Schonen“ in SMED & EHLERS 2002) und „Flammenpegmatit“ (deformierter bunter Pegmatit in VINX 1998) hervor. Ihre Vorkommen beschränken sich auf Westschonen und Halland. Im gleichen Gebiet und einzelnen Arealen weiter östlich, in Richtung der Protoginzone, kommen auch die Granulite aus basischen Edukten vor: granoblastischer mafischer Granulit und Granatcoronit.

Mit Einschränkung sind migmatitische Granatamphibolite („plagioklasschlieriger Granatamphibolit“, VINX 1996, 1998, 2016) als SW-schwedisches Leitgeschiebe geeignet. Als mögliches Leitgeschiebe werden hier erstmalig Gesteine vorgestellt, die große Orthopyroxen-Kristalle (oder Relikte davon) führen und ebenfalls typische Gesteine der SGR sein dürften, weil die Bildung von Orthopyroxen an granulitfazielle Metamorphosebedingungen geknüpft ist (Granatamphibolite mit Orthopyroxen-Megakristallen sowie charnockitisierte Pegmatite mit Opx-Megakristallen).

Weniger häufig sind Varberg-Charnockit (Varberg-Granit in ZANDSTRA 1999 und HESEMANN 1975) und grobporphyrische Varianten des Torpa-Granits, ein rarer Fund ist der Halland-Retro-Eklogit. Eine grobkörnige und porphyrische Variante des NW-Dolerits eignet sich nach bisherigem Kenntnisstand als Leitgeschiebe und ist nur in NW-Schonen beheimatet.

Neben Gesteinstypen mit eng begrenztem Herkunftsgebiet lassen sich weitere Gesteine mit einiger Wahrscheinlichkeit einer SW-schwedischen Herkunft zuordnen. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung sind sie nicht als Leitgeschiebe geeignet. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften finden sich häufig magnetitführende Järngneise sowie Granatamphibolite (mit Plagioklassäumen um die Granate). Mit einem hohen Anteil an SW-schwedischen Gesteinen ist insbesondere westlich und nördlich der Lübecker Bucht zu rechnen.

Die seltenen und exotischen Kullaite bilden mehrere kleine, aber weit gestreute Vorkommen, nicht nur in SW-Schweden. In SW-schwedischen Geschiebegemeinschaften dürfte eine höhere Wahrscheinlichkeit für Funde bestehen, aufgrund der vergleichsweise großen Anzahl SW-schwedischer Kullait-Gänge.

Darüber hinaus existiert eine Reihe von lokalen, teilweise auch synonymen Bezeichnungen für SW-schwedische Gneise, die geschiebekundlich nur wenig aussagekräftig sind, z. B. Halland-Gneis, Halmstadgneis oder Halmstad-Migmatit. Es handelt sich um rötliche, teils migmatitische Adergneise, wie sie an der Küste von Halland seit langer Zeit als Werkstein gewonnen werden. Granulitgneis ist eine allgemeine Bezeichnung für Gneise, die einer granulitfaziellen Metamorphose unterlagen. Bei einem Teil von ihnen handelt es sich um Schonengranulit. Für gewöhnlich sieht man einem Gneis-Geschiebe die metamorphe Fazies nicht an. Stark magnetithaltige Gneise sind ein Hinweis auf eine SW-schwedische Herkunft und werden als Järngneis bezeichnet.

Innerhalb der Südwestschwedischen Granulitregion (SGR) sind mehrere Vorkommen von Charnockitgneisen bekannt. Diese grünen Gesteine bilden Einschaltungen innerhalb der Grundgebirgsgneise und sind metamorph entstanden, im Unterschied zum Varberg-Charnockit (magmatischer Ursprung).

Abb. 5: Vereinfachte Übersichtskarte der SW-schwedischen Leitgeschiebe.

Das schwarz schraffierte Gebiet in Abb. 5 markiert einen kleinen Teil der svekonorwegischen Gesteine in SW-Schweden, das Südwestschwedische Granulitgebiet (SGR, southwest-swedish granulite region). Es wird von großen Störungszonen begrenzt, im Norden von der Mylonitzone (gelb), im Osten von der Protoginzone (rot).

Auf das gesamte Gebiet der SGR verteilt finden sich Vorkommen von Järngneisen.
Die Gesteine mit den höchsten Metamorphosegraden (Granulite) beschränken sich auf den westlichen Teil der SGR, einem Gebiet nördlich von Helsingborg bis Varberg. Von hier stammen die sauren und basischen Granulite: Schonengranulit, Flammenpegmatit, mafischer Granulit. Gebiete mit den schwarzen Punkten kennzeichnen die Gebiete, in denen Granatcoronite verbreitet sind.

Hervorgehoben sind die Städte Varberg (Massiv des Varberg-Charnockits mit Torpa-Granit) und Ullared (Vorkommen des Halland-Retroeklogits). Blau markiert ist jener Teil des permosilesischen Gangschwarms, in denen NW-Dolerite mit grobkörniger Grundmasse auftreten. Innerhalb dieses bis Ost-Schonen reichenden Gangschwarms liegen auch mehrere Vorkommen von Kullaiten.

2. Kullaberg-Halbinsel

Der geologische Streifzug durch die SGR beginnt auf der Kullaberg-Halbinsel, etwa 35 km NW von Helsingborg. Im südwestlichen Schweden kam es im späten Silur durch Dehnungstektonik zur Bildung sog. Horste und Gräben. Dabei wurden Teile des Grundgebirges als Horste herausgehoben und Gräben mit jüngeren Sedimenten verfüllt. Der Kullaberg als südwestlichste Einheit einer Reihe von Grundgebirgshorsten, zu denen auch der Hallandsåsen und Söderåsen gehören, besitzt ein mittelgebirgsartiges Relief, seine Höhenlagen erheben sich rund 100 m über den Meeresspiegel. An zahlreichen küstennahen Aufschlüssen lassen sich die Gesteine der SGR und ihre Kontaktbeziehungen studieren.

Abb. 6: Luftbild der Kullaberg-Halbinsel (Foto: Bertil Hagberg, fotografiert am naturum Kullaberg).
Abb. 7: Geologisches Schema der Kullaberg-Halbinsel aus SÖDERLUND et al 2008.

Das Grundgebirge der Kullaberg-Halbinsel besteht im Wesentlichen aus grauen bis rötlichgrauen und meist migmatitisierten Orthogneisen. Gänge und Körper (grün) von Metabasiten (Amphibolite, Granat-Amphibolite und mafische Granulite) durchziehen die Gneise annähernd in N-S-Richtung. Die jüngeren NW-Dolerite (violett; diabase) weisen eine nordwestliche Streichrichtung auf.

Abb. 8: Rotgraue Gneise der SGR am Leuchtturm Kullens Fyr. Die Klüftung folgt der nordwestlich streichenden Bruchtektonik der Sorgenfrei-Tornqvist-Zone, die Foliation und migmatitische Bänderung verläuft in nordsüdlicher Richtung.
Abb. 9: Gesteinsschutt aus grauen bis rotgrauen migmatitischen Adergneisen sowie roten Pegmatiten. Bildbreite ca. 60 cm.
Abb. 10: Strandgeröll eines migmatitischen Gneises (Breite 12 cm).

Das Gestein ist magnetisch und ein sog. „Järngneis“ (Eisengneis). Järngneise sind in SW-Schweden weit verbreitet und können Magnetit in bedeutender Menge (1-3%) enthalten. Magnetit entsteht als Neubildung unter granulitfaziellen Metamorphosebedingungen.

Abb. 11: Rotgrauer Järngneis mit anhaftendem Handmagneten. Strandgeröll vom Kullaberg.
Abb. 12: Ein etwa 1 m breiter Amphibolitgang, diskordant von einem jüngeren roten Pegmatit durchschlagen.

In die Gneise vom Kullaberg sind stellenweise Gänge und Körper von aplitischen Gesteinen und grobkörnigen Pegmatiten eingeschaltet. Sie dürften postkinematisch, also nach der (svekofennischen) Gebirgsbildung entstanden sein, weil sie ein richtungslos-körniges Mineralgefüge und keine Anzeichen einer tektonischen Deformation aufweisen. Die Gesteine ähneln manchmal dem Schonengranulit oder „Flammenpegmatit“ (Abb. 14). Letztere entstanden jedoch unter granulitfaziellen Bedingungen und weisen eine deutliche Foliation auf. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt etwas weiter nördlich im Gebiet zwischen Halmstad und Falkenberg.

Abb. 13: Verfalteter Gang eines aplitähnlichen Gesteins aus Quarz und rotem Alkalifeldspat in einem grauen Gneis. Höhe des Gangs etwa 20 cm.
Abb. 14: Mäßig deformiertes und pegmatitähnliches Gestein mit hellen Quarzen; ähnlich dem Flammenpegmatit, aber ohne plattig ausgewaltzem Quarz.
Abb. 15: Pegmatitgang an der Lokalität Silvergrottan. Der etwa 60 cm breite Gang ist auf eine Länge von 15 m begehbar und wurde im Jahre 1561 von dänischen Bergleuten auf der (vergeblichen) nach Silber ausgeräumt.

An der Westspitze der Kullaberg-Halbinsel finden sich innerhalb der rotgrauen Gneise mehrere große Gesteinskörper mit Metabasiten, von fein-, mittel- bis grobkörnigen und meist granatführenden Amphiboliten (<5% Granat) über Granatamphiboliten (>5% Granat) bis mafischen Granuliten. Die Gesteine können weitgehend undeformiert, gneisig, verfaltet oder migmatisiert sein. Abb. 16 zeigt eine größere Intrusion mit einem zentralen Teil aus mafischem Granulit, der zum Rand in einen Amphibolit übergeht.

Abb. 16: Mafischer Gesteinskörper in der Nähe vom Leuchtturm Kullens Fyr.
Abb. 17: Übergang eines mafischen Granulits (oben, Gangmitte, braun) in einen schwarzen Amphibolit am Rand der Intrusion; Grenze zu einem rotgrauen Gneis.
Abb. 18: Granatführender Amphibolit, Strandgeröll vom Anstehenden. Hauptbestandteile des Gesteins sind Amphibol (schwarz), Plagioklas (weiß) und etwas Granat (rot).
Abb. 19: Der Amphibolit (grau) ist im Kontaktbereich zu einem migmatitischem Gneis/Pegmatit (rot) von weißen Schlieren durchsetzt. Bildbreite etwa 3,50 m.
Abb. 20: Gleicher Aufschluss; große schwarze Glimmer-Blättchen an der Grenze von Pegmatit und Amphibolit. Bildbreite etwa 40 cm.
Abb. 21: Mafischer Granulit in der Mitte des Ganges (s. Abb. 20), Bildbreite etwa 25 cm.
Abb. 22: Gleiches Gestein, bei Sonnenschein fotografiert.
Abb. 23: Leicht foliierter mafischer Granulit, Strandgeröll vom Anstehenden.
Abb. 24: Nahaufnahme der angefeuchteten Oberfläche. Das Gestein besteht aus Granat (rot), Pyroxen (grünlichschwarz), Amphibol (schwarz) und Plagioklas (weiß).

Mafische Granulite sind typische Gesteine der SGR und durch trockene Hochdruck-Metamorphose aus basischen Ausgangsgesteinen hervorgegangen (Basalte oder Gabbros). Plagioklas wird unter granulitfaziellen Bedingungen instabil und wandelt sich an den Korngrenzen zum Pyroxen in Granat um. Dieser bildet Granoblasten in Gestalt kleiner Körner, ebenso wie Klino- und Orthopyroxen, die durch komplexe Mineralreaktionen aus dunklen Mineralen wie Biotit und Amphibol gebildet werden. Mafische Granulite weisen im kleinen Maßstab also ein weitgehend gleichkörniges und richtungsloses Mineralgefüge auf und sind als Granofelse anzusehen, können auf den ersten Blick aber eine gneisartige Textur besitzen, möglicherweise ein Reliktgefüge der Ausgangsgesteine. Wesentlicher Mineralbestand sind Klinopyroxen (grünlich-schwarz), granoblastischer Granat (rot) in winzigen Körnern, Plagioklas (weiß) sowie schwankende Mengen an schwarzem und glänzenden Amphibol, der durch retrograde Metamorphose entstand.

Mafische Granulite entstehen bei 700-800°C und einem Druck von 8-12 Kbar, was einer krustalen Tiefe von 30-45 km entspricht. Die Kruste muss also zum Zeitpunkt der Metamorphose sehr dick und die Ausgangsgesteine entsprechend tief versenkt gewesen sein. Die Exhumierung bzw. der Aufstieg der mafischen Granulite erfolgte offenbar recht schnell, da sie im Allgemeinen nur in geringem Maße retrograd überprägt wurden (Bildung von Amphibol; MÖLLER et al 1996).

Abb. 25: Mafischer Granulit mit weitgehend regellos-körnigem Gefüge; Strandgeröll vom Anstehenden.
Abb. 26: Mafischer Granulit, durchschlagen von einem 10 cm breiten Pegmatitgang.

Neben den NS-streichenden Metabasiten, die während der Svekonorwegischen Gebirgsbildung teilweise in mafische Granulite umgewandelt wurden, sind am Kullaberg auch Gänge von jüngeren (permokarbonischen), gänzlich undeformierten und gemäß ihrer vorherrschenden nordwestlichen Streichrichtung als NW-Dolerit bezeichneten Gesteinen aufgeschlossen (s. a. Nordwest-Dolerit von Arild).

Abb. 27: Der Pfeil markiert den Beginn eines NW-streichenden Doleritgangs (NW-Dolerit), der sich bis zum Standort fortsetzt.
Abb. 28: Gleicher Doleritgang, von der Küste aus betrachtet; Breite etwa 15 m.
Abb. 29: Der kleinkörnige NW-Dolerit vom Kullaberg ist ein recht unscheinbares Gestein. Brandungsgeröll vom Anstehenden.
Abb. 30: Der NW-Dolerit wird von migmatitischen Amphiboliten der SGR flankiert.

In flachen Uferbereichen der Felsküste finden sich die anstehenden Gesteine der unmittelbaren Umgebung als Brandungsgeröll (Gneise, Pegmatite, Amphibolite und mafische Granulite).

Abb. 31: Brandungsgerölle am Kullaberg, Bildbreite etwa 90 cm.
Abb. 32: Grenze einer pegmatitartigen Partie zu einem grauen Gneis. Strandgeröll, Breite 18 cm.
Abb. 33: Ortsfremde Gesteine treten nur vereinzelt auf und fallen schnell ins Auge, wie dieser braune Porphyr mit bläulichen Quarzen (Småland-Vulkanit?). Breite des Steins 12 cm.

Literatur

BINGEN B, NORDGULEN O & VIOLA G 2008 A fourphase model for the Sveconorwegian orogeny, SW Scandinavia – Norwegian Journal of Geology 88, S. 43-72.

MÖLLER C, JOHANSSON L, ANDERSSON J & SÖDERLUND U 1996 Southwest-Swedish Granulite Region – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 8, 1996, No.2.

MÖLLER C, ANDERSSON J, LUNDQVIST I & HELLSTRÖM FA 2007 Linking deformation, migmatite formation and zircon U-Pb geochronology in polymetamorphic gneisses, Sveconorwegian province, Sweden – Journal of Metamorphic Geology 25, S. 727-750.

SÖDERLUND U, HELLSTRÖM FA & KAMO SL 2008 Geochronology of high-pressure mafic granulite dykes in SW Sweden: tracking the P- T-t path of metamorphism using Hf isotopes in zircon and baddeleyite – Journal of Metamorphic Geology 26, 539-560.

SÖDERLUND U, KARLSSON C, JOHANSSON L & LARSSON K 2008 The Kullaberg peninsula – a glimpse of the Proterozoic evolution of SW Fennoscandia – GFF 130, Teil 1, S. 1-10.

VINX R 1996 Granatcoronit (mafischer Granulit): ein neues Leitgeschiebe SW-schwedischer Herkunft – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1996, Band 2, S. 3-20.

VINX R 1998 Neue kristalline SW-schwedische Leitgeschiebe: Granoblastischer Mafischer Granulit, Halland-Retro-Eklogit und deformierter, bunter Pegmatit – Archiv für Geschiebekunde, Hamburg 1998, Band 2, Heft 6, S. 363-378.

VINX R 2016 Steine an deutschen Küsten; Finden und bestimmen – 279 S., 307 farb. Abb., 5 Grafiken, 25 Kästen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer Verl.).